Pressearchiv 1999
Hambach, Autobahn 4
Der
Kampf ums eigene Rathaus
Gebietsreform
Kreis Köln musste 1975 kräftig Federn lassen - Bergheimer waren besser dran
Vor 25 Jahren wurden über Nacht 110 000 Einwohner des
damaligen Kreises Köln Neu-Kölner. Seit 1969 hatte das Land Nordrhein-Westfalen in
insgesamt acht Regionen neue Gemeinden, Städte und Kreise geschaffen. Damit sollten die
Leistungsfähigkeit kommunaler Gebilde gestärkt und neue Entwicklungsmöglichkeiten
geschaffen werden. Am 1. Januar 1975 trat das so genannte "Köln-Gesetz" in
Kraft. Es ordnete auch in den linksrheinischen Kreisen Bergheim und Köln Zuständigkeiten
und Zugehörigkeiten. Beide Kreise, abzüglich der nach Köln eingemeindeten Gebiete,
gingen in den neuen Erftkreis über. Sitz wurde Bergheim, obwohl erst am 30. September '74
ein neues Kreishaus in Hürth eingeweiht worden war. Der "Kölner
Stadt-Anzeiger" beginnt heute mit einer Serie über die Gebietsreform und ihre
Folgen.
Erftkreis - Jubel und Triumphgefühle auf der einen, ohnmächtige Wut und tiefe
Niedergeschlagenheit auf der anderen Seite: Als am Freitag, 27.
September 1974 der Landtag in Düsseldorf das Köln-Gesetz in dritter Lesung
verabschiedet hatte, waren aus einstmals 27 selbstständigen Kommunen im Altkreis Bergheim
und zehn im bereits 1815 gegründeten Kreis Köln nur noch neun übrig geblieben. Vor 25
Jahren, am 1. Januar 1975, wurden 110 000 Einwohner aus dem früheren Kreisgebiet
Neu-Kölner. Das Bergheimer Gebiet blieb - abgesehen vom Verlust der Selbstständigkeit
vieler kleiner Gemeinden - fast unangetastet.
Der Kreis Köln musste allerdings erhebliche Federn lassen: Die Gemeinden Rodenkirchen,
die Stadt Wesseling, die Gemeinde Lövenich (außer Königsdorf) und die Gemeinde
Sinnersdorf (außer dem Ort Sinnersdorf) wurden ebenso wie der Ort Widdersdorf
(Brauweiler), Marsdorf (Frechen) und einzelne Bauernhöfe längs der Autobahn nach Köln
eingemeindet.
Allerdings bekam der neue Erftkreis auch "Nachwuchs". Die Stadt Erftstadt, die
bei der vorausgegangenen Gebietsreform im Aachener Raum erst 1969 aus mehreren Gemeinden,
unter anderem Liblar und Lechenich, gegründet worden war und dem Kreis Euskirchen
angehörte, wurde dem Erftkreis angegliedert.
CDU-Politiker Bernhard Worms - er gehörte dem aus zehn Landtagsabgeordneten bestehenden
Ausschuss an, der die Neugliederungsgesetze vorbereitet hatte - bezeichnete die
Gebietsreform als "wichtigste landes- und kommunalpolitische Revolution dieses
Jahrhunderts". Er selbst hatte bei den Rundreisen zusammen mit Franz-Josef Antwerpes
(SPD) und Herbert Neu (FDP) ungezählte Argumente, Bitten, Beschimpfungen und Beschwerden
anhören müssen.
Die Gebietsreform hatte sich schon in den sechziger Jahren abgezeichnet, als Gemeinden auf
freiwilliger Basis fusionieren konnten. Bevor dann aber das Jahr 1974 nahte, wurden
Modelle entwickelt, wie man mit Nachbarn gemeinsam der drohenden Eingemeindung nach Köln
entgehen könne. Das betraf vor allem den Kreis Köln, der ja wesentlich näher an Köln
lag. Nicht nur Wesseling, auch die Nachbargemeinde Rodenkirchen wollte nicht
"geschluckt" werden. Deshalb dachten die Rodenkirchener über eine Ehe mit
Wesseling nach und waren sogar bereit, Brühl in diese Großgemeinde mit einzubeziehen.
Hürth fürchtete vor allem um Efferen. Das Gebiet des heutigen Container-Bahnhofs hatte
die Stadt schon fast abgeschrieben, ebenso das Studentenwohnheim. In beiden Fällen waren
die Befürchtung unbegründet: Der Landtag beließ Efferen bei Hürth.
Der Kreis wird 25
Am verworrensten war die Situation im Norden des damaligen Kreises Köln. Dort gab es bis
1975 die Gemeinden Sinnersdorf, Pulheim, Stommeln, Brauweiler und Lövenich.
Die Gemeinde Lövenich mit ihren Orten Junkersdorf, Weiden, Lövenich und Königsdorf war
schon immer wesentlich städtischer geprägt als die Nachbarkommunen. In den sechziger
Jahren hatte es schon freiwillige Tauschaktionen gegeben. So bekam Köln das
Stadiongelände in Müngersdorf von Lövenich. Früh erkannte der Gemeinderat, in dem
übrigens auch der heutige Erftkreis-Landrat Werner Stump saß, dass Lövenich keine
Chance hatte, selbstständig zu bleiben.
Deshalb versuchte die Gemeinde, durch einen Gebietsänderungsvertrag mit der Stadt Köln
noch vor dem Tag der Eingemeindung sich möglichst viele Investitionen (wie das
Sportzentrum) vertraglich zusichern zu lassen. Diese Taktik ging auf.
Königsdorf lag weiter weg von Weiden, deshalb entging der Ort der Eingemeindung nach
Köln und wurde Frechen zugeschlagen, das außerdem noch Grefrath und Habbelrath aus dem
Kreis Bergheim und Neufreimersdorf aus der ehemaligen Gemeinde Brauweiler kassierte.
Die übrigen vier Nordgemeinden wurden zur Großgemeinde Pulheim vereint. Doch lediglich
Stommeln, das noch in letzter Minute einen Anschluss nach Köln in Erwägung gezogen
hatte, wurde komplett in die neue Gemeinde Pulheim geführt. Brauweiler musste Widdersdorf
an Köln abtreten. Sinnersdorf verlor Esch, Pesch und Auweiler nach Köln, und auch
Pulheim schrumpfte um einige Hektar Land, ein kleiner Streifen mit Wohnhäusern,
Firmenhallen und Bauernhöfen ging an Köln.
Aus 26 Kommunen im Kreis Bergheim waren über Nacht drei Städte und eine Gemeinde
geworden. Elsdorf wurde einzige ländliche Gemeinde und mit Angelsdorf, Esch, Heppendorf,
Oberembt und Niederembt vereint.
Der Stadt Bedburg gehörten nun auch Königshoven, Kaster, Pütz und Lipp an.
Sieben auf einen Streich waren es in Bergheim, das Glesch, Hüchelhoven, Niederaußem,
Oberaußem-Fortuna, Paffendorf und Quadrath-Ichendorf aufnahm. Hier gab es bis zum Schluss
Diskussionen über die Zugehörigkeit von Glessen, Fliesteden und Büsdorf zur neuen
Kommune. Vor allem Glessen und Fliesteden, so die Meinung vieler Landespolitiker vor 25
Jahren, wären ebenso wie übrigens auch die Gemeinde Rommerskirchen (Kreis Grevenbroich,
heute Neuss) besser bei Pulheim aufgehoben gewesen.
Am kompliziertesten verlief die Neugliederung im Gebiet der heutigen
Stadt Kerpen, das mit Sindorf, Horrem, Mödrath, Blatzheim, Buir, Manheim und Türnich
einige sehr selbstbewusste Gemeinden in sich vereinte.
Vor allem die Buirer wollten
partout ihre Selbstständigkeit nicht aufgeben. Zunächst wollten sie mit einigen Orten aus dem Kreis Düren eine neue
Gemeinde bilden. Notfalls wären sie sogar bereit gewesen, in den Nachbarkreis zu
wechseln. Doch dieser Vorschlag fand bei den Verfassungsrichtern keine Gnade. In einem
zweiten Prozess ging es um den Plan, zusammen mit Blatzheim eine ländliche Gemeinde des
Typs A zu bilden. 1977 ordneten die Verfassungsrichter das Verbleiben von Buir bei Kerpen
an. Die neue Gemeinde hätte, so das Gericht, keine Entwicklungschance mehr gehabt.
Anders dagegen Wesseling: Die Stadt klagte mit Erfolg gegen die Eingemeindung nach Köln
und kam offiziell am 1. Juli 1976 zum Erftkreis hinzu.
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 31/12/1999
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Die
größte Baustelle im Lande
Braunkohle im Wettbewerb
Gewerbegebiete wachsen - Leere Läden in der City
Erftkreis - Aufruhr im Braunkohle-Land: 8000 Bergleute, davon viele aus dem Erftkreis,
protestierten Mitte November in Köln gegen das Vorhaben der Regierung, neue Gaskraftwerke
mit einem Wirkungsgrad von mehr als 57,5 Prozent von der Ökosteuer freizustellen. Die
Kumpels sahen die Wettbewerbsfähigkeit der Braunkohle gefährdet, der RWE-Konzern stellte
den Aufschluss von Garzweiler II in Frage.
Doch bald darauf wurde aus Berlin und Düsseldorf Entwarnung gegeben: Nur moderne
Gaskraftwerke, die bis Ende März 2003 ans Netz gehen, sollen für zehn Jahre von der
Steuer befreit sein. Die Frist könnte allerdings für den britischen Stromversorger
PowerGen gerade noch reichen, um in Knapsack ein solches Gaskraftwerk zu errichten -
vielleicht baut RWE dort aber auch selbst ein (kleineres) Gas- und
Dampfturbinen-Kraftwerk.
Auf Kohle setzen die Essener jedenfalls nicht mehr in Knapsack: Das unrentable
Goldenberg-Kraftwerk wird - wie in diesem Jahr verkündet - spätestens 2003 keinen Strom
mehr produzieren.
Unterdessen gehen die Arbeiten auf der größten Baustelle Nordrhein-Westfalens weiter: In
Niederaußem errichtet RWE für mehr als zwei Milliarden Mark ein Großkraftwerk der
BoA-Technologie. Der Rohbau steht inzwischen.
Umzug nach Berlin
Im Zeichen der Liberalisierung des Strommarktes und sinkender Energiepreise setzen RWE und
Rheinbraun weiter auf Umstrukturierung, Rationalisierung und Stellenabbau. Die
vielzitierte Globalisierung führte dazu, dass in Kerpen mit der Fusion der Autokonzerne
Daimler-Benz und Chrysler die dortige Deutschland-Zentrale aufgelöst wird und nach Berlin
umzieht.
Nur ein Teil der 160 Mitarbeiter will an die Spree wechseln. Den anderen hat der Konzern
Ersatzarbeitsplätze in Mercedes-Niederlassungen der Region oder Abfindungen angeboten.
Über leere Läden in den Citys haben im Jahr 1999 nicht wenige Städte des Kreises
gestöhnt. In Frechen machte das Kaufhaus Storg dicht, während im Gewerbegebiet die
Zeichen weiter auf Expansion stehen.
Dort errichtete die Möbelhaus-Kette Porta für 120 Millionen Mark einen Neubau, der im
März eingeweiht wurde. Auch in Bedburg und Elsdorf füllen sich die neuen Gewerbegebiete.
Für das ehemalige Panzerwerk in Quadrath-Ichendorf fand sich nach jahrelangem Hin und Her
ein Investor, der die Immobilie vermarktet.
Das Phantasialand in Brühl scheiterte mit seinem Vorhaben, eine neue Attraktion in einer
bis zu 27 Meter hohen Halle zu bauen, am Einspruch der Stadt. Grünes Licht gab es
hingegen für die Errichtung eines "Themen-Hotels", das zugleich Tagungsstätte
sein soll. Das Phantasialand erhob gemeinsam mit anderen Freizeitparks Klage gegen das
ZDF. Der gebührenfinanzierte Sender wolle ihnen unzulässigerweise mit einer
Vergnügungsstätte in Mainz Konkurrenz machen, lautete der Vorwurf.
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 30/12/99
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"Die Treppe wird
von oben nach unten gekehrt"
Zum Jahresende geht Franz-Josef Dostall, Direktor des Knapsacker RWE-Goldenbergwerkes, in
den Ruhestand - Sein Credo:
Hürth. Der Mann ist vielseitig: Wann immer Franz-Josef Dostall während seiner
60-Stunden-Arbeitswoche dazu kommt, besucht er mit seiner Gattin klassische Konzerte,
sammelt Antiquitäten, liest, widmet sich seinen beiden Enkelkindern und kümmert sich um
sein Haus in Essen. Dazu wird er bald schon mehr Zeit haben. Denn der Direktor des
RWE-Goldenbergwerkes in Knapsack scheidet zum Jahresende aus dem Konzern aus und geht in
den Ruhestand.
Der Grund dafür ist die Zusammenlegung der bisher fünf selbstständigen Kraftwerke in
der Region zu den drei Einheiten Weisweiler, Frimmersdorf/Neurath und
Niederaußem/Knapsack. "Alle bisherigen fünf Direktoren gehen zum 1. Januar in
Pension und ich denke, dass wir angesichts der Tatsache, dass bei uns viele Mitarbeiter
mit 55 Jahren in den Ruhestand geschickt werden, mit gutem Beispiel vorangehen
müssen", sagt Dostall. Sicher, menschlich tue es ihm schon leid, er habe ein ganz
hervorragendes Umfeld im "Go-Werk" und in der Stadt Hürth gehabt, aber nach 40
Jahren Arbeit sei er ehrlich gesagt froh, künftig einen eigenbestimmten Kalender zu
besitzen, schmunzelt der 62-Jährige.
Als junger, frischgebackener Betriebswirt fing Dostall 1958 beim RWE-Kraftwerk Weisweiler
an, ehe er 1968 in die technische Abteilung der RWE-Hauptverwaltung nach Essen wechselte
und dort für die kostenmäßige Abwicklung der Kraftwerksprojekte verantwortlich war.
Anfang der 90-er Jahre kam der in Eschweiler geborene Rheinländer schließlich als
kaufmännischer Leiter ins Goldenbergwerk, dessen Direktor er seit 1997 ist.
Während seiner langen Dienstzeit beim RWE hat Dostall immer neue Herausforderungen
gesucht und angenommen: Gerne erinnert er sich an das Jahr 1992 zurück, als er neben
seiner Tätigkeit in Knapsack die Geschäftsführung der "Sko-Energo", eines
Joint-Ventures zwischen dem RWE und den Skoda-Autowerken in Tschechien übernahm und jede
Woche mehrere Tage in der Nähe von Prag tätig war - dreieinhalb Jahre lang. "Das
war eine völlig neue Erfahrung, mit Leuten umzugehen, deren Auffassung durch die Jahre
des Sozialismus geprägt war", sagt Dostall.
Überhaupt hat dem ausgeglichenen Manager die Nähe zu seinen Mitarbeitern immer besonders
am Herzen gelegen. Bei seinen Gängen durch die Werksanlage begegne er häufig Menschen,
die bereits in der dritten Generation im "Go-Werk" arbeiten und angesichts der
großen Umschichtungen im Konzern nun immer öfter Angst um ihren Arbeitsplatz haben,
berichtet Dostall. "Das macht mich betroffen und ich kann nur hoffen, dass in Zukunft
die soziale Komponente bei allen Maßnahmen die auf Mitarbeiter gerichtet sind, einen
hohen Stellenwert hat", erklärt der stets freundliche Direktor, der sich selbst
nicht als Oberbuchhalter oder Besserwisser sieht, sondern als einer, der gerne die
Verantwortung für das gesamte Werk übernommen hat. "Die Treppe wird von oben nach
unten gekehrt" lautet nicht umsonst sein Credo, mit dem er, wie er sagt, immer gut
gefahren ist.
Um den Standort Knapsack macht Dostall sich keine Sorgen. "Wir sind in der Region
immer ein verlässlicher Partner gewesen und schon wegen der Tradition werden wir das
Südrevier nicht aufgeben", sagt er. Die Fahne im Goldenbergwerk werde hochgehalten,
denn nicht umsonst werde das Servicecenter für den gesamten Braunkohlestandort in Hürth
eingerichtet. "Und was die mögliche Errichtung eines Gastkraftwerkes durch Power Gen
betrifft, sage ich nur, dass wir die Konkurrenz hier nicht hinkommen lassen", sagt
Dostall bestimmt. Wenn es sich rechne, werde auch das RWE über den Bau eines
Gaskraftwerkes nachdenken. Zurzeit bestehe betriebswirtschaftlich aber keine
Notwendigkeit. Und was die Liberalisierung des Strommarktes
betreffe, werde der Kostendruck dazu führen, dass noch mehr rationalisiert und eingespart
werden müsse, und es wohl noch enger zu Zusammenschlüssen zwischen Braunkohle und
Kraftwerken komme. "Letztlich wird das RWE aber mit einigen wenigen Großen
den Markt beherrschen", zeigt sich Dostall sicher.
Und was wünscht er dem RWE für die Zukunft? "Weniger Hochglanzbroschüren, weniger
Erklärungsbeurkundungen, aber eine soziale innere Einstellung", sagt der scheidende
Direx, der die weitere Entwicklung von einem ganz anderen Platz aus beobachten wird. Denn
ab dem Sommersemester 2000 will Dostall noch einmal die Schulbank drücken und sich an der
Universität Essen oder Bochum für politische Wissenschaften und Geschichten
einschreiben. Damit geht für ihn ein Lebenstraum in Erfüllung. "Denn wenn ich als
junger Mann eine Chance gesehen hätte, Pädagoge zu werden, wäre ich niemals in den
Industriedienst gegangen", so der künftige Student.
Quelle: Kölnische Rundschau 23/12/1999
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Neuer Vorschlag
für den S-Bahn-Haltepunkt Sindorf: freies Feld
SPD steht nicht mehr hinter Winds Plänen
fun Kerpen. Die SPD-Fraktion der Stadt Kerpen sucht in Sachen S-Bahn-Haltepunkt Sindorf
den kleinsten gemeinsamen Nenner mit der CDU. Das neue Zentrum Sindorfs, wie es
Ex-Stadtdirektor Ferdi Wind bereits mit einem Investor komplett geplant hatte, wird ad
acta gelegt. Statt dessen sollen die Weichen gestellt werden für einen Städtewettbewerb,
der als Vorgabe lediglich die Notwendigkeit einer Busschleife zu akzeptieren hat.
Der Sindorfer Ortsverein unter Vorsitz von Monika Kirchner hat den neuen Plan entworfen.
Mit Stadtvertreter Helmut Schauwinhold kommt der Sachverstand eines Bauingenieurs dazu,
der zwar wenig von Städtebau, aber eine Menge von Straßenbau versteht. Folgerichtig hat
Schauwinhold für den heutigen Sportplatz, das Schützenheim und das Hallenbad eine knapp
1,5 Hektar große freie Fläche eingezeichnet und eine Schleife für den Bus gemalt.
Diese Bus-Vorfahrt zum S-Bahn-Haltepunkt soll über die Hermann-Löns-Straße führen und
- provisorisch - den Sportplatz aussparen. "Das kann auf Dauer nicht so bleiben,
würde aber den Druck vom VfL Sindorf nehmen", sagt SPD-Fraktionschef Manfred
Steinberg. Die Straße muss bis 2002 fertig sein. Bis dahin wird der neue Sportplatz
voraussichtlich nicht bespielbar sein. Später dann soll die Busschleife in einem
verkehrstechnisch günstigeren Winkel einen Teil des Sportplatzgeländes in Anspruch
nehmen.
Anders als bei Winds Plänen müsse die Stadt allerdings erhebliche Vorleistungen
erbringen, sagt Steinberg. Sie müsse die Grundstücke kaufen und erschließen, müsse den
Wettbewerb ins Leben rufen und schließlich darauf hoffen, dass sich im Laufe der Zeit
mehrere Investoren finden. "Das kann zehn Jahre dauern." Im Bereich des heutigen
Hallenbades könnte möglicherweise ein neues Bürgerhaus für Sindorf entstehen.
Das abrücken von den Plänen des früheren Stadtdirektors erklärt Steinberg so:
"Wir, vor allem der Ortsverein Sindorf, waren von Anfang an skeptisch. Deshalb haben
wir uns ja auch vorbehalten, jederzeit in die Planung eingreifen zu können. Heute ist es
einfach so, dass niemand mehr die ganze Planung auf einen Investor zuschneiden
möchte."
Quelle: Kölnische Rundschau 18/12/1999
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Umorganisation bei
RWE
Knapsack erhielt den Zuschlag
Neues Service-Center mit 130 Leuten
Hürth/Erftkreis - Obwohl der letzte Kessel des
Braunkohle-Kraftwerks Goldenberg spätestens 2003 außer Betrieb sein wird, soll am
Standort Knapsack "weiter die Fahne von RWE wehen", sagte am Freitag der zum
Jahresende in Pension gehende Werkschef Franz-Josef Dostall. Daher wird, so Dostall, im
Verwaltungsgebäude des Go-Werks Anfang kommenden Jahres das kaufmännische Service-Center
für die Kraftwerke im Rheinischen Braunkohlerevier eingerichtet. In diesem Center werden
dann 130 Leute konzentriert, die sich bisher an den fünf Standorten Weisweiler, Neurath,
Frimmersdorf, Niederaußem und Knapsack um Einkauf und Controlling gekümmert haben.
Ein weiteres Service-Center für den technischen Bereich (Revisionen, Zu- und Umbauten,
Erneuerungen) entsteht in Frimmersdorf. Die Einrichtung der beiden Center steht in
Zusammenhang mit Anstrengungen von RWE, durch Rationalisierung Kosten zu senken. Zu diesem
Zweck wurden auch die Kraftwerke Frimmersdorf und Neurath sowie Niederaußem und Knapsack
zu "Leistungseinheiten" zusammengefasst. Dritte Einheit ist das Kraftwerk
Weisweiler.
Im Knapsacker Kraftwerk werden zur Zeit noch 80 Mitarbeiter beschäftigt. Weitere 100
haben in den Bereichen Wasserwirtschaft, Lehrlingsausbildung und Labor ihren Job. Wenn
jetzt das Service-Center hinzukommt, sind bis auf weiteres am Standort mehr als 300 Leute
unter Vertrag.
Bei RWE wird mit Interesse verfolgt, ob die britische PowerGen tatsächlich in Hürth ein
Gaskraftwerk errichtet. Um steuerliche Vorteile in Anspruch nehmen zu können, muss das
Gaskraftwerk bis 2002 fertig sein. Und um diesen Termin einhalten zu können, müsse
PowerGen schon im Mai anfangen, meint Dostall.
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 18/12/1999
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Autobahn-Ausbau lässt weiter auf
sich warten
Landrat bekam Post vom Verkehrsminister
he Erftkreis. Der schon lange geplante Ausbau der Autobahn 4 zwischen den Autobahnkreuzen
Köln-West und Kerpen bleibt nach Ansicht von Landrat Werner Stump "vorerst auf der
Strecke". Dieses Resümee zieht der Landrat. nachdem er ein Schreiben von
Bundesverkehrsminister Reinhard Klimmt erhalten hat.
Stump hatte sich im Auftrag des Kreistages an den Bundesverkehrsminister gewandt mit der
Bitte, den Ausbau des Kölner Autobahnringes zwischen den Kreuzen Köln-West und
Köln-Nord, den Ausbau der A 4 , den dritten Bauabschnitt der Bundesstraße 59 von Pulheim
bis zur Autobahn sowie die Ortsumgehung Erftstadt-Lechenich finanziell abzusichern und den
frühest möglichen Ausbau sicherzustellen.
Zwar hatte Klimmt eine positive Mitteilung für die Lechenicher, er sicherte nämlich den
Beginn des Ausbaus der Ortsumgehung für das nächste Jahr zu. Für den Ausbau der A 4
sowie der B 59 liegt nach Einschätzung des Bundesverkehrsministers bisher kein Baurecht
vor. Entsprechend sind diese Maßnahmen im Investitionsprogramm 1999 bis 2002 der
Bundesregierung auch nur in der Prioritätenliste 2 eingruppiert. Die Realisierung hänge
von der Finanzlage in diesem Zeitraum ab.
Landrat Stump zeigte sich enttäuscht. Das Schreiben des Ministers zeige deutlich,
"dass der notwendige Straßenbau im Erftkreis weitgehend hinter den tatsächlichen
Erfordernissen zurückbleibt." Für die heute schon bekannte Dauerstaustrecken werde
es keine Entlastung geben. Stump: "Die Folgen sind für die Menschen und den
Wirtschaftsstandort Erftkreis absehbar."
Quelle: Kölnische Rundschau 17/12/1999
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RWE-Gaskraftwerk
Turbine am Haken
Energiekonzern und Bayer-Werk Dormagen kooperieren
Dormagen - Das "Herz", das am Haken des Krans hing, hatte es in sich. Für den
Transport der 300 Tonnen schweren Gasturbine mussten eigens neue Rampen gebaut werden. Und
von der Anlegestelle bei Stürzelberg am Rhein ging es dann mit starker Polizeibewachung
dem Zielort entgegen: zum neuen Kraftwerk, das die RWE Energie AG auf dem Gelände des
Bayerwerks in Dormagen baut. Inzwischen ist der Koloss längst eingebaut - eine zweite,
ebenso starke Turbine wird in absehbarer Zeit folgen.
Der Zeitplan dieses Projektes ist bisher eingehalten worden: Im Juli nächsten Jahres soll
das Kraftwerk seinen Betrieb aufnehmen. Der Energiekonzern investiert rund 200 Millionen
Euro (oder 400 Millionen Mark) in das Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerk. Durch das neue
Kraftwerk wird die Energieversorgung des Unternehmens im Dormagener Werk auf den
modernsten technischen Stand gebracht. Die Kohlendioxyd-Emissionen sollen gleichzeitig
nach Angaben des Unternehmens um 500.000 Tonnen pro Jahr reduziert werden.
In dem neuen Kraftwerk wird Erdgas, das durch eine Pipeline ins Werk geführt wird, in den
Brennkammern der Gasturbinen mit zuvor verdichteter Umgebungsluft verbrannt. Das heiße
Rauchgas sorgt in der Turbine sowohl für den Antrieb des Luftverdichters als auch für
die Stromerzeugung im Generator. Es verlässt die Gasturbine mit einer Temperatur von mehr
als 500 Grad. Die Rauchgaswärme wird dann auf einen separaten Wasser-Dampf-Kreislauf
übertragen und zur Strom- und Wärmeerzeugung genutzt.
Das Kraftwerk, das nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Koppelung arbeitet, erzeugt pro
Stunde bis zu 490 Tonnen Dampf, die als Prozesswärme in den benachbarten Chemieanlagen
genutzt werden.
Nach der Inbetriebnahme soll das etwa 40 Jahre alte Braukohlekraftwerk im Ostteil des
Werkes stillgelegt werden. Das Erdgaskraftwerk im Westteil wird an die RWE Energie
übergeben und in das neue Versorgungskonzept integriert.
Die Bayer-Mitarbeiter, die bisher dort tätig sind, werden vom Energiekonzern übernommen.
Den Mitarbeitern, die bisher bei der Verladung der Braunkohle tätig waren, werden
Arbeitsplätze in anderen Bereichen angeboten.
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 15/12/1999
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Stein um
Stein in luftiger Höhe
Brikettfabrik Wachtberg
Abbruch des alten Schornsteins
Frechen - Es scheint, als würden sie mitten in den Wolken arbeiten, die drei Männer auf
dem 80 Jahre alten Kamin in der Brikettfabrik Wachtberg. Der Wasserdampf aus den Anlagen
des Rheinbraun-Werkes wabert unaufhörlich um die Schornsteinmaurer herum, nur wenn der
Wind einmal günstig steht, können sie einen Blick in den Himmel werfen.
Dieser Anblick ist jedoch alles andere als ermutigend, machen doch Schneeregen und Wind
den Männern bei ihren Abbrucharbeiten zusätzlich zu schaffen. "Die Witterung ist
das größte Problem", sagt Detlef Gührcke von der Abbruchfirma
"Westschrott". Mehrmals mussten die Abbrucharbeiten an dem über 87 Meter hohen
Turm unterbrochen werden. Ab Windstärke sieben könne man die Männer aus
Sicherheitsgründen nicht nach oben lassen, erklärt Günter Brandmeyer, verantwortlicher
Bauingenieur für den Abbruch der oberen 15 Meter des Schornsteines der seit 1985
stillgelegten Kraftwerkskessel 4 und 5.
