Rahmenbetriebsplan vom 03.05.1993 für die Fortführung des Tagebaus Hambach von 1996 bis 2020 - Angaben zum Naturhaushalt im Abbaugebiet; Aktualisierung, Präzisierung und Ergänzung durch den Bergbautreibenden; Stellungnahme des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V. Erarbeitet von: Dipl.-Ing. Martin Küpper BUND-NRW AK Braunkohle Ratingen, im Juli 1997 Wie bereits in den Bezugs-Stellungnahmen des Bundes für Umwelt und Naturschutz Nordrhein-Westfalen e.V. (BUND LV NW e.V.) ausgeführt, kann die Erfüllung der Nebenbestimmung 7.1 der Betriebsplanzulassung vom 17.08.1995 die vom BUND LV NW e.V. gerügten Mängel nicht heilen. Entscheidend ist vielmehr, daß die Durchführung eines obligatorischen Rahmenbetriebsplanverfahrens mit einer vollwertigen Umweltverträglichkeitsprüfung, wenn überhaupt, nur zu einer Zulassung in völlig anderen Abbaugrenzen geführt hätte. Denn die vom Bergamt Düren angelegten Maßstäbe des Gutachtens von PFLUG et al. (1975) gelten heute nicht mehr. Die Verkleinerung des beantragten Abbaugebietes "Garzweiler II" auf eine "wasserwirtschaftlich-ökologische Schutzlinie" durch die zweite Leitentscheidung der Landesregierung NRW zur künftigen Braunkohlenutzung im Jahre 1991 ist der Beweis für die grundsätzlich geänderte Gewichtung der Naturschutzbelange gegenüber dem Braunkohlenteilplan 12/1 "Hambach" aus dem Jahre 1977: Ökosysteme vom Rang des Hambacher Waldes und der Feuchtgebiete im internationalen Naturpark Maas-Schwalm-Nette sind heute Anlaß zur Verkleinerung von Tagebauvorhaben; die direkte Zerstörung solcher europaweit bedeutsamen Ökosysteme durch Abgrabung gilt heute als Tabu. Die vom Bergbautreibenden nachgereichte "Aktualisierung, Präzisierung und Ergänzung der Angaben zum Naturhaushalt" bestätigt die Auffassung des BUND LV NW e.V., daß eine angemessene Umweltverträglichkeitsprüfung nach der Richtlinie des Rates vom 27.06.1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (85/337/EWG) bzw. nach Artikel 1 des Bundesgesetzes zur Umsetzung dieser Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) in Verbindung mit den §§ 48 und 55 BBergG zu einer Versagung der beantragten Zulassung hätte führen müssen. Während die im Auftrag des Bergbautreibenden vom Institut für Vegetationskunde, Ökologie und Raumplanung (IVÖR 1996) erstellte Studie einerseits den hohen abwägungsrelevanten Wert des bearbeiteten Teilgebietes belegt, fehlen der Studie andererseits wesentliche wertbestimmende und aktuelle Daten zur Ökologie des Bearbeitungsgebietes. Insbesondere kann die IVÖR-Studie nicht den Mangel veralteter Daten zur Umweltverträglichkeitsprüfung heilen. Hier unterliegt sie der in sich widersprüchlichen Auffassung der Landesbergverwaltung, wonach
auf der einen Seite das inzwischen 22 Jahre alte ökologische Gutachten von PFLUG et al. (1975) die Sachverhalte gemäß gültigem Umweltrecht zutreffend und vollständig im Plangebiet ermittelt hat (vgl. Anordnung der sofortigen Vollziehung h 2 - 1.2 -2 - 1 des Bergamtes Düren vom 15.09.1995, S. 7), auf der anderen Seite jedoch ein Ausschnitt des Prüfkataloges aus § 2 (1) UVPG gemäß der o.g. Nebenbestimmung zu aktualisieren und nachzureichen war (aktuelle Biotopkomplexe und deren aktuelle ökologische Wertigkeiten als Teilbereich der UVPG-Schutzgüter "Tiere" und "Pflanzen"). Selbst wenn man nach der Logik der Landesbergverwaltung eine UVP-rechtliche Vollwertigkeit des Braunkohlenteilplanes 12/1 "Hambach" unterstellte, hätte das schon damals unvollständige Gutachten von PFLUG et al. (1975) im Rahmen des Braunkohlenplanverfahrens komplettiert werden müssen. Denn es fehlte ja der vom Braunkohlenplan zusätzlich beplante Teilbereich, der erst aufgrund der bergrechtlichen Nebenbestimmung 7.1 vom IVÖR 1996 bearbeitet wurde. Doch selbst in der Zulassung h 2 - 1.2 -2 - 1 vom 17.08.1995 hat das Bergamt Düren für diesen Teilbereich ("TB" bei IVÖR 1996) nur einen Ausschnitt des damaligen Prüfkataloges von PFLUG et al. (1975) nachgefordert. Zu diesem längst verspäteten Zeitpunkt wurden nämlich dem Bergbautreibenden noch nicht einmal die Inhalte "Bergbau", "Geologie", "Wasserwirtschaft", "Landwirtschaft", "Forstwesen", "Klima und Lufthygiene", "Erholungsnutzung", "Erholungsmöglichkeiten" und "Landschaftsökologie" zur Nachbearbeitung des Teilbereiches aufgegeben. Wenn das Bergamt Düren schon den Aktualisierungsbedarf erkannte, so hätte es darüberhinaus auch konsequent die Nachbearbeitung des gesamten, nach heutigem Recht gültigen Prüfkataloges des § 2 (1) UVPG einfordern müssen. Zumindest wäre eine wissenschaftlich nachvollziehbare Begründung für den Ausschluß der sonstigen Prüfinhalte nach dem UVPG erforderlich gewesen. Es ist jedenfalls nicht erkennbar, inwieweit die nicht aktualisierten Inhalte des Gutachtens von PFLUG et al. (1975) heute noch vollständig zutreffen sollen, während sich inzwischen nur die Biotopkomplexe und deren Qualität geändert haben sollen. Im übrigen würde selbst eine aktuelle Version dieses Gutachtens die heutigen Ansprüche des UVPG nicht erfüllen. Die fehlende Berücksichtigung der EU-FFH- und EU-Vogelschutz-Richtlinie, der §§ 8 und 20c BNatSchG, der §§ 4, 6 und 62 LG NW sowie der Roten Liste Biotoptypen BRD und NRW im gesamten Zulassungsverfahren einschließlich des nachgereichten IVÖR-Gutachtens macht eine sachgerechte Bewertung von vorneherein unmöglich. Dies gilt nicht nur für das Schutzgut Tiere sondern auch für alle damit vernetzten Lebensgemeinschaften und Umweltmedien. Mit der nur ausschnittsweisen Nachforderung von Umweltdaten unterstellt das Bergamt Düren in seiner Nebenbestimmung 7.1 eine Unabhängigkeit der Biotopkomplexe und ihrer ökologischen Wertigkeiten vom übrigen Ökosystem. Genau dies ist jedoch bereits im Grundsatz wissenschaftlich nicht haltbar: Kein Teil des Ökosystems kann sich unabhängig von den übrigen Teilen verändern. Wenn sich seit 1975 ökologische Änderungen vollzogen haben, so haben sie sich systemar im gesamten Gebiet sowie in angrenzenden Gebieten vollzogen. In Kenntnis genau dieses Sachverhaltes hat der Gesetzgeber ja den Schutzgüter-Katalog des § 2 (1) UVPG so umfassend "...einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen..." formuliert. Das Gesetz fordert also ausdrücklich die ganzheitliche ökosystemare Betrachtung und läßt die sektorale ausschnittsweise Betrachtung gerade nicht gelten. Im gleichen Sinne ist die Auslegung des § 75 (4) VwVfG durch die Rechtsprechung zu sehen. Danach darf das naturschutzrechtliche Abwägungsmaterial für alle Planfeststellungen bundesweit nicht älter als fünf Jahre sein (vgl. BVerwG - Az. 4B 191.92 vom 09.03.1993, VGH Kassel - Az. 2 UE 1238.87 vom 16.06.1992, VGH Mannheim - Az. 5 211486 vom 27.11.1986 und DÜRR UPR 1992, 161,163). Durch die vom Bergamt geforderte sektorale Betrachtung werden entscheidende abwägungserhebliche Sachverhalte sowohl ausgeblendet als auch falsch gewichtet. Deren folgende Aufzählung unter dem jeweiligen UVPG-Schutzgut (Literaturangaben siehe IVÖR 1996, S. 89-97, bzw. unten) belegt die oben gemachten Aussagen. Damit werden im folgenden Text Anhaltspunkte im Sinne des Urteils des BVerwG vom 25.01.1996 - 4 C 5/95 (NVwZ 1996, S. 788 ff) dafür geliefert, daß als Folge der unterlassenen UVP abwägungserhebliche Umweltbelange außer acht gelassen oder falsch gewichtet worden sind: Schutzgut Menschen gemäß § 2 (1) UVPG Keine der bisher im Zulassungs- und Widerspruchsverfahren vorgelegten oder von der Landesbergverwaltung genannten Untersuchungen hat sich explizit mit den Auswirkungen des Vorhabens auf die Menschen befaßt. Angesichts der durch das Gutachten von ZLONICKY et al. (1990) verdeutlichten Problematik ist es nicht hinzunehmen, daß die Sozialverträglichkeit des Vorhabens "Garzweiler II" geprüft wurde, für die Restlaufzeit des Tagebaus "Hambach" jedoch bis weit in das nächste Jahrtausend hinein ignoriert werden soll. An der ungenügenden Behandlung des Schutzgutes Menschen wird in geradezu grotesker Weise deutlich, wie mangelhaft selbst eine aktuelle Version des Gutachtens von PFLUG et al. (1975) wäre. Die einzigen schutzgutbezogenen Aspekte sind dort die Erholungsnutzung (SCHULZ 1975) und die Erholungsmöglichkeiten (RÜMLER 1975), während die Umsiedlungsproblematik mit ihren psychosozialen und humanökologischen Folgen in keiner Weise gewürdigt wird. Würde man diese Teilgutachten als vollwertige Bearbeitung des Schutzgutes Menschen nach dem heutigen UVPG-Maßstab ansehen, so wäre die Verträglichkeit des Tagebauvorhabens für Menschen bereits alleine durch einen höheren Erholungswert der rekultivierten Landschaft zu erreichen. Im Umkehrschluß müßte man sogar die alte Landschaft vor Vorhabensbeginn als vergleichsweise "unverträglich" für Menschen auffassen. Demnach wäre die Heimat-Zerstörung geradezu die Voraussetzung für die Schaffung einer für Menschen "verträglichen", weil "erholsameren" neuen Landschaft. Da die Teilgutachten zur Erholungsnutzung und zu den Erholungsmöglichkeiten die Prüfung für das Schutzgut Menschen mithin sowieso in unzulässiger Weise verkürzen, würde die Aktualität dieser Teilgutachten keine Rolle spielen. Auch die möglichen Bezüge der veralteten Teilgutachten "Wasserwirtschaft", "Landwirtschaft", "Forstwirtschaft", "Klima und Lufthygiene" sowie "Landschaftsökologie" zum UVPG-Schutzgut Menschen können eine aktuelle, vollständige Bearbeitung nicht ersetzen. Wie in unserer weiteren Stellungnahme deutlich wird, hat sich die Bewertung der diesbezüglichen Auswirkungen des Vorhabens grundsätzlich geändert. Bereits an der Frage der Sozialverträglichkeit - als Teilinhalt der UVP zum Schutzgut Menschen - erweist sich die Gemeinwohlschädlichkeit des Tagebauvorhabens "Hambach". Im Zuge der bisherigen Umsiedlung wurden beispielsweise die Einwohner von Etzweiler nach Neu-Etzweiler in Angelsdorf im geplanten Abbaugebiet "Hambach II" umgesiedelt, so daß gleich mehrere Generationen ein und derselben Ortschaft hintereinander von der faktischen Umsiedlung sowie von der Umsiedlungsplanung betroffen sind. Daß deren Auswirkungen bereits weit vor dem Inkrafttreten konkreter bergbaulicher Abbaurechte eintreten, haben ZLONICKY et al. (1990) bereits verdeutlicht. Bereits dieses Beispiel macht deutlich, welche Dimensionen eine angemessene Untersuchung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Menschen haben müßte und wie wenig sozialverträglich dieses Vorhaben ist. Auch wird hieran erkennbar, wie stark das Vorhaben in die Grundrechte auf Heimat und freie Wahl des Wohnortes eingreift ( vgl. BAER, NVwZ 1997, S. 27ff). Alleine die Problemstellung des Schutzgutes Menschen zwingt in ihrer grundrechtlichen Konsequenz zur Versagung der bergrechtlichen Zulassung. Denn die Gemeinwohlidentität der Aufsuchung und Gewinnung von Bodenschätzen, wie sie vom Bergamt Düren in der Anordnung zum sofortigen Vollzug (S. 3-4) geltend gemacht wird, bedeutet nicht automatisch das Überwiegen der bergbaulichen Interessen gegenüber den menschlichen Grundrechten und anderen Inhalten des Gemeinwohls. Vorsorglich weist der BUND LV NW e.V. darauf hin, daß eine reine Sozialverträglichkeitsprüfung analog zum Gutachten von ZLONICKY et al. (1990) den Ansprüchen des UVPG nicht gerecht werden kann. Aus dem UVPG folgt vielmehr eine Gegenüberstellung der humanökologischen Verhältnisse im Bestand und in der Planung. Hierfür müssen jedoch zunächst Kriterien aufgestellt werden, die über die Sozialverträglichkeitsprüfung hinaus die gesundheitlichen Aspekte im weiteren Sinne und die humanökologischen Wechselwirkungen im Sinne des § 2 (1) UVPG berücksichtigen. Schutzgut Tiere gemäß § 2 (1) UVPG Der überragende ökologische Wert, der weder von PFLUG et al. (1975) noch von RHEINBRAUN (1994), noch von IVÖR (1996) in seiner Tragweite erkannt bzw. gewürdigt wurde, wird von ANT et al. (1984) wie folgt beschrieben: "Die Befunde lassen deutlich werden, daß der Hambacher Forst ein Waldgebiet ist bzw. war, das seit langem ohne schwerwiegende menschliche Eingriffe seine postglaziale Kontinuität hat bewahren können." Diese entscheidende Aussage bedeutet, daß sich der Wald im Plangebiet seit der letzten Eiszeit, also seit etwa 10.000 Jahren, trotz seiner Flächenverluste, seiner forstlichen und sonstigen Nutzung kontinuierlich entwickeln konnte. Es handelt sich also um ein äußerst seltenes Relikt von europäischem Rang (historisch alter Wald gemäß EU-FFH-Richtlinie, Anhang I, s.u.), weil solch alte Wälder im mitteleuropäischen Löß-Flachland ansonsten so gut wie nicht mehr vorkommen. Der Nachweis der Länglichen Sumpfschnecke (Omphiscola glabra) durch SCHNELL und SCHNELL (1994) im Gebiet des fraglichen Rahmenbetriebsplanes muß als weiterer Beleg für die postglaziale Kontinuität des Hambacher Waldes gewertet werden. Die Prüfung der von RHEINBRAUN (1994) zitierten Ergebnisse von WEDECK (1975) ergibt, daß die Waldgesellschaften im Untersuchungsgebiet von PFLUG et al. (1975) überwiegend unter der Code-Nummer 9160 zum europaweit bedeutsamen Inventar gemäß FFH-Richtlinie gehören. Damit haben die Wälder im Abbaubereich des Rahmenbetriebsplanes denselben hohen Naturschutzwert wie etwa die Feuchtgebiete des Internationalen Naturparks Maas-Schwalm-Nette. Ebenso wie die dortigen Niedermoore mit tiefgründigen Torfböden gehört der Hambacher Wald mit seinen alten Bodenprofilen nämlich nach KAULE (1991, S. 267) zu derselben Altersklasse. Außer den genannten Ökosystemen gehören nur noch die Hochmoore in diese höchste Altersklasse von Ökosystemen in Mitteleuropa. Der exorbitante Naturschutzwert des Hambacher Waldes muß bergbauplanerisch als größtmöglicher Raumwiderstand gegen die Fortführung des Tagebauvorhabens "Hambach" gewertet werden. Gerade der Vergleich zum Braunkohlenplan "Garzweiler II" verdeutlicht diese Auffassung. In dessen landesplanerischen Zielen wird die unbedingte Erhaltung der o.g. Feuchtgebiete außerhalb des Abbaubereiches betont (vgl. auch Leitentscheidungen der Landesregierung NRW zur künftigen Braunkohlenutzung 1987 und 1991). Die Verkleinerung des beantragten Abbaugebietes "Garzweiler II" auf eine "wasserwirtschaftlich-ökologische Schutzlinie" durch die zweite Leitentscheidung der Landesregierung NRW zur künftigen Braunkohlenutzung im Jahre 1991 ist der Beweis für die grundsätzlich geänderte Gewichtung der Naturschutzbelange gegenüber dem Braunkohlenteilplan 12/1 "Hambach" aus dem Jahre 1977: Ökosysteme vom Rang des Hambacher Waldes und der Feuchtgebiete im internationalen Naturpark Maas-Schwalm-Nette sind heute Anlaß zur Verkleinerung von Tagebauvorhaben; die direkte Zerstörung solcher europaweit bedeutsamen Ökosysteme durch Abgrabung gilt heute als Tabu. Die sogar nach der Braunkohlenplangenehmigung "Garzweiler II" noch eingeführten, scharfen Prüfkriterien des Koalitionsvertrages der amtierenden Landesregierung aus dem Jahre 1995 unterstreichen dies. Nicht zuletzt die ökologischen Probleme der Planung "Garzweiler II" haben dieses Vorhaben zum bundesweit umstrittensten Großprojekt der 1990er Jahre gemacht. Daß das Bergamt diese aktuelle Gewichtung des Gemeinwohlbelanges "Naturschutz" nicht erkannt bzw. vorsätzlich ignoriert hat, ist ein unhaltbarer Planungsfehler.- ANT et al. (1984) führen weiterhin aus: "Die...Ergebnisse können aber nicht als endgültige Aussage angesehen werden; es ist als sicher anzunehmen, daß eine mehrjährige systematische Bearbeitung der Käferfauna des Hambacher Forstes weitere Resultate gebracht haben würde." Die Untersuchungsergebnisse von KÖHLER (1992) bestätigen sowohl diese Aussage als auch die von ANT et al. (1984) festgestellte Hochwertigkeit des Gebietes. Auch die Angaben von SCHNELL (1997, wörtlich zitiert) unterstützen und ergänzen diese Aussagen durch Nachweise weiterer, von IVÖR (1996) nicht erkannter tierökologischer Daten: "...noch höhere Wertigkeiten ergeben, besonders zu 3.5. Kiesabgrabungen: Die Magerrasen des NSG Steinheide sind auch aus malakologischer Sicht bedeutsam wegen der Schnecken, z.T. RL oder selten.(s.u.). Zu 3.1.1. "Hambacher Forst: Dieses Kapitel hätte noch ausführlicher sein können, auch unter Berücksichtigung neuerer Literatur. Der Erlenbruchwald-Anteil wird erwähnt, aber nicht seine besondere Fauna (Bergmolch, Längliche Sumpfschnecke RL 2, Stumpfe Erbsenmuschel RL V,s.u.). Die Haselmaus , RL 4, wird nicht genannt. Der beachtliche Artenreichtum von ca.40 Weichtierarten wurde nicht erkannt. Nicht erwähnt wird das Vorkommen der Waldschnepfe im Südteil der Elsdorfer Bürge, laut SCHWARTHOF aus BAUER (1994), auch ZENKER (mündl.1985). ...zu dürftig (Spinnen,Weichtiere) oder überhaupt nicht untersucht worden, z.B.Wanzen und Tausendfüßer, die für das ökologische Gleichgewicht bedeutungsvoll sind. Auch Nachtfalter fehlen. Es sind im TB mehr Rote-Liste-Arten nachgewiesen und in der Literatur veröffentlicht worden, als bei IVÖR angegeben. (z.B. Mittelspecht). Zu 2.3.2 Ergebnisse Es fehlen mehrere Tiergruppen, z.B. Tausendfüßer., Gesäumter Saftkugler Glomeris marginata Zu S.73f 2.3.2.8 Spinnen Es fehlt die Tigerspinne oder Wespenspinne Argyope bruennichi, eine bemerkenswerte Art, hier ungefähr an der Nordgrenze ihres Verbreitungsgebietes. Zu S.36 2.3.1.9 Landschnecken und S.74, 2.3.2.9 Landschnecken Kapitel "Wasserschnecken " und " Muscheln" fehlen ganz. Wichtige Literatur blieb unberücksichtigt. Besonders dürftig sind IVÖRs Angaben zur Molluskenfauna mit 9 Landschneckenarten und einer Gattung, Aegopinella sp., der zudem der falsche deutsche Name "Glasschnecke" zweimal zugeordnet wird. Es ist eine Glanzschnecke. Außerdem heißt die Rote Wegschnecke "Arion rufus" und nicht "rufis". Es stimmt auch nicht die Aussage: "Alle aufgeführten Landschnecken sind in Mitteleuropa häufige und in den entsprechenden Lebensräumen verbreitete Arten." Denn die Weinbergschnecke ist in Nordrhein-Westfalen auf der Roten Liste, potentiell gefährdet. Bereits 1986 haben ANT & STIPPROWEIT 28 Landschneckenarten angegeben. (ANT,H. & STIPPROWEIT,A.(1986): Landschnecken aus dem Hambacher Forst (Niederrhein) (Mollusca: Gastropoda).-- Heldia, bd.1 (4): 136-138. München). 44 Weichtierarten wurden von SCHNELL, P.& W. festgestellt.[SCHNELL,W. & SCHNELL,P. (1994): Schnecken und Muscheln des Hambacher Forstes und seiner Randgebiete -- S.9-13. In: NABU INFO ( Hrsg. Naturschutzbund Deutschland im Erftkreis e.V., Erftstadt) und noch aktueller SCHNELL,W. & P. (1994) : Omphiscola glabra (O.F.MÜLLER 1774) (Gastropoda: Lymnaeidae) und andere Mollusken bei Kerpen-Buir im Braunkohlenabbaugebiet Hambach---Mitt.dtsch.malakozool.Ges. Bd.54:17-19 Frankfurt a.M.] Äußerst bemerkenswert ist in TK 5105/1 die Längliche Sumpfschnecke Omphiscola glabra, ein Glazialrelikt, Rote Liste 2, stark gefährdet. Nach FALKNER & FECHTER (1990) ist sie sehr selten und vielerorts erloschen. Sie lebt noch in einem Tümpel südlich der Autobahn A 4 im Bürgewald, zusammen mit der Stumpfen Erbsenmuschel Pisidium obtusale, die auf der Vorwarnliste steht. Wenn dieser Waldstreifen südlich der A 4 abgebaut wird, geht diese äußerst seltene Wasserschnecke nicht nur für den Erftkreis, sondern für ein weit größeres Gebiet endgültig verloren (der andere Standort, das Altemaar, ist bereits vernichtet). Ziemlich selten ist der Pilzschnegel Malacolimax tenellus. Er ist an alte Waldbestände gebunden. Trockene und offene Standorte bevorzugen im TK 5105/2 die Gefleckte Heideschnecke Candidula intersecta (Rote Liste NW 4) und die Kartäuserschnecke Monacha cartusiana (IVÖR hat sie leider übersehen). Diese beiden Besonderheiten wurden von BIRGIT und HOLGER SCHNELL neu für den Erftkreis nachgewiesen. PAUL und WALTRAUD SCHNELL sahen beide Arten im westlichen Bereich der ehemaligen Kiesgrube "Steinheide". Falls hier im Naturschutzgebiet (!) abgebaggert wird, gehen diese wertvollen Arten für Kerpen verloren.