"Der Abbruch ist eine reine Vorsichtsmaßnahme", sagt Brandmeyer, "bevor
der Frost im Winter die Ziegel aussprengt und dann ganze Teile des Turmes
herunterfallen." Nach dem Teilabbruch wird der nur noch 72 Meter hohe Turm mit
Dachpappe abgedeckt und "wasserdicht" gemacht, damit sich kein Regen- und
Kondenswasser zwischen den Ziegeln sammeln kann.
Auf einer Plattform, die an Stahlseilen um den Turm befestigt ist, arbeiten die drei
Männer, der Vierte koordiniert und leitet über Funk von unten die Arbeit. Wenn ein Meter
runter ist, wird die Plattform Stück für Stück gesenkt. An einer Seilwinde werden die
Plattformteile bis zum nächsten Stahlband heruntergelassen und befestigt.
"Bei einem solchen Aufwand schaffen wir nur drei Meter pro Tag", sagt
Brandmeyer, der hofft, morgen den Abbruch geschafft zu haben. Dann sind 28.500
Klinkersteine, 16.000 Liter Mörtel und 1370 Kilogramm Stahlbandagen abgebrochen worden.
Und der alte, weithin sichtbare Koloss, ist wieder ein Stück kleiner geworden.
Bis er irgendwann ganz verschwinden wird.
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 15/12/1999
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Verschleppt, um für den
"Führer" zu schuften
Hürther Stadtarchivar erforscht seit Jahren mit viel Geduld und Akribie die Geschichte
der Zwangsarbeiter
kja Hürth. Sie wurden aus der Heimat verschleppt und mussten auch im Rheinischen
Braunkohlenrevier für das "deutsche Reich" und seinen "Führer"
schuften: Nun erforscht Stadtarchivar Manfred Faust die Geschichte der Zwangsarbeiter und
Kriegsgefangenen in Hürth von 1933 bis 1945.
Und während Vertreter der deutschen Industrie, Regierungsbeauftragte und die Anwälte der
betroffenen Arbeiter weiterhin um einen Entschädigungskompromiss ringen, stand Faust aus
aktuellem Anlass in der jüngsten Sitzung des Kulturausschusses für Fragen zu seinen
bisherigen Forschungsergebnissen zur Verfügung. Ein endgültiger Arbeitsbericht soll
voraussichtlich Ende kommenden Jahres fertiggestellt und 2001 in der Zeitschrift
"Hürther Heimat" des Heimat- und Kulturvereins publiziert werden.
Manfred Faust hat Akten ausgewertet
Bisher hat Faust die Akten des Bergreviers Köln in Düsseldorf ausgewertet, die von 1942
an Auskunft über die Zahl der in den Bergbaubetrieben zur Arbeit missbrauchten Arbeiter
geben: Demnach lebten in den Jahren 1943/44 mindestens 2000 Zwangsarbeiter und
Kriegsgefangene in Hürth, die vor allem in der Knapsacker und Kalscheurener Industrie
(Degussa und Holzbauwerke), der Landwirtschaft und bei der Reichsbahn eingesetzt wurden.
Im Januar 1944 sind in den Büchern insgesamt 1257 Zwangsarbeiter und vor allem
Kriegsgefangene in Hürth verzeichnet, die überwiegend in kargen Lagern wie dem
ehemaligen Militärschuppen an der Kalscheurener Ladestraße untergebracht waren. 695 von
ihnen mussten bei der Vereinigten Ville, 270 in der Grube Berrenrath, 169 in der Grube
Berrenrath-West und 123 in der Grube Hürtherberg ihren Dienst verrichten.
Im gesamten Revier waren es nur wenige Monate später insgesamt 4445 Menschen, die laut
Faust zu 90 Prozent aus dem Osten kamen, meist aus Russland und Polen. Ab 1943 - nach der
Absetzung Mussolinis - wurden zunehmend sogenannte "Badoglio-Italiener" nach
Hürth transportiert, die bei der deutschen Bevölkerung wegen des vereinbarten
Separatfriedens General Badoglios mit den Alliierten als Verräter verschrien waren und
besonders schlecht behandelt wurden.
Einigkeit herrschte bei den Mitgliedern des Kulturausschusses darüber, dass
voraussichtlich am Kalscheurener Bahnhof eine Gedenktafel angebracht wird, die an das Leid
der Zwangsarbeiter erinnern soll. Zudem unterbreitete SPD-Ausschussmitglied Peter
Christian Neu den Vorschlag, eine Straße im neu entstehenden Kalscheurener Gewerbegebiet
nach dem polnischen Zwangsarbeiter Pawel Kunysz zu benennen, der 1944 während seines
Arbeitsdienstes für die Reichbahn bei einem Rangierunfall ums Leben kam und dessen Kinder
im vorigen Jahr auf Einladung von Ex-Bürgermeister Rudi Tonn die Stadt Hürth besucht
hatten.
Quelle: Kölnische Rundschau 11/12/1999
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Hunderte
schufteten im Tagebau
Zwangsarbeiter
Stadtarchivar erforscht ihre Geschichte - Gedenktafel am Bahnhof
Von Friedemann Siering
Hürth - Wie war das eigentlich mit der Zwangsarbeit in Hürth während der NS-Zeit? Die
Diskussion über Entschädigungszahlungen der deutschen Industrie und der deutschen
Regierung (acht Milliarden, zehn Milliarden, mehr als zehn Milliarden?) an die noch
lebenden, einst ausgebeuteten Arbeiter veranlasste die Hürther SPD, das Thema auf die
Tagesordnung des Kulturausschusses zu setzen.
Eine umfassende Antwort gab es in der Sitzung am Mittwoch nicht. Denn Stadtarchivar Dr.
Manfred Faust, der sich mit der Geschichte von Zwangsarbeit und Kriegsgefangenschaft in
Hürth von 1939 bis 1945 befasst, hat seine Forschungen noch nicht abgeschlossen. Das
Ergebnis wird voraussichtlich Ende 2000 publiziert.
Doch einige Quellen konnte Faust bereits auswerten. Von 1934 bis 44 lebten in Hürth
"mindestens 2000 Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter", die in der Landwirtschaft
und in der Industrie eingesetzt wurden, schätzt Faust. Die Gemeinde hatte damals 30 000
Einwohner. Demnach war wohl jeder zehnte Erwerbsfähige in Hürth Zwangsarbeiter oder
Kriegsgefangener. Das Bergamt Köln hat seit 1942 die Zahl der in den Braunkohle-Gruben
des Hürther Gebiets zur Arbeit gezwungenen Ausländer aufgelistet.
Danach waren es im Juli 1944 in der Vereinigten Ville 675 Arbeiter, in der Grube
Berrenrath 258, in der Grube Berrenrath-West 171 und in der Grube Hürtherberg 76. Im
gesamten Rheinischen Braunkohlerevier wurden zu diesem Zeitpunkt 4445 Kriegsgefangene und
Zwangsarbeiter eingesetzt. Auch die Degussa oder die Kölner Holzbauwerke in Kalscheuren
beschäftigten Zwangsarbeiter. Wie viele es im Goldenberg-Kraftwerk des RWE und bei der AG
für Stickstoffdünger (später Hoechst, heute Chemiepark Knapsack) waren, lässt sich
bislang nicht sagen. Die Essener RWE AG durchforstet zur Zeit die eigenen Akten, um die
Gesamtzahl der Zwangsarbeiter im Bereich des heutigen Konzerns zu ermitteln. Zu den
Archivalien zählen auch die wenigen noch vorhandenen Unterlagen der Kohlegruben, die
später unter dem Dach von Rheinbraun zusammengefasst wurden.
Entschädigungsfonds
"Die RWE-Gruppe wird sich dem Thema Zwangsarbeiter grundsätzlich nicht
verschließen", sagt Konzernsprecher Dieter Schweer. Man habe "von Beginn an mit
großem Interesse" die Verhandlungen über die Einrichtung eines
Entschädigungsfonds´ der deutschen Wirtschaft verfolgt. Während bei RWE noch sondiert
wird, zählte der Hoechst-Konzern "von Beginn an zu den 16 Firmen, die ihre
Bereitschaft zum Einzahlen in den Fonds erklärt haben", wie ein Frankfurter
Unternehmenssprecher sagt.
Die Hürther Zwangsarbeiter, die zumeist in Lagern lebten, kamen vor allem aus Russland
oder Polen. Gegen Kriegsende wurden auch Italiener aus dem Heer des Generals Badoglio nach
Hürth gebracht, der nach Mussolinis Sturz einen Separatfrieden mit den Alliierten
geschlossen hatte. Die "Badoglio-Italiener" galten bei den Deutschen als
"Verräter".
Im vergangenen Jahr waren die Geschwister Kunysz auf Einladung des damaligen
Bürgermeisters Rudi Tonn zu Besuch in der Stadt, in die sie 1943 mit ihren Eltern
verschleppt worden waren. Ihr Vater, der Pole Pawel Kunysz, wurde in Kalscheuren als
Zwangsarbeiter bei der Reichsbahn eingesetzt. Im März 1944 starb er dort an den Folgen
eines Rangierunfalls.
Nach Pawel Kunysz soll nun in Hürth eine Straße benannt werden. Der Kulturausschuss will
sich auch dafür einsetzen, dass am Kalscheurener Bahnhof eine Gedenktafel aufgehängt
wird, zur Erinnerung an die Zwangsarbeiter, "die in den Hürther Lagern durch
Krankheit, Unfall oder Mord Opfer des Nationalsozialismus geworden sind".
Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger 10.12.1999
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Braunkohle
muss die Kosten weiter senken
Förderung schrumpft
fun Kerpen. Die Braunkohle-Förderung in Deutschland ist weiter leicht rückläufig.
Rheinbraun-Chef Berthold Bonekamp rechnet für 1999 mit einer Erzeugung von 160 Millionen
Tonnen. 92 Millionen Tonnen werden im rheinischen Revier gefördert.
Damit liege die Förderung um rund 3,6 Prozent niedriger als im Vorjahr, sagte Bonekamp
bei der traditionellen Barbara-Feier in Kerpen. Wie im Vorjahr sichere die Braunkohle 27
Prozent der deutschen Stromerzeugung.
Die Zahl der Beschäftigten in der Branche ist von Januar bis September um zehn Prozent
gesunken, im Westen auf 12 400, im Osten 11 300 auf Mitarbeiter. Bei Rheinbraun seien seit
1995 jährlich rund 365 Millionen Mark an Sach- und Personalkosten eingespart worden.
Mittelfristig stehe noch einmal eine deutliche Kostensenkung bevor, die sich aber im
"kontrollierten Wandel" vollziehe.
Rheinbraun-Chef Bonekamp sieht Änderungen optimistisch
entgegen
"Wandel ohne Bruch"
Kerpen-Türnich. "Es handelt sich aber um einen weitgehend kontrollierten Wandel,
nicht um einen jähen Bruch", umriss Rheinbraun-Vorstandschef Berthold Bonekamp die
weiteren Aussichten im Revier: Schlanker, noch schlanker soll das Bergbauunternehmen
werden, billiger, noch billiger die Braunkohle.
Vor rund 500 Bergbauingenieuren bei der traditionellen Brabara-Feier in Kerpen-Türnich
verbreitete Bonekamp alles in allem trotzdem Optimismus: "Diese Braunkohlenindustrie
hat eine gute Chance."
Bonekamp ist seit 1981 bei Rheinbraun beschäftigt. Seit Oktober sitzt er im Chefsessel.
Bei seinem Eintritt ins Unternehmen seien zwei Dinge unumstößlich gewesen: Braunkohle
war konkurrenzlos günstig, und ohne sie war eine sichere Energieversorgung nicht denkbar.
Während man hinter diese Feststellung vor knapp 20 Jahren habe mehrere Ausrufezeichen
setzen können, stellten sich heute dazu immer mehr Fragen.
Weltweit zusammenwachsende Energiemärkte bedingten fallende Energiepreise:
"Ausländische Unternehmen sind bereit, für den Eintritt in den attraktiven
deutschen Strommarkt hohe Eintrittsprämien zu zahlen. Überkapazitäten sorgen zudem
dafür, dass Strom zu immer niedrigeren, zum Teil nicht einmal kostendeckenden Preisen in
den Markt drängt."
Unabdingbar sei deshalb, dass sich die RWE AG in ihrer Gesamtheit auf die neuen
Gegebenheiten einstelle. Die Straffung des Konzerns beinhalte zunächst eine gute
Nachricht für Rheinbraun: Das Unternehmen sei weiterhin Teil des Kerngeschäftes. Es
müsse aber die Wettbewerbsfähigkeit der Braunkohle langfristig sichern. Dazu seien
weiterhin erhebliche Anstrengungen nötig.
In den vergangenen vier Jahren hat Rheinbraun bereits jeweils 365 Millionen an Personal-
und Sachkosten eingespart. Die Zahl der Mitarbeiter ist in dieser Zeit von 13 240 auf 11
318 gesunken. Im rheinischen Revier werden in diesem Jahr voraussichtlich 92 Millionen
Tonnen Kohlen gefördert.
Auch die Verunsicherung durch die Politik sprach Bonekamp an. Die verbesserte Position des
Erdgases sei nun Gesetz - entgegen dem frühen Protest der Energiewirtschaft - und habe
schädliche Auswirkung auf die Braun- und Steinkohle. Dennoch könne mit dem jetzt
gefundenen Kompromiss leben. Rheinbraun stehe weiterhin zum Tagebau Garzweiler II.
"Gas muss nicht so billig bleiben wie heute, Importkohle auch nicht. Von der
Braunkohle aber wissen wir, dass wir sie zu weiter sinkenden Preisen anbieten
können", unterstrich Bonekamp abschließend die Unverzichtbarkeit des heimischen
Energieträgers.
Quelle: Kölnische Rundschau 07/12/1999
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Weiter auf Sparkurs
Rheinbraun
Barbara-Feier mit Bonekamp
Kerpen - Vor 20 Jahren war die Welt der Braunköhler noch in Ordnung, wie sich der neue
Rheinbraun-Vorstandschef Berthold Bonekamp erinnert. Es gab zwei "unumstößliche
Gewissheiten". Erstens: Die Braunkohle "ist der mit großem Abstand
kostengünstigste Energieträger". Zweitens: "Ohne eine rheinische
Braunkohleförderung von rund 120 Millionen Tonnen ist eine sichere Energieversorgung
nicht denkbar." Hinter diesen Aussagen standen damals "mehrere
Ausrufezeichen", so Bonekamp. Er hatte Anfang der 80-er Jahre gerade seinen ersten
Job beim Bergbauriesen angetreten. Nun ist er Chef des Unternehmens, und die
Ausrufezeichen haben sich mittlerweile "in Fragezeichen verwandelt". Dennoch
habe eine schlanke, "auf modernsten Techniken basierende und kostengünstige
Braunkohleindustrie mit qualifizierten Mitarbeitern auf längere Sicht eine gute
Chance", sagte Bonekamp gestern anläßlich der Revier-Barbara-Feier in
Kerpen-Türnich, die alljährlich vom Ring Deutscher Bergingenieure veranstaltet wird.
Rheinbraun werde seine Sparpolitik fortsetzen. Von 1995 bis 1998 habe das Unternehmen die
Sach- und Personalkosten jährlich um 350 Millionen Mark reduziert. In Folge der
Liberalisierung des Energiemarktes müßten die Kosten "noch einmal deutlich
vermindert werden". Beim Strukturwandel könne es "nicht nur Gewinner
geben", sagte Bonekamp. "Es handelt sich aber um einen weitgehend kontrollierten
Wandel, nicht um einen jähen Bruch." In Anspielung auf Berichte, dass Rheinbraun
innerhalb des RWE-Konzerns an Bedeutung verliert, äußerte der Vorstandschef: "Die
Aktivitäten von Rheinbraun zählen auch künftig zum Kerngeschäft von RWE".
1999 werde die rheinische Braunkohle-Industrie 92 Millionen Tonnen Kohle fördern (1998:
95 Millionen Tonnen). Die Zahl der Beschäftigten im gesamten deutschen Braunkohlenbergbau
ging von Januar bis September 1999 um knapp zehn Prozent zurück.
Einer "angespannten Marktsituation mit erheblichem Preisdruck" sieht sich auch
das amerikanische Steinkohlen-Unternehmen Consol ausgesetzt, das sich mehrheitlich im
Besitz von Rheinbraun befindet. Consol begegne den Problemen "mit vorgezogenen
Betriebsstilllegungen und der Konzentration auf die kostengünstigen
Förderbetriebe", so Bonekamp.
Garzweiler II werde "planmäßig entwickelt", Rheinbraun stehe weiter zu dem
Projekt. Bonekamp: "Ich bedaure, wenn durch gegenteilige Behauptungen von
interessierter politischer Seite nicht nur unsere Mitarbeiter, sondern ebenso die Menschen
in den umsiedelnden Orten verunsichert werden."
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 07/12/1999
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"Wir stehen knietief im
Schlamm"
Braunkohle
Erftkreis - Die Bergleute in Rheinischen Revier werden in den nächsten Tagen auf die
Straße gehen. Bereits am Mittwoch wollen die Braunköhler am Frechener Klüttenbrunnen ab
8 Uhr eine Mahnwache aufstellen. Die soll dort bis Freitag bleiben. Am Donnerstag sind
gegen 18 Uhr Demonstrationen in Frechen, Eschweiler und Grevenbroich geplant. In
Grevenbroich werden der Neusser Landrat Dieter Patt und Betriebsrat Helmut de Jong zu den
Demonstranten sprechen.
Die Bergleute wollen damit auf die für Freitag geplante Sitzung des Bundesrates
aufmerksam machen. Dort soll die in der Steuerreform vorgesehene Entlastung für Gas-und
Dampfturbinen-Kraftwerke (GuD) rückgängig gemacht werden, weil Rheinbraun und die
Konzernmutter RWE die Braunkohle, insbesondere den geplanten Tagebau Garzweiler II, nach
der Verabschiedung der Steuergesetze in Frage gestellt haben.
Die Rheinbraun-Mitarbeiter fürchten seitdem erneut um ihre Arbeitsplätze. Geschürt wird
die Angst auch durch Spekulationen, wonach der Konzern RWE nach der Verschmelzung mit den
Dortmunder VEW umgebaut werden soll. Zuletzt hieß es, die Rheinbraun-Hauptverwaltung
werde aufgelöst.
Das haben Sprecher von Rheinbraun und RWE dementiert. Betriebsratsvorsitzender Erwin
Winkel sprach am Sonntag von "falschen Informationen" und versicherte am frühen
Montagmorgen allen Mitarbeitern, dass Rheinbraun nicht zerschlagen werde. Das habe die
Mitarbeiter zwar erst einmal beruhigt, so Heinrich Schumacher, Betriebsratsvorsitzender
der Kölner Hauptverwaltung. "Ruhe haben wir aber deshalb nicht." Die Stimmung
sei nach wie vor gereizt. Die geplante Fusion der Energieriesen RWE und VEW sei "eine
zusätzliche Belastung". Schumacher: "Wir stehen knietief im Schlamm."
Die Bergleute, der SPD-Bundestagsabgeordnete Klaus Lennartz sowie Gewerkschafter setzen
vor allem auf Ministerpräsident Wolfgang Clement. Er soll im Bundesrat gegen die
Steuerreform votieren. Die SPD in Elsdorf hat dazu eine Resolution an die Landesregierung
geschickt. In einem Brief an Clement schreibt der Elsdorfer SPD-Vorsitzende Hans-Theo
Maljers, Clement solle seine "Kraft dafür einsetzen, dass die zweite Stufe der
Ökosteuer in der vorliegen Fassung nicht verabschiedet wird".
Der Bundesverband Braunkohle (Debriv) sieht in der steuerlichen Entlastung von
GuD-Kraftwerken eine "energiepolitische Grundsatzentscheidung". Das sei ein
gefährlicher Eingriff, der zu gravierenden Strukturveränderungen führen könne. Eine
steigende Gas-Nachfrage könne zu einem Versorgungs-und Preisrisiko für Wirtschaft und
Verbraucher werden.
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 23/11/99
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RWE: Rheinbraun wird nicht aufgelöst
Hauptverwaltung
"Gespräche über neue Struktur am Anfang"
Köln - Die RWE AG hat einem Bericht des "Spiegel" widersprochen, wonach ihre
Tochter Rheinbraun geschlossen werden soll. RWE-Konzernsprecher Dieter Schweer sagte, eine
Zerschlagung von Rheinbraun komme nicht in Betracht. Die Überlegungen zur
Neustrukturierung eines fusionierten Unternehmens RWE/VEW hätten gerade erst begonnen.
"Erste Ergebnisse erwarten wir bis zum Ende dieses Jahres." RWE sei
zuversichtlich, dass Rheinbraun Kostensenkungen erreichen werde, um die volle
Wettbewerbsfähigkeit der Braunkohle zu sichern.
Der "Spiegel" hatte berichtet, Rheinbraun drohe der "Kahlschlag". Das
Blatt berief sich auf einen "hochrangigen RWE-Manager". Danach gebe es im
Mutter-Konzern RWE Überlegungen, die Rheinbraun-Hauptverwaltung nach der geplanten Fusion
von RWE und VEW (Vereinigte Elektrizitätswerke Westfalen) aufzulösen und in den neuen
Stromkonzern einzugliedern. Insgesamt sollen 1,3 Milliarden Mark eingespart werden. Das
Bergbauunternehmen würde damit seine Eigenständigkeit verlieren. Betroffen wären rund
1500 Mitarbeiter der Kölner Hauptverwaltung. Mit dem Personalabbau könne bereits im
Sommer 2000 begonnen werden. Damit rücke auch das Ende des umstrittenen
Braunkohlentagebaus Garzweiler II immer näher, hieß es weiter. Im RWE-Vorstand sei
längst klar, dass sich das Rheinbraun-Projekt und die damit verbundenen Investitionen in
die veralteten Kohlekraftwerke nicht rechneten.
Wie RWE-Sprecher Dieter Schweer dementierte auch Rheinbraun-Sprecher Wolfgang Rönnebeck
die Auflösung der Hauptverwaltung. Er bezeichnete den Bericht als "reine
Spekulation". Der Vorsitzende des Rheinbraun-Gesamtbetriebsrates, Erwin Winkel,
sagte, bei dem zitierten "hochrangigen Manager" könne es sich nur um einen
"Wichtigtuer" handeln. Die Verhandlungen zwischen RWE und VEW hätten gerade
erst begonnen.
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 22/11/1999
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Beton wird nicht schnell genug hart
BoA-Block
Kühlturmbau dauert länger als geplant
Bergheim-Niederaußem - Die Bauarbeiten am Kühlturm des neuen BoA-Blockes am Kraftwerk
Niederaußem dauern einige Wochen länger als vorgesehen. "Wir sind nicht so ganz im
Plan", bestätigte Kraftwerks-Sprecher Ulrich Nöppert: "Eigentlich sollte der
Rohbau des Kühlturmes im Laufe des Novembers fertig werden, doch nun rechnen wir mit
seiner Fertigstellung bis spätestens etwa Mitte Dezember."
Dann soll der Koloss seine endgültige Höhe von 200 Metern erreicht haben. Das entspricht
der Höhe der beiden weißen Entschwefelungstürme des alten Kraftwerkes. Damit Besuchern
deutlich wird, wie hoch das Kraftwerk eigentlich ist, haben die Bauleute zwei gelbe
Dreiecke an die Treppentürme gemalt - so hoch wäre die Kreuzblume des Kölner Domes,
würde das gotische Meisterwerk neben dem Kraftwerk stehen.
Derzeit arbeiten die Betongießer im eisigen Wind in 185 Metern Höhe. Grund für die
Verzögerung ist, dass der säurebeständige Beton, der oberhalb der Kühlturm-Taille in
die hölzernen Schalungen gepresst wird, langsamer bindet, als das die Fachleute erwartet
haben. Anders als alte Kraftwerks-Kühltürme wird der BoA-Schlot ohne Innenverkleidung
gebaut, die turnusmäßig saniert werden muss, da die sauren Kraftwerksdämpfe ihr
zusetzen. Der BoA-Beton soll säureresistent und damit auch weniger wartungsaufwendig
sein.
Um Zeit aufzuholen, arbeiten die Männer auch nachts am Schlot. Rund um die Uhr wächst
der Kühlturm. Erst bei einer Temperatur von minus fünf Grad Celsius würden die Arbeiten
eingestellt. Außer dem Kühlturm sieht man derzeit zwischen den vier Treppentürmen auch
das Maschinen- und das Schaltanlagenhaus in die Höhe wachsen. Die Arbeiten müssen trotz
der Kälte und des für Donnerstag erwarteten Wintereinbruchs mit Schneeregen und Frost
weiter gehen, denn für Mitte Januar ist das nächste Großereignis auf der Baustelle
geplant. Nöppert: "Dann beginnen wir mit der Kesselmontage."
Das Innenleben des neuen Kraftwerkes ist so riesig, dass es vor Ort montiert und dann
eingebaut werden muss. Dafür hat RWE ein Feld hinter der Kohlebahn angepachtet und mit
Wegen und Kiesaufschüttungen zu einem Bauplatz hergerichtet. Dieser Bauplatz wird sich
ebenfalls Mitte Januar mit Menschen füllen, denn viele Hände sind nötig, um die neuen
Turbinen, Anlagen und Kabelstränge fachgerecht zu installieren.
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 17/11/1999
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Kaum noch einer über 54 Jahre alt
Personal- und Sozialbericht der Rheinbraun AG liegt vor
Erftkreis. Die Veränderungen innerhalb der Rheinbraun AG hinterlassen in der
Personalstruktur deutliche Spuren. Einstellungsstopp und Vorruhestandsregelung bewirken,
dass der Anteil der 20- bis 30-Jährigen relativ gering ist und kaum noch ein Mitarbeiter
über das 54. Lebensjahr hinaus bleibt. Das geht aus dem jetzt vorgelegten Personal- und
Sozialbericht hervor.
11 318 Menschen waren im Geschäftsjahr 1998/99 bei Rheinbraun beschäftigt, 312 oder 2,7
Prozent weniger als im Vorjahr. 1995 verdienten noch 13 240 Arbeitnehmer ihre Brötchen
bei Rheinbraun, darunter 712 Schwerbehinderte. Aktuell sind 7678 im Bergbau tätig und
1412 in den Kohleveredlungsbetrieben. In der Hauptverwaltung Köln arbeiten 1520
Angestellte, in den Gruppenverwaltungen 644. In den sonstigen Bereichen bleiben 64
Stellen. Nirgendwo, so die zwischen Vorstand und Betriebsrat ausgehandelte Regelung,
werden bis Mitte 2003 betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen.
Nach wie vor steigend ist die Zahl der Ausbildungsplätze. Bildete das Unternehmen 1995
noch 373 Lehrlinge in verschiedenen Berufen aus, so sind es heute 509, genau 20 mehr als
1997/98. Auch für die Stammbelegschaft steht Lernen auf dem Programm: 4500 Mitarbeiter
haben im Berichtszeitraum an Weiterbildungsmaßnahmen teilgenommen.
Wer noch einen Arbeitsplatz hat, genießt die ganze Fürsorge des Unternehmens. Maßnahmen
zur Förderung der Arbeitssicherheit haben die Unfallhäufigkeit stark reduziert:
Ereigneten sich 1992 noch 14,7 Arbeitsunfälle je Million Arbeitsstunden, so waren es 1999
noch 7,5. Damit schneide man, so die Pressestelle, im Vergleich zum Durchschnitt der
gewerblichen Wirtschaft sehr gut ab.
Über die Unterstützung im Arbeitsleben - zum Beispiel durch Betriebspsychologen -
hinaus, bietet das Unternehmen auch Hilfen fürs private Wohlergehen, etwa durch
preiswerte Werkswohnungen oder durch günstige Kredite zur Eigenheimfinanzierung. So kamen
127 Mitarbeiter in den Genuss von Arbeitgeberdarlehen in einem Gesamtvolumen von 2,8
Millionen Euro.
Quelle: Kölnische Rundschau 16/11/99
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Unternehmen
rechnet neu
Rheinbraun Sprecher: Wettbewerb wird verzerrt
Erftkreis Als eine "schwere Benachteiligung der Wettbewerbsfähigkeit der
Braunkohle" wertet Rheinbraun die Entscheidung des Bundestages, moderne Gaskraftwerke
steuerlich zu entlasten. Die Entscheidung sei nicht nur von sachlichen Gründen bestimmt
gewesen. Damit sind offenbar die Rücksichten der SPD auf den Koalitionspartner gemeint.
Dass nun die Chancengleichheit zwischen den Energiearten hergestellt werde, wie vielfach
behauptet wird, lässt Rheinbraun-Sprecher Reiner Hochscheid nicht gelten. "Die be-
stehenden Wettbewerbsbedingungen werden verändert zu Gunsten einer Importenergie und zu
Ungunsten der heimischen Braunkohle." Hochscheid verweist auf Untersuchungen des
Deutschen Braunkohlen Industrievereins (Debriv), nach der ein 1000-Megawatt-Kraftwerk in
der gesamten Laufzeit eine Wertschöpfung von 20 Milliarden Mark erziele, wenn es mit
heimischer Energie betrieben werde. Würden hingegen Importenergien eingesetzt, würden
zwei Drittel der Wertschöpfung ins Ausland verlagert.
Rheinbraun werde nun die "Investitionsvorhaben im Revier sorgfältig überprüfen und
erneut bewerten", heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens erneut. Das betreffe
die Tagebaue, gelte aber auch für den Kraftwerkspark, sagte Hochscheid. Und es betreffe
nicht nur Garzweiler II, sondern den Bergbau in Deutschland insgesamt.
Von heute auf morgen werden die Vorbereitungen für Garzweiler II allerdings nicht
eingestellt. Rheinbraun werde sich nun Zeit nehmen, die Wirtschaftlichkeit von
Investitionen neu zu berechnen. Hochscheid: "Das kann einige Monate dauern." Die
sorgfältige Abwägung sei das Unternehmen den Mitarbeitern, den Aktionären und der
Region schuldig.
420 Millionen Mark
Ob Rheinbraun die Gewinnungskosten der Braunkohle um ein Viertel wird senken können, um
bei der Stromerzeugung mit modernen Gaskraftwerken mitzuhalten, sieht das Unternehmen als
problematisch an. Hochscheid rechnet: Von 1995 bis 1998 wurden 365 Millionen Mark an
Personalkosten eingespart, bis 2003/2004 sollten die Kosten insgesamt ohnehin nochmals um
420 Millionen Mark sinken.
Rheinbraun hat die Hoffnung allerdings noch nicht aufgegeben, dass die Beschlüsse zu
Gaskraftwerken in dieser Form doch nicht verwirklicht werden. Das Unternehmen setzt auf
die Braunkohlebefürworter in NRW und deren Einfluss in Berlin und im Bundesrat. In diesem
Zusammenhang wird insbesondere Ministerpräsident Wolfgang Clement genannt.
Die Energiepolitik der Grünen, die einerseits den Ausstieg aus der Kernkraft forderten,
sich mittelfristig auch von der Braunkohle verabschieden wollten und stattdessen auf Gas
setzen, lasse keine konkreten Ansätze erkennen, wie die Grundlastversorgung mit Strom
gesichert werden könne. Beim Gas bestehe ein hohes Preis- und Versorgungsrisiko. Ob
Gaskraftwerke nun wirklich wie Pilze aus dem Boden schießen, sei jetzt zwar noch nicht zu
sagen. Hochscheid: "Der Anreiz ist aber da."
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 15/11/99
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Schröder: Wir versuchen zu helfen
Protest der Braunköhler
8000 Bergarbeiter demonstrierten in Köln gegen
Steuerbefreiung für Gas-Kraftwerke
Köln/Erftkreis - Ein gewaltiges Pfeifkonzert empfing den Mann, der doch eigentlich seine
Sympathie mit den Demonstranten bekunden wollte. Aber die 8.000 Braunköhler, die am
frühen Samstagmorgen auf dem Festplatz an der Deutzer Werft gegen die Ökosteuer-Reform
demonstrierten, ließen ihren ganzen Frust an Franz Müntefering, dem designierten
Generalsekretär der SPD, und Ministerpräsident Wolfgang Clement aus.
Clement ließ die Bergleute wissen, dass sich das Land und die NRW-SPD für ihre Belange
einsetzen werde und alles tun wolle, die Steuerbefreiung für Gas- und Dampfkraftwerke aus
dem Reformpaket herauszunehmen.
Diese Steuerbefreiung war der Anlass der Kundgebung, zu der die Gewerkschaft Bergbau,
Chemie, Energie (IG BCE) aufgerufen hatte - zwei Kilometer vom SPD-Regionalkongress mit
Bundeskanzler Gerhard Schröder entfernt.
Vom "Aus" für die heimische Braun- und Steinkohle sprach die IG BCE, und die
Redner beschworen eindringlich den Ernst der Situation, sprachen vom wachsenden Unmut im
Revier und verwiesen auf die Opferbereitschaft der Kumpel.
"Wir haben seit 1992 von 15000 Arbeitsplätzen 4500 abgebaut", sagte Erwin
Winkel, Gesamtbetriebsrat-Vorsitzender bei Rheinbraun, "und wir haben die
Produktionskosten um ein Drittel senken können." Um nach der Steuerreform weiter
konkurrenzfähig bleiben zu können, müsse man die Kosten noch einmal um ein Viertel
senken, laut Winkel eine "unlösbare Aufgabe".
Uwe Ranczykowski, einer der 8000 vor der Bühne, fasste den Ärger der
Rheinbraun-Beschäftigten zusammen: "Es ist doch ein Skandal, dass eine Firma, die
ohne Subventionen Geld verdient, kaputtgemacht wird. Und das nur, weil man Gas für
ökologisch sinnvoller hält."
Aber auch der Kanzler sollte hören, was die Kumpel ihm zu sagen hatten. Und so machte
sich eine Delegation der IG BCE auf den Weg zum Regionalkongress der SPD in der Kölner
Messe.
Dort durfte Erwin Winkel zu den Genossen sprechen und fasste, an Schröder gewandt, noch
einmal zusammen: "Ihr macht mit einem Federstrich die Anstrengungen der letzten Jahre
kaputt. Lasst Euch bitte nicht von den Grünen über den Tisch ziehen und ändert die
Ökosteuer-Reform." Starker Applaus von den rheinischen Genossen.
Danach rollten die Kumpel ihre Fähnchen zusammen und wollten gerade aufbrechen, da trat
Schröder ans Mikrofon und versprach den Bergleuten: "Wir werden alles versuchen,
Euch zu helfen." Für Winkel ein Hoffnungsschimmer: "In dieser Deutlichkeit
hätte ich mir diese Worte schon vor einer Woche erhofft."
Obwohl der Kanzler eigentlich nur den Versuch versprochen hatte, war Winkel
zuversichtlich: "Auf diese Aussagen kann man ihn in Zukunft festnageln." Nicht
so hoffnungsvoll war Peter Meier vom Tagebau Garzweiler, als er den SPD-Kongress verließ:
"Das hat doch mal wieder alles nichts genutzt."
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 15/11/99
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Bergleute wollen Protest von
Hagen noch überbieten
IGBCE hat zur Demo 130 Busse gechartert - 10 000 Demonstranten?
Erftkreis/Köln. Im Bereich der Deutzer Brücke könnte es heute Morgen eng werden: 130
Busse hat IGBCE-Bezirksvorsitzender Detlef Loosz geordert, um die Bergleute von Rhein und
Ruhr zur Großdemonstration gegen die zweite Stufe der Öko-Steuerreform nach Köln zu
bringen. 7000 bis 10 000 Kumpel und Familienangehörige erwartet Loosz zur Kundgebung um
9.30 Uhr auf dem Festplatz "Deutzer Werft".
"Nach den Rückmeldungen bin ich überzeugt, dass die Demo 1995 in Hagen eine
Kleinveranstaltung gegen das war, was die SPD diesmal erwartet", sagt der
Gewerkschafter. In Hagen protestierten damals 5000 Menschen, die den Tagebau Garzweiler II
gefährdet sahen, gegen die Koalitionsvereinbarung der gerade gewählten rot-grünen
Landesregierung.
Mit 20 Bussen wird die Belegschaft aus dem Tagebau Garzweiler heute anrücken.
Betriebsratsvorsitzender Helmut de Jong hat neben den Aktiven auch die Rentner, die
Urlauber, ja selbst, soweit möglich, die Kranken mobilisiert. Um 8 Uhr startet der Konvoi
vom Parkplatz des Sozialgebäudes aus. Eine Möglichkeit zuzusteigen gibt es um 8.15 Uhr
am Bushof in Kaster.
Rheinbraun setzt auf NRW-Politiker
Mitarbeiter der Fabrik Fortuna und der BOWA treffen sich ebenfalls um 8 Uhr an den
jeweiligen Sozialgebäuden. Von Frechen-Grefrath, Frechener Straße, Hürth-Berrenrath,
Bertramsjagdweg, und Fabriken Frechen, Pförtner Brickettverladung, startet der
Protest-Konvoi jeweils um 8.15 Uhr. Die Bergleute aus dem Tagebau Hambach steigen um 8 Uhr
auf dem Zentralparkplatz in Niederzier in die Busse, die aus dem Tagebau Inden um 7.45 Uhr
an der Ausbildungsstätte Weisweiler.
"Das Unternehmen begrüßt, dass aus dem politischen Raum Nordrhein-Westfalens und
insbesondere von Ministerpräsident Wolfgang Clement klar gegen die beabsichtigte
Bevorzugung der Gaskraftwerke Stellung bezogen worden ist", heißt es in einer
Rheinbraun-Pressemitteilung zur Entscheidung im Deutschen Bundestag und zu den Reaktionen
aus Düsseldorf. Im Vergleich zur ersten Ankündigung, sämtliche Investitionen des
Unternehmens würden beim Wegfall der Mineralölsteuer für hocheffiziente Gas- und
Dampfkraftwerke (GuD) auf den Prüfstand gestellt, klingt die neue Variante deutlich
moderater: "An der Bereitschaft von Rheinbraun, sich unternehmerisch dafür zu
engagieren, dass die Braunkohle weiterhin einen bedeutenden Beitrag zur Energieversorgung
und Stabilisierung des Arbeitsmarktes leisten kann, hat sich jedenfalls nichts
geändert."
Aus dem politischen Raum rufen die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft NRW und die
FDP Erftkreis dazu auf, an der Demonstration in Köln teilzunehmen.
Quelle: Kölnische Rundschau 13/11/1999
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"Ich hätte es mir
sehr einfach machen können"
Brühler Bundestagsabgeordnete Kühn-Mengel stimmte Öko-Steuer zu
Erftkreis. Nein, Probleme mit den Genossen an der Erft erwarte sie nicht, sagte die
Brühler SPD-Bundestagsabgeordnete Helga Kühn-Mengel gestern der "Rundschau".
Und dies selbst nicht, wo ihr Unterbezirksvorsitzender und Kollege im Bundestag, Klaus
Lennartz, ihr Abstimmungsverhalten "nicht gut" findet. Denn auch unter den
Genossen an der Erft gebe es Befürworter und Gegner der Öko-Steuer.
Bei der gestrigen Abstimmung zur zweiten Stufe der Öko-Steuerreform, die auch die vor
allen Dingen im rheinischen Braunkohlenrevier umstrittene Mineralölsteuerbefreiung für
Gas- und Dampfkraftwerke (GuD-Anlagen) enthält, hat Helga Kühn-Mengel für den
Gesetzentwurf der Regierungskoalition gestimmt.
"Natürlich hätte ich auch einfach Nein sagen können wie mein Kollege Lennartz und
gegen die Öko-Steuerreform stimmen können", erklärte Kühn-Mengel. "Das wäre
sicherlich einfacher gewesen." Doch sie hält die Öko-Steuerreform vom Grundsatz her
"bis eben auf den problematischen Teil der Mineralölsteuerbefreiung für Gas- und
Dampfkraftwerke für gut, akzeptabel, richtungs- und zukunftsweisend".
Sie sehe auch "keine Gefährdung für Garzweiler II unter den Bedingungen, wie wir
sie im Gesetz festgeschrieben haben". Denn ein Gas- und Dampfkraftwerk mit einem
Wirkungsgrad von 57,5 Prozent sei in der im Gesetz vorgegebenen Frist nur "für ein
Werk zu erreichen. Und das wird, wie man weiß, in Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern
errichtet".
Entscheidung mit "Bauchschmerzen"
Dennoch habe ihr die Entscheidung "erhebliche Bauchschmerzen" bereitet, räumt
die Brühler Bundestagsabgeordnete ein. Die habe sie auch in einer persönlichen
Erklärung zu Protokoll gegeben. "Und natürlich weiß ich um die Sorgen der Kumpel.
Noch kurz zuvor habe ich darüber mit Betriebsräten gesprochen."
Für unredlich hält Kühn-Mengel ebenso wie Lennartz das Verhalten der CDU im Bundestag.
Die Christdemokraten, so sagen die beiden SPD-Bundestagsabgeordneten, sollen in den
Beratungen über GuD-Anlagen für einen Wirkungsgrad von 55 Prozent plädiert haben.
Quelle: Kölnische Rundschau 13/11/1999
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Unternehmen
rechnet neu
Rheinbraun Sprecher: Wettbewerb wird verzerrt
Erftkreis Als eine "schwere Benachteiligung der Wettbewerbsfähigkeit der
Braunkohle" wertet Rheinbraun die Entscheidung des Bundestages, moderne Gaskraftwerke
steuerlich zu entlasten. Die Entscheidung sei nicht nur von sachlichen Gründen bestimmt
gewesen. Damit sind offenbar die Rücksichten der SPD auf den Koalitionspartner gemeint.
Dass nun die Chancengleichheit zwischen den Energiearten hergestellt werde, wie vielfach
behauptet wird, lässt Rheinbraun-Sprecher Reiner Hochscheid nicht gelten. "Die be-
stehenden Wettbewerbsbedingungen werden verändert zu Gunsten einer Importenergie und zu
Ungunsten der heimischen Braunkohle." Hochscheid verweist auf Untersuchungen des
Deutschen Braunkohlen Industrievereins (Debriv), nach der ein 1000-Megawatt-Kraftwerk in
der gesamten Laufzeit eine Wertschöpfung von 20 Milliarden Mark erziele, wenn es mit
heimischer Energie betrieben werde. Würden hingegen Importenergien eingesetzt, würden
zwei Drittel der Wertschöpfung ins Ausland verlagert.
Rheinbraun werde nun die "Investitionsvorhaben im Revier sorgfältig überprüfen und
erneut bewerten", heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens erneut. Das betreffe
die Tagebaue, gelte aber auch für den Kraftwerkspark, sagte Hochscheid. Und es betreffe
nicht nur Garzweiler II, sondern den Bergbau in Deutschland insgesamt.
Von heute auf morgen werden die Vorbereitungen für Garzweiler II allerdings nicht
eingestellt. Rheinbraun werde sich nun Zeit nehmen, die Wirtschaftlichkeit von
Investitionen neu zu berechnen. Hochscheid: "Das kann einige Monate dauern." Die
sorgfältige Abwägung sei das Unternehmen den Mitarbeitern, den Aktionären und der
Region schuldig.
420 Millionen Mark
Ob Rheinbraun die Gewinnungskosten der Braunkohle um ein Viertel
wird senken können, um bei der Stromerzeugung mit modernen Gaskraftwerken mitzuhalten,
sieht das Unternehmen als problematisch an. Hochscheid rechnet: Von 1995 bis 1998
wurden 365 Millionen Mark an Personalkosten eingespart, bis 2003/2004 sollten die Kosten
insgesamt ohnehin nochmals um 420 Millionen Mark sinken.
Rheinbraun hat die Hoffnung allerdings noch nicht aufgegeben, dass die Beschlüsse zu
Gaskraftwerken in dieser Form doch nicht verwirklicht werden. Das Unternehmen setzt auf
die Braunkohlebefürworter in NRW und deren Einfluss in Berlin und im Bundesrat. In diesem
Zusammenhang wird insbesondere Ministerpräsident Wolfgang Clement genannt.
Die Energiepolitik der Grünen, die einerseits den Ausstieg aus der Kernkraft forderten,
sich mittelfristig auch von der Braunkohle verabschieden wollten und stattdessen auf Gas
setzen, lasse keine konkreten Ansätze erkennen, wie die Grundlastversorgung mit Strom
gesichert werden könne. Beim Gas bestehe ein hohes Preis- und Versorgungsrisiko. Ob
Gaskraftwerke nun wirklich wie Pilze aus dem Boden schießen, sei jetzt zwar noch nicht zu
sagen. Hochscheid: "Der Anreiz ist aber da."
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 13/11/1999
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8.000 Bergleute demonstrieren in Köln
Clement verspricht Hilfe
Köln (dpa) - Vor rund 8 000 protestierenden Bergleuten hat
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) die Rücknahme der
Steuerbefreiung für hochwirksame Gaskraftwerke gefordert. Die Landesregierung werde
Wettbewerbsnachteile für die Kohle nicht hinnehmen, versicherte er am Samstag in Köln
den aufgebrachten Bergleuten.
Clement besteht aber offenbar nicht darauf, im Bundesrat mit Nein zu stimmen. "Im
Gesetzgebungsverfahren ist eine Enthaltung bereits ein Nein", sagte er der dpa.
Nordrhein-Westfalen werde aber alle Möglichkeiten nutzen, um die Befreiung der
Gaskraftwerke von der Ökosteuer aufzuhalten. Die Grünen bestehen auf einer
Stimmenthaltung Nordrhein-Westfalens im Bundesrat.
Die Bergleute waren aus Sorge um ihre Arbeitsplätze nach Köln gekommen, wo die SPD eine
Parteikonferenz mit Bundeskanzler und Parteichef Gerhard Schröder abhielt. Schröder
versicherte auf der Konferenz, der Tagebau Garzweiler II werde nicht durch die
Ökosteuerreform gefährdet. Die SPD werde dafür sorgen, dass sowohl Garzweiler II als
auch die Erneuerung des Kraftwerkparks realisiert werden könnten. Deutschland werde auf
Steinkohle und Braunkohle im Energiemix nicht verzichten.
Der SPD-Landesvorsitzende Franz Müntefering wurde von den Bergleuten gellend
ausgepfiffen. Sie machten ihn dafür verantwortlich, dass die nordrhein-westfälischen
SPD- Bundestagsabgeordneten für die Ökosteuer gestimmt haben. Seine Rede wurde mehrfach
durch empörte Zwischenrufe wie "Verräter", "Lügner" und
"Aufhängen" unterbrochen. Der stellvertretende Vorsitzende der IG Bergbau,
Chemie, Energie, Klaus Südhofer, bezeichnete die Steuerbefreiung für Gaskraftwerke
energiepolitisch als "verheerendes Signal". Die Gewerkschaft werde sich damit
nicht abfinden.
Die Grünen verlangen eine Stimmenthaltung Nordrhein-Westfalens im Bundesrat. "Der
Koalitionsvertrag gilt", sagte Bauminister Michael Vesper (Bündnis 90/Die Grünen).
Dort sei ganz klar geregelt, dass sich die Landesregierung bei strittigen Fragen zwischen
SPD und Grünen in der Länderkammer der Stimme enthalten müsse.
Der Tagebau Garzweiler II werde kommen, sagte Clement. "Daran gibt es keinen
Zweifel." In dieser Frage seien SPD und Grüne "so weit auseinander, weiter kann
man nicht auseinander sein". Seinen Koalitionspartner griff der Düsseldorfer
Regierungschef scharf an. "Von den Grünen habe ich in letzter Zeit wenig Ratschläge
gehört, sondern viele undisziplinierte Äußerungen". Auf die Frage, ob die
Koalition in Düsseldorf gefährdet sei, antwortete er: "Von mir aus nicht."
NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn (Bündnis 90/Die Grünen) warnte Clement davor, die
rot-grünen Regierungen in Bund und Land zu gefährden. Wenn Clement im Bundesrat mit
Hilfe der CDU-Länder eine Mehrheit gegen die Bundesregierung zusammen bringen wolle,
"muss er sich genau überlegen, was er tut", sagte sie.
Durch die am Donnerstag vom Bundestag beschlossenen Regelungen sollen Gaskraftwerke mit
besonders hoher Energieausnutzung von der Ökosteuer befreit werden. Nach Ansicht der
Grünen werden sie damit Kohlekraftwerken gleich gestellt. Clement hält das Gesetz
dagegen für eine falsche Weichenstellung, da es die Wettbewerbsposition der Kohle
verschlechtere.
Der Vorstandsvorsitzende der RWE AG, Dietmar Kuhnt, gab im Kölner
"Sonntag-Express" noch einmal der Hoffnung Ausdruck, dass es "im Hinblick
auf die anstehenden Investitionen in Milliarden-Höhe in die Braunkohle" noch
Änderungen an der Steuervergünstigung für Gaskraftwerke geben werde. RWE begrüße,
dass Clement "klar gegen die beabsichtigte Bevorzugung der Gaskraftwerke Stellung
bezogen" habe.
Der nordrhein-westfälische CDU-Vorsitzende Jürgen Rüttgers sicherte den Bergleuten die
Unterstützung seiner Partei zu. "Den Tausenden von Kumpeln, die heute in Köln gegen
den Verrat der SPD demonstrieren, gehört unsere Solidarität", sagte er auf einem
Kreisparteitag der CDU in Aachen.
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 13/11/1999
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"Das ist das Aus"
Betriebsräte-Versammlung
Moron versprach Widerstand der Landesregierung
Erftkreis/Jülich - "Wir lassen uns nicht auf dem Altar des Koalitionsfriedens in
Berlin opfern." Für diese kämpferische Bemerkung in Richtung der Genossen an der
Spree erntete Rheinbraun-Gesamtbetriebsrats-Vorsitzender Erwin Winkel gestern
kämpferischen Beifall. Mit Wut und Enttäuschung über die rot-grüne Bundes- und
Landesregierung reagierten die Betriebsräte der Bergbaufirma Rheinbraun auf einer
kurzfristig einberufenen Versammlung auf die Verabschiedung der Öko-Steuer. "Das ist
das Aus für die Braunkohle", schrie einer wütend in den Saal des firmeneigenen
Veranstaltungshauses "Kasino Niederzier" bei Jülich. Aber nicht nur gegen die
Grünen richtete sich dieses Mal der Zorn der Betriebsräte. Auch Edgar Moron, der die SPD
im Land vertrat, geriet schwer ins Kreuzfeuer - und litt erkennbar darunter. Moron bestand
jedoch trotz aller Unmutsäußerungen der Betriebsräte gegenüber seiner Partei darauf,
dass die Landes-SPD im Streit um die Genehmigung des Tagebaus Garzweiler II immer treu an
der Seite der Braunköhler gestanden habe.
"Was nützt uns das heute", schallte es dazwischen. Moron weiß selbst:
"Die Braunkohle ist durch den Beschluss, die Besteuerung von Gas zurück zu fahren,
gefährdet." Und er weiss, dass es nicht einfach sein wird, das noch zu korrigieren:
"Ministerpräsident Wolfgang Clement wird alle Möglichkeiten im Bundesrat
ausschöpfen, um das Gesetz in den Vermittlungsausschuss zu kriegen, aber ich kann nicht
hundertprozentig sagen, ob uns das gelingt, denn wir brauchen zwar nicht die Hilfe der
CDU, aber die der anderen Bundesländer, in denen die SPD mitregiert."
Von verstärkten Kontrollen der Gaskraftwerke (um nachzuweisen, wann der Wirkungsgrad
unter die ausgehandelte Grenze von 57,5 Prozent sinkt, und dann die Privilegien wieder
aufzuheben) hält Moron nichts: "Die Technik ist im Fluss, bald sind sicherlich
Wirkungsgrade von 60 Prozent möglich. Der Vorteil für das Gas muss aus dem Gesetz
raus." Gewerkschaftsmann Fritz Kollertz warnte die SPD: "Wir brauchen für
Garzweiler II Planungssicherheit über das Jahr 2016 hinaus, sonst überlegt der ein oder
andere bald, ob er seine Investitionen macht."
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 12/11/99
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Für die Kohle gegen die Fraktion
Lennartz lehnte ab - Kühn-Mengel stimmte Gesetz zu
Erftkreis - Der Hürther SPD-Bundestagsabgeordnete Klaus Lennartz hat gestern Abend im
Berliner Reichstag gegen den Beschlussentwurf der rot-grünen Regierungskoalition zur
zweiten Stufe der Steuerreform gestimmt, die SPD-Abgeordnete Helga Kühn-Mengel aus Brühl
dafür. Bekanntlich hatte im Vorfeld der Abstimmung das Gesetz vor allem unter den
Abgeordneten aus NRW für Zündstoff gesorgt, weil nicht wenige von ihnen wegen der
Steuerbefreiung für Gas- und Dampfkraftwerke (GuD) gravierende Wettbewerbsnachteile für
die Steinkohle im Ruhrgebiet und die Rheinische Braunkohle befürchten.
"Ich habe mit ein wenig Bauchschmerzen zugestimmt", sagte Kühn-Mengel dem
"Kölner Stadt-Anzeiger". Sie verstehe die Ängste der Arbeitnehmer in der
Region, sie glaube aber auch, "dass politischer Schacher auf dem Rücken der Leute
betrieben worden ist". Nach allem, was sie in Berlin gehört habe, auch in
Gesprächen mit Experten, seien die Sorgen der Leute im Revier "nicht
berechtigt". Der Aufschluss des Tagebaus Garzweiler II sei nach dem Beschluss nicht
gefährdet. Die Hürde für die Steuerbefreiung sei "so hoch gesetzt, dass keine
echte Gefährdung für die Kohle da ist". Allenfalls ein Kraftwerk im Osten könne
die geforderten Werte erreichen, aber auch nur in der Anfangsphase des Betriebes.
Im Übrigen sei die Steuerbefreiung zeitlich befristet bis 2003. Und dann würde sie
persönlich einer Verlängerung nicht zustimmen. Gestern aber sei es nicht allein um
Gaskraftwerke gegangen, sondern um das Gesamtpaket Steuerreform, das sie für gut halte.
Schließlich sei damit unter anderem eine Entlastung des Faktors Arbeit (Senkung der
Rentenbeiträge) verbunden und eine Förderung des Öffentlichen Personennahverkehrs.
Lennartz hingegen sieht in der Steuerbefreiung von GuD-Kraftwerken, die einen Wirkungsgrad
von 57,5 Prozent erreichen, den Beginn eines Verdrängungswettbewerbes insbesondere zu
Lasten der Braunkohle. In einer persönlichen Erklärung betonte er, die 57,5 Prozent
könnten bereits nach dem heutigen Stand der Technik erreicht werden. Insofern handele es
sich um eine Subvention, die keinesfalls zu "technologischen Innovationen"
führe.
Die Stellungnahmen von RWE und Rheinbraun, die wegen der Steuerbefreiung ihre
Investitionspläne überdenken wollten, müsse man sehr ernst nehmen, sagte Lennartz. Im
Klartext heiße dies, dass Garzweiler II und das 20-Milliarden-Programm des RWE für die
Kraftwerke auf dem Prüfstand stünden.
Unsichere Lage
Infolge der Steuerbefreiung sei künftig mit einem höheren Anteil des Erdgases an der
Stromproduktion zu rechnen. Liefersicherheit und Preisstabilität seien aber außer Acht
gelassen worden. Russland sei ein bedeutender Lieferant, niemand wisse jedoch, wie die
politische Lage sich dort weiter entwickele.
Hinzu kämen ökologische Nachteile: Falls das RWE aus dem 20-Milliarden-Programm ganz
oder teilweise aussteige, blieben die alten Kraftwerke mit einer relativ hohen
Schadstoffausstoß erhalten. Aus all diesen Gründen "und weil ich die Existenz von
Arbeitsplätzen und vielen Familien unmittelbar bedroht sehe, ist es für mich eine
Gewissensentscheidung, diesem Gesetz nicht zuzustimmen", erklärte Lennartz.