[ S.10 in:SCHNELL, B. & W. (1993): Eine erfolgreiche Rettung von Schnecken der Roten Liste, S.8-11 in NABU-INFO 1993( Hrsg. Naturschutzbund Deutschland im Erftkreis e.V., Erftstadt)] Hier folgt unsere aktuelle Molluskenliste des Untersuchungsgebietes in systematischer Übersicht (TK = Meßtischblatt Topographische Karte von NRW 1:25.000 mit Quadranten-Nr., RL = Gefährdungsgrad Rote Liste bundesweit, RL NW = Gefährdungsgrad Rote Liste NRW): Muscheln Stumpfe Erbsenmuschel Pisidium obtusale, TK 5105/1/2 Rote Liste V, RL NW 4 Wasserschnecken Kleine Sumpfschnecke Galba truncatula Längliche Sumpfschnecke Omphiscola glabra, nur TK 5105/1/2 Rote Liste 2, RL NW 2 Landschnecken Bauchige Zwerghornschnecke Carychium minimum Schlanke Zwerghornschnecke Carychium tridentatum Gewöhnliche Glattschnecke Cochlicopa lubrica Stachelige Streuschnecke Acanthinula aculeata Kleine Vielfraßschnecke Merdigera obscura Zweizähnige SchließmundschneckeClausilia bidentata Punktschnecke Punctum pygmaeum Gefleckte Knopfschnecke Discus rotundatus Glänzende Dolchschnecke Zonitoides nitidus Helles Kegelchen Euconulus fulvus Kugelige Glasschnecke Vitrina pellucida Weitgenabelte Kristallschnecke Vitrea contracta Rote Liste V Rötliche Glanzschnecke Aegopinella nitida Streifenglanzschnecke Perpolita hammonis Kellerglanzschnecke Oxychilus cellarius Großer Schnegel Limax maximus Schwarzer Schnegel Limax cinereoniger Pilzschnegel Malacolimax tenellus Wurmschnegel Boettgerilla pallens Genetzte Ackerschnecke Deroceras reticulatum Rote Wegschnecke Arion rufus Braune Wegschnecke Arion subfuscus Waldwegschnecke Arion silvaticus Gewöhnliche Haarschnecke Trichia hispida Gefleckte Heideschnecke Candidula intersecta TK 5105/2/1 RL NW 4 Inkarnatschnecke Monachoides incarnatus Kartäuserschnecke Monacha cartusiana, TK 5105/2/1 Baumschnecke Arianta arbustorum Schwarzmündige Bänderschnecke Cepaea nemoralis Weißmündige Bänderschnecke Cepaea hortensis Weinbergschnecke Helix pomatia, TK 5105/1 und /2 Rote Liste NW 4 Die Angaben zur Roten Liste erfolgten nach JUNGBLUTH, J.H. & KNORRE, D. VON: Rote Liste der Binnenmollusken [Schnecken (Gastropoda) und Muscheln] in Deutschland. 5.Fassung 1994.- Mitt. d. Deutschen Malakozoologischen Gesellschaft (DMG) Bd.56/57: 1-17 Frankfurt am Main 1995, Länderlisten von JUNGBLUTH, J.H. (1994):IV.DMG-Workshop:"Rote Liste-D" in Neckarsteinach . Zu S.59 ff 2.3.2.6 Tagfalter BAUER,G. (1984): Ökologischer Beitrag zum Landschaftsplan Bürgewälder des Erftkreises Teil I Analyse des Naturhaushaltes 84 S.,Teil II Erfassung und Bewertung schutzwürdiger Biotope 133S. Bei der Tierwelt sind hier nicht nur Wirbeltiere, sondern auch Schmetterlinge aufgelistet. In IVÖRs Listen nicht genannte Arten: Apatura ilia TK 5005/3 Kleiner Schillerfalter RL 3 Argynnis paphia TK 5105/2 Kaisermantel, Silberstrich Araschnia levana TK 5005/4 Landkärtchen Anthocharis cardamines TK 5005/4 Aurorafalter Gonepteryx rhamni TK 5005/4 Zitronenfalter Polygonia c-album TK 5005/4 C-Falter Aphantopus hyperanthus TK 5005/4 Brauner Waldvogel Pararge aegeria TK 5105/2, Waldbrettspiel Thecla betulae TK 5105/2 Nierenfleck, Birkenzipfelfalter Zu S.50f 2.3.2.3 Reptilien Es wurde nicht nur wie von IVÖR die Waldeidechse, sondern auch eine Blindschleiche im Naturschutzgebiet Steinheide (bei Kerpen-Manheim) beobachtet, und zwar bei einer Exkursion am 15.6.1991 von SCHNELL,P.& W., MOLL und ZENKER (TK 5105/2). Zu S.51ff 2.3.2 Amphibien Darüber hinaus lebt im Untersuchungsgebiet der Bergmolch Triturus a. alpestris (LAURENTI). Er ist für das Flachland eine Besonderheit. Er wurde beim Waldspaziergang durch den Hambacher Forst am 14.4.1996 (Leitung W.SCHNELL) am Tümpel südlich der A 4 von P. SCHNELL beobachtet und den Exkursionsteilnehmern, z.B.Professor Dr.F.W. DAHMEN (Mechernich) vorgeführt. Er wurde aber auch schon vorher im Bürgewald gesehen (TK 5105/1/2). Zu S. 42 ff. 2.3.2.2 Vögel IVÖR hat die Vogelwelt recht umfassend dargestellt. Gleichwohl muß ihre Liste ergänzt werden, vor allem durch den Mittelspecht Dendrocopos medius (RL bundesweit 3, NOWAK et al. 1994). Allerdings nennt ihn IVÖR in 3.1 Wälder, 3.1.1.Hambacher Forst (S.77: "Besonders das Vorkommen des Mittelspechtes ist hervorzuheben, da diese Art am Niederrhein sonst fast völlig fehlt". Bereits KNORR, E. (1967: Die Vögel des Kreises Erkelenz, ein Beitrag zur Vogelfauna des Niederrheins, Schriftenr. d. Landkreises Erkelenz Bd. 2, 324 S., Ges. f. Buchdruckerei AG, Neuss) gibt ihn aus dem Hambacher Wald an, ebenso BAUER, G. (1984, Zitat s.o.) aus verschiedenen Teilbereichen der Bürgewälder und aus TK 5105/2. Auch P. & W. SCHNELL haben ihn dort oft gehört. [SCHNELL, P. & W. (1995): Vögel des Hambacher Forstes und seiner Randgebiete S.17-22 in:NABU-INFO 1995, Hrsg. Naturschutzbund Deutschland im Erftkreis e.V., Erftstadt]. Wir beobachteten mehr als 80 Vogelarten. Seit 1996 gibt es neu von WITT, K., BAUER, H.-G., BERTHOLD, P., BOYE, P., HÜPPOP, O. & KNIEF, W.: Rote Liste der Brutvögel Deutschlands in: Berichte zum Vogelschutz Bd.34 (1996): 11-35 (Deutscher Rat f. Vogelschutz e.V. u. NABU e.V. Bonn), mit Trendangaben der Länder. Für den Mittelspecht geben sie an: mehr als 20% Bestandsabnahme in NRW. Unsere Ergänzungsliste zu IVÖR (1996): Brutvögel: Fasan Gimpel Grauammer Rote Liste 2, in NW mehr als 50% Bestandsabnahme Mehlschwalbe Mittelspecht Rote Liste V, in NW mehr als 20% Bestandsabnahme Rebhuhn Rote Liste 2, in NW mehr als 50% Bestandsabnahme Schwarzspecht Sumpfrohrsänger Tannenmeise Türkentaube Wintergoldhähnchen
Gastvögel: Bergfink Pirol auch TK 5004/4 (BAUER) Rotdrossel Wespenbussard
Weitere Angaben von BAUER (1984): Kleinspecht TK 5105/2 Haubenmeise TK 5105/2 und TK 5005/4 ("An den sieben Giften") Waldkauz TK 5105/2
Zu S.37-42: 2.3.2.1 Säugetiere Auch hier gibt es mehr Arten und Literatur. Die Haselmaus Muscardinus avellanarius aus der Familie der Bilche oder Schläfer (Gliridae) ist in der Roten Liste mit der Gefährdungsstufe 4 aufgeführt. Sie wurde öfters beobachtet in TK 5105/1 von HUBERT BÖHR. [BÖHR, H. (1994): Begegnungen mit der Haselmaus (Muscardinus avellanarius LINNÉ) - Kerpener Heimatblätter 2/1994: 312-313, Verein der Heimatfreunde Stadt Kerpen e.V.]. RADERMACHER fand Haselmausreste in Schleiereulengewölle und verweist auf die Dissertation von HALLE (1987),der sie für den Hambacher Forst nennt. Dafür ist nach RADERMACHER auch die Gelbhalsmaus Apodemus flavicollis belegt.[RADERMACHER, H.(1994): Die Beutetiere der Schleiereule (Tyto alba) in Kerpen-Buir - Kerpener Heimatblätter 2/1994:322-324 Verein der Heimatfreunde Stadt Kerpen e.V]."
Auch MOLL (1997) mahnt die Auslassung dreier wichtiger Tiervorkommen im Gutachten von IVÖR (1996) an: Wespenspinne (Argiope bruennichi) mindestens seit 1993 in mehreren Exemplaren an den Klärbecken am Sittarder Hof; Aurorafalter (Anthocharis cardamines) im südöstlichen Teilbereich (TB), der nicht von PFLUG et al. (1975) erfaßt wurde, Haselmaus (Muscardinus avellanarius) in Nistkästen am Naturlehrpfad nördlich von Kerpen-Buir.
In Anlage 1 dieser Stellungnahme gibt KLÜNDER (1997) weitere wichtige Hinweise zum tierökologischen Bestand des Plangebietes. Es wird eindringlich darauf hingewiesen, daß die hohe planerische Bedeutung der o.g. faunistischen und floristischen Aussagen von SCHNELL (1997), MOLL (1997) und KLÜNDER (1997) erst nach einer landschaftsökologischen Auswertung voll zur Geltung kommen kann. Nichtsdestotrotz handelt es sich bei diesen Angaben um vollwertige Anhaltspunkte im Sinne des Urteils des BVerwG vom 25.01.1996 - 4 C 5/95 (NVwZ 1996, S. 788 ff) dafür, daß als Folge der unterlassenen UVP abwägungserhebliche Umweltbelange außer acht gelassen oder falsch gewichtet worden sind. Von IVÖR (1996) werden weitere wichtige Anhaltspunkte im gleichen Sinne gegeben, allerdings ohne angemessene Bewertung (Kapitel-Nummern, Seitenzahlen, Zitate und Abkürzungen gemäß IVÖR 1996, sonstige Zitate siehe Literaturverzeichnis unten):
Naturnähe / Entwicklungspotential Der im TB überwiegende Maiglöckchen-Eichen-Hainbuchen-Wald (Stellario-Carpinetum, Convallaria majalis-Rasse) und der Waldziest-Eichen-Hainbuchen-Wald (Stellario-Carpinetum stachyetosum, vgl. S. 21) gehören beide zu den in Kapitel 2.1.1 genannten potentiell-natürlichen Waldgesellschaften. Lediglich der als potentiell-natürlich bezeichnete Maiglöckchen-Perlgras-Buchenwald (Melico-Fagetum) wird bei den realen Waldgesellschaften nicht erwähnt (Kapitel 2.2.2.2.8). So wie seinerzeit WEDECK (1975 in PFLUG et al. 1975) bestätigt also auch IVÖR (1996) eine Übereinstimmung von realer und potentiell-natürlicher Vegetation in wichtigen Waldbereichen. Genau dieser Umstand unterstreicht die zum Schutzgut Tiere zitierten Forschungsergebnisse von ANT et al. (1984, s.o.) sowie die ökologischen Wechselwirkungen zwischen den Schutzgütern Tiere und Pflanzen. Die in der Tierwelt nachgewiesenen Belege für eine seit der Eiszeit ungestörte Entwicklung des Hambacher Waldes finden ihre Entsprechung in der Übereinstimmung von potentieller und realer Vegetation (weiteres siehe Schutzgut Pflanzen). Der Nachweis des Fadenmolchs spricht womöglich ebenfalls für eine weitere Reliktpopulation alter, ungestörter Wälder, da es sich ähnlich wie bei den von ANT et al. (1984) hervorgehobenen Käferarten um eine "typische Hügel- und Berglandart" (vgl. S. 53) handelt. Das hohe Entwicklungspotential der Amphibien wird unter anderem an den Befunden zum Weiher bei Haus Bochheim deutlich (vgl. S. 54). Doch ebenso klar wird dabei der ungenügende Untersuchungszeitraum, da das periodische Austrocknen des Gewässers nicht vollwertig gewürdigt werden konnte (langfristige Populationsschwankung oder akuter Zusammenbruch der gesamten Population ?).