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 12/11/99
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"Naturschutz
hinreichend am Verfahren beteiligt"
Verwaltungsgericht Aachen wies Hambach-Klage des BUND
zurück
Aachen/Erftkreis. Der erste Zahn war schnell gezogen: "Der Rahmenbetriebsplan kann so
schlecht sein, wie er will. Den können Sie als Naturschutzverbände nicht beklagen."
Der Vorsitzende Richter, Rüdiger Storch, ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass sich
die 3. Kammer des Verwaltungsgerichtes Aachen nur mit einer Frage beschäftigen werde. Und
die lautete: Sind die Naturschutzverbände im Rahmen der Genehmigung des Tagebaus Hambach,
zweiter Abschnitt, im Sinne des Gesetze ausreichend beteiligt worden oder nicht.
Kammer ließ Frage nach Verfahren offen
Nach gut zweistündiger Verhandlung und kurzer Beratungspause wies die Kammer die Klage
des BUND gegen das Bergamt Düren zurück. Nach Auffassung des Gerichtes wäre die Klage
des Verbandes nur dann begründet, wenn seine Beteiligung durch "Umgehung" des
Planfeststellungsverfahrens verhindert worden wäre. Die Naturschutzverbände seien aber
im Rahmenbetriebsplanverfahren hinreichend beteiligt worden, so die kurze Begründung.
Insofern könne die Kammer es offen lassen, ob auf ein Planfeststellungsverfahren mit
entsprechender Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) habe verzichtet werden können oder
nicht. Die Rechte des BUND jedenfalls seien nicht verletzt worden.
Damit hat sich die Kammer im Wesentlichen den Ausführungen des beklagten Bergamtes Düren
und der "beigeladenen" Firma Rheinbraun angeschlossen. Beide hatten auf die
umfassenden ökologischen Gutachten im Braunkohlenplan (1977 genehmigt) und auf die
faktische Beteiligung der Naturschutzverbände am Rahmenbetriebsplanverfahren hingewiesen.
Der Rahmenbetriebsplan für den zweiten Teilabschnitt des Tagebaus wurde 1995
rechtskräftig und regelt den weiteren Kohlenabbau bis zum Jahr 2020.
In einer dritten Stufe soll Hambach voraussichtlich bis 2045 fortgeführt werden. Dabei
kommt es zur Umsiedlung weiterer Ortschaften, unter anderem von Kerpen-Manheim. Der
Hambacher Forst verschwindet restlos, die Autobahn 4 muss in Richtung Buir verlegt werden.
Kläger sieht neues Recht verletzt
Die Naturschutzverbände bestreiten die Beteiligung nicht, hatten aber von Anfang an
gerügt, dass zur weiteren Genehmigung des Tagebaus Hambach nach dem seit 1990 gültigen
Recht ein falsches Verfahren gewählt worden sei: Es habe ein Planfeststellungsverfahren
inklusive UVP vorgenommen werden müssen. Das Bergamt Düren habe sich aber auf das Recht
der 70-er Jahre berufen. Beim Termin in Aachen argumentierte der Vertreter der Kläger
damit, man könne nicht wissen, welche Erkenntnisse im Rahmen einer UVP gewonnen und zur
Stellungnahme vorgelegt worden wären. Man könne auch nicht beurteilen, wie die Behörde
damit hätte umgehen müssen. Zu berücksichtigen seien auch die gravierenden Folgen für
Mensch und Natur.
Das Verwaltungsgericht folgte dem nicht. Die Kläger hätten auch im Rahmen einer UVP
keine weitergehende Beteiligung erreichen können, als sie im gewählten Verfahren
gewährt worden sei. Auf eine Diskussion über den im Hambacher Forst ansässigen und vom
Aussterben bedrohten Mittelspecht wollte sich der Richter nicht einlassen: "Das steht
hier nicht zur Verhandlung."
In einer ersten Stellungnahme zeigten sich BUND-NRW-Vorsitzender
Klaus Brunsmeier und Geschäftsführer Dirk Jansen gar nicht so unglücklich mit dem
Urteil. Man habe damit gerechnet und ohnehin mehr auf die politische Wirkung gesetzt als
auf eine juristische Formalie. Immerhin sei die Klage nicht als unzulässig eingestuft
worden. Peter Inden, der Sprecher der "Bürgerinitiativen gegen die Verlegung der A
4", wertete das Urteil sogar "als kleinen Erfolg auf dem Weg, den Tagebau vor
der Autobahn zu stoppen".
Quelle: Kölnische Rundschau 11/11/1999
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BUND
fiel auf den Bauch
Klage gegen Hambach
Gericht: Keine Verfahrensfehler bei Genehmigung
Aachen/Erftkreis - Das Verwaltungsgericht Aachen hat gestern am frühen Nachmittag die
Klage des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) gegen das Bergamt Düren abgewiesen.
Außerdem muss der BUND die gesamten Kosten des größtenteils durch private Spenden der
"Bürgerinitiative gegen die Verlegung der Autobahn 4" finanzierten Verfahrens
tragen - auch die der Firma Rheinbraun, die beigeladen war. Das Gericht widersprach damit
der Auffassung, bei der Genehmigung des zweiten Abschnittes des Tagebaus Hambach habe es
Verfahrensfehler gegeben. BUND-Landesvorsitzender Klaus Brunsmeier und
Landesgeschäftsleiter Dirk Jansen hatten argumentiert, für den nun zu genehmigenden
zweiten Abschnitt von 1996 bis 2020 sei ein neues Planfeststellungsverfahren mit
umfangreicher Umweltverträglichkeitsprüfung nach modernen Standards nötig gewesen. Das
Bergamt und Rheinbraun aber sehen den gesamten Tagebau Hambach als einen Komplex, der
schon 1977 genehmigt worden ist.
Richter Rüdiger Storch zitierte eingangs der Verhandlung aus einem Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts zur Genehmigung des atomaren Endlagers Gorleben: "Nicht das
Fehlen einer Umwelt-Verträglichkeits-Prüfung führt zur Sanktion, sondern die Umgehung
einer solchen Prüfung." Eine solche bewusste Umgehung durch Bergamt oder
Bergbautreibende könne bei Hambach II aber nicht festgestellt werden. Dem BUND sei von
Bergamt und Rheinbraun durch "umfassende Beteiligung Gelegenheit zur Stellungnahme
gegeben worden". Eine weiter gehende Kontrolle hätte der Kläger somit auch bei
einer anderen Verfahrensform nicht wahrnehmen können, erläuterte Storch das Urteil.
Rheinbraun und das Bergamt werteten den Gerichtsentscheid als Erfolg. Der Tagebau Hambach
werde plangemäß weiter geführt.
Die glatte Ablehnung der Klage ist natürlich ein herber Schlag für die Aktivisten, die
mit einem Zug aus Kerpen-Buir und Düsseldorf angereist waren. Aber das Urteil lässt bei
genauerer Betrachtung durchaus noch Spielräume für den Umweltschutz zu, denn: Richter
Rüdiger Storch ließ einen, wenn nicht den zentralen Aspekt, unbeantwortet. Es sei
"offen", ob das Bergamt Düren bei der Genehmigung des zweiten Abschnittes (von
vieren) auf ein Verfahren verzichten durfte, das eine moderne
Umweltverträglichkeitsprüfung einschließe, so Storch. Entscheidend war für ihn
lediglich, dass das Bergamt und Rheinbraun sich nicht um eine solche Prüfung herum
gemogelt haben.
Möglicherweise bringt das die Umweltschützer aber einen Schritt
weiter, denn das eigentliche Ziel des gesamten Gerichtsgangs war: Der BUND will bei den
Abschnitten drei und vier des Tagebaus Hambach eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach
neuen Kriterien durchsetzen. Dirk Jansen sagte, die Klage sei der Versuch gewesen, einen
Hebel in das Genehmigungsverfahren zu setzen. Der Versuch darf als gescheitert angesehen
werden - jedenfalls zunächst.
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 11/11/1999
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Wird die A4 nun doch verlegt ?
Tagebau Hambach: BUND scheiterte mit Klage
Aachen (hl). Rheinbraun darf vorerst
weiter buddeln. Nach nur zweieinhalb Stunden Verhandlungsdauer schmetterte am Mittwoch die
3. Kammer des Aachener Verwaltungsgerichts eine Klage von Umweltschützern ab, die gegen
den Tagebau Hambach und gegen eine Verlegung der A4 kämpfen.
Mutmaßlicher Formfehler
Ein weiterer Versuch der Umweltschützer ist gescheitert,
die ökologischen Schäden in Hambach durch den Braunkohleabbau zu begrenzen. Ein Versuch,
der sich auf einem mutmaßlichen Formfehler des Bergbauamtes Düren stützte.
Nach Ansicht des "Bund für Umwelt und
Naturschutz" (BUND) hatte das Amt nämlich im Mai 1993 bei der Genehmigung des
Rahmenbetriebsplanes der Rheinbraun AG keinen vorgeschriebenen "Planfeststellungsplan
mit Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)" vorgelegt
Ungenügendes Mitspracherecht
Eine solche UVP sei aber seit
1990 gesetzlich vorgeschrieben. Nun klagte der BUND vor Gericht, dass er wegen fehlenden
Informationen sein Mitspracherecht damals nur mangelhaft ausüben konnte. "Der Kläger ist nur zum Schein an einem falschen Verfahren beteiligt
worden", meinte der Frankfurter Anwalt des "BUND" Dirk Teßmer.
Dem widersprach das Bergbauamt Düren
vehement. "Der Kläger hat von uns alles bekommen," so Rolf Petri, Leiter der
Behörde. Sein Amt argumentierte, ein Planfeststellungsverfahren mit UVP sei überhaupt
nicht notwendig gewesen.
Altes Recht gilt
Schließlich sei schon 1977 nach umfangreichen
ökologischen Gutachten der Gesamtplan Hambach bis zum Jahr 2040 vom Ministerpräsidenten
des Landes Nordrhein-Westfalen genehmigt worden. Das Genehmigungsverfahren von 1993 habe
nur einen Teilabschnitt des ganzen Projektes umfasst. Daher gelte für sie noch das alte
Bergbaurecht.
Für die Kläger war das nicht nachvollziehbar, wisse man
doch erst heute von möglichen Umweltschäden.
Keine Verletzung des Rechts
Für die Entscheidung des Gerichts war unerheblich, ob ein
UVP nun vorliegen muss oder nicht. Ihm ging es nur um eine mögliche Verletzung des
Mitspracherecht. Und die wurde verneint. Der Kläger habe 1993 Raum für eine
Stellungnahme gehabt. Auch mit einem UVP hätte das Bergbauamt Düren die gleiche
Entscheidung treffen können.
Der "BUND" will nun
prüfen, ob sie vor dem Oberverwaltungsgericht Berufung einlegen können.
Quelle: Aachener
Nachrichten 10.11.1999
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Weihnachten soll der Turm fertig sein
FDP-Kreisverband besichtigte den BoA-Kühler des Braunkohlenkraftwerks in Niederaußem
Bergheim-Niederaußem. Vor Weihnachten soll die Außenmauer des Kühlers für den
BoA-Block des Kraftwerks Niederaußem fertig sein, sagte Baustellenleiter Ulrich Bauch am
Dienstag seinen Gästen vom FDP-Kreisverband. Vorausgesetzt, es kommt keine Frostperiode
dazwischen. Fünf Minuten braucht der Aufzug mittlerweile, bis FDP-Kreisvorsitzender Horst
Engel und sein Gefolge mit den Betonhochbauern in 180 Metern Höhe auf das ringförmige
Klettergerüst steigen können. "Über uns liegen nur noch die Schlote der
Rauchgasentschwefelung", sagt Bauch.
Von Feuchtigkeit sind die Laufplanken glitschig. Gegen kalten Wind schützen sich viele
gleich mit mehreren Schichten Kleidung unter ihren Parkas. Die Wollmütze klemmt sich
manch einer zusätzlich unter den Helm. Bei Westwind ist es wie in einer Waschküche. Dann
treibt der Wind die Dampfwolken aus den Kühlern des Kraftwerks warm und feucht durch die
Bekleidung.
Sie sind mit ihrer Arbeit im Rückstand, erzählen die Arbeiter der Firma Heitkamp den
Politikern, weil derBeton Zeit brauche, um auszuhärten.
Noch bis März 2001 werden die Betonhochbauspezialisten an der Baustelle tätig sein. Wenn
der 200 Meter hohe Kühler erst einmal entschalt sein wird, werden im Inneren noch
Steigschächte für das Kühlwasser gebaut werden und auf dem Grund die Wasserschalen für
das Kühlwasser betoniert.
Auch an anderer Stelle gehe es voran, sagte RWE-Baustellenleiter Wilhelm Pitzen. Schon
werde die Trocknungsanlage für die Braunkohle gebaut, bald würden Werkstätten
eingerichtet, in denen das Innenleben der BoA-Anlage konstruiert werde.
Quelle: Kölnische Rundschau 10/11/99
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"SPD hat die Braunkohle
geopfert"
Heftige Debatte im rheinischen Revier: Bund plant Steuervorteile für Gaskraftwerke
Erftkreis. Mit einem erneut verschärften Kostendruck für die Braunkohle rechnet die
Rheinbraun AG, wenn die rot-grüne Koalition in Berlin ihre Steuerpläne am Freitag im
Bundestag so verabschiedet, wie es der Finanzausschuss Ende vergangener Woche beschlossen
hat. Um ein Viertel müssten die Gewinnungskosten für Braunkohle dann gesenkt werden,
heißt es in einer Pressemitteilung des Unternehmens.
Die Steuerpläne sehen vor, die Betreiber von Gas- und Dampfkraftwerken (GuD) von der
Mineralölsteuer (Gas gilt steuerrechtlich als Mineralöl) zu befreien, sofern sie einen
Wirkungsgrad von 57,5 Prozent erreichen. "Technisch ist das mit GuD, die neu gebaut
werden, ohne weiteres möglich", sagt Rheinbraun-Gesamtbetriebsratsvorsitzender Erwin
Winkel. "Ich befürchte, dass sich sogar das ein oder andere bestehende Kraftwerk
wirtschaftlich nachrüsten lässt."
Wie eine weitere Kosteneinsparung bei der Braunkohle aussehen soll, ist Winkel
schleierhaft, beim Personal jedenfalls sei man an der unteren Grenze angelangt. "Die
Belegschaft ist tief enttäuscht, dass über die Steuerpolitik einer sozialdemokratisch
geführten Regierung weitere Arbeitsplätze bei Rheinbraun gefährdet werden."
Die "Kohlefraktion" innerhalb der SPD habe diesen Kompromiss durchgesetzt,
schreibt der Bundestagsabgeordnete Klaus Lennartz. Ursprünglich habe schon ein
Wirkungsgrad von 55 Prozent zur Steuerbefreiung führen sollen. Je niedriger der Grad
desto höher der Nachteil für die Braunkohle. Lennartz kritisiert, "dass sich
insbesondere die CDU-Abgeordneten aus dem Revier ihrer Stimme enthielten".
Das tun die CDU-Landtagsabgeordneten Michael Breuer und Willi Zylajew nicht: "Einige
Tausend Arbeitsplätze im rheinischen Revier hat die SPD für den ,Panzerfrieden` mit den
Grünen geopfert", sagte Zylajew vor Betriebsräten. "Die Grünen sind gegen die
Braunkohle und gegen die Panzerlieferung an die Türkei." In einem Punkt habe man
sich durchsetzen wollen, die SPD habe die Braunkohle geopfert. Für Michael Breuer sind
die Auswirkungen von 0,7 Pfennig "Gasvorteil" je Kilowattstunde Strom
"dramatisch". Damit stünden die Bergleute im Revier nicht mehr in einer fairen
Konkurrenz.
Bei seinem Dienstantritt hatte der Rheinbraun-Vorstandsvorsitzende Berthold Bonekamp vor
Wettbewerbsverzerrungen gewarnt. Braunkohle, so Bonekamp im Oktober, sei
wettbewerbsfähig, dafür werde man hart arbeiten. Einseitige Veränderungen der
Bedingungen zu Gunsten anderer Energieträger seien jedoch nicht zu verkraften.
Quelle: Kölnische Rundschau 10/11/99
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"Politik gegen die Kohle"
Ökosteuer
ko/nk Erftkreis - "Wir kämpfen für Garzweiler. Aber wenn jetzt massiv versucht
wird, die Wettbewerbsbedingungen für die Braunkohle zu verschlechtern, müssen wir auf
die Konsequenzen hinweisen." Rheinbraun-Sprecher Reiner Hochscheid spricht von einer
Blockadepolitik und neuen Hürden und meint damit die vorgesehene zweite Stufe der
Steuerreform. Das Unternehmen werde alle Investitionen, also auch Garzweiler II, auf den
Prüfstand stellen.
Denn die Steuerpläne, die eine Reduzierung der Abgaben für moderne Gaskraftwerke mit
einem Wirkungsgrad von mindestens 57,5 Prozent vorsehen, führten zu einer Senkung der
Erzeugungskosten um 0,7 Pfennig je Kilowattstunde. Um wettbewerbsfähig zu bleiben,
müsste Rheinbraun die Gewinnungskosten für Braunkohle um ein Viertel senken.
Helmut de Jong, Betriebsratsvorsitzender des Tagebaus Garzweiler rechnet damit, dass
"morgen kein Bagger läuft und die Leute im Büro stehen". Seine Kollegen seien
beunruhigt und wollten einfach informiert werden, so de Jong. Der Betriebsrat zeigte sich
erzürnt über die Berliner Politik. "Die Grünen nutzen jede Gelegenheit, uns Feuer
zu machen", sagte de Jong. In Berlin werde Politik gegen die Kohle gemacht. Der SPD
empfahl er den Ausstieg aus der Koalition - in Düsseldorf und in Berlin. "Dann
bekommt die SPD auch wieder bessere Wahlergebnisse." Einen Streik der Bergleute
mochte de Jong nicht ausschließen, falls die Steuerreform den Bundestag passiert.
"Ich kann mir dann alles vorstellen." Der SPD-Bundestagsabgeordnete Klaus
Lennartz hatte im Finanzauschuss des Bundestags einen Erklärung abgegeben, in der er sich
gegen die Steuerpläne aussprach. An der Abstimmung nahm Lennartz nicht teil. Er rügt
hingegen das Abstimmungsverhalten der CDU, die sich in Berlin enthalten habe, im Revier
aber gegen die Steuerreform wettere. "Der CDU war der Wirkungsgrad sogar noch zu hoch
angesetzt, die haben gesagt, das sei investitionshemmend." Entscheidend sei jetzt
aber, wie der Wirkungsgrad der Gaskraftwerke gemessen werde. Dazu werde es einen Erlass
geben, der strenge Maßstäbe vorsehe, so dass nur wirklich moderne Gaskraftwerke
entlastet würden. Lennartz: "Es darf nicht sein, dass bestehende Kraftwerke
entlastet werden."
Die CDU-Landtagsabgeordneten Willi Zylajew und Michael Breuer werfen der SPD vor, sie
opfere tausende Arbeitsplätze im Revier. Die Steuerpläne führten zu einem
Wettbewerbsnachteil von sieben Mark pro Tonne Braunkohle. "Die Bergleute im Revier
können mit guter Leistung in der fairen Konkurrenz bestehen, mit neuen SPD-Mühlsteinen
am Hals gehen sie aber unter."
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 10/11/99
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Mit den Eichen weicht der Mittelspecht
Tagebau Hambach
Stark gefährdete Vogelart findet nur schwer neuen
Lebensraum
Erftkreis - Nicht für alle Tierarten, die vom Abbaggern der Bürgewälder im Zuge des
Tagebaus Hambach betroffen sind, kann in den rekultivierten Gebieten der Rheinbraun AG
geeigneter Lebensraum als Ersatz geschaffen werden. Dies macht eine Untersuchung des
Ornithologen Dr. Olaf Denz deutlich, die jetzt in den "LÖBF-Mitteilungen" der
Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten (LÖBF) veröffentlicht wurde.
Denz hat die Auswirkungen des Tagebaus auf den Bestand des Mittelspechtes (Picoides
medius) im Hambacher Forst untersucht, das einzige bedeutende Vorkommen dieser stark
gefährdeten Vogelart in der Rheinischen Bucht. Sein Resümee: Da der Mittelspecht auf
alte Eichen als Lebensraum angewiesen ist, kann er in den jungen Rekultivierungen nicht
siedeln. Auch ein Abwandern in umliegende ältere Waldgebiete, etwa den Lörsfelder Busch
oder den Kerpener Bruch, könne im größeren Umfang nur erfolgen, wenn dort mehr
Alteichen stehen gelassen würden. Forstwirtschaftliche Ziele sollten deshalb dem
Naturschutz untergeordnet werden.
Mit Hilfe von Klangattrappen, die die typischen "Quää-quää-quää"-Rufe des
Vogels zur Revierabgrenzung reproduzierten, hatte Denz die Tiere angelockt und damit ihren
Bestand erfassen können. Demnach lebten 1998 im Hambacher Forst 34 Brutpaare des
Mittelspechtes von insgesamt 550 bis 600 in ganz Nordrhein-Westfalen. 1995 - als der
Hambacher Forst noch rund 500 Hektar größer war - siedelten dort noch 52 Pärchen. In
den umliegenden Wäldern ist der Mittelspecht nur vereinzelt nachweisbar, wobei der
Bestand in den Kerpener Wäldern Parrig und Bruch im gleichen Zeitraum von acht auf 17
angestiegen ist.
Dies, so Denz, sei ein Indiz dafür, dass sich die Population des Mittelspechtes vom
Hambacher Forst nur teilweise in benachbarte Wälder, insbesondere den Parrig, verlagere.
Dort herrschten nicht so optimale Bedingungen für den Vogel. Denn der bevorzuge ein
dichtes Netz alter Eichen, da er in dessen dickborkiger Rinde Insekten als Nahrung finde.
Dass der tagebaubedingte Verlust an Lebensraum des Mittelspechtes
bislang offensichtlich auch von benachbarten Altwäldern "nicht kompensiert"
werden kann, hat auch Braunkohlegegner alarmiert. Diese sehen darin einen "weiteren
Beleg für die rechtswidrig erteilte Genehmigung des Tagebaus Hambach und des damit
verbundenen Umweltfrevels von Rheinbraun". Schließlich sei das Land aufgrund der
EG-Vogelschutz-Richtlinie verpflichtet, den Bestand stark gefährdeter Arten zu sichern,
so Peter Inden von der "Aktionsgemeinschaft gegen die Verlegung der Autobahn 4".
Mit diesen Vorwürfen
schieße Inden "mit Kanonen auf Mittelspechte", entgegnet Rheinbraun-Sprecher
Guido Steffen. Im Zuge der Genehmigung für den Tagebau Hambach habe es eine
umfangreiche ökologische Untersuchung gegeben, um die "unbestritten
schädlichen Auswirkungen mit den positiven abzuwägen". Steffen:
"Dramatisieren nützt dem Mittelspecht nichts, er wird wegen des Tagebaus nicht
aussterben."
So sieht es auch Ulf Dworschak, Biologe bei der Rheinbraun-Forstabteilung: "Der
Mittelspecht ist ein Spezialproblem." Anderen Spechtarten habe man helfen können, in
dem man in Rekultivierungsgebieten abgestorbene Baumstämme auslege. Dort könnten diese
dann ihre Nisthöhlen anlegen. Dem Mittelspecht nütze dies aufgrund seiner
Nahrungsvorlieben wenig. "Wir müssen einfach warten, bis der Wald in einigen
Jahrzehnten wieder alt genug ist." Solange könne die Vogelart aber in
Rückzugsgebieten, etwa der nördlichen Eifel, überleben. "Von dort wird es dann
eine Wiederbesiedlung geben."
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 06/11/1999
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Ausbau der
A 4
Rat fasste Resolution
uw Frechen. Der neue Stadtrat hat einstimmig eine Resolution an das
Bundesverkehrsministerium verabschiedett, mit der der Ausbau der Bundesautobahn A 4
zwischen Köln und Aachen auf sechs Spuren und damit verbundene Lärmschutzwände für die
Wohngebiete Buschbell und Neubuschbell gefordert wird.
Wie die CDU-Fraktion in Frechen erfahren haben will, hat der nordrheinwestfälische
Verkehrsminister Peer Steinbrück bereits in einem Brief an den Bundesverkehrsminister
Reinhard Klimmt kritisiert, dass der Ausbau der A 4 zwischen Autobahnkreuz Köln-West und
Autobahnkreuz Kerpen wegen Sparmaßnahmen der Bundesregierung nicht realisiert werden
soll. Noch Anfang dieses Jahres, berichtet die CDU-Fraktionsvorsitzende Susanne Holz,
hätte ein Planfeststellungsverfahren Hoffnungen genährt, dass der Bau nun bald beginne.
Die Stadt hatte daraufhin in ihrer Stellungnahme an die Bezirksregierung Köln auf
zeitnahe Umsetzung gedrängt. Gleichermaßen richteten sich die Hoffnungen auf die
geplanten beiden Autobahnanschlussstellen, die die Verkehrssituation in Königsdorf
entzerren sollen. Die CDU erwartet jetzt einen positiven Bescheid aus dem
Bundesverkehrsministerium.
Quelle: Kölnische Rundschau 05/11/1999
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"Aktien kein Tafelsilber mehr"
Landrat Werner Stump will seinen Haushalt zum Teil durch
Wertpapierverkäufe decken
Erftkreis. "Es ist nicht die originäre Aufgabe eines Kämmerers, ein Aktiendepot zu
verwalten", sagt Kreisdirektor Günter Hoffmann. Damit deutet er schon im Grundsatz
an, dass es aus seiner Sicht Sinn macht, sich mittelfristig von einem Erbe zu trennen, das
seinerzeit unter anderen Voraussetzungen in den Besitz des Erftkreises beziehungsweise
seiner Vorgänger gelangt ist. Da die besondere Stellung der Kreise und Kommunen im
RWE-Konzern nicht mehr gegeben sei, müsse man auch mittelfristig nicht mehr als Aktionär
auftreten.
Landrat Werner Stump will die kreiseigenen RWE-Aktien nach und nach verkaufen, um
Investitionen zu decken und Altschulden abzubauen. 1,1 Millionen Wertpapiere mit einem
derzeitigen Wert von rund 84 Millionen Mark hält der Erftkreis. Von Aktien im Wert von
rund 20 Millionen Mark will sich Stump, der heute im Kreistag seinen Haushalt 2000
vorstellt, im Laufe des nächsten Jahres trennen.
Der Verkauf ist politisch umstritten. "Auch wir haben uns hin und wieder von solchen
Werten getrennt, wenn Gegenwerte geschaffen worden sind", sagt
SPD-Fraktionsvorsitzender Edgar Moron und nennt als Beispiel das Gebäude der Berufsschule
Brühl, das noch mit 4,1 Millionen Mark in Stumps 20-Millionen-Paket enthalten ist.
"Verkauf muss spitz gerechnet werden"
"Ob es aber Sinn macht, Aktien, die im Wert laufend steigen und über die Dividende
Einnahmen sichern, zu verkaufen, um Kredite mit niedrigen Zinsen abzulösen, muss ganz
spitz gerechnet werden", so Moron. Es sehe ganz danach aus, als würde der Erftkreis
dabei Verluste einfahren.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Klaus Lennartz drückt es drastischer aus:
"Aktienverkauf zur Tilgung von zinsgünstigen Darlehen ist Verschleudern von
Vermögen unter Wert."
"Zinsen können auch wieder steigen. Außerdem ist Entschuldung meines Erachtens ein
Wert an sich", kontert CDU-Fraktionschef Willi Zylajew. Dennoch müsse da zweifellos
ganz genau gerechnet werden. "Verkauf um jeden Preis ist nicht angesagt. Die lohnende
Investition in Zukunft oder die geminderte Last für für nachfolgende Generationen
müssen klar erkennbar sein."
"Schritt für Schritt und ohne Hast" empfiehlt Ex-Landrat Wolfgang Bell den
Abschied vom Depot. "Die Aktien sind nicht mehr das Tafelsilber, das man hütet wie
seinen Augapfel. Die Zeiten haben sich geändert." Es sei ein Irrtum zu glauben, man
könne über das Wertpapierpaket noch irgendeinen Einfluss auf die RWE AG ausüben.
"Damit kann man nicht mal mehr jemandem ein Pöstchen verschaffen", verweist
Bell auf die Motivation, die seiner Meinung nach den ein oder anderen Kommunalpolitiker
noch umtreibt.
Mit finanziellen Abstrichen beim Verkauf müsse man leben, sagt Bell, so seien halt die
haushaltsrechtlichen Bedingungen. "Wichtig ist nicht die Höhe des Verkaufserlöses,
sondern der Nutzen, den man damit für die Bürger des Erftkreises erzielt."
"Die Vermeidung von Neuschulden und der Abbau von alten Krediten sind das oberste
Ziel", sagt FDP-Fraktionsvorsitzende Anne Schmitt-Sausen. Dies sei auch Gegenstand
der Koalitionsverhandlungen mit der CDU gewesen.
Belastunng durch Zins und Tilgung
Auch günstige Zinsen könnten nicht über die Dauerbelastung durch Tilgung und Zins
hinwegtäuschen, die in keinem Verhältnis zu den Einnahmen aus dem Aktienpaket stünden.
Investitionen seien sinnvoll, wenn Neues geschaffen werde. "Der Kauf der Berufsschule
Brühl war rot-grüner Unsinn. Es gab einen sehr günstigen Mietvertrag."
"Wir haben uns bisher nicht gesträubt, wenn es galt Aktien zu verkaufen. Aktuell
haben wir jedoch noch Beratungsbedarf", sagt die Fraktionsvorsitzende der Grünen,
Doris Lambertz. Natürlich gelte weiterhin das Prinzip: "Verkauf bei guten, wichtigen
Gründen, nicht um jeden Preis.
Bei Verkauf freut sich die WestLB
Kreis kann nicht frei an der Börse handeln
RWE-Aktien gelangten bereits zu Kaisers Zeiten in den Besitz von Kommunen. 1905 erwarben
sie erstmals Anteile, 1910 hatten sie die Mehrheit im Aufsichtsrat, ab 1920 hielten sie
die Aktienmehrheit. 1923 sank zwar der Anteil am Kapital unter 50 Prozent, durch das
Mehrfachstimmrecht der Gebietskörperschaften behielten die Kommunen aber das Sagen. Das
Interesse beruhte auf Gegenseitigkeit: Die RWE AG als Regionalversorger wollte die
Kommunen mit ihren Stadtwerken als Konkurrenten ausschalten. Die Kommunen ihrerseits
ließen sich ihre Betriebe vergolden und wahrten gleichzeitig ihren Einfluss auf die
Energieversorgung.
Das Mehrfachstimmrecht, das den Kommunen pro Namensaktie 20 Stimmen einräumte, wurde im
Februar 1998 in einer außerordentlichen Aktionärsversammlung abgeschafft. Die Aktien der
Kommunen wurden - gegen Entschädigung - in Stammaktien mit einer Stimme umgewandelt. 17
Millionen kassierte der Erftkreis.
Beim Verkauf von Wertpapieren kann der Kreis nicht einfach an der Börse anbieten. Als
Mitglied des Verbandes Kommunaler Aktionäre (VKA), in dem neben den
Gebietskörperschaften unter anderem auch die Sparkassen und die WestLB organisiert sind,
muss der Kreis die Verkaufsabsichten dem VKA mitteilen. Als Kurs wird der mittlere Wert
der vergangenen vier Wochen minus zehn Prozent festgelegt. Nur wenn kein VKA-Mitglied
zugreift, kann der Kreis frei verkaufen. Das ist allerdings nur Theorie: Die WestLB wird
sich ein solches Geschäft nicht entgehen lassen.
Die Dividende brachte dem Kreis im Jahr 1998 nach entrichteter Körperschaftssteuer
Einnahmen in Höhe von rund zwei Millionen Mark. Rund 30 Prozent davon waren an
Kapitalertragssteuer und Solidaritätsbeitrag zu entrichten. In diesem Jahr ist mit einer
Dividende von 2,15 Millionen, also Nettoeinahmen von 1,5 Millionen Mark zu rechnen.
Die Wertentwicklung der RWE-Aktie ist seit Jahrzehnten positiv. Seit Einführung der Aktie
im Nennwert von fünf Mark im Jahr 1995, ist der Kurswert von rund 24 Euro 1995 auf rund
39,24 Euro (Kurs 2. November) gestiegen. Der Höchstkurs lag 1998 bei 56,50 Euro.
Den Zeitpunkt des jeweiligen Verkaufs bestimmt die Kreisverwaltung übrigens laut
Kreisdirektor Günter Hoffmann wie der Kleinaktionär in der Nachbarschaft: "Die Zeit
ist da, wenn wir das Geld brauchen, also wenn Rechnungen oder Kredite fällig
werden."
Haushaltsrechtlich gelten die RWE-Aktien als Vermögen - wie Immobilien. Sie gelten nicht
als Rücklage und dürfen nicht zur Deckung des Verwaltungshaushaltes verwendet werden.
Quelle: Kölnische Rundschau 04/11/1999
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Stump will RWE-Aktien für 20
Millionen verkaufen
Kreisetat 2000
Landrat: Entlastung der Kommunen, weniger Schulden
Erftkreis - Landrat Werner Stump (CDU) will im nächsten Jahr die Kommunen im Erftkreis
durch den Kreishaushalt soweit wie möglich entlasten. Den Entwurf des Etats, den er am 4.
November in den Kreistag einbringen will, präsentierte er gestern: Danach soll die
Kreisumlage um 0,23 Punkte auf 39 Prozent gesenkt werden. Daneben ist keinerlei
Neuverschuldung geplant. Für rund 20 Millionen Mark sollen zudem RWE-Aktien des Kreises
verkauft werden, um Geld für Investitionen und zur Verringerung von Altschulden zu haben.
Zwar sei der Haushaltsentwurf für das Jahr 2000 zu 90 Prozent von der Verwaltung
"vorgestrickt" gewesen, da er erst kurz im Amt sei, räumte Stump ein. Dennoch
habe er Akzente gesetzt und das verwirklicht, was er jahrelang "in anderer
Position" gefordert habe. Insbesondere habe er Wert auf
"Gemeindefreundlichkeit" gelegt. Zudem wolle er den "schuldenfreien
Erftkreis". Durch den Verkauf der Aktien könnten etwa 4,8 Millionen Mark Altschulden
abgebaut werden.
Ein Volumen von insgesamt 528,5 Millionen Mark soll der Haushalt haben. 482,5 Millionen
entfallen dabei auf dem Verwaltungshaushalt, aus dem die laufenden Kosten - etwa für
Personal - bezahlt werden. 46 Millionen Mark beträgt das Volumen des
Vermögenshaushaltes, aus dem neue Investitionen finanziert werden.
Finanzrisiko REVG
Als positive Entwicklung, die sich auch im nächsten Haushalt bemerkbar mache, lobte Stump
die Entwicklung der Sozialhilfekosten. "Zum ersten Mal seit Jahren sind diese
rückläufig."
Grund dafür seien die sinkenden Fallzahlen, die auch auf das Projekt "Arbeit statt
Sozialhilfe" des Kreises und der Kommunen zurückzuführen seien. So bekamen Anfang
1998 noch 21.979 Menschen im Kreis Sozialhilfe, Ende September 1999 waren es nur noch
19.535. Dieser Trend müsse fortgeführt werden.
Größtes Risiko für die Finanzsituation des Kreises sei die
Rhein-Erft-Verkehrsgesellschaft (REVG). Gerade erst habe diese wieder vier Milionen Mark
an Zuschuss beantragt. Die will der Kreis zur Sicherstellung der notwendigen Liquidität
noch dieses Jahr selber zahlen, obwohl man sie auch zu 70 Prozent auf die Kommunen hätte
umlegen können, so Stump. Der voraussichtliche Zuschussbedarf der REVG steige damit für
1999 auf 16,5 Millionen Mark. Als Landrat wolle er diese Entwicklung stoppen. Dabei werde
berücksichtigt werden müssen, was die Ende September umgesetzte Fahrplanänderung
gebracht habe, bei der viele Fahrten gestrichen wurden.
Stump geht davon aus, dass der "Millennium-Haushalt 2000" am 16. Dezember
("Mein Geburtstag") vom Kreistag verabschiedet wird. Eine erste Stellungnahme
zum Entwurf gibt es dabei schon von der SPD-Fraktion: Dieser trage deutlich "die
Handschrift der Haushaltspolitik der vergangenen Jahre", so Fraktionschef Edgar
Moron. Man sehen in dem Entwurf eine "Bestätigung" eigener Politik. Allerdings
müsse über den Verkauf der RWE-Aktien noch nachgedacht werden.
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 26/10/99
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"Die Marktlage zwingt
weiter zum Sparen"
Rheinbraun unter neuer Führung
Berthold Bonekamp ist am Montag zum neuen Vorstandsvorsitzenden der Rheinbraun AG berufen
worden.
Frage: Herr Bonekamp, Sie sind zum Nachfolger von Dieter Henning ernannt worden. Was haben
Sie von Ihrem Vorgänger gelernt, was werden Sie anders machen?
Bonekamp: Ich habe Herrn Henning als Unternehmer schätzen gelernt, der bei aller
Weltläufigkeit nie die Bodenhaftung verloren hat. Er war den Regionen, in denen er
arbeitete, und den dort lebenden Menschen in besonderer Weise verbunden. Was ich anders
machen will: Ich trete mein neues Amt nicht mit dem Anspruch an, das Rad neu erfinden zu
müssen, aber jede Zeit hat ihre eigenen Herausforderungen. Die Hauptaufgabe liegt darin,
in dieser schwierigen Marktsituation die Wettbewerbsfähigkeit und damit die
wirtschaftliche Position von Rheinbraun nachhaltig zu sichern.
Frage: Sie sind der erste Rheinbraun-Chef, der nicht auch Vorstandsmitglied der RWE AG
ist. Schmälert das Ihren Einfluss?
Bonekamp: Rheinbraun steht im RWE-Konzern nach wie vor an zentraler Stelle. Unsere
nationalen und internationalen Aktivitäten im Braunkohlenbergbau, im Steinkohlenbergbau
und im weltweiten Handel mit festen Brennstoffen werden durch die neue Konzernvision als
Kerngeschäft bestätigt. Wir begrüßen es natürlich, dass der Konzern alle Kraft darauf
konzentrieren will, in diesen Geschäftsfeldern zu wachsen. Im Übrigen hängt der
Stellenwert von Rheinbraun nicht von organisatorischen Strukturen ab, sondern von der
Wettbewerbsfähigkeit der Produkte und Dienstleistungen.
Frage: Die RWE-Vorstände Dietmar Kuhnt und Manfred Remmel haben bei der
Jahrespressekonferenz klar definiert, wo das Ziel liegt: Gewinn um jeden Preis in jedem
Bereich des Unternehmens. Wie erreicht Rheinbraun das Klassenziel?
Bonekamp: Von einem Gewinn um jeden Preis hat nie jemand gesprochen, aber natürlich
erwartet der Konzern von jedem Unternehmensbereich angemessene Ergebnisbeiträge. Sie
sichern die Zukunft des Unternehmens. Rheinbraun hat bisher immer wesentliche Beiträge
zum Konzernergebnis geleistet, dies gilt insbesondere ja auch für das abgelaufene
Geschäftsjahr. Wir arbeiten daran, dass Rheinbraun weiterhin vernünftige Ergebnisse
erzielt.
Frage: Wettbwerbsfähigkeit ist ein viel zitiertes Stichwort. Aber sie wird für die
Braunkohle nie klar definiert. Wo liegt der Fixpunkt?
Bonekamp: Durch Liberalisierung und Globalisierung vollzieht sich auf den Energiemärkten
ein dramatischer Wandel. Derzeit gibt es einen knallharten Verdrängungswettbewerb, in dem
mit Preisen, die mit Kosten wenig zu tun haben, um Marktanteile gekämpft wird; dieses
Ausscheidungsrennen wird wohl noch eine Weile so weitergehen. Rheinbraun wird diese Phase
überstehen, denn wir haben eine gute Ausgangsbasis und einen langen Atem. Das Klassenziel
erreicht derjenige, der Markt-, Preis- und Technikführerschaft gewinnt.
Frage: RWE will sich aufs Kerngeschäft konzentrieren. "Multi Energy/Multi
Utility" heißt die Zauberformel. Die Bergleute übersetzen das mit
"Lohnverzicht" und "Stellenabbau". Haben Sie eine bessere
Übersetzung?
Bonekamp: Immer wieder wird versucht, Gewinne gegen Arbeitsplätze auszuspielen. Dahinter
steckt ein falscher Denkansatz, denn nur ein wirtschaftlich erfolgreiches Unternehmen kann
langfristig sichere Arbeitsplätze bieten. Die Konzentration des RWE-Konzerns auf Multi
Energy/Multi Utility sichert wirtschaftlichen Erfolg, denn damit stellt sich der Konzern
schnell und entschlossen auf eine schwierige Marktsituation ein. Natürlich muss weiter
gespart werden, und das bedeutet auch - aber nicht nur - Abbau von Arbeitsplätzen. Dieser
Prozess läuft nun schon einige Jahre, und wir haben in enger Abstimmung mit den
Belegschaftsvertretern sicherstellen können, dass die berechtigten Interessen der
Mitarbeiter dabei nicht auf der Strecke geblieben sind. Das wird so bleiben.
Frage: Wie viele Mitarbeiter wird Rheinbraun in fünf Jahren noch beschäftigen?
Bonekamp: Der Kostendruck und damit die Notwendigkeit zu sparen wird weiter anhalten. Im
Klartext: Die weitere Personalentwicklung hängt von der Marktlage ab.
Frage: Welche Sorgen haben Sie beim Blick in die Zukunft des Unternehmens?
Bonekamp: Sorgen macht mir, dass in Teilen der Politik immer noch Pläne verfolgt werden,
die Braunkohle durch Verschlechterung der Rahmenbedingungen - etwa indem für
Gaskraftwerke zusätzliche steuerliche Anreize geschaffen werden - zurückzudrängen. Um es klar zu sagen: Unter den heutigen, besonders angespannten
Wettbewerbsbedingungen kann jede zusätzliche Belastung für die Braunkohle das Fass zum
überlaufen bringen.
Frage: Was stimmt optimistisch?
Bonekamp: Wir haben eine gute und motivierte Mannschaft, haben früh mit der
Rationalisierung begonnen, und wir verfügen über eine solide Finanzausstattung. Bei
unseren nationalen Aktivitäten haben wir die Weichen auf Konsolidierung gestellt. Im
Ausland stehen die Zeichen auf Wachstum. Rheinbraun ist eines der führenden
Bergbauunternehmen weltweit und wird diese Position ausbauen.
Quelle: Kölnische Rundschau 22/10/99
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"Keinerlei Anlass für
Komplexe"
Interview
Herr Bonekamp, was, glauben Sie, hat den Aufsichtsrat bewogen, Sie zum
Vorstandsvorsitzenden zu machen? Wie schätzen Sie sich selbst ein, was sind Ihre
Stärken?
Bonekamp: Ich bin seit 20 Jahren bei Rheinbraun, ich habe an verschiedenen Stellen im
Unternehmen und bei Tochtergesellschaften gearbeitet. Ich kenne also Rheinbraun ganz gut.
Zudem habe ich Ausbildungen als Kaufmann und Techniker - in den beiden Feldern, die bei
Rheinbraun besonders wichtig sind. Schließlich habe ich bisher als Vorstand das
internationale Engagement von Rheinbraun verantwortet, einen Bereich, der künftig an
Bedeutung noch zunehmen wird. Das zusammen mag eine Rolle gespielt haben bei meiner
Bestellung. Vielleicht kommt hinzu - und damit bin ich bei dem, was ich für meine
Stärken halte -, dass ich glaube, ein ganz guter Teamarbeiter zu sein. Es kommt immer
mehr darauf an, die komplizierter werdenden Aufgaben als gemeinsame zu begreifen und zu
lösen.
Und Ihre Schwächen?
Bonekamp: In so einem Unternehmen wie Rheinbraun trifft man, wie in anderen großen
Systemen auch, immer wieder auf Beharrungskräfte, die das Leben schwer machen, wenn man
schnell und flexibel auf Marktsituationen reagieren muss. Die Geduld damit ist sicher
nicht meine stärkste Tugend.
Sie übernehmen den Vorstandsvorsitz in einer schwierigen Situation. Rheinbraun ist nicht
mehr im Holding-Vorstand von RWE vertreten. Wird die Braunkohle nun im Konzern
untergebuttert?
Bonekamp: Ich stimme Ihrer Feststellung zu, dass ich mein neues Amt in einer schwierigen
Situation antrete. Allerdings teile ich die Einschätzung nicht, dass unser Unternehmen
Gefahr läuft, im RWE-Konzern untergebuttert zu werden. Unsere nationalen und
internationalen Aktivitäten werden - wie bereits gesagt - durch die neue Konzernvision
als Kerngeschäfte definiert, auf deren Entwicklung alle Kraft konzentriert werden soll.
Das begrüßen wir natürlich. Im übrigen wird der künftige Stellenwert der Braunkohle
nicht von organisatorischen Strukturen abhängen, sondern von der Wettbewerbsfähigkeit
unserer Produkte und Dienstleistungen. Darauf konzentrieren wir uns.
RWE schielt nach Partnern im Ausland. Um sich auf dem Strommarkt durchsetzen zu können,
wird offenbar an einem großen Stromkonzern gearbeitet. Im Gespräch sind britische
Stromerzeuger, VEW und die Zusammenarbeit mit EdF. Was wollen Sie tun, damit Rheinbraun
nicht zu einem kleinen Rädchen in einem riesigen Energiekonzern wird?
Bonekamp: Rheinbraun gehört mit den Aktivitäten in der Braunkohle, in der Steinkohle und
im Kohlehandel auch künftig zum Kernbereich des auf Multi Utility/ Multi Energy (Energie
und energienahe Dienstleistung) orientierten RWE-Konzerns. Schon heute ist Rheinbraun mit
der Beteiligung Consol eines der größten Bergbauunternehmen weltweit. Wir werden diese
Aktivitäten gezielt weiter ausbauen und mit dem Konzern wachsen. Wir haben keinerlei
Anlass für Minderwertigkeitskomplexe.
Sie sind im Rheinbraun-Vorstand für das Auslandsgeschäft zuständig. Deutet Ihre
Berufung zum Vorstandsvorsitzenden darauf hin, dass diese Sparte immer wichtiger wird und
die rheinische Braunkohle nur noch eine nachgeordnete Rolle spielt?
Bonekamp: Die rheinische Braunkohle ist und bleibt eine tragende Säule unseres
Geschäfts. Auch wenn wir hier keine Wachstumsperspektiven sehen, kann diese Industrie
noch für lange Zeit einen wichtigen Beitrag zu einer sicheren und preiswerten
Energieversorgung leisten. Für das Revier bedeutet das Wirtschaftskraft und
Arbeitsplätze.
Die Braunkohle hat es schwer, sich gegen die Konkurrenz-Energien zu
behaupten. Grube Carl wurde geschlossen, die Kohlevergasung in Berrenrath eingestellt, die
Tage der Brikettfabrik Ville/Berrenrath sind gezählt, der erste Kessel beim Go-Werk
abgeschaltet. Da fällt es schwer, an die Zukunft der Braunkohle zu glauben.
Bonekamp: Es ist völlig natürlich, dass wir auf Marktsituationen reagieren müssen. Die
Wirtschaft ist ein dynamischer Prozess, und solche betrieblichen Anpassungen sind
Normalität. Wenn Sie von Stilllegung sprechen, müssen Sie natürlich auch nach
Niederaußem schauen, wo derzeit das größte und modernste Braunkohlenkraftwerk der Welt
hochgezogen wird. Das ist eine gewaltige Investition in die Zukunft der Braunkohle.
Wird - so wie die Marktchancen für Braunkohle zur Zeit aussehen - Garzweiler II
eigentlich noch aufgeschlossen?
Bonekamp: Natürlich sind wir nicht unbeeindruckt von der Entwicklung auf den
Energiemärkten, aber man darf Energiepolitik nicht kurzfristig sehen, sondern muss
langfristige Marktentwicklungen im Auge haben. Wir wollen Garzweiler II realisieren, wir
haben dafür alle nötigen Schritte getan und sind deshalb im Zeitplan. Wir nehmen aber
zur Kenntnis, dass immer noch in Teilen der Politik daran gearbeitet wird, Garzweiler II
auf dem Umweg über die Veränderungen von Rahmenbedingungen zu Lasten der Braunkohle zu
erledigen. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass verantwortliche Politik dies
zulässt.
Rheinbraun (und RWE) baut immer weiter Arbeitsplätze ab. Wie viele wollen Sie noch
streichen?
Bonekamp: Die weitere Personalentwicklung hängt von der Marktentwicklung ab. Ich will
darüber nicht spekulieren, aber klar ist: Der Kostendruck wird weiter anhalten, und das
zwingt Rheinbraun auch weiter zu sparen, nicht nur, aber auch durch weiteren
Personalabbau. Dieser Prozess läuft schon einige Jahre, und ich denke, Rheinbraun hat bei
notwendigen Rationalisierungsmaßnahmen die Interessen der Mitarbeiter nie aus den Augen
verloren. Das wird sich nicht ändern.
Wie passt die Reduzierung der Arbeitsplätze mit dem hohen Gewinn zusammen, den Rheinbraun
und der Konzern - trotz sinkender Einnahmen beim Stromverkauf - immer noch machen?
Bonekamp: Zum einen: Es wird zwar immer wieder versucht, Gewinne gegen Arbeitsplätze
auszuspielen. Der dahinter stehende Denksatz führt aber völlig in die Irre, denn nur ein
wirtschaftlich erfolgreiches Unternehmen kann langfristig sichere Arbeitsplätze bieten.
Insofern freuen wir uns auch über das gute Ergebnis des abgelaufenen Geschäftsjahres.
Wenn Sie nicht mit Kohle beschäftigt sind, was sind Ihre Hobbys?
Bonekamp: Ich bewege mich gern in der freien Natur, am liebsten mit der Familie und
besonders gern in Gegenden, wo man gut essen und trinken kann.
Sie sind geborener Münsterländer, leben aber seit Jahren im Rheinland. Wo gefällt es
Ihnen besser? Oder: Trinken Sie lieber Kölsch oder Pils?
Bonekamp: Nach 20 Jahren im Rheinland stellt sich eine solche Frage selbst für einen
Westfalen nicht mehr. Dafür habe ich ein anderes Problem. Ich wohne in Grevenbroich.
Quasi durch meinen Vorgarten läuft die Grenze zwischen Kölsch- und Alt-Region. Damit
stehe ich in einem Konflikt, der das Spannungsfeld zwischen Rheinländern und Westfalen
weit in den Schatten stellt.
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 22/10/99
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Auf die Braunkohle kann man sich
verlassen
Rheinbraun hat Geschäftsbericht vorgelegt
Köln (an-o). Die Rheinbraun AG hat
im Geschäftsjahr 1998/99 (30. Juni) ihre Braunkohleförderung im Rheinland mit rund 96
Millionen Tonnen auf Vorjahresniveau gehalten. Dies geht aus dem Geschäftsbericht 98/99
hervor, den das Unternehmen am Dienstag vorgelegt hat.
Rheinbraun erwarte, dass die heimische Braunkohle auch
"unter verschärften Wettbewerbsbedingungen auf dem Strommarkt bestehen und weiterhin
eine stabile und verlässliche Säule der deutschen Stromversorgung" bleiben werde.
Konkurrenz verschärft
Die Liberalisierung des Strommarkts und das
"historisch niedrige" Preisniveau für Importenergien hätten die
Konkurrenzsituation der Braunkohle jedoch erheblich verschärft.
Von der rheinischen Braunkohleförderung 1998/99 in Höhe
von 96,6 Millionen Tonnen seien 85,2 Millionen Tonnen (plus 1,5 Prozent) an die RWE
Energie AG zur Stromversorgung geliefert worden.
Geringerer Umsatz
Die Umsatzerlöse von Rheinbraun haben sich nach Angaben
des Unternehmens um 5,5 Prozent auf 1496 Millionen Euro (2 926 Millionen DM) verringert.
Hauptursache dafür sei eine erneute Senkung des Kraftwerkskohlenpreises, mit der
Rheinbraun die Kostensenkungserfolge an den Kunden RWE Energie weitergegeben habe.
Der Personalbestand der
Aktiengesellschaft habe sich im Vergleich zum Vorjahr um 2,7 Prozent auf 11.318
Mitarbeiter verringert.
Ergebis verbessert
Trotz der Umsatzeinbußen habe sich das Ergebnis der
gewöhnlichen Geschäftstätigkeit der Gesellschaft im Vergleich zum Vorjahr um 118
Millionen Euro auf 308 Millionen Euro (602 Millionen DM) verbessert.
Dies sei auf die Veräußerungen der Uranerzaktivitäten
sowie auf ein deutlich verbessertes Beteiligungsergebnis zurückzuführen.
Mehr an RWE abgegeben
Den Angaben zufolge wurden nach Abzug der Steuern an die
Muttergesellschaft RWE AG 220 Millionen Euro (430 Millionen DM) abgeführt. Das seien 127
Millionen Euro mehr als im vorigen Geschäftsjahr.
Die Lausitzer Braunkohle AG (Laubag), bei der Rheinbraun
die unternehmerische Führung hat, förderte laut Geschäftsbericht 1998/99 rund 44,6
Millionen Tonnen Kohle. Das entspreche einem Rückgang um 6,9 Prozent gegenüber dem
Vorjahr.
Quelle: Aachener Nachrichten 19.10.1999
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Geschäft im Ausland gemacht
Jahresbilanz Rekordgewinn - Aber Einbußen bei
Braunkohle-Erlösen
Erftkreis - Die Zeiten sind schwieriger geworden. Die
Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Braunkohle sei aber gesichert, heißt es im
Geschäftsbericht von Rheinbraun. Die Umsatzerlöse aus dem Braunkohlengeschäft sind
allerdings gesunken - um 5,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dennoch hat der Gewinn mit
602 Millionen Mark einen neuen Rekord erreicht. Hohe Erträge brachten die Beteiligung am
amerikanischen Steinkohle-Unternehmen Consol und der Verkauf der Uran-Erzgruben in
Übersee. 430 Millionen Mark wurden an die Mutter RWE überwiesen.
Rheinbraun förderte wie im vorigen Jahr 96,6 Millionen
Tonnen Kohle im Rheinischen Revier, verkaufte sogar 1,5 Prozent mehr Kohle an RWE Energie
(85,2 Millionen Tonnen), konnte aber nicht die Erlöse des Vorjahres erreichen. Der Grund:
Rheinbraun hat im laufenden Jahr den Kohle-Preis um etwa vier Prozent gesenkt. Um acht
Prozent ist der Absatz von Veredelungsprodukten wie Staub und Brikett gesunken. 11 334
Tonnen Braunkohle wurden verarbeitet. Im Vorjahr waren es 12 607 Tonnen gewesen.
Die Lausitzer Braunkohle AG, bei der Rheinbraun die
unternehmerische Führung hat, hat mit 44,6 Millionen Tonnen knapp sieben Prozent weniger
gefördert als im vorigen Jahr. Hauptgrund dafür sei die geringere Abnahme durch den
wichtigsten Kunden, die VEAG. Die Kraftwerke des Unternehmens hätten durch höhere
Nutzungsgrade weniger Kohle verbrannt.
Rheinbraun setzt weiterhin auf die Braunkohle, im Revier
und in den Ländern Mittel- und Osteuropas. Im Revier sei mit der Genehmigung des Tagebaus
Garzweiler II die Voraussetzung für eine langfristig gleichbleibende Fördermenge
geschaffen worden. Für das Auslandsengagement bildet die Beteiligung an der ungarischen
Braunkohlen- und Kraftwerksgesellschaft Matra den Ausgangspunkt. Rheinbraun beschäftigt
11.318 Mitarbeiter, 312 weniger als 97/98. Dagegen hat das Unternehmen die Zahl der
Ausbildungsplätze auf 210 erhöht.