Rote-Liste-Arten Insgesamt verzeichnet IVÖR im Teilbereich (TB) 48 gefährdete Tierarten der Roten Liste, davon neun stark gefährdete und zwei vom Aussterben bedrohte Arten: 5 Fledermausarten, davon eine stark gefährdet, 3 sonstige Säugetierarten, 6 Brutvogelarten, davon eine stark gefährdet, 18 Gastvogelarten, 4 Amphibienarten, davon zwei vom Aussterben bedroht, 3 Heuschreckenarten, davon eine stark gefährdet, 3 stark gefährdete Tagfalterarten und 6 Laufkäferarten, davon drei stark gefährdet. Internationale Verbund-Aspekte Der Nachweis international wandernder Schmetterlingsarten wird als bedeutungsschwach abgetan, nur weil deren Biotopbindung gering ausgeprägt sei (vgl. S. 60) bzw. weil weder eine Eiablage noch Raupen nachgewiesen wurden (vgl. S. 61). Hätte das Gutachten von IVÖR (1996) nicht folgende Mängel, so lägen bereits für das unvollständige IVÖR-Bearbeitungsgebiet weitere abwägungserhebliche Umweltbelange vor, die einer korrigierten Wichtung durch das Bergamt Düren zugänglich wären: Unvollständigkeit (Anlaß zu wesentlich umfassenderer Untersuchung)
Gesetzlich geschützte und Rote-Liste-Biotope Einer der größten Untersuchungsmängel besteht in der fehlenden Erfassung und Bewertung der geschützten Lebensräume nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union (Directive 92/43 EEC vom September 1993 und November 1994, Anhänge I bis V): Zumindest die Waldgesellschaften des
gehören eindeutig zum europaweit bedeutsamen Inventar gemäß FFH-Richtlinie. Ein weiterer wichtiger Untersuchungsmangel ist die fehlende Erfassung und Bewertung gesetzlich geschützter Biotope gemäß § 20c Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) und § 62 Landschaftsgesetz Nordrhein-Westfalen (LG NW). Außerdem fehlt die Erfassung und Bewertung der gefährdeten Biotoptypen nach der landes- und bundesweiten Roten Liste. Ohne diese Daten kann das Bergamt seine umweltrechtlichen Pflichten schlechthin nicht erfüllen. Rote-Liste-Arten Die Rote Liste der gefährdeten Wirbeltiere in Deutschland (NOWAK, BLAB u. BLESS 1994), das aktuelle bundesweite Standardwerk, wurde nicht in die Untersuchung einbezogen. Dies führt zu einer ungenügenden Bewertung der kartierten Fauna in Kapitel 2.3.2, weil deren bundes- und europaweite Bedeutung damit zu einem wichtigen Teil ausgeklammert wird. Alleine durch die Ergänzung der fehlenden Wirbeltierarten erhöht sich die Zahl der Rote-Liste-Arten auf 54. Nimmt man die von SCHNELL (1997), MOLL (1997) und KLÜNDER (1997) vermißten Tierarten dazu, erhöht sich die Zahl der Rote-Liste-Arten erheblich. Bezüglich der aktuellen Roten Liste der Wirbeltiere in Deutschland (NOWAK, BLAB u. BLESS, 1994) müssen folgende Anmerkungen gemacht werden: Fledermäuse: Zwergfledermaus bundesweit stärker gefährdet als für das Rheinland angegeben. Übereinstimmung der regionalen und landesweiten mit der bundesweiten Gefährdung bei vier Arten. Übrige Säuger Der bundesweit gefährdete Feldhase wird als regional und landesweit ungefährdet dargestellt. Gefährdung von Iltis und Baummarder bundesweit höher (Rangstufe 3) als angegeben. Übereinstimmung der regionalen und landesweiten mit der bundesweiten Gefährdung nur bei einer Roten-Liste-Art. Vögel Der bundesweit gefährdete Kiebitz wird als ungefährdet dargestellt; dies wiegt in der Bewertung besonders schwer, weil die Art mit 10 Brutpaaren insgesamt, einer Siedlungsdichte von 2,0 Brutpaaren auf 10 Hektar und einem Anteil von 10,1 % der Brutpaare an der Gesamtzahl der Brutpaare den fünften Rang unter insgesamt 54 Brutvögeln des TB einnimmt. Bei den Gastvögeln fehlt der Gefährdungsgrad sogar für vier Arten der aktuellen bundesweiten Roten Liste, weil nur die veraltete Rote Liste von 1991 benutzt wurde: Dies betrifft den vom Aussterben bedrohten Flußuferläufer sowie die gefährdeten Arten Uferschwalbe, Braunkehlchen und Steinschmätzer. Sieben vom Aussterben bedrohte bzw. stark gefährdete Gastvögel werden lediglich als "gefährdet" bezeichnet: Alpenstrandläufer, Kampfläufer und Bruchwasserläufer sowie Baumfalke, Knäkente, Bekassine und Waldwasserläufer. Am o.g. Vergleich der Roten Listen von 1991 und 1994 wird der bereits jährlich zunehmende Vernichtungsprozeß der heimischen Fauna für das Plangebiet konkretisiert. Der überragende Wert des Gebietes zeigt sich nicht zuletzt an seiner Tragfähigkeit für bundesweit zunehmend gefährdete Arten. Damit wird gleichzeitig deutlich, daß der Naturschutzwert des Plangebietes von Jahr zu Jahr steigt. Folgende unverzichtbare Tierartengruppen der Roten Listen (vgl. BLAB et al. 1984) wurden von IVÖR überhaupt nicht berücksichtigt:
Fische und Rundmäuler, Muscheln, Wanzen, Fransenflügler, Hautflügler, Nachtfalter, Köcherfliegen, Zweiflügler, Schnabelfliegen, Netzflügler, Käfer außer Laufkäfer, Geradflügler außer Heuschrecken, Steinfliegen, Libellen, Eintagsfliegen, Landasseln, Süßwasserkrebse und Weberknechte.
Der BUND LV NW e.V. fordert deshalb die vollständige wissenschaftliche Erfassung und naturschutzfachliche Bewertung aller heute dokumentierbaren Biotoptypen und Tierartengruppen im noch verbliebenen Abbaugebiet. Soweit für diese Gruppen keine aktuellere bundes- bzw. landesweite Rote Liste der gefährdeten Arten vorliegt, ist eine Beurteilung nach der bundesweiten Roten Liste aus dem Jahre 1984 (Hrsg. BLAB, NOWAK, TRAUTMANN, SUKOPP) vorzunehmen. Die vollständige Erfassung und naturschutzfachliche Bewertung dieser Gruppen ist unverzichtbar,
Weitere UnvollständigkeitenEs fehlt die unverzichtbare gemeinsame Übersichtskarte der verschiedenen Plan- und Untersuchungsgebiete, also des Braunkohlenteilplans 12/1, des Untersuchungsgebietes von PFLUG et al. (1975), des Rahmenbetriebsplanes für den Abbauzeitraum 1977-1996, des Rahmenbetriebsplanes für den Abbauzeitraum 1996-2020 (= Untersuchungsgebiet "UG"), des von PFLUG et al. (1975) nicht bearbeiteten Teilbereiches im Südosten des Abbaugebietes ("TB"). Weitere Belege für die Unvollständigkeit der Untersuchung sind auf den Seiten 25-30, 32-34, 36-37, 40-46, 59, 62, 66-68, 71, 73, 76-78, 87 und 90 zu erkennen. Dies gilt auch für die Anlagen des Gutachtens. Beisielsweise findet sich in Anlage 7 trotz des hohen Ackerflächenanteils nur eine einzige Aufnahme von Ackerpflanzen. Entgegen den fachlichen Gepflogenheiten bei Vegetationsaufnahmen im Wald beträgt die Flächengröße der Aufnahme Nr. 31 in Anlage 14 nur 15 m².
Vorurteile bei der Untersuchung
Da IVÖR auf Seite 26 nicht erläutert, warum die Bezugsfläche der Abundanz-Ermittlung für Vögel 10 Hektar beträgt, scheint es sich hierbei um eine willkürliche Festlegung zu handeln. Analog zu den vom BUND bereits im Braunkohlenplanverfahren "Garzweiler II" gerügten Mängeln des damaligen IVÖR-Gutachtens fällen die Gutachter auch hier wiederum unbegründete Vorurteile über die Artenarmut von Heuschrecken, Tagfaltern und Laufkäfern in der Feldflur (vgl. S. 29). Diese scheint von vorneherein zu flach untersucht worden zu sein. Dies gilt umgekehrt für die Schwerpunkt-Untersuchung des Vogelschutzbiotopes, wo a priori "ein großer Artenreichtum" erwartet wurde (ebd.). Stets ist die Rede von "Erwartungen" bezüglich des Artenreichtums, so auch für die Laufkäfer auf Seite 32, für die Probeflächen von der Dammkrone bis zum Ufer des Vogelschutzbiotops auf Seite 35, für die Vogelwelt bzw. für die Heuschrecken der "...nicht besonders wertvollen..." Ackerflächen auf Seite 42 bzw. 59 u.a.m. Da diesen Erwartungen relativ wenig harte Daten zum tierökologischen Bestand gegenüberstehen, verfestigen sich die genannten Vorurteile beim unkritischen Leser zur Gewißheit. Die für das hochwertige Untersuchungsgebiet unangemessene Selektion von Untersuchungsflächen setzt sich fort auf Seite 31, wo der Schotterdamm am Vogelschutzbiotop "...insbesondere für einige spezialisierte Heuschreckenarten von großer Bedeutung..." sein und deshalb bevorzugt untersucht werden soll. Der Nachweis international wandernder Schmetterlingsarten wird sogar als bedeutungsschwach abgetan, nur weil deren Biotopbindung gering ausgeprägt sei (vgl. S. 60) bzw. weil weder eine Eiablage noch Raupen nachgewiesen wurden (vgl. S. 61). Mit einer gründlicheren Untersuchung wären hier sicherlich weitere Qualitäten (internationale Verbundaspekte) zum Vorschein gekommen. Auch die Behauptung auf Seite 62, zwei Arten von Waldrandschmetterlingen seien "typisch für diese Flächen" muß mangelsBelegen als Vorurteil eingestuft werden. Bewertungsmängel
Die fehlende Berücksichtigung der EU-FFH- und EU-Vogelschutz-Richtlinie, der §§ 8 und 20c BNatSchG, der §§ 4, 6 und 62 LG NW sowie der Roten Liste Biotoptypen BRD und NRW, macht eine sachgerechte Bewertung von vorneherein unmöglich. Dies gilt nicht nur für das Schutzgut Tiere sondern auch für alle damit vernetzten Lebensgemeinschaften und Umweltmedien. Es fehlt eine naturschutzfachliche Bewertung der in Tabelle 2.3.5 angegebenen Siedlungsdichte der Vögel (vgl. S. 49-50). Die auf Seite 70 genannte Bezeichnung "eurytope Waldarten" muß als hochwertig eingestuft werden, weil die weitere IVÖR-Beschreibung das hohe Entwicklungs- und Indikatorpotential dieser Arten hervorhebt ("...sofern eine ausreichende Verzahnung mit diesen in Form von Hecken oder Hochstaudenfluren gegeben ist"). Die einfache Einstufung "eurytop" suggeriert jedoch die Minderwertigkeit von Allerweltsarten. Die naturschutzfachlich unverzichtbaren Bewertungen nach Alter, Repräsentanz, Wiederherstellbarkeit, Einzigartigkeit, Seltenheit, Natürlichkeit, Vollkommenheit, Entwicklungspotential u. a. fehlen. Auch hieran wird deutlich, daß es mit einer korrekten UVP mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer anderen Entscheidung über die Zulässigkeit des Rahmenbetriebsplan-Vorhabens kommen muß Ungenügende Bezüge zu anderen UVPG-Schutzgütern (s.u.: Wechselwirkungen)
Widersprüche
Bei den Wald-Probeflächen für Laufkäfer "...unterscheiden sich... die Fallenstandorte F2 und F3 angeblich ...nur wenig voneinander" (vgl. S. 35-36). Laut Karte 1 handelt es sich aber um klar unterschiedene Waldgesellschaften: Laubholz-Mischforst (F2) und Maiglöckchen-Eichen-Hainbuchen-Wald (F3). Schutzgut Pflanzen gemäß § 2 (1) UVPG Die Übereinstimmung von realer und potentieller Vegetation ist der ökologisch überragende Wert, der weder von PFLUG et al. (1975) noch von RHEINBRAUN (1994), noch von IVÖR (1996) in seiner Tragweite gewürdigt wurde. Die Angaben von SCHNELL (1997, wörtlich zitiert) unterstützen und ergänzen diese Aussagen durch Nachweise weiterer, von IVÖR (1996) nicht erkannter ökologischer Daten:
"Der Erlenbruchwald-Anteil wird erwähnt, aber nicht seine besondere Flora (z.B. Gelbe Schwertlilie, Sumpf-Segge). Wir kartierten im geplanten Abbaugebiet südlich der A 4 etwa 400 Pflanzenarten für Professor Dr. SCHUMACHER. Dieser gibt 1995 folgende Kartierungsstände für die hier interessierenden Meßtischblätter- Quadranten an: TK 5105/1 : 468 Arten, TK 5101/2: 549 Arten, TK 5005/2: 506 Arten, TK 5005/1: 536 Arten. Einige Pflanzenarten der Roten Liste (TK = Meßtischblatt Topographische Karte von NRW 1:25.000 mit Quadranten-Nr., RL = Rote Liste NRW mit Gefährdungsgrad, RL NRTLD = Rote Liste Niederrheinisches Tiefland mit Gefährdungsgrad, RL NRBU = Rote Liste Niederrheinische Bucht mit Gefährdungsgrad): Körner-Steinbrech Saxifraga granulata TK 5105/1/2 RL NRTLD 2, RL NRBU 3 Sumpfquendel Peplis portula TK 5105/1 RL NRTLD 3 , RL NRBU * Schwarze Teufelskralle Phyteuma nigrum TK 5105/1/2 RL NRTLD 2, RL NRBU * Dazu nach SCHUMACHER (1995) aus TK 5105/1: Westliche Schwarznessel Ballota nigra ssp.foetida RL * Wunder-Segge Carex appropinquata RL 2 Blasen-Segge Carex vesicaria RL 3 Kornblume Centaurea cyanus RL 3 Echter Frauenspiegel Legousia speculum-veneris RL 2, RL NRTLD 3, RL NRBU 1 Großes Zweiblatt Listera ovata RL *, NRTLD 4, NRBU * Acker-Quellkraut Montia arvensis RL 3 Es sind im TB mehr Rote-Liste-Arten nachgewiesen und in der Literatur veröffentlicht worden, als bei IVÖR angegeben. (z.B. Kleines Wintergrün Pyrola minor). In den Bestandsaufnahmenartenlisten fehlen also mehrere bekannte Rote-Liste-Arten und zahlreiche andere Arten wie das bezeichnende Einblütige Perlgras Melica uniflora. Leider wurden die Pilze nicht bearbeitet. Gleichwohl ist schon die besondere Schutzwürdigkeit des Untersuchungsgebietes erkennbar und wird auch hervorgehoben. 1. 2.,3.,4.,Anhang 3 Durch die Ausklammerung folgender Zitate bzw. Studien im bisherigen Verfahren gehen der behördlichen Abwägung wichtige Informationen über die hohen Naturschutzwerte des Plangebietes verloren: BAUER, G. (1984): Ökologischer Beitrag zum Landschaftsplan Bürgewälder des Erftkreises, Teil I "Analyse des Naturhaushaltes" und II "Erfassung und Bewertung schutzwürdiger Biotope", 84 (I) u.133 (II) S., unveröff. i.A. d. Erftkreises Dort sind die wertvollsten Biotope mit Artenlisten der Flora und Fauna zusammengestellt. Auf S.96-97 schreibt BAUER: "Der gravierendste Eingriff dürfte aus der Sicht des Naturschutzes und der Landschaftsökologie die Wegnahme der Bürgewälder sein. Große Teilbereiche dieser Waldflächen, sowohl auf dem Gebiet des Erftkreises, in noch größerer Ausdehnung auf Flächen des Kreises Düren, müssen aufgrund der faunistischen und vegetationskundlichen Untersuchungen als naturschutzwürdig eingestuft werden. Diese Waldflächen sind zumindest zum Teil sehr alte, naturnahe, ungestörte bzw. wenig gestörte, intakte Waldökosysteme, die sich durch hohe ökologische Stabilität, großen Artenreichtum und durch das Vorkommen von Reliktarten aus der Zeit der nacheiszeitlichen Wiederbewaldung auszeichnen...Der Abbau dieser Wälder ist daher ein unersetzbarer Verlust für die ökologische Erforschung des Rheinlandes." ZENKER, WOLFGANG (1986): Pflanzensoziologische Untersuchungen in Wäldern der Niederrheinischen Bucht bei Kerpen, insbesondere im zukünftigen Abbaugebiet des Braunkohlentagebaues Hambach - Decheniana Bd.139: 123-140 Bonn (Naturhistorischer Verein der Rheinlande und Westfalens) Er bringt Tabellen von 185 Pflanzenarten aus den verschiedenen Waldtypen und Pflanzengesellschaften. SCHNELL, W. (1996): Zur Vegetation des Hambacher Forstes und seiner Randgebiete - NABU-INFO 1996 S.20-25 (Hrsg.: Naturschutzbund Deutschland im Erftkreis e.V., Erftstadt)... R.DORFF (1993) "Rekultivierungsstandorte der Ville, LÖLF Mitt.2/1993: S.22f: "Die Altwälder der Ville und des Hambacher Forstes stellen aufgrund ihres speziellen Standortmosaiks mit wechselnder Bodenfeuchte Ökosysteme dar, die aufgrund der Bedeutung für die Tier- und Pflanzenwelt und ihrer relativen Seltenheit schützenswert sind. Die neuen Wälder sind dagegen zunächst reine Kunstprodukte und benötigen viele Jahrzehnte, ehe sie sich in Richtung auf ein ökologisches Gleichgewicht entwickelt haben." Die Anzahl der von IVÖR dokumentierten 327 Pflanzenarten ist recht beachtlich. Gleichwohl haben BEKEL, MOLL, SCHNELL, P. & W., ZENKER im TK 5105/2 noch andere Pflanzenarten kartiert. Die meisten sind in den Atlas der Farn- und Blütenpflanzen des Rheinlandes von SCHUMACHER (1995) eingeflossen, welcher auch von IVÖR benutzt wurde. Leider hat IVÖR unser Kleines Wintergrün Pyrola minor übersehen, im TK 5105/2, nordwestlichen Bereich des Naturschutzgebietes Steinheide, Rote Liste 3, RL 4 in der Niederrheinischen Bucht und R L 2 im Niedrrheinischen Tiefland. Leider fehlen auch Erlen und Gelbe Schwertlilien in IVÖRs Liste (auch südlich der A 4 wachsen mehrere Schwarz-Erlen und Gelbe Schwertlilien Iris pseudacorus). An der Autobahnausfahrt steht der Körner-Steinbrech Saxifraga granulata, Rote Liste NRBUCHT 3, NRTLD 2). Im TB gibt es außerdem Wiesenkümmel und Silbergras Corynephorus canescens, beide RL 3, sowie den Acker-Zahntrost Odontites vernus, RL 2. Wie bei so manchen Pflanzenarten bleibt schleierhaft, wie IVÖR das Einblütige Perlgras übersehen konnte. Es wird 1984 von BAUER genannt. ZENKER (1986) beschreibt auch den Maiglöckchen-Perlgras-Buchenwald (Melico-Fagetum). IVÖRs Pflanzenliste muß durch mindestens 88 Arten ergänzt werden, so daß im TB mindestens 415 Pflanzenarten vorkommen. IVÖR geht auf S.23, davon aus, "daß alle wesentlichen Arten des TB erfaßt wurden." Wenn man unsere Ergänzungsliste liest, erkennt man, daß das nicht der Fall war. Seltsamerweise schreibt IVÖR in der Pflanzenliste "Wald-/Hainveilchen Viola reichenbachiana/ riviniana." Dabei handelt es sich um zwei gut unterscheidbare Arten (in der Blüte mit dünnem blauen bzw. dickem weißen Sporn und mit spitzen bzw. breiten Blättern). IVÖRs Angaben zum Naturhaushalt, verbessert mit unseren Ergänzungen, legen den Schluß nahe, nicht nur den TB, sondern alle diese Untersuchungsgebiete vom Braunkohlentagebau zu verschonen und als Naturschutz- bzw. Landschaftsschutzgebiete zu erhalten, wie es sogar in der Entwicklungs- und Festsetzungskarte des Erftkreis -Landschaftsplanes Nr.3 Bürgewälder eingetragen ist. Liste der Pflanzenarten des TB, die nicht von IVÖR genannt, aber von uns i.A. von Professor Dr. Schumacher (für den Atlas der Farn- und Blütenpflanzen des Rheinlandes) kartiert wurden. Üblicherweise richtet sich die alphabetische Reihenfolge bei Pflanzen immer nach den wissenschaftlichen Artnamen und nicht, wie bei IVÖR, nach den Deutschen Pflanzennamen, weil manche Pflanzen mehrere deutsche Namen haben. Berücksichtigt wurde der 2. Quadrant von TK 5105 sowie z.T. TK 5005/4.Quadrant nach BAUER (1984) Blauer Eisenhut Aconitum napellus RL 3 Moschuskraut Adoxa moschatellina Giersch Aegopodium podagraria Kleiner Odermennig Agrimonia eupatoria Kriechender Günsel Ajuga reptans TK 5005/4 (BAUER) Schwarz-Erle Alnus glutinosa TK 5105/2 und 5005/4 (BAUER) Wald-Engelwurz Angelica sylvestris Gewöhnliches Ruchgras Anthoxanthum odoratum Acker-Frauenmantel Aphanes arvensis Flug-Hafer Avena fatua Steifes Barbarakraut Barbarea stricta Echtes Barbarakraut Barbarea vulgaris Gänseblümchen Bellis perennis Weiche Trespe Bromus hordeaceus Unbewehrte Trespe Bromus inermis Dach-Trespe Bromus tectorum Wald-Schaumkraut Cardamine flexuosa Wiesen-Schaumkraut Cardamine pratensis Pfeil-Kresse Cardaria draba Behaarte Segge Carex hirta Winkel-Segge Carex remota Wiesen-Kümmel Carum carvi RL 3 Acker-Hornkraut Cerastium arvense Knäuel-Hornkraut Cerastium glomerata Dürrwurz Conyza canadensis Silbergras Corynephorus canescens RL 3 Schönes Johanniskraut Hypericum pulchrum Langkelch-Weißdorn Crataegus curvisepala Dach-Pippau Crepis tectorum Frühlings-Hungerblümchen Erophila verna Weichhaariger Hohlzahn Galeopsis pubescens Waldmeister Galium odoratum (nach BAUER) Wald-Labkraut Galium sylvaticum Moor-Labkraut Galium uliginosum Schlitzblättriger Storchschnabel Geranium dissectum Falt-Schwaden Glyceria plicata Echtes Springkraut Impatiens noli-tangere TK 5005/4 Dürrwurz Inula conyza Gelbe Schwertlilie Iris pseudacorus Gemeiner Rainkohl Lapsana communis Kleine Wasserlinse Lemna minor Nickender Löwenzahn Leontodon saxatilis Margerite Leucanthemum vulgare agg. Großes Zweiblatt Listera ovata TK 5005/4 (BAUER) Einjähriges Silberblatt Lunaria annua Weiße Hainsimse Luzula luzuloides Mahonie Mahonia aquifolium Moschusmalve Malva moschata Wilde Malve Malva sylvestris Einblütiges Perlgras Melica uniflora Buntes Vergißmeinnicht Myosotis discolor Rauhes Vergißmeinnicht Myosotis ramosissima Acker-Zahntrost Odontites vernus nur TK 5105/2/1 RL 2, NRBU RL 0 Gemeiner Dost Origanum vulgare Saat-Mohn Papaver dubium Mittlerer Breitwegerich Plantago major ssp. intermedia Wasserpfeffer-Knöterich Polygonum hydropiper Milder Knöterich Polygonum mite Mittleres Fingerkraut Potentilla intermedia Kleines Wintergrün Pyrola minor nur TK 5105/2./1 RL 3 Scharbockskraut Ficaria verna Rauher Hahnenfuß Ranunculus sardous Robinie Robinia pseudoacacia Wilde Sumpfkresse Rorippa sylvestris Graugrüne Rose Rosa vosagiaca Krauser Ampfer Rumex crispus Trauben-Holunder Sambucus racemosa TK 5005/4 (BAUER) Großer Wiesenknopf Sanguisorba officinalis Gemeines Seifenkraut Saponaria officinalis Klebriges Greiskraut Senecio viscosus Riesen-Goldrute Solidago gigantea Quell-Sternmiere Stellaria alsine Vogel-Miere Stellaria media Gemeiner Beinwell Symphytum officinale Schweden-Klee Trifolium hybridum Blaubeere, Heidelbeere Vaccinium myrtillus Gewöhnliches Eisenkraut Verbena officinalis Efeublättriger Ehrenpreis Veronica hederifolia." MOLL (1997) fielen folgende 65 Pflanzenarten auf, die von IVÖR (1996) in dem Teilbereich (TB) übersehen wurden, der von PFLUG et al. (1975) nicht untersucht wurde: Zipperleinskraut Aegopodium podagraria Hundspetersilie Aethusa cynapium Odermennig Agrimonia eupatoria Kriechender Günsel Ajuga reptans Gewöhnlicher Froschlöffel Alisma plantago-aquatica Gewöhnlicher Frauenmantel Aphanes arvensis Acker-Schmalwand Arabidopsis thaliana Meerrettich Armoracia rusticana Aronstab Arum maculatum Schwarzfrüchtiger Zweizahn Bidens frondosa Dach-Trespe Bromus tectorum Sumpf-Reitgras Calamagrostis canescens Wiesen-Schaumkraut Cardamine pratensis Pfeilkresse Cardaria draba Rauhe Segge Carex hirta Dichtährige Segge Carex spicata Hain-Segge Carex otrubae Knäuel-Hornkraut Cerastium glomeratum Schöllkraut Chelidonium majus Feigenblättriger Gänsefuß Chenopodium ficifolium Mauer-Pippau Crepis tectorum Drüsiges Weidenröschen Epilobium adenocaulon Frühlings-Scharbockskraut Ficaria verna Schlitzblättriger Storchschnabel Geranium dissectum Kahles Bruchkraut Herniaria glabra Mäusegerste Hordeum murinum Schönes Johanniskraut Hypericum pulchrum Dürrwurz Inula conyza Gelbe Schwertlilie Iris pseudacorus Wiesen-Witwenblume Knautia arvensis Goldnessel Lamiastrum galeobdolon ssp. montanum Herbst-Löwenzahn Leontodon autumnalis Hundslattich Leontodon saxatilis Wilde Malve Malva sylvestris Weißer Steinklee Melilotus alba Buntes Vergißmeinnicht Myosotis discolor Hügel-Vergißmeinnicht Myosotis ramosissima Gemeiner Dost Origanum vulgare Sand-Mohn Papaver argemone Einbeere Paris quadrifolia Wasserpfeffer Polygonum hydropiper Milder Knöterich Polygonum mite Kamm-Laichkraut Potamogeton pectinatus Blutwurz Potentilla erecta Mittleres Fingerkraut Potentilla intermedia Große Schlüsselblume Primula elatior Kleines Wintergrün Pyrola minor RL 3 Sardinischer Hahnenfuß Ranunculus sardous Färber-Resede Reseda luteola Schwarze Johannisbeere Ribes nigrum Robinie Robinia pseudoacacia Trauben-Holunder Sambucus racemosa Gewöhnliches Seifenkraut Saponaria officinalis Klebriges Greiskraut Senecio viscosus Kanadische Goldrute Solidago canadensis Quell-Sternmiere Stellaria alsine (=uliginosa) Gemeiner Beinwell Symphytum officinale Feld-Klee Trifolium campestre Heidelbeere Vaccinium myrtillus Dunkle Königskerze Verbascum nigrum Kleinblütige Königskerze Verbascum thapsus Faden-Ehrenpreis Veronica filiformis Wohlriechendes Veilchen Viola odorata Wald-Veilchen Viola reichenbachiana Hain-Veilchen Viola rivinian Von IVÖR (1996) werden weitere wichtige Anhaltspunkte im gleichen Sinne gegeben, allerdings ohne angemessene Bewertung (Kapitel-Nummern, Seitenzahlen, Zitate und Abkürzungen gemäß IVÖR 1996):