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 19/10/'99
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"Er ist ein offener Typ"
Betriebsräte bekamen ihren Wunschkandidaten
Für die Arbeitnehmer ist Bonekamp eine sehr gute
Wahl", sagte der Vorsitzende des Rheinbraun-Gesamtbetriebsrates, Erwin Winkel,
gestern, nachdem feststand, dass Berthold Bohnekamp neuer Vorstandsvorsitzender der
Rheinbraun AG ist. Die Arbeitnehmer könnten zu ihm das Vertrauen aufbauen, das bislang
zum Rheinbraun-Chef Dr. Dieter Henning bestanden habe. "Auch Bonekamp weiß, wie in
der Belegschaft gedacht wird." Dass der Mann, der nun an der Spitze des
Braunkohlenunternehmens steht, sein Wunschkandidat war, daraus macht Winkel keinen Hehl.
Er sei bereits mit dem neuen Chef im Gespräch. Intensiv wird Winkel in der übernächsten
Woche mit Bone¦kamp die anstehenden Probleme beraten.
Da ist zunächst der Umbau des Konzerns, der dem
Betriebsrat Kopfzerbrechen bereitet. In Bone¦kamp aber sieht er einen Garanten dafür,
dass die Mitbestimmung nach wie vor praktiziert und ausgebaut wird. Grundsätzlich werde
es aber mit dem neuen Spitzenmann "keine neue Politik geben". Das bedeute, dass
der Umbau des Konzerns und der extrem starke Wettbewerb weiterhin Arbeitsplätze kosten
werden. Ein weiterer Abbau von Arbeitsplätzen sei aber nur da möglich, wo Betriebsteile
wie die Brikettfabrik Ville/Berrenrath oder der ausgekohlte Tagebau Fortuna/Bergheim
tatsächlich stillgelegt würden. Nur in solchen Fällen könnte Personal
sozialverträglich abgebaut werden. Ansonsten sei das Unternehmen "am Limit".
Winkel: "Wir haben den Endstand erreicht."
Der neue Vorsitzende ist kein Bergmann,
sondern Ingenieur und Kaufmann. Damit wird eine alte
Tradition aufgegeben. Ein Problem für die Kumpel? Helmut de Jong,
Betriebsratsvorsitzender im Tagebau Garzweiler, glaubt das nicht. Man dürfe "den
Bergmann" nicht überbewerten, sagte de Jong unmittelbar nach Bekanntwerden der
Entscheidung. Der neue Chef müsse vor allem strategisch denken und danach seine
Entscheidungen treffen.
De Jong: "Bone¦kamp kennt das Unternehmen."
Wichtig sei, dass die Führung von Rheinbraun die Interessen der Braunkohle in der
Konzernspitze vertrete. Auch Helmut de Jong hofft, dass der neue Chef die Mitarbeiter
"als das höchste Gut" hegt, die Mitbestimmung achtet und mit den Betriebsräten
zusammenarbeitet. Große Probleme sieht er da aber nicht. "Bonekamp ist ein offener
Typ."
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 19/10/'99
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Der neue Chef heißt Bonekamp
Nachfolge Henning
Vorstand hat nur noch vier Sitze
Erftkreis - Berthold Bonekamp wird neuer Vorsitzender der
Rheinbraun AG. Das hat der Aufsichtsrat gestern nachmittag auf einer außerordentlichen
Sitzung in Essen einstimmig beschlossen. Der 49-Jährige ist Nachfolger von Dr. Dieter
Henning, der aus gesundheitlichen Gründen Ende September auf eigenen Wunsch aus dem
Unternehmen ausgeschieden ist.
Bonekamp ist seit Anfang 1998 Mitglied des
Rheinbraun-Vorstandes. Das Führungsgremium wird künftig nur noch vier Sitze haben. Die
Verkleinerung des Vorstand passe in die Zeit, hieß es zur Begründung bei Rheinbraun. Der
Vorstand der RWE AG war bereits von elf auf fünf Sitze verkleinert worden.
Berthold Bonekamp gilt im Unternehmen als dynamischer und
unkonventioneller Mann. Und obwohl er das erste Rationalisierungsprogramm bei Rheinbraun
mit auf die Schiene gesetzt hat - in knapp sechs Jahren wurden rund 4000 Arbeitsplätze
abgebaut -, genießt er offenbar auch das Vertrauen der Betriebsräte (siehe
nebenstehenden Kasten).
Man sagt Bonekamp nach, dass er mit seiner Meinung nicht
hinter dem Berg hält, auch wenn diese unbequem ist, stets aber in Gesprächen nach
Kompromissen sucht. Als "fair und offen" wird er beschrieben, als jemand, der
sich an Vereinbarungen hält. Erstmals steht kein Bergmann an der Spitze des Unternehmens,
doch Bonekamp hatte als Leiter der kaufmännischen Gruppenverwaltung Tagebau Kontakt zum
operativen Geschäft.
Technische Zusammenhänge dürften ihm nicht ganz fremd
sein. In Coesfeld wurde er zum Maschinenschlosser ausgebildet, studierte dann Maschinenbau
in Münster, nach dem Abschluss als graduierter Ingenieur dann dort Betriebswirtschaft.
Seit 1981 ist Bonekamp bei Rheinbraun, durchlief verschiedene Abteilungen, erhielt 1994
Prokura, wurde ein Jahr später Geschäftsführer der Rheinbraun Handel und
Dienstleistungen GmbH.
Am 1. Januar 1998 wurde Bonekamp in den Rheinbraun-Vorstand
berufen. Dort ist er - auch weiterhin - für das Auslandsgeschäft zuständig, eine
wichtige Sparte mit Wachstumspotenzial. Unter seiner Regie übernahm Rheinbraun die
Mehrheit am US-Steinkohleförderer Consol, wurde Consol an der New Yorker Börse plaziert.
Bonekamp ist verheiratet, hat zwei Kinder und wohnt in Grevenbroich.
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 19/10/'99
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Wasser für Kraftwerke der Region
Rheinbraun lässt eine neue Rohrleitung bauen, die vom
Tagebau Hambach zum Erftkanal führt
Bergheim-Thorr. Auf dem Feld zwischen Kreisstraße 22 und
Wiebach sind umfangreiche Bauarbeiten im Gang. Fast in der Breite einer Straßentrasse
haben die Baufahrzeuge den Mutterboden abgetragen und das Erdreich freigelegt. Die
Baufachleute arbeiten im Auftrag des Unternehmens Rheinbraun, das hier die neue
Wassertransporttrasse Wiebach II errichten lässt.
"Die neue Leitung kommt vom Tagebau Hambach und führt
an Berrendorf über Widdendorf vorbei zur K 22", erläuterte Manfred Wüllner von der
Abteilung Tiefbau der Bergheimer Stadtverwaltung gestern. Wiebach II werde eines Tages
parallel zur schon vorhandenen Wasserleitung Wiebach I laufen.
Was die neue Transportleitung von der alten unterscheidet,
erläuterte Roland Dittrich von Rheinbraun: "Die alte Leitung ist ein
Freispiegelkanal, in dem das Wasser einfach durchfließt, wie er auch bei der städtischen
Kanalisation üblich ist. Wiebach II wird eine Druckrohrleitung, die
auch zur Kraftwerkversorgung geeignet ist." Dazu seien Rohre mit einem
Innendurchmesser von zwei Metern notwendig. Die neue Leitung werde am Erftkanal bei
Bergheim-Kenten enden. Dort mündet zur Zeit auch die alte Wasserleitung Wiebach I in den
Kanal. Die neue Transportleitung wird das auch können. Sie soll aber ebenfalls an die
neben dem Kanal verlaufende Druckrohrleitung für die Versorgung der Kraftwerke in der
Region angeschlossen werden. Wohin das Wasser fließt - ob in den Kanal oder ins
Kraftwerksnetz - soll dann eines Tages mit einer Art Schieberbauwerk zu regeln sein.
Doch bis dahin wird noch einige Zeit vergehen. Zur Zeit
wird entlang der Trasse der Mutterboden abgetragen. Gleichzeitig werden an allen Straßen,
die im Wege liegen, die Rohre im Unterpressverfahren verlegt. Bis 2001, so die Planung,
werden die Bauarbeiten dauern. Ist die Leitung verlegt, wird der Mutterboden wieder
aufgebracht, so dass die Landwirte danach auch wieder ihre Felder bestellen können.
Quelle: Kölnische Rundschau 13/10/'99
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Lennartz: Widerstand gegen
Steuerbefreiung für Erdgas
Bündnisgrüne schlagen weitere Stufe der Ökosteuerreform
vor
Erftkreis - Seinen entschiedenen Widerstand gegen eine
Steuerbefreiung für Erdgas hat der SPD-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des
SPD-Unterbezirks Erftkreis, Klaus Lennartz, jetzt in Berlin angekündigt. Mit seinem
Widerstand steht Lennartz an der Spitze einer ganzen Reihe von sozialdemokratischen
Bundestagsabgeordneten vorwiegend aus den bundesdeutschen Kohlenrevieren.
Der bündnisgrüne Koalitionspartner hatte eine
Steuerbefreiung für Erdgas als ein Bestandteil der Ökosteuerreform in die Diskussion ins
Bundeskabinett gebracht. Auch die SPD-Fraktion habe das Thema in den Arbeitsgemeinschaften
Finanzen, Energie und Kommunales diskutiert. Mit einem eindeutigen Ergebnis, wie Lennartz
berichtet: "Alle waren dagegen." Mittlerweile sei sogar
Bundeswirtschaftsminister Müller auf seiner Linie und damit auf eine Ablehnung der
Vorschläge eingeschwenkt, sagt Lennartz.
Was Lennartz und seine Bundestagskollegen an der
Steuerbefreiung stört, ist die "enorme Wettbewerbsverzerrung gegenüber anderen
Energieträgern wie Braun- und Steinkohle, aber auch regenerativen Energien, die das zur
Folge hätte". Darüber hinaus habe der Vorschlag zur Folge, dass sich Investitionen,
etwa in Braunkohlekraftwerke, nicht mehr lohnten. Denn ihr Bau sei erheblich teurer, das
Unternehmen müsse mehr Geld abschreiben, das aber schmälere die Dividende.
Lennartz: "Das könnte zum Beispiel bedeuten, dass die
Nachrüstung für BoA nicht zum Tragen kommt, weil sie zu teuer ist." Weil
mittlerweile viele in der SPD-Bundestagsfraktion seine Ansicht teilten, ist sich Lennartz
sicher: "Das wird den Bundestag nicht passieren."
Derweil hat der energiepolitische Sprecher der
Bündnisgrünen im Erftkreis, Uwe Walter, davor gewarnt, "nicht nur auf die billigste
Stromquelle zu schauen". Es sei zwar gut und zu begrüßen, "wenn in die
Stromwelt etwas Wettbewerb hineinkommt". Doch ein Preis von 19 Pfennig für die
Kilowattstunden sei nicht das Einzige. Vielmehr müsse man auch darauf achten, in welcher
Art und Weise der Strom erzeugt worden sei und ob die Entsorgungskosten sowie die
Folgekosten für die kommenden Generationen wie etwa beim Atomstrom überhaupt in der
Kalkulation berücksichtigt seien.
Walter seinerseits ist Anfang September mit seinem Haushalt
zu einem Stromlieferanten gewechselt, der sich verpflichtet hat, nur Strom zu vermarkten,
der aus regenerativen Energieträgern hergestellt ist. Da zahle er zwar für die
Kilowattstunde acht Pfennig mehr, "und das klingt im Vergleich zunächst auch einmal
gigantisch". Doch am Ende des Monats komme er mit seinem vierköpfigen Haushalt
"vielleicht allenfalls auf eine zusätzliche Belastung von zehn Mark". Und das
sei die umweltverträgliche Stromerzeugung allemal wert.
Quelle: Kölnische Rundschau 09/10/1999
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Rheinbraun
ohne Sitz
Vorstand der RWE AG hat ab Oktober nur noch fünf
Mitglieder
fun Essen/Erftkreis. Es ist so gekommen, wie es viele
Braunköhler bereits seit Wochen vorhergesehen haben: Im neuen Holding-Vorstand der RWE-AG
wird die Tochter Rheinbraun keinen Vertreter mehr entsenden können. Die Chefetage des
Gesamtkonzerns schrumpft ab Oktober von elf auf fünf Vorstandsmitglieder zusammen.
In der Neuausrichtung versteht sich die RWE AG als
"Partner für Energie und energienahe Services". Rheinbraun muss sich einordnen
in den Bereich "Multi Energy/Multi Utility", der vom Vorstandsvorsitzenden der
RWE Energie AG, Manfred Remmel, im Holding-Vorstand vertreten wird.
Rheinbraun-Betriebsratsvorsitzender Erwin Winkel gibt zu,
dass es für ein rheinisches Unternehmen etwas gewöhnungsbedürftig sei, plötzlich
"Multi . . ." zu sein. "Aber dieses Schicksal teilen wir ja unter anderem
mit DEA, und immerhin gehören wir zum Kernbereich des Geschäftes." Da könne man
schon noch optimistisch sein, so Winkel. "Wir spielen eine wichtige Rolle."
Befürchtungen, Rheinbraun könne künftig ganz in der RWE Energie AG aufgehen und seine
Eigenständigkeit verlieren, teilt Winkel nicht. Allerdings hänge alles von der
Wettbewerbsfähigkeit der Braunkohle ab.
Der Rheinbraun-Vorstand nimmt zu den Ergebnissen der
gestrigen Sitzung des RWE-Aufsichtsrates in Essen nicht Stellung. Es stehe einer
Unternehmenstochter nicht zu, übergeordnete Entscheidungen zu kommentieren, so die
Pressestelle.
Quelle: Kölnische Rundschau 24/09/1999
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"Wir schließen geordnet"
Brikettfabrik
kja/jat Hürth. "Gedrückt" ist die Stimmung bei
Rheinbraun in Hürth, so der Betriebsrat. Das Telefon in seinem Büro klingele
ununterbrochen. Für heute wurde eine weitere Versammlung einberufen, 250 Mitarbeiter
waren am Freitag dabei, als die Schließung der Brikettfabrik im Jahr 2001 verkündet
wurde. "Die Mitarbeiter waren indirekt darauf vorbereitet", so Betriebsdirektor
Hubert Gerdes.
Für manchen Beschäftigten ist es innerhalb kurzer Zeit
die zweite Umsetzung: Vor zwei Jahren schloss das Unternehmen die HTW-Anlage
(Hoch-Temperatur-Wickler) in Berrenrath und versetzte die dort Beschäftigten intern -
einige auch in die Brikettfabrik. Immerhin stehen die Arbeitsplätze der rund 160
Mitarbeiter des Kraftwerks in Knapsack vorläufig nicht zur Disposition.
Etwa 90 Beschäftigte werden, so Gerdes,
"sozialverträglich ausscheiden". Vornehmlich soll das über
Vorruhestandsregelungen erreicht werden. Die gut 100 Arbeitnehmer, die dann noch bleiben,
sollen innerhalb des Unternehmens im gesamten Revier arbeiten.
Ob tatsächlich alle Mitarbeiter in
den nahe gelegenen Fabriken Wachtberg in Frechen oder Fortuna-Nord in Niederaußem
unterkommen werden, ist noch offen. Ein Konzept soll jetzt erarbeitet werden.
"Wir schließen nicht überstürzt, sondern ganz geordnet und halten alle laufenden
Verträge ein", erklärte Gerdes.
Quelle: Kölnische Rundschau 21/09/1999
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"Wir sind nicht
mehr das Herzstück des Konzerns"
Welchen Stellenwert hat Rheinbraun noch in der RWE-Familie?
Erftkreis. Selbstbewusstsein ist zur Zeit nicht die Stärke
der Rheinbraun-Mitarbeiter. Wöchentlich ändern sich die Nachrichten aus Essen, und fast
immer wird das Braunkohlen-Fundament im rheinischen Revier etwas schmaler: wie jüngst
durch die Entscheidung zur Aufgabe von Goldenbergwerk und Brikettfabrik in Hürth.
Jetzt wird gebastelt an der RWE-Konzernstruktur, und es
gilt als sicher, dass Rheinbraun-Vorstandsvorsitzender Dieter Henning der letzte Chef war,
der auch dem Vorstand der RWE-Holding angehörte. Am Donnerstag tagt der Aufsichtsrat des
Konzerns, dann dürfte - davon gehen Insider aus - der bisherige "Elferrat" auf
eine "Skatrunde" von vier Vorstandsmitgliedern verkleinert werden.
Weder die Pressestelle in Köln noch die in Essen sind
bereit, die dürftige Mitteilung vom Freitag zu kommentieren, in der das Ausscheiden
Hennings zum 30. September bekannt gemacht wurde. Aus gesundheitlichten Gründen, hieß es
da, RWE-Chef Dietmar Kuhnt habe Henning für seine Arbeit gedankt. Punkt.
Rheinbraun-intern wird dieser lapidare Satz als
Herabwürdigung eines verdienten Mannes empfunden. Der künftig fehlende Sitz im
Holding-Vorstand gilt als deutliche Absenkung des Rheinbraun-Stellenwertes im
Gesamtunternehmen: "Früher waren wir das Herzstück des Konzerns", sagt Helmut
de Jong, Betriebsratsvorsitzender im Tagebau Garzweiler, "jetzt sind wir nur noch ein
Teilbereich."
Henning sei "ein ganz Großer im Unternehmen, ein
Bergmann durch und durch", der deshalb stets die gesamte Belegschaft hinter sich
gehabt habe. "Henning hat immer für uns gekämpft, jetzt hat er leider die Kraft
nicht mehr."
Man hoffe, dass der Nachfolger wieder aus den eigenen
Reihen kommt, blickt Gesamtbetriebsratsvorsitzender Erwin Winkel in die Zukunft. "Der
Neue muss die ,Rheinbraun-Kultur` kennen und verkörpern." Bereits Mitte Oktober
stehe der neue Chef fest, so Winkel.
Bei aller Verunsicherung sehen die beiden Betriebsräte den
Konzern auf dem richtigen Weg. Wettbewerbsfähigkeit sei das oberste Gebot. Insofern sei
die Entscheidung, die Brikettfabrik Ville-Berrenrath 2001 stillzulegen, absehbar gewesen.
Dafür sichere aber das Kraftwerk Ville langfristig 150 Arbeitsplätze, so Winkel. Und die
Entscheidung für ein BoA-Kraftwerk in Neurath stärke die Braunkohle.
"Es ist ein bitterer Weg", sagt de Jong. Das Ende
des Tals sei nicht erkennbar, aber die Arbeitnehmer zögen mit. "Vielleicht müssen
auch die Aktionäre mal auf etwas verzichten. Es kann nicht sein, dass jedes Jahr eine
dicke Dividende ausgezahlt wird und von uns ständig neue Opfer verlangt werden, zum
Beispiel jahrelangen Verzicht auf Lohnerhöhungen. Die Leidensfähigkeit hat
Grenzen."
Quelle: Kölnische Rundschau 21/09/1999
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Brikettfabrik schließt 2001
Politiker empört
fun Erfkreis/Hürth. Rheinbraun will die Brikettfabrik
Ville/Berrenrath voraussichtlich ab Frühjahr 2001 stilllegen. Wie das Unternehmen gestern
mitteilte, wird die Produktion von Trockenkohle zur Herstellung von Briketts und
Kohlenstaub auf die Fabriken in Frechen und Niederaußem konzentriert.
Das Rheinbraun-Kraftwerk Ville bleibe dagegen
"langfristig in Betrieb" und werde auf Braunkohlenbasis "zu
wettbewerbsfähigen Preisen unter anderem Fernwärme und Prozessdampf für die Knapsacker
Chemieindustrie liefern". Von der Stilllegung sind rund 200 Mitarbeiter betroffen,
die gestern im Rahmen einer Betriebsversammlung informiert worden sind. Sie werden
versetzt oder scheiden über Vorruhestandsregelungen aus.
In ersten Stellungnahmen reagierten die Landratskandidaten
im Erftkreis empört auf die Nachricht. Jahrelange Beteuerungen der RWE AG, am Standort
Knapsack festzuhalten, würden immer unglaubwürdiger, sagt Klaus Lennartz (SPD). Nach
Ansicht von Werner Stump lässt die neue Marschroute vermuten, dass RWE am Standort
Knapsack auch kein neues Kraftwerk mehr bauen wird. Beide Politiker fordern vom Konzern
ein klares Konzept zur Stärkung des Standortes Hürth.
Quelle: Kölnische Rundschau 18/09/1999
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Simple Logik
Braunkohle
Es war nur eine Frage der Zeit. Dass die Fabrik
Ville-Berrenrath keine Zukunft mehr hat, war abzusehen. Braunkohlenprodukte zu verkaufen
ist angesichts der niedrigen Preise für andere Energiearten schwierig. Die Logik ist
simpel: Wenn die Erlöse sinken, müssen auch die Kosten reduziert werden, sonst stimmt
die Bilanz nicht mehr.
Für Hürth ist die Schließung die zweite Hiobsbotschaft
in wenigen Monaten. Denn auch das RWE-Kraftwerk wird abgeschaltet. Es bleibt nun nur noch
das Kraftwerk der Brikettfabrik. Doch wie lange noch? Auch wenn Rheinbraun immer wieder
betont, in Knapsack konkurrenzfähig Energie produzieren zu können, die Braunkohle ist in
Hürth, einem Standort mit Tradition, nur noch eine Randerscheinung. Es ist ein Trost für
die betroffenen Mitarbeiter, dass sie in anderen Fabriken untergebracht werden. Das
ändert aber nichts daran: Wieder fallen 200 Arbeitsplätze weg.
Die Situation der Braunkohle wird nicht leichter, ihre
Stellung im RWE-Konzern auch nicht. Denn auf dem liberalisierten Markt wird nur eines
zählen: Wer produziert den billigsten Strom.
Dass in solchen Zeiten auch noch der Vorstandsvorsitzende
von Bord gehen muss, wird die Belegschaft weiter verunsichern. Sie wird vermutlich eine
hausinterne Nachfolge bevorzugen. Es müsste jedenfalls ein Mann sein, der die Essener
daran erinnert: RWE hat eine Verantwortung für die Braunkohlenregion. Und die Menschen
hier sind nicht zuletzt auch Kunden.
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 18/09/1999
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Brikettfabrik
macht dicht
Rheinbraun
Produktion bis 2001 - Mitarbeiter werden auf andere
Standorte verteilt
Hürth - Rheinbraun hat immer wieder abgewehrt: Die
Brikettfabrik Ville-Berrenrath ist nicht gefährdet. Jetzt wird sie doch geschlossen: Im
Jahr 2001 stellt das Unternehmen dort die Produktion von Braunkohlenstaub und Briketts
ein. Betroffen sind 200 Mitarbeiter, sie sollen auf die Fabriken in Frechen und
Niederaußem verteilt werden.
Die Schließung der Fabrik Ville-Berrenrath sei notwendig,
um die Wettbewerbsfähigkeit von Rheinbraun zu sichern, hieß es gestern.
Unternehmenssprecher Reiner Hochscheid sprach von einer "Einsparung in knapp
zweistelliger Millionenhöhe" durch die Konzentration der Produktion auf die
Standorte Frechen und Niederaußem. Insgesamt stellt das Unternehmen jährlich 1,2
Millionen Tonnen Briketts und 1,8 Millionen Tonnen Kohlenstaub her. 1990 war die
Brikett-Produktion noch doppelt so hoch (2,4 Millionen Tonnen). In Berrenrath wurden im
Geschäftsjahr 1998/99 gut eine Millionen Tonnen Industriebriketts und Staub hergestellt.
Zum Vergleich: 1985 waren es noch 2,5 Millionen Tonnen gewesen.
Dass die Brikettfabrik über kurz oder lang dichtmachen
würde, war auch den Betriebsräten klar. "Der Zeitpunkt ist nicht vom Himmel
gefallen. Der Absatz ist kontinuierlich zurück gegangen", sagte Erwin Winkel,
Vorsitzender des Rheinbraun-Gesamtbetriebsrats. "Wir können aber jedem Mitarbeiter
einen adäquaten Arbeitsplatz in einer anderen Fabrik oder im Tagebau anbieten." Die
Vorruhestandregelung, die bei Rheinbraun vom 54. Lebensjahr an gilt, sei auf die Jahre
2000 und 2001 ausgedehnt worden. Das Kraftwerk der Brikettfabrik werde "langfristig
in Betrieb bleiben und auf Basis der Braunkohle zu wettbewerbsfähigen Preisen unter
anderem Fernwärme und Prozessdampf für die Knapsacker Industrie liefern", heißt es
in einer Mitteilung von Rheinbraun. Es ist jedoch kein Geheimnis, dass im RWE-Konzern
kontrovers über die Zukunft des Berrenrather Kraftwerks diskutiert wird, in dem 150
Mitarbeiter beschäftigt sind.
SPD-Bundestagsmitglied und Landratskandidat Klaus Lennartz
forderte gestern: RWE müsse jetzt, da der Standort Knapsack weitere
Industrie-Arbeitsplätze verliere, eine verbindliche Erklärung abgeben zum Bau eines
neuen Kraftwerks vor Ort. Auch CDU-Landratskandidat Werner Stump will ein klares Konzept.
Sollte die Wärmeleistung des Berrenrather Kraftwerks nicht ausreichen, sei die Errichtung
einer weiteren Verbrennungsanlage "möglichst auf der Basis von Biomasse" zu
prüfen. Der Essener Stromkonzern gab am Freitag nicht nur die Schließung in Berrenrath
bekannt, sondern auch eine Vertriebspartnerschaft von RWE Energie und der
Rheinbraun-Tochter "RV Rheinbraun Handel und Dienstleistungen". RV verkauft etwa
Industriebriketts an Großkunden und soll künftig auch die Lieferung von Strom, Gas und
Wasser anbieten. Die RV-Gruppe hat europaweit an 30 Standorten 1200 Mitarbeiter und
erzielte im Geschäftsjahr 1998/99 einen Umsatz in Höhe von 1,5 Milliarden Euro.
Kommentar zweite Lokalseite
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 18/09/1999
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Henning scheidet bei Rheinbraun aus
Vorstandsvorsitzer geht
Gesundheitliche Gründe - Nachfolge wird noch beraten
Erftkreis - Die Mittteilung war knapp: Dr. Dieter Henning
scheidet Ende September auf eigenen Wunsch aus dem Unternehmen aus. In einer
Pressemitteilung werden gesundheitliche Gründe für die Entscheidung Hennings genannt.
Wer Nachfolger des Vorstandsvorsitzenden bei Rheinbraun wird, hat der Aufsichtsrat, der am
Freitag in der Kölner Hauptverwaltung tagte, nicht festgelegt.
Henning ist seit langem krank, die Begründung also keine
Floskel. Andererseits ist es aber auch denkbar, dass der Vorsitzende ein Zeichen setzen
wollte. Denn der RWE-Konzern soll umgebaut werden, im Gespräch ist, den Holding-Vorstand
zu einer operativen Führung zu machen, in der die RWE Energie AG den Ton angibt. Dessen
Vorsitzender Manfred Remmel wird sogar schon als Nachfolger des RWE-Chefs Dr. Dietmar
Kuhnt gehandelt.
Für den Vorsitzenden von Rheinbraun wäre im RWE-Vorstand
dann kein Platz mehr. Hennings Rücktritt könnte ein Protest gegen Pläne sein, den
Einfluss der Braunkohle zurückzudrängen.
Henning ist Bergmann durch und durch. Auch wenn er seit
1990 in Chefetagen sitzt, sein Ton trifft den der Kumpel. Das brachte ihm nicht nur die
Wertschätzung der Mitarbeiter ein, sondern auch die der Betriebsräte - angesichts des
drastischen Personalabbaus bei Rheinbraun in den vergangenen Jahren keine
Selbstverständlichkeit.
Henning hat Bergbau in Clausthal studiert, kam 1969 zu
Rheinbraun. Zunächst war er Betriebsingenieur im Tagebau Frechen, dann Oberingenieur in
Fortuna, schließlich Tagebau-Direktor in Hambach. Ende der 80er Jahre schickte Rheinbraun
Henning in den Osten. Dort war Henning zunächst Berater für die ostdeutsche Braunkohle,
wurde 1990 Vorsitzender der Lausitzer Braunkohle AG (Laubag). Dort musste die gesamte
Braunkohlenförderung neu geordnet werden, das Unternehmen schrumpfte gewaltig. Die
Aufgabe gelang, so dass es keine Frage war, dass Henning 1993 Nachfolger von Dr.
Hans-Joachim Leuscher an der Spitze von Rheinbraun wurde. Unter der Regie von Henning hat
Rheinbraun die Aktivitäten im Ausland stark ausgeweitet. Vor allem der
US-Steinkohleförderer erwies sich als Goldgrube
. Die Entscheidung Hennings wird bei den Mitarbeitern
bedauert. "Henning hat immer großen Rückhalt in der Belegschaft gehabt", sagte
Erwin Winkel, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats. "Der Rücktritt macht das
Geschäft nun nicht gerade einfacher." Es komme nun angesicht der Veränderungen in
der Konzernstruktur darauf an, einen Vorsitzenden zu bekommen, der das Vertrauen der
Belegschaft habe und sich für die Braunkohle einsetze. "Wir müssen unsere
Vorstellungen aber noch beraten", sagte Winkel. "Da geht einer von Bord, der die
Geschicke des Unternehmen maßgeblich beeinflusst hat und der sie gut beeinflusst
hat", sagte Helmut de Jong, Vorsitzender des Betriebsrates Tagebau Garzweiler.
"Der war immer für die Leute da."
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 18/09/1999
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Brücke über die Erft
soll Weg zum Peringser See verkürzen
Rheinbraun übergab 130 000 Mark teures Bauwerk an Stadt
Bergheim
mez Bergheim/Bedburg. "Es ist ein gelungenes
Gemeinschaftsobjekt zwischen den Städten Bergheim und Bedburg, Rheinbraun, dem Erftkreis
und dem Erftverband", berichtete der technische Beigeordnete Albert Willems, als ihm
gestern Arthur Oster von Rheinbraun offiziell die neue Fußgängerbrücke über die Erft
neben der Kohlenbahn übergab.
Rheinbraun hatte sich vor Jahren bereit erklärt, die
130.000 Mark teure Brücke zu bauen, damit die Bürgerinnen und Bürger der Orte Glesch
und Paffendorf ohne größere Umwege zu Fuß oder mit dem Rad zum Peringser See gelangen
können. Nach Auskunft von Horst Druch, Leiter des Bergheimer Tiefbauamtes, wird die mit
Eichenholz verkleidete Stahlträgerbrücke in einigen Jahren die alte Brücke an der
Paffendorfer Schleuse ersetzen. Aber erst wenn die Anbindung zur Grubenrandstraße fertig
ist.
Hinter der Brücke in Richtung See baute die Stadt Bergheim
entlang der ehemaligen Klärteiche der Zuckerfabrik einen Radweg aus. Bergheims
Beigeordneter appellierte an die Besucher des Naherholungsgebietes, ein waches Auge auf
die künftige Nutzung des Sees zu werfen.
"Dass der Peringser See als Badesee missbraucht wird,
oder das Gelände rundherum als Grillplatz benutzt wird, müssen wir im Rahmen des
Landschaftsschutzes in Zukunft verhindern", erklärte Albert Willems. Arthur Oster
von Rheinbraun bezeichnete die Brücke als weiteren Meilenstein der gelungenen
Rekultivierung. Er bedankte sich für die gute Zusammenarbeit aller Beteiligten.
Quelle: Kölnische Rundschau 13/09/1999
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Laute Samstage am Rande des Tagebaus
Anwohner leiden unter Krach - Wochenenden werden zur Tortur
- Rheinbraun will sich mit der Verkippung beeilen
Bergheim. Wenn Siegfried Jaspert und Elisabeth
Börger-Jaspert am Wochenende in ihrem Garten am Ortsrand von Bergheim-Mitte sitzen, dann
schreien sie sich an. Dabei ist es nicht so, dass Frau Börger-Jaspert und Herr Jaspert am
Wochenende ständig streiten. Grund für die erhöhte Lautstärke ist der Lärm, der bei
der Verkippung der Braunkohlegrube im Tagebau Bergheim entsteht.
Angefangen hat Rheinbraun Ende April dieses Jahres mit der
Verfüllung des Tagebaus. "Richtig laut wurde es aber erst zu Anfang der
Sommerferien", erzählt Jaspert. Vor allem abends und am Wochenende sei eine
unerträgliche Geräuchskulisse entstanden. Wie ein stetiges Rauschen, ungefähr so, als
ob ein Zug vorbei donnert, beschreibt Jaspert den Lärm. "Zunächst haben wir noch
gedacht: Hoffentlich geht das schnell vorbei!"
Ostwind trägt die Geräusche nach Bergheim
Diese Hoffnung erfüllte sich nicht. "Als wir Ende
Juli aus dem Urlaub zurück kamen, ging es mit dem Höllenlärm weiter." Am
vergangenen Wochenende sei die Situation dann eskaliert, berichtet Jaspert. Donnerstag um
19 Uhr habe der Krach eingesetzt, daraufhin habe er im Tagebau angerufen. Als eine Stunde
später immer noch nichts geschehen sei, habe er Rheinbraun nochmals auf die
Geräuschsbelästigung aufmerksam gemacht. Daraufhin sei der Absetzer um 400 Meter
versetzt worden. Mehr könne man nicht tun, es liege am Ostwind, der die Geräusche nach
Bergheim trage, teilte Rheinbraun Jasperts mit.
Als am Samstagabend der Lärm wieder einsetzte, habe er die
Polizei angerufen, erzählt Jaspert. Aber dort hörte er, dass der Samstag ein normaler
Werktag sei. Erst um halb eins in der Nacht habe der Lärm aufgehört.
Dabei seien die Nächte gar nicht das Schlimmste. Wenn sie
das Fenster zumachten, sei wenig zu hören, berichtet das Ehepaar. "Außerdem können
wir bei offenem Fenster Ohrstöpsel benutzen oder ein Schlafmittel nehmen." Aber
wenigstens am Wochenende wollen Jasperts in ihrem Garten sitzen und sich ungestört
unterhalten.
Dass der Tagebau verfüllt werden muss, ist dem Ehepaar
klar. Und mit dem "ständig auf den Gartenmöbeln und der Butter liegenden
Kohlenstaub" kommt es auch zurecht. "Aber, warum ausgerechnet im Sommer in
Wohngebietsnähe mit der Verfüllung angefangen werden muss, ist uns
unverständlich."
Guido Steffen, Pressesprecher von Rheinbraun, ist sich des
Problems bewusst. "Wir arbeiten an der Verfüllung in drei Schichten. Der Samstag ist
bei uns ein normaler Werktag, da wird bis 4.30 Uhr am Sonntagmorgen gearbeitet", gibt
er Auskunft. "Leider hatten wir in diesem Jahr sehr häufig Ostwind, dadurch werden
die Bandgeräusche noch verstärkt", bedauert Steffen.
Die Frage, warum im Sommer in der direkten Nähe der
Wohnbebauung gearbeitet wird, beantwortet Steffen so: "Wir wollen die Grube kurz und
schmerzlos verkippen. Dabei wird nach gebirgsmechanischen Prinzipien gearbeitet und das
bedeutet, dass wir noch bis Ende des Jahres so nah an Bergheim arbeiten müssen."
Wenn die Verfüllung jetzt nicht voran getrieben würde, zögen sich die Arbeiten und
damit auch die Geräuchbelästigungen bis in das nächte Jahr hinein. Natürlich werde
versucht, an Wochenenden möglichst leise zu arbeiten. Aber aus Betriebsgründen könne
darauf nicht immer Rücksicht genommen werden. Im Tagebau Hambach nämlich, aus dem das
Material für die Verkippung stammt, werde ständig gearbeitet. Der anfallende Abraum
werde deshalb auch ständig nach Bergheim transportiert und hier verkippt.
Quelle: Kölnische Rundschau 10/09/1999
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Bruch und Parrig werden vernetzt
41 Hektar Land soll Platz für Tiere und Pflanzen bieten -
Stadt und BUND arbeiten zusammen
Kerpen. Ein neues Naherholungsgebiet entsteht vor den Toren
Kerpens in der Erftaue: Kerpener Bruch und Parrig werden ökologisch miteinander vernetzt.
41 Hektar Ackerland umfasst das Gebiet um das Gut Lörsfeld, das Platz für Tiere und
Pflanzen bieten, aber auch der Naherholung dienen wird. Auf Gut Lörsfeld wird sich
außerdem ein Landwirt ansiedeln, der trotz naturnaher Bewirtschaftung von seinem Land
leben kann.
Stadtdirektor Ferdi Wind und Reiner Vetter vom Bund für
Umwelt und Naturschutz (BUND) Erftkreis stellten die Pläne für das Projekt
"Drehscheibe Erftaue" vor Ort vor. Die Stadt Kerpen und
der BUND hatten vor zehn Jahren ihre Zusammenarbeit begonnen, die Erftaue im Kerpener
Stadtgebiet als Landschaftsraum zu entwickeln und von der Bebauung freizuhalten.
Nach Angaben von Wind sind die Umgestaltung an der Sindorfer Mühle und die Renaturierung
der Erft bereits abgeschlossen. Die Rekultivierung des Tagebaus Frechen sei beschlossen,
die Projekte in Gymnich und an der Brüggener Mühle seien in Arbeit.
Wind bezeichnete die ökologische Vernetzung von Parrig und
Kerpener Bruch als "Herzstück" in der Entwicklung der Erftaue. Die
Nordrhein-Westfalen-Stiftung fördert das Projekt mit 2,2 Millionen Mark. Die Bahn AG
brachte 20 Hektar Ausgleichsflächen aus dem Verfahren zur ICE-Neubaustrecke Köln-Aachen
in das Projekt ein. Der BUND finanzierte die Planung des neuen
Landschaftsraumes. Die Stadt Kerpen hat das Gut Lörsfeld dem bisherigen
Eigentümer abgekauft. Dieser siedelt in die Rekultivierung des Tagebau Frechens um. Die
Bewirtschaftung des künftigen Bioland-Betriebes soll nach den Prinzipien der
Arbeitsgemeinschaft ökologischer Landbau (AGÖL) erfolgen. Ackerbau wird nur einen
geringen Teil ausmachen, der Schwerpunkt liegt auf der Tierhaltung. Die Produkte werden im
Betrieb selbst verarbeitet, auch Direktvermarktung ist vorgesehen.
"Wir wollen nicht nur Bäume pflanzen, sondern auch
kulturhistorische Traditionen aufgreifen", erläuterte Landschaftsplaner Jörg Haafke
sein Konzept. Wie vor 100 Jahren sollen Viehweiden das Landschaftsbild in der Erftaue
mitbestimmen, statt Monokultur ist eine abwechslungsreiche Landschaft geplant. Neben den
Viehweiden entstehen auf dem Gelände um Gut Lörsfeld 8,5 Hektar Waldflächen, die
parallel zur Autobahn und zum Erftflutkanal die Verbindung zwischen den
Naturschutzgebieten Kerpener Bruch und Parrig schaffen. Hinzu kommen zwei Kilometer
Heckengehölze, 1,5 Kilometer Baumreihen und -alleen sowie 1,5 Hektar Obstwiesen.
Gepflanzt werden 250 Einzelbäume und rund 90.000 junge Wald- und Heckenpflanzen
Quelle: Kölnische Rundschau 08/09/1999
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Nur
noch ein Kessel
Goldenberg
Planung für Gas-Kraftwerk in Knapsack geht weiter
Hürth - Der Countdown läuft: In wenigen Wochen, Anfang
Oktober, wird in Knapsack der größere der beiden noch betriebenen Wirbelschicht-Kessel
des Braunkohle-Kraftwerks Goldenberg stillgelegt. Der "Kessel K" mit einer
Dampfleistung von 400 Tonnen stündlich war erst im Februar 1992 angefahren worden - RWE
bejubelte damals den "zur Zeit größten Wirbelschichtkessel der Welt". Jetzt
wird er in aller Stille abgestellt. Auch der kleineren Kessel J (vor acht Jahren gebaut)
ist spätestens im Jahr 2003 nicht mehr in Gebrauch, wie RWE bereits vor Monaten
angekündigt hat. Und spätestens dann - davon geht man im Go-Werk aus - steht in Knapsack
ein Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerk.
Die Energie für die Knapsacker Chemie-Industrie liefert ab
Oktober im Wesentlichen das Rheinbraun-Kraftwerk der Brikettfabrik Berrenrath. Dass in
Knapsack überhaupt noch ein Kessel heiß bleibt, dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen
ist mit dem Land vertraglich vereinbart, dass die Hürther Fernwärme im Wege der
Kraft-Wärme-Kopplung gewonnen wird. Das heißt: Heißer Dampf treibt eine Stromturbine an
und wird gleich anschließend - zur Verwertung der Restwärme - ins Fernwärmenetz
geleitet. In Berrenrath ist das so nicht möglich. Und fiele die Kraft-Wärme-Kopplung
weg, müssten wohl Landeszuschüsse für den Bau des Hürther Fernwärmenetzes
zurückgezahlt werden. Zweiter Grund: Es muss auch noch Deponiegas der Kölner Müllkippe
mit verbrannt werden. Das würde im Berrenrather Kraftwerk ebenfalls Probleme bereiten.
Kontakt mit PowerGen
Wird aber der letzte Kessel in Knapsack abgeschaltet, dann
kommt als Ersatz nur ein Gaskraftwerk in Betracht, wie der zum Jahresende ausscheidende
Goldenberg-Chef Franz-Josef Dostall bestätigt. RWE würde es im Alleingang bauen - oder
aber in Zusammenarbeit mit dem britischen Energie-Konzern PowerGen. Die Briten verfolgen
weiterhin ihr Vorhaben, in Knapsack eine solche Energiefabrik zu errichten. Wie zu hören
ist, wird nach einer ersten Vorstellung des Projekts bei der Bezirksregierung nun
zunächst die umwelttechnische Standortbelastung (etwa eine Veränderung des
Geräuschpegels auf dem Knapsacker Hügel) geprüft. Die Ergebnisse liegen voraussichtlich
Anfang nächsten Jahres vor. Erst dann könnte ein Genehmigungsverfahren in Gang gesetzt
werden. "PowerGen steht nach wie vor in gutem Kontakt mit uns", sagt Dostall.
Und unverändert gelte: Ob es eine Kooperation mit den Briten gebe, hänge davon ab,
"ob sie eine Morgengabe mitbringen". Mit anderen Worten: RWE will dann auch an
Projekten auf der Insel beteiligt werden.
In Knapsack ein
1000-Megawatt-Gaskraftwerk zu bauen hält Dostall allerdings für unsinnig. 300 Megawatt
Leistung seien ausreichend, um die örtliche Chemie-Industrie mit Prozessdampf zu
versorgen und die Fernwärmekunden zu bedienen. Wenn darüber hinaus Strom erzeugt würde,
ginge das zu Lasten der Braunkohle. Außerdem gebe es schon jetzt erhebliche
Überkapazitäten auf dem Strommarkt. Falls aber der Bedarf an Prozessdampf in Knapsack
deutlich wachsen würde, sei es jederzeit möglich, das Gaskraftwerk zu vergrößern und
weitere 150-Megawatt-Module anzubauen.
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 08/09/1999
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Piranhas
und Wasserpest
Die Erft
Exotische Tiere und Pflanzen fühlen sich wohl in dem
warmen Wasser
Erftkreis - Viele lebende Weihnachtsgeschenke landen oft
schon kurze Zeit nach dem Fest im Tierheim. Doch nicht alle Beschenkten wählen diesen
Weg, den Hund oder die Katze wieder loszuwerden. Besonders manche Aquarianer gehen anders
vor, um sich ihrer Fische oder der ständig größer werdenden Schildkröte wieder zu
entledigen. "Alles wird einfach in die Erft gekippt", weiß Dr. Udo Rose,
Biologe beim Erftverband.
Die Folgen sind kurios, denn mittlerweile hat sich ein
regelrecht tropisches Leben im gesamten Flusslauf entwickelt. "Es sind schon vier
Pfund schwere Piranhas von Anglern aus dem Wasser gezogen worden", sagt Timm
Schindler, Abteilungsleiter des Erftverbandes. Bei Arbeiten am Kasterer See haben
Mitarbeiter des Verbandes erst vor Wochen Schildkröten beobachtet, die sich am Ufer
sonnten. Warum exotische Tiere und Pflanzen so gut in der Erft überleben können, ist
ebenfalls ganz klar. "Rheinbraun leitet in jeder Sekunde rund zehn Kubikmeter warmes
Grundwasser in den Fluß", sagt Biologe Rose. Die Wassertemperatur liegt ständig bei
gut 20 Grad, selbst im Winter fällt sie kaum unter zehn Grad.
Tropisches Leben
Dabei ist die Situation zur Zeit schon vergleichsweise
moderat. "Während der sechziger und siebziger Jahre war die Erft noch wärmer, weil
noch mehr Wasser eingeleitet wurde", erklärt Rose. Dennoch hat er auch heute keine
Probleme, beim Einstieg in die Erft auf tropisches Leben zu stoßen. Um Indische Rotalgen
in Höhe von Glesch aus dem Wasser zu holen, braucht es keine zehn Sekunden. "Es gibt
fremdes Leben hier, aber nicht wie am Amazonas", sagt Rose lachend.
Auch einige Kilometer weiter bei Frimmersdorf schwimmt
deutlich sichtbar ein auffälliges Pflänzchen auf dem Wasser. "Brasilianisches
Tausendblatt", erklärt Rose, "eine sehr beliebte Aquarienpflanze". Weiter
Flußabwärts, in Höhe des Frimmersdorfer Kraftwerkes, fällt die Argentinische
Wasserpest dem Biologen sofort ins Auge. Auch die Mühlenerft bei Alt-Kaster ist
betroffen. Wissenschaftler, die die Erft als "azonale Wärmeinsel" untersucht
haben, entdeckten dort den Großen Algenfarn, der sonst nur in warmen Gegenden Amerikas zu
finden ist. "Durch viele dieser Pflanzen bekommt die ufernahe Vegetation ein geradezu
tropisches Aussehen", betonten die Wissenschaftler in ihrer Arbeit. Warme Winter
können diese Pflanzen überstehen, friert es längere Zeit, gehen sie aber ein.
"Dasselbe gilt für ausgesetzte Tiere, die in kalten Wintern schnell verenden",
weiß Dr. Rose.
In den kommenden Jahren könnte das Antlitz
des Flusses aber wieder tropischer werden. "Das eingeleitete Wasser wird wärmer, je
tiefer der Tagebau Hambach wird", glaubt man beim
Erftverband. Dazu komme, daß Aquarianer für ständigen Nachwuchs an Pflanzen und Fischen
sorgen. Eine Sorge allerdings hat Rose nicht. "Für den Fluß sind diese fremden
Lebewesen aber ungefährlich, solange sie nicht in großen Massen auftreten. Und vor
mordenden Piranhas braucht auch niemand Angst zu haben, der seine Füße in die Erft
hält."
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 27/08/1999
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Tanz zwischen zerfallenden Häusern
Zum "Trotzdem-Fest" der Bürgerinitiative kamen
wenige ältere ehemalige Etzweiler Bürger
Elsdorf-Etzweiler. "Bösche, Stroße, Dörfer / ich
mach´ alles platt / Alles für mir zeddert / komm ich nöhder rahn / Alles hat Angs
vur´m Baggermann", Sänger Addy Clemens schmetterte das Lied vom Baggermann am
Sonntagnachmittag am Ende der Etzweiler Waldstraße ins Mikrofon, während die Musiker der
Dürener Band "Schweess Fööss" ihre Folk-Gitarren bearbeiteten. Zum
"Trotzdem-Fest" der "Bürgerinitiativen gegen die Verlegung der A 4"
hatte die Band eigens ein Lied komponiert.
"Etzweiler ist ja nicht mehr zu retten. Wir möchten
den Leuten, die noch zu retten sind, zeigen, wie es ist, wenn ein Dorf über ein Jahrzehnt
lang ausblutet. Für das Fest boten sich die letzten paar Quadratmeter an, die nicht in
Rheinbraun-Besitz sind", sagte Bert Frambach von der Bürgerinitiative in Buir. Vor
den sechs privaten Garagen von Willi Hoffmann fand das Fest statt. Neben einer Führung
durch den Ort schilderte Hoffmann auch die Wohnverhältnisse: "Wie in
Klein-Chickgo" sei es, Plünderungen und Autorennen an der Tagesordnung.
Die unheimliche Zerstörung an den Gebäuden hätten sie an
Kriegsbilder erinnert, schilderte Waltraud Schnell von der Bürgerinitiative ihre
Beobachtungen. Aber sie begegnete auch beinahe romantisch anmutenden Zeugnissen des
Zerfalls, wie einer einzelnen blühenden Rose auf dem sonst verwilderten Grundstück eines
Hauses.
"Wir sind die Verheizten", sagten einige
Jugendliche aus Neu-Etzeiler und nahmen gegenüber der Bühne Platz, um sich zwei weitere
Bands des Nachmittags anzuhören. Und Bürgermeister Harald Schröder stellte sich bei
seinem Besuch dem Gespräch mit den Feiernden. Willi Hoffmann hingegen vermisste viele der
älteren Generation: "Die haben wohl mit der Umsiedlung abgeschlossen".
Dennoch, noch einmal richtig voll auf dem
Fest wurde es am Abend, als der "Feuervogel" seinen Tanz begann. Zu Feuertechnik
und Musik entwickelte sich ein phantastisch anmutender Kampf vor dem vermauerten Haus mit
der Nummer 11. Schließlich besiegten ein grünes Ur-Reptil und der Feuervogel einen
übergroßen Blutsauger. Die bösartige Fledermaus war natürlich nur ein Darsteller der
dreiköpfigen Schauspielgruppe, die auf Stelzen daherkam.
Quelle: Kölnische Rundschau 26/08/1999
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Die
Riesen sterben langsam
Villewald
Es gibt kaum noch gesunde Altfichten - Pappeln verschwinden
Erftkreis - Was gibt es Schöneres, als an schönen
Sommertagen durch den Villewald zu wandern, an schattigen Plätzen Rast zu machen und die
gute Luft zu genießen? Das größte Naherholungsgebiet im Erftkreis, in dem schon
Kurfürst Clemens August ausritt, erlebt an manchen Wochenenden geradezu einen Ansturm von
Besuchern. Nur wenige werden sich beim Blick rechts und links des Wanderwegs Gedanken
über den Zustand des Waldes machen. "Wer guckt beim Wandern schon nach oben, in die
Baumkronen?", fragt Herbert Mertens, Revierförster in der Ville und zuständig für
ein 1460 Hektar großes Areal.
Der Mann mit fast 40-jähriger Berufserfahrung zeigt auf
die Baumwipfel. Die Sonne schimmert durch - daran könne sogar der Laie erkennen, dass die
Bäume krank sind. In einem gesunden Wald sei vor lauter Blättern der Himmel nicht zu
sehen, klärt der Bliesheimer auf. Und dann geht er zu einer Lichtung mit alten Fichten.
Kein einziger Baum ist noch gesund. Mühelos lässt sich seitlich durchs Geäst blicken.
Die alten Riesen sterben, langsam aber unaufhaltsam. "Mit den Fichten fing es an,
dann waren die Buchen geschädigt, nun hat es die Eichen erwischt."
Kleine Blätter
Anderer Ort, gleiches Problem: Auf einem großen Feld
stehen Pappeln. so klein waren die Blätter noch nie, und ihre Größe nimmt von Jahr zu
Jahr ab. Auch hier haben Schadstoffe in der Luft ihre Spuren hinterlassen. Der "saure
Regen" ist in der Öffentlichkeit kaum noch ein Thema. Doch das Problem sei deswegen
nicht kleiner geworden, betont der Naturexperte. Der Schadstoffausstoß habe pro Fahrzeug
abgenommen. Doch was nütze das, wenn die Zahl der Autos ständig zunimmt? Mertens:
"An den Lebensbedingungen hat sich nichts verbessert."
Und damit ist nicht nur die Schadstoffbelastung durch die
Luft gemeint. Der "bisweilen kritische Grundwasserstand", unter anderem
hervorgerufen durch die zahlreichen Kieswerke in der Umgebung, verschärfe die Lage.
Die Förster behalten den Zustand genau im Auge. Im
vergangenen Jahr gab es eine umfangreiche Begutachtung der Bäume. Zur Sommerzeit wurden
solche Exemplare mit Farbe markiert, die krank sind. Im Herbst und Winter, wenn die
Blätter gefallen sind, können sie wiedererkannt und zurückgeschnitten oder notfalls
gefällt werden. Die Lage ist ernst. Doch von einem Waldsterben will der Förster nicht
sprechen. Das Schlagwort suggeriere, hier handele es sich um einen Prozess, der
unumkehrbar sei. Ein Wald sei ja nichts Statisches. Ständig würden sich Generationen von
Laubbaumarten und Nadelhölzern abwechseln. Das beste Beispiel seien die Pappeln. Vor
Jahrzehnten wegen ihres schnellen Wachstums geschätzt und von Pappelvereinen gepflanzt
und gepflegt, haben die Bäume inzwischen ihre wirtschaftliche Bedeutung verloren.
Früher wurde das Holz für Obstkisten benötigt. Plastik
hat den Rohstoff ersetzt. Pappeln, die seitdem in der Ville stehen, haben ein Alter
erreicht, in dem sie gefällt werden müssen. Zehntausend von ihnen verschwanden in den
vergangenen Jahren. Pappelwälder wurden ausgedünnt und zwischen den Bäumen andere Arten
gesetzt. Die großen Bäume boten den jungen Gewächsen Windschutz und bewahrten sie vor
zu starker Sonneneinstrahlung. In den 80er Jahren galt es, einen Pappelbestand von rund
1500 Hektar umzuwandeln in einen Mischwald. Auch seltene Arten, wie nordamerikanische und
asiatische Tannen, wurden gepflanzt.
In einer "Naturwaldzelle" blieb die Ville sich
selbst überlassen. Totes Holz wird nicht entfernt, nur die Wege werden freigehalten.
Sogar Mammutbäume gibt es in der Waldzelle. Schilder weisen auf das Naturparadies hin.
Wissenschaftler aus Nah und Fern kommen zur Beobachtung.
Die Bürger, da ist Mertens sicher, werden trotz der
Probleme weiterhin ihre Freude am Villewald haben können. Doch das Umweltbewusstsein
lasse immer noch zu wünschen übrig. Nach wie vor werde fast täglich an den Eingängen
zum Wald säckeweise Müll abgeladen. Der Förster mahnt: "Dafür bezahlen müssen
wir alle."
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 23/08/'99
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Bewohner müssen jetzt umziehen
Haus Etzweiler
kan Elsdorf. Der Brand im Haus Etzweiler am Montagabend
soll nach Auskunft der Polizei in einem Abstellraum unterhalb des Treppenhauses
ausgebrochen sein. Aus noch ungeklärten Gründen sei dort Altpapier in Flammen
aufgegangen. Über die Holztreppe habe sich das Feuer dann im Erd- und Obergeschoss
ausgedehnt. Dagegen meinte der Beigeordnete der Gemeinde Elsdorf, Johannes Mies, am
Dienstagabend im Hauptausschuss, es gebe Indizien für Brandstiftung.
Haus Etzweiler soll nun nach seinen Angaben früher als
geplant abgerissen werden. Nach dem Brand sei es unbewohnbar. Die Schäden seien vor allem
durch das Löschwasser entstanden. "Wohnen ist hier nicht mehr vertretbar",
sagte der Beigeordnete. Nach dem Abriss von Haus Etzweiler solle an gleicher Stelle die
geplante Containeranlage aufgestellt werden. Das Baugenehmigungsverfahren laufe weiter.
35 Bewohner von Haus Etzweiler, die einer Sippe angehören,
hat die Gemeinde in den Unterkünften an der Nußbaumallee untergebracht, wo sie sich
fünf Räume teilen. Sie werden demnächst nach Alt-Etz~weiler in ein von den Umsiedlern
bereits verlassenes Sechs-Familien-Haus umziehen. Das Haus, das gemeinsam mit Rheinbraun
ausgesucht worden war, muss allerdings für den Einzug vorbereitet werden. Das kostet die
Gemeinde 20 000 Mark. Elf weitere Bewohner von Haus Etzweiler hat die Gemeinde im Heidehof
am Berrendorfer Sportplatz untergebracht.