Naturnähe / Entwicklungspotential Der im TB überwiegende Maiglöckchen-Eichen-Hainbuchen-Wald (Stellario-Carpinetum, Convallaria majalis-Rasse) und der Waldziest-Eichen-Hainbuchen-Wald (Stellario-Carpinetum stachyetosum, vgl. S. 21) gehören beide zu den in Kapitel 2.1.1 genannten potentiell-natürlichen Waldgesellschaften. Lediglich der als potentiell-natürlich bezeichnete Maiglöckchen-Perlgras-Buchenwald (Melico-Fagetum) wird bei den realen Waldgesellschaften nicht erwähnt (Kapitel 2.2.2.2.8). So wie seinerzeit WEDECK (1975 in PFLUG et al. 1975) bestätigt also auch IVÖR (1996) eine Übereinstimmung von realer und potentiell-natürlicher Vegetation in wichtigen Waldbereichen. Genau dieser Umstand unterstreicht die zum Schutzgut Tiere zitierten Forschungsergebnisse von ANT et al. (1984, s.o.): Die in der Tierwelt nachgewiesenen Belege für eine seit der Eiszeit ungestörte Entwicklung des Hambacher Waldes finden ihre Entsprechung in der Übereinstimmung von potentieller und realer Vegetation. Die heutige potentiell-natürliche Vegetation stellt sich definitionsgemäß nur dort ein, wo die heutige menschliche Nutzung aufhören würde. Erst nach einem jahrhundertelangen Nutzungsverzicht käme es also zu einer Übereinstimmung von potentieller und realer Vegetation. Es leuchtet ein, daß eine solche Situation im heutigen, aus der Perspektive der Natur völlig übernutzten Mitteleuropa die absolute Ausnahme darstellt. Ohne die o.g. tierökologischen Belege reicht auch bereits dieser Befund aus, um den überragenden Naturschutzwert des Hambacher Waldes alleine aus vegetationskundlicher Sicht zu begründen. Auch hier ergibt sich die plausible Parallele zu den hochwertigen Feuchtgebieten des internationalen Naturparks Maas-Schwalm-Nette und damit zum Tagebauvorhaben "Garzweiler II". Denn in diesen Lebensräumen stimmen reale und potentiell-natürliche Vegetation ebenfalls überein. Der Grund liegt in beiden Fällen in der Kontinuität der ökologischen Standortqualitäten. Darüberhinaus spricht vieles dafür, daß auch die übrigen realen Waldgesellschaften der heutigen potentiell-natürlichen Vegetation entsprechen: Der feuchte Buchen-Eichenwald (Fago-Quercetum molinietosum), der Flattergras-Traubeneichen-Buchenwald (Milio-Fagetum), der Flattergras-Hainsimsen-Buchenwald (Luzulo-Fagetum milietosum) und der Sternmieren-Eichen-Hainbuchen-Wald (Stellario holosteae- Carpinetum betuli). Für diese vier Waldgesellschaften beansprucht RHEINBRAUN (1994, S. 23-29) jedenfalls im angrenzenden, von WEDECK (1975) dokumentierten Gebiet ebenfalls die Übereinstimmung von realer und potentiell-natürlicher Vegetation. Aus den bisher vorgelegten Unterlagen ist kein Grund ersichtlich, der im von IVÖR (1996) bearbeiteten Teilbereich (TB) gegen diesen Befund spräche. Außerdem benutzte IVÖR zur Ermittlung lediglich zwei qualitativ sehr unterschiedliche Quellen:
WEDECK´s (1975) Karte der potentiell-natürlichen Vegetation im Maßstab 1:25.000 und TRAUTMANN´s et al. (1991) Karte der potentiell-natürlichen Vegetation im Maßstab 1:200.000.
Während sich WEDECK nur auf das Gebiet des Tagebauvorhabens "Hambach" bezieht, betrachten TRAUTMANN et al. die gesamte Bundesrepublik. Muß man schon bei WEDECK zu große Unschärfen durch einen zu kleinen Maßstab vermuten, so gilt dies hier für TRAUTMANN et al. erst recht. Der Maßstab 1:200.000 kann schlechthin nur gröbste Aussagen über dieses relativ kleine Gebiet treffen. IVÖR macht nicht klar, worin die Aussagen beider Quellen übereinstimmen, worin etwaige Widersprüche liegen und wie diese ggf. harmonisiert werden können. IVÖR (1996) hat neben einer eigenen Kartierung und Auswertung der heutigen potentiell-natürlichen Vegetation die plausible Harmonisierung der Daten von WEDECK (1975) und TRAUTMANN et al. (1991) versäumt Hätte das Gutachten von IVÖR (1996) nicht folgende Mängel, so lägen bereits für das unvollständige IVÖR-Bearbeitungsgebiet weitere abwägungserhebliche Umweltbelange vor, die einer korrigierten Wichtung durch das Bergamt Düren zugänglich wären:
Unvollständigkeit (Anlaß zu wesentlich umfassenderer Untersuchung): Die Ignorierung der Daten von ANT und STIPPROWEIT (1986), KAULE (1991), LIPPERT-HAMACHER (1992), NAGLER und WEDECK (1993), PLACHTER (1991), RIECKEN, RIESS u. SSYMANK (1994), SCHRÖDER, STEPHAN u. SCHULTE-KARRING (1985), SCHUBERT (1993), WEYERS u. SCHRÖDER (1992), WEYERS, SCHRÖDER u. MARTINOVIC (1992), WITTIG et al. (1985), WOLF (1989), ZENKER (1982) und (1986) durch das Zulassungsverfahren bzw. durch das Gutachten von IVÖR (1996) wiegt besonders schwer, weil diese Literaturangaben bereits in der Stellungnahme der Naturschutzverbände ERF/DN 46-5.94 AB vom 03.08.1995 als unverzichtbare zusätzliche Umweltdaten hervorgehoben wurden. Weitere Belege für unvollständige Erhebungen finden sich auf den Seiten 12, 14-18, 22 und 23. Auf den Seiten 12, 15-18 und 22 wird wiederholt auf die nicht gegebene Möglichkeit einer vegetationskartographischen Darstellung hingewiesen. Der Florenliste in Anhang 3, Tabelle 2.2.12 fehlt die Angabe der Gesamtzahl der vorgefundenen Pflanzenarten. Dies gilt auch für die Anlagen des Gutachtens. Beispielsweise findet sich in Anlage 7 trotz des hohen Ackerflächenanteils nur eine einzige Aufnahme von Ackerpflanzen. Entgegen den fachlichen Gepflogenheiten bei Vegetationsaufnahmen im Wald beträgt die Flächengröße der Aufnahme Nr. 31 in Anlage 14 nur 15 m² (s.o.). Versäumnisse des Bergamtes bei der Aufgabenstellung Das Bergamt Düren hat eine notwendige Präzisierung seiner Nebenbestimmung 7.1 offenbar versäumt. Es fehlt nämlich die vegetationskundlich-methodische Harmonisierung des IVÖR-Gutachtens (vgl. S. 6-7) gegenüber PFLUG et al. (1975). IVÖR benutzt lediglich für die Waldgesellschaften dieselben systematischen Einheiten wie seinerzeit WEDECK (1975). Alle übrigen Arten werden in enger Anlehnung an POTT (1995) und OBERDORFER (1983a) pflanzensoziologisch eingeordnet. Auch die Verfeinerung der Aufnahmeskala nach WILMANNS (1984) war für WEDECK (1975) nicht möglich. Die strenge Begrenzung der Untersuchung auf das unmittelbare Abbaugebiet ist ökologisch sinnlos. Wie IVÖR auf Seite 78 richtig bemerkt, sollte "die ökologische Bewertung der Waldflächen...nicht losgelöst von dem übrigen Teil des Steinheider Bürgewaldes erfolgen". Allerdings beschränken sich die Gutachter auf eine viel zu oberflächliche Beschreibung solcher zwar randlich, aber in ihrer Gesamtheit beeinträchtigten Lebensräume. Bei dem genannten Beispiel bleibt auch ungewiß, ob der "Steinheider Bürgewald" mit dem in Karte 1 bezeichneten "Manheim-Blatzheimer Erbwald" identisch ist. Bewertungsmängel Die naturschutzfachlich unverzichtbaren Bewertungen nach Alter, Repräsentanz, Wiederherstellbarkeit, Einzigartigkeit, Seltenheit, Natürlichkeit, Vollkommenheit, Entwicklungspotential u. a. fehlen. Die im Anhang Seite 18 wiedergegebene Aufnahme Nr. 34 wird lapidar als "Laubholz-Mischforst" bezeichnet. Deren erstaunliche Naturnähe mit Quercus petraea, Tilia cordata, Corylus avellana, Maianthemum bifolium, Convallaria majalis und Milium effusum wird weder dort noch im Text hervorgehoben. Gleiches gilt in abgeschwächter Form für die an gleicher Stelle genannten Aufnahmen Nr. 26 und 40. Durch die Subsummierung unter den Begriff der "Forstbestände" wird deren aktueller Wert ebenso wie das hochwertige Entwicklungspotential dieser Bestände zu sehr gemindert. Da die IVÖR-Aufnahmen ohnehin viel zu sparsam über die betroffenen Biotoptypen verteilt sind und gleichzeitig als "repräsentativer" Befund offeriert werden, kommt es bei der o.g. Wortwahl zur Verschleierung bzw. Abwertung der tatsächlich hohen Naturschutzwerte. Ungenügende Bezüge zu anderen UVPG-Schutzgütern (vor allem Wechselwirkungen, s.u.) Anstatt durch zweifelhafte pflanzensoziologische Zuordnungen Verwirrung zu stiften (vgl. S. 16 und 18), hätte eine standortökologische Betrachtung der Pflanzenarten und -gesellschaften zusätzliche Qualitäten nicht nur der Pflanzenwelt sondern auch der mit ihr verbundenen Wechselwirkungen an´s Licht gebracht. Hierfür stehen seit geraumer Zeit verschiedene wissenschaftliche Methoden zur Verfügung, z.B. von ELLENBERG et al. (1991), DAHMEN (1993) sowie DAHMEN und HERBOLD (1995), die von IVÖR jedoch nicht genutzt wurden. Schutzgut Boden gemäß § 2 (1) UVPG Die Bodenkarte aus dem Teilgutachten von SCHALICH (1975) gibt Anhaltspunkte für den sehr hohen abwägungsrelevanten Wert namentlich der Waldböden. Eine Bodenkarte im Maßstab 1 : 5000 würde angesichts der o.g. Aussagen zur Tier- und Pflanzenökologie mit Sicherheit unverzichtbare, aber bislang fehlende Aussagen zu den standorttypischen Wechselwirkungen bringen. Dafür spricht nicht zuletzt die Arbeit von BORCHERS (1994, s.u.) Schutzgut Wasser gemäß § 2 (1) UVPG Die Unbrauchbarkeit der IVÖR-Aussagen zum Grundwasser geht deutlich aus der Aussage hervor, der aktuelle Grundwasserstand liege bei etwa 30 m unter Flur (vgl. S. 3). Als Quelle wird völlig unkritisch eine angeblich mündliche Aussage des Vorhabenträgers genannt, die noch nicht einmal im Literaturverzeichnis (vgl. S. 94) näher erläutert ist. In der Machbarkeitsstudie Künstliche Grundwasseranreicherung aus dem ersten Untersuchungsprogramm Braunkohle der Landesregierung Nordrhein-Westfalen (MURL 1987) ist eine Kabinettsvorlage des damaligen Landesamtes für Wasser und Abfall (LWA) NW wiedergegeben, die die regionale Ausdehnung des Sümpfungstrichters Mitte der 1980er Jahre darstellt. Dort kann sehr gut nachvollzogen werden, daß die Auswirkungen des Tagebaus "Hambach" auf den Grundwasserhaushalt in einem unauflöslichen regionalen Zusammenhang mit letztlich europäischer Bedeutung stehen. Denn das gemeinsam mit anderen Tagebauvorhaben beeinflußte Gebiet gehört nicht nur zum größten mitteleuropäischen Grundwasserschatz, umfaßte nicht nur bereits damals etwa ein Zehntel der nordrhein-westfälischen Landesfläche (ca. 3000 km²), sondern ging in seiner tatsächlichen Ausdehnung bereits damals deutlich über die dargestellten Grenzen hinaus. Wie nämlich die Stadt Mönchengladbach in ihrem wasserwirtschaftlichen Bericht 1991 nachwies, ist der reale sümpfungsbeeinflußte Grundwasserbereich wesentlich größer als vom Bergbautreibenden zugegeben. Ein grundlegender Umstand, der sicherlich auch für das Plangebiet Hambach zutrifft. Würde der erste Rahmenbetriebsplan für den Tagebau "Hambach" heute noch gelten, so würde schon an diesem Sachverhalt deutlich, daß ein neues Planfeststellungsverfahren mit integrierter UVP im Sinne von § 52 IIc BBergG i.V.m. §§ 72ff VwVfG erforderlich wäre, weil die Umweltauswirkungen des Vorhabens bei der Zulassung in erheblichem Umfang weder identifiziert noch berücksichtigt wurden (vgl. auch ZACH und RHEIN 1997). Dasselbe gilt für die Einbeziehung der Maßnahmen "A 1" und "A 2" in die Nebenbestimmung 3.5 der Betriebsplanzulassung h 2-1.2-2-1 des Bergamtes Düren vom 17.08.1995. Diese Maßnahmen gegen die Grundwasserversauerung infolge einer Pyrit-Schwefel-Auswaschung wurden aus den Untersuchungen von OBERMANN et al. (1995) abgeleitet, die ihrerseits ein verspäteter Nachtrag zur mangelhaften UVP im Braunkohlenplanverfahren "Garzweiler II" sind. Wenn diese säurepuffernden Maßnahmen heute für die künftige Verkippung verbindlich sind, warum wurden sie nicht bereits in der Zulassung des ersten Rahmenbetriebsplanes "Hambach" verbindlich gemacht ? Da der bereits verkippte "Abraum" des Tagebaus "Hambach" dem künftigen "Abraum" in seinem Versauerungspotential ähnelt, ist eine dauernde Grundwassergefährdung durch vorhandene Kippen anzunehmen. Auch hieran wird deutlich, wie wenig das veraltete Gutachten von PFLUG et al. (1975) zu einer langfristig tragfähigen Problembewältigung beitragen kann. Wäre es nämlich dazu fähig, so hätten sich nachträgliche Gutachten wie das von OBERMANN et al. (1995) erübrigt. Eine hydrogeologische Karte mit Abgrenzung des sümpfungsbeeinflußten Grundwasserbereiches nach den Kriterien der Stadt Mönchengladbach ist unverzichtbar, ebenso wie weitere Unterlagen, die wir aus Zeitmangel jedoch noch nicht an dieser Stelle benennen können. Schutzgut Luft gemäß § 2 (1) UVPG In diesem Zusammenhang ist auch folgendes festzustellenden: Das Schutzgut Luft wird in keinster Weise berücksichtigt. Für die vom Tagebau betroffenen umliegenden Ortschaften und deren EinwohnerInnen ist es von großer Wichtigkeit in diesem Bereich wissenschaftliche Untersuchungen vorzunehmen, vor allen Dingen in Hinblick auf die Bedeutung der Luftfiltereigenschaft der zur Zeit noch vorhandenen Reste der "Bürgewälder". Die Staubniederschläge des Tagebaus werden nicht festgehalten und die Auswirkungen dieser auf die Gesundheit der Bürger der Tagebaurandgebiete ist in keinster Weise bekannt. Es wäre z.B. wichtig, Teilbestände des Waldes zu erhalten, da sie hinsichtlich der Filterwirkung von großer Bedeutung sind. Ausgleichsmaßnahmen sind in dieser Hinsicht nicht zu verwirklichen, da es nicht möglich ist in überschaubarer Zeit einen vergleichbaren Waldbestand zu erschaffen. Schutzgut Klima gemäß § 2 (1) UVPG Die von HORBERT (1975) noch gar nicht berücksichtigten Aspekte der emissionsbedingten makroklimatischen Gefahren (Treibhauseffekt, Ozonloch...) legen eine UVP ebenfalls nahe. Es fehlt eine aktuelle Prüfung der Aussagen von HORBERT (1975), dessen Prognosesicherheit noch zu verifizieren ist. Dazu müssen unter anderem die neueren Meßdaten des Erftverbandes auf der Sophienhöhe einbezogen werden. Schutzgut Landschaft gemäß § 2 (1) UVPG Die Landschaft als der zentrale Begriff der Geographie im Sinne von NEEF et al. (1976) wird in den bisher vorgelegten Unterlagen in keiner Weise gewürdigt. Ebensowenig wie die u.g. Wechselwirkungen wird die Landschaft als das Wirkungsgefüge aus abiotischen, biotischen und anthropogenen Faktoren in seiner Ganzheit betrachtet und bewertet. Die Landschaftsästhetik im Sinne des Naturschutzrechtes wird völlig ungenügend berücksichtigt. Es wird noch nicht einmal eine Methode zur Erfassung und Bewertung des Landschaftsbildes erwähnt. Neuere Methoden wie diejenigen von ANL (1981), KRAUSE, ADAM, SCHÄFER (1983) und GAREIS-GRAHMANN (1993) werden ignoriert. Landschaftsbild und Erholung werden nicht voneinander getrennt, so daß keine klare Beurteilung erkennbar ist. Schutzgut Wechselwirkungen gemäß § 2 (1) UVPG Das Schutzgut der Wechselwirkungen als zentrales ökologisches Prüfungsobjekt wird völlig ungenügend behandelt. Nur mühsam lassen sich einzelne wertgebende Wechselwirkungen im IVÖR-Gutachten erkennen. Diese weisen jedoch wiederum auf die hohen ökologischen Werte hin, die sich hinter dem Untersuchungsdefizit verbergen. So werden zwar einige Hinweise auf die standörtlichen Bezüge pflanzensoziologischer Einheiten (vgl. z.B. S. 16) und der Pflanzenarten der Roten Liste gegeben (vgl. S. 24 und Karte 2), eine umfassende Standortkarte fehlt jedoch. Diese könnte nicht nur die ökologischen Wechselbeziehungen zwischen Boden und Pflanze veranschaulichen, sondern damit auch die standörtlichen Bezüge zumindest der bodengebundenen Fauna verdeutlichen. Auf diese Weise käme man auch einer Bewertung der tagebaubedingten Auswirkungen auf die Wechselwirkungen wesentlich näher. Anstatt durch zweifelhafte pflanzensoziologische Zuordnungen Verwirrung zu stiften (vgl. S. 16 und 18), hätte IVÖR durch eine standortökologische Betrachtung der Pflanzenarten und -gesellschaften zusätzliche Qualitäten nicht nur der Pflanzenwelt sondern auch der mit ihr verbundenen Wechselwirkungen an´s Licht bringen können. Hierfür stehen seit geraumer Zeit verschiedene wissenschaftliche Methoden zur Verfügung, z.B. von ELLENBERG et al. (1991), DAHMEN (1993) sowie DAHMEN und HERBOLD (1995), die von IVÖR jedoch nicht genutzt wurden. Ähnliches gilt z. B. auch für den Hinweis auf ergiebige Jagdreviere der Fledermäuse in den nordwestlichen und südöstlichen Waldflächen des TB (vgl. S. 38). Diese Aussage spricht für eine hochwertige Korrelation zwischen Maiglöckchen-Eichen-Hainbuchen-Wald (in beiden Waldteilen erhebliche Flächenanteile dieser Waldgesellschaft; hier potentiell-natürlich?), Insektenfauna und Fledermausfauna. Doch IVÖR hat auftragsgemäß kein Interesse an einer Vertiefung solcher Wechselwirkungen. Die von IVÖR nicht berücksichtigte Arbeit von BORCHERS (1994) liefert wichtige Hinweise zu Wechselwirkungen zwischen Vegetation, Waldnutzungsform, Boden und Wasser. Auf dieser Basis wäre es ein Leichtes gewesen, das wertgebende Entwicklungspotential des Hambacher Waldes ebenso wie weitere entscheidende standortökologische Qualitäten zu beurteilen und tiefer zu untersuchen. Es stellt sich die Frage, wieso der Träger des Vorhabens das IVÖR nicht auf diese ihm bekannte Arbeit hingewiesen hat. Bereits eine allgemeine Betrachtung der Wechselwirkungen zwischen dem Reichtum des Hambacher Waldes an alten Eichen und der darauf angewiesenen Insektenfauna ist ein sehr deutlicher Hinweis auf die Notwendigkeit einer sehr tiefgehenden ökologischen Bestandsaufnahme und Bewertung, die jedoch von IVÖR nicht geleistet wurde. Allein weit mehr als 200 heimische Schmetterlingsarten sind nach BLAB et al. (1987) obligatorisch auf die im Hambacher Wald autochthonen Stiel- und Traubeneichen angewiesen. Und dies gilt für andere Insekten umso mehr, als alte, dickstämmige Eichen mit krankem, absterbendem oder totem Holz hier häufig vorkommen (zum hohen Naturschutzwert solcher Eichen vgl. BLAB 1993, S. 285-298, KAULE 1991, PLACHTER 1991 u.v.a.m.). So weist z.B. BLAB (1984) auf die enorme Bedeutung alter Eichenbestände für die Urwaldrelikte unter den Insekten hin, die in Deutschland sehr selten geworden sind, kurz vor dem Aussterben stehen oder bereits ausgestorben sind. Auch die für die Region besondere Größe der zusammenhängenden Waldfläche muß Anlaß für vertiefte ökologische Untersuchungen sein. Nach SCHERZINGER (1996, S. 49) wirkt sich die Arten-Areal-Beziehung "... ganz speziell bei isolierten Waldgebieten und reliktären Naturwaldbeständen aus. Kleinflächig parzellierter Wald kann daher von vorne herein keine hohen Artendichten erreichen." Umgekehrt verhält es sich mit größeren Waldflächen wie dem Hambacher Wald. Auch ohne eine eingehendere Untersuchung sind diese allgemeinen Betrachtungen bereits ein weiterer Anhaltspunkt im Sinne des Urteils des BVerwG vom 25.01.1996 - 4 C 5/95 (NVwZ 1996, S. 788 ff) dafür, daß als Folge der unterlassenen UVP abwägungserhebliche Umweltbelange außer Acht gelassen oder falsch gewichtet worden sind. Die Beschreibung und Bewertung vorhandener Wechselwirkungen im Bestand sowie die Beschreibung und Bewertung der vorhabenbedingten Auswirkungen auf diese Wechselwirkungen fehlt. Fehlender Landschaftspflegerischer Begleitplan Durch die Ignorierung des geltenden Naturschutzrechts im bisherigen Zulassungsverfahren und auch im nachträglichen IVÖR-Gutachten ist nach wie vor nicht erkennbar, inwieweit die Eingriffsregelung des § 8 BNatSchG i.V.m. den §§ 4 und 6 LG NW zum Zuge kommt. Ein landschaftspflegerischer Begleitplan fehlt ebenso wie die zuvor erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung. In den bisher vorgelegten Unterlagen sind auch mit viel Phantasie weder Maßnahmen zur Vermeidung, weder zur Minderung, noch zum Ausgleich, noch zum ersatzweisen Ausgleich von Beeinträchtigungen des Naturhaushalts und Landschaftsbildes erkennbar. Ebenso fehlt eine entsprechende Bilanz von Beeinträchtigungen und Kompensationsmaßnahmen. Es ist daher völlig unklar, wie groß die vorhabenbedingten Beeinträchtigungen sind, inwieweit sie kompensiert werden können und welches Kompensationsdefizit bei der vorhandenen Planung zu konstatieren ist. Das nachgereichte Gutachten ändert nichts daran, weil es als reine Bestandsaufnahme und -bewertung eines kleinen Ausschnitts des Prüfkataloges konzipiert und realisiert wurde. Auch ein landschaftspflegerischer Begleitplan müßte analog zur und aufbauend auf der oben geforderten UVP heute eine viel höhere Bewertung des Plangebietes vornehmen als PFLUG et al. (1975), RHEINBRAUN (1994) und IVÖR (1996). Weitere erhebliche Mängel Erhaltung von Teilbeständen prüfen Sollte der südlich der A4 liegende Bürgewald nicht vom Abbau verschont bleiben, ist eine Besiedlung der rekultivierten Flächen durch diese Flora und Fauna völlig ausgeschlossen. Diese Altwaldbestände haben hohe Bedeutung als Naherholungsgebiete und Renaturierungspotentiale. Die ursprünglich vorhandenen Waldökosysteme können durch Neuaufforstungen auf Forstkies nicht wieder entstehen. Aus diesem Grund sollten die südlich der A4 gelegenen Waldgebiete unbedingt erhalten bleiben: Sie stellen die einzig verbliebenen Rückzugareale für die Vielfalt der Pflanzen- und Tierwelt der früheren "Bürgewälder" dar und sind für die spätere Wiederbesiedlung der rekultivierten Waldgebiete überaus wichtig! Hieraus ergibt sich: Es müßte unbedingt die Bedeutsamkeit der Erhaltung von Teilbeständen der ehemaligen Bürgewälder in Hinblick auf die spätere Wiederbesiedlung der rekultivierten Flächen überprüft werden. Es wäre überaus wichtig, den südlich der A4 liegenden Bereich der "Bürgewälder" zu erhalten und zu einem Naturschutzgebiet zu erklären, da sonst die hier vorhandenen Tier- und Pflanzenarten unwiederbringlich verloren gehen. Da kein weiteres Waldgebiet mit vergleichbarer Qualität in unmittelbarer Nähe des Tagebaus Hambachs vorhanden ist, würden diese charakteristischen Waldgesellschaften vollständig verloren gehen. Da hier auch Reliktarten aus der Zeit der nacheiszeitlichen Wiederbewaldung vorkommen, wäre dies auch für die ökologische Erforschung des Rheinlandes ein unersetzbarer Verlust (vgl G. Bauer 1984, 69-97). Ökologische Zwischenbilanz fehlt Es sollte unbedingt eine Zwischenbilanz erstellt werden: Es fehlen jegliche Angaben über die Veränderungen in den noch vorhandenen Waldbeständen, die als Folge des Braunkohletagebaus und der damit verbundenen Maßnahmen und Konsequenzen, eintreten. Vor allem die bereits erkennbaren Folgen der Grundwasserabsenkung (s.o.) bleiben völlig unbeachtet. Da unüberschaubar weitreichende und schwerwiegende Schäden auf Umwelt und Natur wahrscheinlich sind, sollten die Veränderungen wissenschaftlich festgehalten werden, so daß Prognosen in Hinblick auf die ökologische Zukunft möglich werde. Es stellt sich die Frage, wie sich die wenigen, nach dem Abbau des Tagebaus noch vorhandenen hiesigen Ökosysteme und Naherholungsgebiete in Zukunft auf Grund der nicht überschaubaren Schäden des Tagebaus darstellen werden. Die Angaben zum Naturhaushalt sollen über die Tagebaugrenze hinaus erstellt werden, da auch die Schäden weitreichender sind und somit auch die notwendigen Ausgleichsmaßnahmen die des unmittelbar vom Abbau betroffenes Gebietes überschreiten. Es sollte eine neue, neutrale, wissenschaftlich konkrete Überprüfung der durch den Tagebau entstehenden Verluste vorgenommen werden. Es kann nicht sein, daß Gutachten von 1975 herangezogen werden, um den Wert der Naturgüter anzugeben. Es fehlt die empirische Grundlage und somit kann auch nicht korrekt ausgeglichen werden. Es sind neue Untersuchungen notwendig, die auch die bereits vorhandenen Schäden des Tagebaus berücksichtigen und über das unmittelbar vom Abbau betroffene Gebiet hinausgehen.- Anhang Literaturverzeichnis Anlage 1 Stellungnahme von KLÜNDER (1997) ANHANG LITERATURVERZEICHNIS (soweit nicht von IVÖR 1996, S. 89-97, genannt)
Anlage 1 Ergänzende Ausführungen zu Mängeln der ornithologischen Bestandsaufnahme von Dr. med. J. Klünder 1. Vorsitzender des Naturschutzbund Deutschland Kreisverband Düren e.V. Vorbemerkung: Die nachfolgende Beurteilung greift zurück auf eigene Untersuchungen, die ich von März 1995 bis Februar 1996 durchgeführt habe. Die Daten wurden im Rahmen des noch zu veröffentlichenden Brutvogelatlas des Rheinlandes sowie des Atlasses zur Wintervogelverbreitung des Rheinlandes für die Gesellschaft Rheinischer Ornithologen (GRO) erhoben. Zusätzlich stellt mir freundlicherweise Herr Dr. Schwarthoff seine Beobachtungen an der Kläranlage Sittarder Hof zur Verfügung, die er seit 1991 wöchentlich macht. Weiterhin flossen die Ergebnisse der eigenen, jedoch unregelmäßig durchgeführten Exkursionen in dieser Kläranlage ein. Gravierende Untersuchungsmängel Der ornithologischen Bedeutung und somit auch der ökologischen Bedeutung eines Gebietes wird man sicherlich nicht gerecht, wenn lediglich 4 Exkursionen von April bis Juni (Probeflächen I bis III) oder gar nur 2 Exkursionen (Probefläche IV) durchgeführt werden. Ohne Begehungen während der Abend- oder Nachtstunden ist eine Erfassung der Eulen und evtl. des Ziegenmelkers nicht möglich. So wundert es nicht, daß diese Arten in der Liste der beobachteten Vogelarten nicht aufgeführt werden. Gänzlich unverständlich jedoch, daß keine Beobachtungen während der Zugzeiten im Spätsommer und Herbst sowie während der Wintermonate durchgeführt wurden. Eine Beurteilung der ökologischen Bedeutung eines Gebietes als Nahrungs- und Rastplatz für Zugvögel sowie als Überwinterungsgebiet für Wintergäste ist damit schlicht nicht möglich. Die Auswahl von Probeflächen, selbst wenn sie repräsentativ sein sollen, gibt ebenfalls nur ein unvollständiges Ergebnis der Brutvögel wieder, zumal im vorliegenden Falle keine Probefläche im urbanen Bereich untersucht wurde. So überrascht es nicht, daß in der vorgelegten Studie lediglich 87 Vogelarten festgestellt wurden, davon 54 Brutvogelarten. Regelmäßige Beobachtungen von heimischen Ornithologen konnten dagegen 162 Arten, davon 71 Brutvogelarten feststellen. Das heißt im Klartext, daß das Institut für Vegetationskunde, Ökologie und Raumplanung (IVÖR) lediglich 50 Prozent der Vogelarten des Gebietes festgestellt und bei seiner Untersuchung 30 Prozent der Brutvögel übersehen hat! Dies ist einmal auf die methodischen Fehler bzw. Unzulänglichkeiten zurückzuführen, zum anderen kann keine während eines Jahres durchgeführte Studie die Ergebnisse erreichen, die von heimischen Ornithologen durch regelmäßige Beobachtungen während mehrerer Jahre gewonnen werden konnten. Über Kontakte mit regionalen Naturschutzorganisationen oder mit den Ornithologen selbst wäre es ein Einfaches gewesen, Zugang zu diesen Daten zu bekommen, was jedoch offensichtlich unterlassen wurde. Umfassende Erhebungen heimischer Ornithologen bleiben unberücksichtigt Seit 1991 führt die Arbeitsgruppe um Dr. Schwarthoff wöchentliche Exkursionen in der Kläranlage Sittarder Hof durch. 1995 und 1996 machte ich regelmäßige Exkursionen zur Erfassung der Brutvogel- und Wintervogelverbreitung im Gebiet. Vergleicht man unsere Ergebnisse mit denen des IVÖR, so muß festgestellt werden, daß in der Studie des IVÖR folgende 17 Brutvogelarten nicht erfaßt wurden:
Nach der vom IVÖR verwendeten Roten Liste der gefährdeten Brutvogelarten in Nordrhein-Westfalen (GRO und WOG 1986) stehen von diesen 17 Brutvogelarten alleine 6 Arten auf der Roten Liste. Zur Kategorie 2 (stark gefährdet) gehören: Zwergtaucher, Rebhuhn und Schafstelze. Zur Kategorie 3 (gefährdet) gehören: Flußregenpfeifer, Wiesenpieper und Grauammer. Nach dem dramatischen Rückgang in den letzten Jahren wird die Grauammer in der in diesen Monaten erscheinenden neuen Roten Liste der GRO sicherlich als stark gefährdet und somit in Kategorie 2, wenn nicht gar als vom Aussterben bedroht in Kategorie 1 eingestuft werden. Das IVÖR nennt zwar Zwergtaucher, Reiherente, Turmfalke, Mehlschwalbe, Nachtigall, Wacholderdrossel, Elster, Rabenkrähe und Stieglitz als Gastvögel, wir konnten diese Arten jedoch als Brutvögel nachweisen. Durch fehlende Untersuchungen während der Zugzeiten im Spätsommer und Herbst sowie während des Winters wird insbesondere die Vogelwelt der "Kläranlage Sittarder Hof" völlig unvollständig erfaßt. Folglich wird die ökologische Wertigkeit des Gebietes verkannt. Es überrascht, daß das Gebiet nicht als ökologische Einheit betrachtet wird, sondern in "Schlamm-Absetzbecken" und "Vogelschutzteich" unterteilt wird. Beide Gebiete werden gleichermaßen als Brut-, Rastplatz- und Nahrungsgebiet genutzt, so daß ein ständiger Wechsel zwischen den beiden Bereichen stattfindet. Insbesondere bei Störung weichen die Vögel auf die anderen Teilbereiche aus. Von 1991 - 1996 konnte die Arbeitsgruppe um Dr. Schwarthoff insgesamt 155 verschiedene Vogelarten, darunter alleine 30 verschiedene Limikolen-Arten nachweisen. 5 Brutvogelarten werden in der Roten Liste Nordrhein-Westfalens geführt, wobei Zwergtaucher und Schafstelze als stark gefährdet gelten, Flußregenpfeifer und Wiesenpieper als gefährdet und die Reiherente als potentiell gefährdet. Die Schlamm-Absetzbecken beherbergen mit Zwergtaucher,. Reiherente und Flußregenpfeifer 3 Brutvögel, die in der Roten Liste Nordrhein-Westfalens geführt werden und haben somit als Brutplatz regionale, wenn nicht überregionale Bedeutung. Ihre überregionale Bedeutung hat die Kläranlage jedoch als sog. Trittstein für die Zugvögel, die auf ihrem Weg in die südlichen Winterquartiere hier rasten und Nahrung aufnehmen können. 30 verschiedene Limikolen-Arten mögen hierfür Zeugnis ablegen. (Das IVÖR erfaßte während seiner Studie lediglich 9 Arten). Bestimmte Limikolen sind in geeigneten Biotopen zur Zugzeit regelmäßig anzutreffen. So zählen z.B. Wald- und Bruchwasserläufer, Rot- und Grünschenkel, Dunkler Wasserläufer, Flußuferläufer, Zwerg- und Alpenstrandläufer zur Zugzeit, insbesondere im Spätsommer und Herbst auch in den Schlamm-Absetzbecken zu den regelmäßigen Gästen. Jedoch auch Seltenheiten und gar extreme Seltenheiten wurden hier beobachtet. Am 12.11.1994 gelang so der Erstnachweis des Drosseluferläufers für Deutschland. Ökologische Wertigkeit unterschätzt Das IVÖR anerkennt zwar einen "gewissen ökologischen Wert" als "Rast- und Überwinterungsplatz für verschiedene Gastvogelarten, in erster Linie Enten". 7 Entenarten werden genannt, 13 wurden jedoch festgestellt. Nicht erwähnt wurden Stock-, Pfeif-, Kolben-, Berg-, Moor- und Schellente. Die Bedeutung als Überwinterungsplatz wird unterstrichen durch die Beobachtung von seltenen Arten wie z.B. Rohrdommel, Gänsesäger, Zwergsäger, Brandgans, Bleßgans und selbst Zwergschwan. Das gleiche Paar dieser seltenen und weltweit geschützten Schwanenart wurde an den aufeinanderfolgenden Wintern in den Klärbecken beobachtet. Dies belegt die bekannte Tatsache, daß die Wat- und Wasservögel traditionell die gleichen Feuchtgebiete zur Zugzeit und zum Überwintern nutzen. Diese Tradition hat sich auch schon für die Kläranlage Sittarder Hof eingestellt. Nach Gesagtem wird erkennbar, daß die ökologische Wertigkeit dieses Gebietes mit o.a. Formulierung verkannt wurde, was insbesondere für seine Funktion als Rast-, aber auch als Brut- und Überwinterungsplatz gilt. Die Fehleinschätzung rührt andererseits daher, daß keine Untersuchungen zur Zugzeit im Spätsommer und Herbst sowie während der Wintermonate gemacht wurden. Andererseits waren die Klärbecken während der Beobachtungsgänge offensichtlich mit Wasser gefüllt. Ihre hohe ökologische Bedeutung erlangen sie allerdings dann, wenn das Klärwasser abgelassen wird und Schlammflächen freiliegen, die dann von den Vögeln intensiv zur Nahrungsaufnahme genutzt werden. Offensichtlich hat dieser Zustand während der Kontrollgänge nicht bestanden. |