Quelle: Kölnische Rundschau 19/08/1999
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"Die hatten mich auf dem
Kieker"
Haus Etzweiler
Polizei weist Vorwürfe zurück
Elsdorf - Er alarmierte als Erster die Polizei und die
Feuerwehr, wies die Löschfahrzeuge ein und verhinderte so möglicherweise eine
Katastrophe. Doch trotz seiner Hilfe beim Brand der Asylunterkunft "Haus
Etzweiler" landete Hermann Schug in der Polizeizelle. Jetzt soll sich der 40-jährige
Künstler, der seit zehn Jahren in direkter Nachbarschaft des Gebäudes wohnt, wegen
Widerstandes gegen die Staatsgewalt verantworten. Dabei erhebt Schug selber Vorwürfe
gegen die Polizei.
Vom Fenster seiner Wohnung aus hatte Schug am Montagabend
beobachtet, wie vom Dach des Flüchtlingsheimes aus Rauch aufstieg. "Im Hof liefen
schreiend Frauen und Kinder herum, da habe ich die Polizei angerufen und bin rüber ins
Haus", berichtet er. Obwohl im Treppenhaus schon die Flammen loderten, stieg Schug
bis in die zweite Etage, weil er annahm, es könnten noch Menschen im Haus sein.
Alle hatten indes schon das Gebäude verlassen, in dem sich
zum Zeitpunkt des Brandausbruches nur Frauen, Kinder und Jugendliche aufgehalten hatten,
von denen acht Rauchvergiftungen erlitten. Da keine Menschenleben mehr gerettet werden
mussten, rannte Schug schließlich zur Straße, um die ersten Feuerwehrfahrzeuge
einzuweisen. Dann half er bei der Montage der Wasserschläuche.
Otto Hoffmann, Hauptbrandmeister bei der Etzweiler
Feuerwehr, der als einer der ersten Wehrmänner am Brandherd eintraf, lobt so auch Schug:
"Das war ganz hervorragend, was der als Zivilist gemacht hat, um uns zu helfen."
Dennoch geriet Schug dann irgendwie ins Visier der
Einsatzkräfte: Wie er berichtet, hätten zwei Polizisten in Uniform während der
Löscharbeiten die immer noch herumirrenden Flüchtlinge beobachtet und dabei
"hämisch gegrinst". Er habe daraufhin die Polizisten nach dem Grund ihrer
Freude gefragt und zur Antwort bekommen, man lasse sich die eigene Mimik nicht
vorschreiben. "Danach hatten die mich auf dem Kieker", so Schug. Da der Brand
mittlerweile unter Kontrolle gewesen sei, habe er seine Kamera geholt und "von
Randbereichen aus" den weiteren Einsatz gefilmt.
Schließlich sei ein Polizist an ihn mit dem Vorwurf
herangetreten, er behindere die Löscharbeiten und solle das Gelände verlassen. "Ein
Wort gab das andere, ich sah mich schließlich als Bindeglied zwischen den Einsatzkräften
und den Asylanten." Schließlich habe man ihm den Arm auf den Rücken gedreht und zum
Streifenwagen geführt. Dabei sei es zu einem kleineren Handgemenge gekommen.
Schug wurde zur Polizeiwache nach Bergheim gebracht und
saß dort bis 1.05 Uhr in der Zelle. Dann wurde er wieder freigelassen und musste mitten
in der Nacht zu Fuß nach Hause gehen. "Jetzt habe ich auch noch eine Anzeige
bekommen", beklagt er sich. Schug will jetzt selber einen Anwalt einschalten.
Jürgen Chrobok, Sprecher der Erftkreis-Polizei, indes
weist die Vorwürfe zurück. Schug habe die Rettungsarbeiten behindert und sei deshalb des
Platzes verwiesen worden. "Die Verwahrung erfolgte, da er den zuvor ergangenen
Platzverweisen nicht nachgekommen ist." Aus versicherungstechnischen Gründen habe
man ihn schließlich nach seiner Entlassung nicht wieder nach Hause bringen können.
Näheres könne man nicht mitteilen, da der Einsatz noch analysiert werde.
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 19/08/1999
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Feuer
im Flüchtlingsheim
Großalarm für Rettungskräfte - 46 Menschen aus Haus
Etzweiler im Rettungsbus untersucht
Elsdorf-Etzweiler. Ein Brand im Haus Etzweiler löste am
Montag kurz vor 21 Uhr einen Großalarm bei Feuerwehr und Rettungskräften aus. In dem von
Rheinbraun gemieteten Gebäude hat die Gemeinde Elsdorf 53 Flüchtlinge untergebracht. Die
komplette Elsdorfer Feuerwehr war im Einsatz. Unterstützt wurden sie von den Bergheimer
Kollegen mit der Drehleiter.
Als die ersten Wehrleute am Haus Etzweiler eintrafen,
hatten sich die Bewohner und deren Besuch bereits in Sicherheit gebracht. Es brannte
sowohl im Erd- als auch im Obergeschoss. Mit schweren Atemschutzgeräten kämpften sich
die Helfer zum Feuer vor. Wasserleitungen wurden von der rund 500 Meter entfernten K 34
gelegt.
"Nach knapp einer Stunde war der Brand
gelöscht", berichtete der stellvertretende Gemeindebrandmeister Rudi Niephaus. Bis
23.30 Uhr habe man aber immer wieder aufflackernde Glutnester bekämpfen müssen.
Kreisbrandmeister Ludwig Bodden machte sich ebenso wie später Elsdorfs Bürgermeister
Harald Schröder ein Bild von der Lage.
46 Menschen, davon 17 Kinder, wurden im Rettungsbus der
Berufsfeuerwehr Köln vom Leitenden Notarzt des Erftkreises, Heinz-Albert Brüne, und dem
Bergheimer Notarzt untersucht. Acht Menschen wurden wegen kleinerer Verletzungen oder
Rauchvergiftungen ambulant im Rettungsbus behandelt. Zusätzlich wurden die Flüchtlinge
von Notfallseelsorger Dietger Lerch betreut.
Nach Abschluss der Löscharbeiten konnten die Bewohner von
Haus Etzweiler in Begleitung von Polizisten nochmals in das Gebäude, um ihre
persönlichen Sachen zu holen. Nach Auskunft von Kreisbrandmeister Bodden konnte die
Gemeinde die Flüchtlinge in der Nacht nur in noch nicht eingerichteten Container
unterbringen.
Die Ermittlungen hinsichtlich der Brandursache waren
gestern noch nicht abgeschlossen. Brandstiftung kann aber nicht ausgeschlossen werden.
Insgesamt waren rund 150 Helfer bei dem Brand im Einsatz.
Nach Angaben der Gemeindeverwaltung wurden 35 Flüchtlinge
vorübergehend in den Containern an der Nußbaumallee untergebracht, elf weitere, für die
Pfarrer Lerch eine Unterkunft für die Nacht besorgt hatte, sollen zunächst auf dem
Heidehof in Berrendorf unterkommen. Ursprünglich hatte die Gemeinde geplant, dass die
Flüchtlinge im Herbst Haus Etzweiler verlassen und in eine neue Containeranlage umziehen.
Für diese liegt aber noch keine Baugenehmigung vor.
"Die Gemeinde bemüht sich nach Kräften, für die
Bewohner von Haus Etzweiler Unterkünfte zu finden", sagte Hans-Peter Fischer,
Pressesprecher der Gemeindeverwaltung. Die Firma Rheinbraun habe ihre Hilfe angeboten.
In den vergangenen Jahren war die Gemeinde immer wieder
wegen "menschenunwürdiger Zustände" in Haus Etzweiler kritisiert worden.
Ratsmitglieder dagegen warfen den Bewohnern vor, dass diese Haus Etzweiler unbewohnbar
gemacht hätten. Anfang dieses Jahres hatte die Gemeinde auf Verlangen des Kreises den
Brandschutz in Haus Etzweiler verbessern müssen. Der Rat beschloss damals außerdem, Haus
Etzweiler abzureißen und eine Containeranlage zu errichten.
Quelle: Klnische Rundschau 18/08/'99
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Ministerium macht Geld für
Umgehung Blatzheims locker
Auch Hermülheim soll entlastet werden
Staatssekretär zu Besuch
Erftkreis - Die Finanzierung für den zweiten Abschnitt der Ortsumgehung Kerpens steht.
Dies teilte Lothar Ibrügger, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, jetzt im
Kerpener Rathaus mit, wo die Städte Kerpen, Frechen und Hürth eine gemeinsame
Pressekonferenz gaben. Ibrügger äußerte sich auch optimistisch zu den finanziellen
Perspektiven für eine Ortsumgehung für Hürth-Hermülheim und zum sechsspurigen Ausbau
der Autobahn 4 zwischen Frechen und Kerpen.
Auf Vermittlung des SPD-Bundestagsabgeordneten Klaus Lennartz war Ibrügger in den
Erftkreis gekommen, um besonders zum Neubau der Bundesstraße 264 Stellung zu nehmen. Die
Straße soll den zweiten Abschnitt der Ortsumgehung Kerpens bilden, so dass Blatzheim
umfahren werden kann. Nachdem das Projekt schon gestartet worden war, drohte es wieder zu
scheitern, da eine Finanzierungslücke entstanden war.
Wie Kerpens Stadtdirektor Ferdi Wind erläuterte, hätten sich die Kosten für den zweiten
Bauabschnitt der Ortsumgehung, die noch 1992 auf vier Millionen Mark geschätzt worden
waren, auf 16 Millionen Mark erhöht. Warum dies so sei, werde noch geprüft. Er
jedenfalls freue sich, dass das Ministerium die Straße jetzt trotzdem finanzieren wolle.
Ibrügger bat um Verständnis für die Haltung des Ministeriums, dem in den vergangenen
Monaten von Kerpener Seite vorgeworfen worden war, dass Straßenbauprojekt zu gefährden.
"Minister Hans Eichel hat nichts blockiert." Im Ministerium sei die
"gravierende Kostensteigerung" nicht bekannt gewesen, so dass man die Sache noch
einmal in Frage gestellt habe.
Eine weitere Ortsumgehung im Erftkreis könnte es mittelfristig auch im Hürth-Hermülheim
geben. Wie Hürths Stadtdirektor Walther Boecker erläuterte, habe man eine Lösung
gefunden, um die ursprünglich auf 85 Millionen Mark geschätzten Kosten für die Umgehung
auf unter 50 Millionen zu senken. Die Straße soll vierspurig sein. Auf eine Tieflage
werde verzichtet, um Kosten zu sparen. Ibrüggen waren die Pläne jetzt erläutert worden.
Er sei "guten Mutes, dass die Sache klappt", betonte der Staatssekretär.
Lennartz wies dabei noch auf die überregionale Bedeutung der Straße hin. Diese sei wegen
der nahen Fernsehstudios wichtig für den Erftkreis als Medienstandort.
Weiter soll es auch mit dem sechsspurigen Ausbau der Autobahn 4 zwischen Frechen und
Kerpen gehen. Wie Wind dem Staatssekretär erläuterte, gebe es noch Unstimmigkeiten mit
NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn über die Entwässerung der Autobahn. Aus Sicht der
Bundesregierung allerdings, so Ibrüggen, seien die faktischen Anforderungen für die
Entwässerung erfüllt. Er gehe davon aus, dass die Misere jetzt dank neuer Vorschläge
des Landschaftverbandes gelöst werden könne.
Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger 11/08/1999
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Gute
Stube im Ortskern
Erster Spatenstich für das drei Millionen Mark teure
Bürgerhaus in Neu-Etzweiler gesetzt - Ersatz für die fehlenden Gaststätten
Elsdorf/Neu-Etzweiler. Neu-Etzweiler bekommt eine "gute Stube". So jedenfalls
nennt der Architekt Horst Ulrich das Bürgerhaus, das im Laufe des nächsten Jahres für
über drei Millionen im Umsiedlungsort entstehen wird. Das Haus soll der größte Bau in
Neu-Etzweiler werden und gemeinsam mit dem Dorfteich und der Festweise des Zentrum bilden.
Architekt Ulrich setzte am Samstag nachmittag gemeinsam mit Bürgermeister Harald
Schröder, Kirchenvorstand Otto Hoffmann und Alois Herbst von der Firma Rheinbraun den
symbolischen ersten Spatenstich. Heute beginnen die Bauarbeiten an dem Gebäude.
Zahlreiche Etzweiler Bürger waren am Samstag zum ersten Spatenstich ins Festzelt
gekommen, um sich die Pläne für das Haus anzuschauen. Auf rund 800 Quadratmetern wird
das eingeschossige Bürgerhaus unter anderem einen großen, teilbaren Saal für 200
Personen und einen schalldichten Disko-Raum bieten. Ein Schießstand kann in Windeseile im
Großraum aufgebaut werden.
Genutzt werden soll das Bürgerhaus hauptsächlich von den Etzweiler Vereinen (der
St.-Hubertus-Bruderschaft, der Frauengemeinschaft, der Maigesellschaft "Holdes
Grün" und der Interessengemeinschaft Rosenmontagszug), aber auch privaten Anlässen
wird das Haus offenstehen.
Offen für Vereine und Familienfeiern
"Einen vergleichbaren Bau hat es im alten Etzweiler und der Gesolei nicht
gegeben", sagte Bürgermeister Schröder. "Feiern fanden in den Gaststätten
statt, die es wiederum im neuen Ort nicht gibt."
Die Gemeinde Elsdorf übernimmt mehr als zwei Millionen Mark Baukosten, die sich zum Teil
über Entschädigungen von Rheinbraun und Landeszuschüsse finanzieren. Die
Kirchengemeinde St. Hubertus, die mit der Umsiedlung an die Elsdorfer Gemeinde
angegliedert wird, beteiligt sich mit rund 1,2 Millionen Mark an dem Bau. "Wir
verstehen das Bürgerhaus als Ersatz für den Pfarrsaal im alten Etzweiler", sagte
Kirchenvorstand Otto Hoffmann.
Den ersten Spatenstich verbanden die am Bau Beteiligten mit vielen guten Wünschen. So
hoffte Bürgermeister Schröder, dass das Bürgerhaus "den Zusammenhalt der Umsiedler
und das Vereinsleben fördern wird". Laut Alois Herbst, bei Rheinbraun für die
Abteilung Umsiedlung zuständig, soll das Gebäude "den Mittelpunkt des
Gemeinschaftslebens bilden".
Zumindest wird das Bürgerhaus auch an den alten Ort erinnern: Fliesen aus dem Flur des
Pfarrhauses werden hier ebenso ihren Platz finden wie die alte Tür mit den beiden
schmiedeeisernen Buchstaben "E", die für "Etzweiler Einigkeit"
stehen.
Die Umsiedlung ist fast abgeschlossen. "Von den einst 300 Haushalten leben nur noch
rund 25 Familien in Etzweiler", sagte Ortsvorsteher Heinz Tesch.
Quelle: Kölnische Rundschau 09/08/1999
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56 Jungen und drei Mädchen beginnen heute bei Rheinbraun
in Frimmersdorf ihre Lehre - Unternehmen bildet rund 700 Jugendliche aus
Frimmersdorf. Frühaufsteher müssen sie sein, die drei
Mädchen und 56 Jungen, die ab Montag in der Rheinbraun-Ausbildungswerkstätte eine Lehre
anfangen. Arbeitsbeginn ist um sechs Uhr morgens, "aber ab halb sechs sind die
Gebäude geöffnet", wurden die Arbeitsanfänger von einem Vertreter der
Personalabteilung aufgeklärt.
Beitrag zur Entspannung auf Ausbildungsmarkt
Am Samstag morgen wurden die angehenden Handwerker und ihre
Eltern in der Ausbildungswerkstätte Frimmersdorf von Betriebsdirektor Helmut Beißner
begrüßt. Bei Kaffee und kalten Getränken wurden die Jugendlichen über ihre
Arbeitsstätte informiert. Dabei standen Verhaltensregeln genauso auf dem Plan wie die
Kosten für das Mittagessen oder Fragen zur Gehaltsabrechnung und Krankenversicherung.
Auch der Hinweis an die Eltern, auf die Verkehrssicherheit der Fahrräder ihrer Kinder zu
achten, fehlte nicht. "Es kommt nicht selten vor, dass ein Ausbilder einen seiner
Schützlinge auf der Motorhaube hat, weil dieser ohne Licht um die Kurven gebrettert
ist", berichtete Beißner.
Alie kommenden dreieinhalb Jahre werden die jungen Leute
nun Kenntnisse für ihren späteren Beruf erwerben, eine spätere Übernahme bei
Rheinbraun ist aber nicht vorgesehen. Das Unternehmen versteht sein Engagement als Beitrag
zur Entspannung auf dem angespannten Ausbildungsmarkt. 150 000 Mark gibt Rheinbraun
jährlich für die Lehrlingsausbildung aus. "Es ist unser grundlegendes Ziel, eine
qualifizierte Ausbildung zu ermöglichen", sagte Beißner. Man gebe sich große Mühe
Wissen zu vermitteln und habe auch dafür Verständnis, dass Jugendliche mal über die
Strenge schlagen. "Aber es gibt auch feste Regeln im Berufsleben und Disziplin heißt
vor allem auch Selbstdisziplin", ermahnte Beißner die Jugendliche. So dürfe es
keine unentschuldigten Fehlzeiten geben, machte der Betriebsdirektor geltend.
Auch wenn das Unternehmen den jungen Leuten nach ihrer
Ausbildung keinen Arbeitsplatz anbiete - wie es vor einigen Jahren bei Rheinbraun noch
gang und gäbe war - glaubt Betriebsratsvorsitzender Helmut de Jong, dass die
ausgebildeten Handwerker auch auf dem freien Arbeitsmarkt in der freien Wirtschaft gute
Chancen haben. Ohnehin könne keiner sagen, "wie es hier in drei Jahren mit
Arbeitsplätzen aussieht", fügt de Jong hinzu.
Ausgebildet werden die 59 Jugendlichen in den Berufen
Industriemechaniker, Energieanlagenelektroniker, Konstruktionsmechaniker und
Zerspanungsmechaniker. Allein in diesem Jahr hat das Unternehmen bereits 200 jungen Leuten
einen Ausbildungsplatz angeboten, insgesamt bildet Rheinbraun zur Zeit 700 Jugendliche
aus.
Quelle: Kölnische Rundschau 02/08/99
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Probleme bei Verbrennung - RWE baut weiter Personal ab
Bergheim/Erftkreis - Die RWE Energie AG wird zum 1. Januar 2000 ihre Kraftwerke in drei
"Leistungseinheiten" umwandeln. Auf diese Weise soll weiter Personal eingespart
werden. Die Kraftwerke Bergheim-Niederaußem und das Goldenberg-Werk in Hürth werden zu
einer Einheit zusammengefaßt. Frimmersdorf bildet mit Neurath eine weitere. Nur das
weiter westlich am Tagebau Inden gelegene Kraftwerk Weisweiler bildet eine eigene Einheit.
Das teilte der Niederaußemer Kraftwerksdirektor Günther Schöddert gestern mit.
Weiterhin ist geplant, ein zentrales "Service-Center" für alle Kraftwerke zu
installieren.
Regeln bislang alle Kraftwerke den Einkauf für sich selbst, soll dies zukünftig in einer
Abteilung geschehen. Zentralisiert werden soll auch das Meß-und Prüfwesen, die Teams der
turnusmäßigen Inspektionen der Kraftwerksblöcke, das Lagerwesen und einzelne
Werkstätten. Das Service-Center müsse man sich eher als eine organisatorische denn als
räumliche Zusammenlegung vorstellen, betonte Schöddert. Natürlich sei es das Ziel,
doppelte Arbeiten zu vermeiden und so den Personalbedarf weiter zu verringern.
Braunkohlenstrom stehe unter erheblichem Kostendruck durch die billige Importsteinkohle,
deshalb müsse RWE die Betriebskosten senken.
Sicher sei, daß das Goldenbergwerk "so bald wie möglich" vom Netz gehe.
Verträge wie der mit der Stadt Köln über die Verbrennung von Gas aus der Mülldeponie
hinderten RWE zur Zeit daran, die beiden Hürther Blöcke sofort abzuschalten. Von der 350
Mann starken Hürther Belegschaft gehörten rund 100 Mitarbeiter zum Bereich des
Zentrallabors, das weitergeführt werde, so Schöddert. Auch bisher seien schon einige
Mitarbeiter nach Niederaußem übernommen worden. Fest steht, daß Schöddert nicht Chef
der neuen Leistungseinheit werden wird, denn er wird am 7. Februar 2000 65 Jahre alt und
geht in Pension. Über Personalien werde ohnehin erst geredet, wenn Dr. Gerd Jäger am 1.
Oktober 1999 die Nachfolge von Professor Werner Hlubek an der Spitze von RWE Energie
übernommen habe. Auch die Betriebsräte würden wohl erst im Jahr 2002 zusammengelegt,
sagt Harald Könen, Vize-Betriebsratsvorsitzender von Niederaußem.
Mit Sorge blickt das RWE auch auf die Qualität der Braunkohle. Das Niederaußemer
Kraftwerk versorgte zwar auch im Wirtschaftsjahr 1998/99, das am 30. Juni endete, 4,3
Prozent aller Deutschen mit Strom, aber es wurden 22 Milliarden Kilowattstunden weniger
produziert als im Vorjahr (513 Milliarden Kilowattstunden). Grund ist der hohe
Alkaligehalt der Braunkohle, besonders der aus Hambach, der dazu führt, daß die Asche
schmilzt und die Kessel verklebt, was Ausfälle zur Folge hatte. Sollte Garzweiler II an
wirtschaftlichen Gesichtspunkten scheitern, sehen selbst die BoA-Planer technische
Probleme auf sich zu kommen, wenn sie allein auf die Kohle aus Hambach angewiesen sind.
Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger 30/07/99
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Malochen für den höchsten Kühlturm der Welt:
Betonhochbauspezialist Björn Kwahs schuftet täglich zehn Stunden für den BoA-Block
Bergheim-Niederaußem. Für den "letzten Mann vorm
Beton" gibt es nur wenige Handgriffe: Björn Kwahs spannt zwei Betonschalen zusammen
und biegt den überstehenden Draht ab. Jetzt sitzt die Schalung fest zwischen den
Abstandhaltern, der Beton kann kommen.
Oft genug hängt Björn Kwahs der Kübel mit säurefestem
Spezialbeton buchstäblich im Nakken. Dann heißt es, noch einen Zahn zulegen, die
Spannschlösser im Akkord anbringen und spannen. Mehrere hundertmal am Tag die gleichen
Handgriffe.
Kwahs ist nach Eisenflechtern, Aus- und Einschalern sowie
Kletterern der letzte, bevor "der Beton kommt". Die hohe Spezialisierung
gewährleitet die Schnelligkeit der Truppe. "Einer jagt hier den anderen", sagt
Theo Lattiras, der wie Kwahs aus dem Ruhrgebiet kommt.
"Es muß ja weiter gehen", sagt Kwahs, so wie
seine rund 60 Kollegen, die auf dem Ringgerüst den Kühlturm Tag für Tag um mindestens
einen Meter in die Höhe schrauben. Allen sitzt der Terminplan im Nacken: Ende November
sollen sie fertig sein. Etwa um zehn Meter ist die Truppe im Rückstand.
Es ist nicht irgendein Gebäude, das Björn Kwahs mit
hochzieht. Mit 200 Metern wird der Kühlturm für den BoA-Block am Kraftwerk Niederaußem
der höchste der Welt sein. Neben dem Nettogehalt von rund 4000 Mark motiviert ihn auch
das. Alle sind peinlich genau in ihrer Arbeit. Täglich wird die erst nach innen, dann
nach außen geneigte Form des Turms neu ausgelotet. Nur der Meter genau in Taillenhöhe
wird im Lot betoniert werden können. George Lattiras überträgt mit der
Winkelwasserwaage die Gradzahl auf die Schalungshilfen.
Per Handy die kleine Tochter trösten
"Eine Arbeit, bei der ich morgens den Kopf abgebe und
abends wieder aufsetze." Doch Lattiras und die anderen haben auch hier den Ehrgeiz,
exakte Arbeit zu liefern, nicht weiter als einen Zentimeter vom Sollwert abzuweichen.
Das Wort von der "Primatenarbeit" macht bei den
Bauarbeitern die Runde. Für den 24jährigen Betonhochbauspezialisten Björn Kwahs heißt
das, ab 6 Uhr zehn Stunden zu arbeiten, fünf Tage in der Woche, manchmal auch samstags.
150 Überstunden sammeln sich da schnell an. Die werden abgefeiert, wenn die Firma
Heitkamp aus Herne mal keinen Kühler hochzieht.
Zwischen Schalöl, Rost und Betonspritzern träumt Kwahs
von Sonne und den weißen Stränden der Dominikanischen Republik. Da soll es im August
hingehen. Auf dem Turm dagegen bringt das Wetter meist unerfreuliche Abwechslung.
"Wie es hier regnet. Ist doch nicht normal", murrt Einschaler Hans Marek, der
wenige Meter vor Kwahs arbeitet. Und wenn es heiß ist, wabern aus den anderen
Kühltürmen heiße Dampfwolken nieder.
George Lattiras und sein Bruder Theo wohnen mit Björn
Kwahs wochentags in einer engen Wohnung mit bunt zusammengewürfelten Möbeln nur wenige
hundert Meter von der Baustelle entfernt. Das Trio war schon öfter zusammen auf Montage.
Auch privat sind die drei ein eingespieltes Team.
"Nein Süße, das geht doch nicht. Du weißt doch, ich
muß hier arbeiten", vertröstet Theo am Handy seine vierjährige Tochter, während
er die Schnitzel in der Pfanne wendet, George den Salat wäscht, und Björn die gebratenen
Pilze pfeffert. Manchmal sei es nicht so einfach, ein Familienleben zu führen.
Gelsenkirchen ist nicht weit, aber zu weit weg, um täglich zu fahren. "Das machst du
vielleicht zweimal die Woche. Öfter hältst du einfach nicht durch". Björn und
George ist erst kürzlich eine Liebe zerbrochen, an der Arbeit habe das schon auch
gelegen, sagen sie.
Auch Oberpolier Roland Albert runzelt bei der Frage nach
dem Privatleben die Stirn. "Die Familie muß es schon mitmachen", sagt er, der
am Wochenende rund 600 Kilometer weit nach Hause fährt. Seit 25 Jahren ist er
verheiratet, seit 20 Jahren auf Montage. Eine Ahnung von dem, was "auf Montage
sein" heißt, hatte Kwahs schon auf der Fahrt zum Kraftwerk "Schwarze
Pumpe" bei Spremberg. Das war unmittelbar nach seiner Lehre als Beton- und
Stahlbetonbauer im Sommer 1994. 650 Kilometer ging es da von Wanne-Eickel in Richtung
Osten. Tagsüber habe er bei 30 Grad Hitze auf dem Kühler malocht und am Feierabend
überhaupt nichts zu tun gehabt. "Überall nur Kopfsteinpflaster" erinnert er
sich. In Bergheim sei das anders. Da ginge er schon mal in den Angelpark auf ein
T-Bone-Steak und ein Bier oder ins Bergheimer Steffi. Gegen die Monotonie hilft auch der
Ausblick aus der Höhe nichts. Der Colonius zeigt sich am Horizont winzig, daneben der
Kölner Dom. Bei guter Sicht ist sogar Düsseldorf auszumachen. Manchmal aber stellt sich
Björn Kwahs auf den oberen Rand der Schalung, hält sich an den Armierungseisen fest,
lehnt sich vor und läßt sich dort, so kurz vor dem Sprung auf die äußere Brüstung,
für einen Moment wippen: "Das ist wie fliegen". Und dann sieht er das
Wochenende vor sich liegen: "Was Theo? Noch zwei Stunden, dann haben wir es
geschafft".
Quelle: Kölnische Rundschau 27/07/1999
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Pläne für das Gewerbegebiet Türnich 3 vorgestellt -
Stadt und Rheinbraun arbeiten zusammen
pro Kerpen. "Ein sehr spannendes Projekt" ist der
Industrie- und Gewerbepark Türnich 3 für Rheinbraun. Am Mittwoch wurden im Kerpener
Rathaus die Pläne für die im Anschluß an das bereits besiedelte Gewerbegebiet Türnich
2 ausgewiesene Fläche vorgestellt. Auf 88 Hektar sollen sich hier neue Unternehmen
ansiedeln. Für 120 Mark pro Quadratmeter inklusive der Erschließungskosten sind die
Grundstücke zu haben; allerdings erst ab einer Größe von 1000 Quaratmetern. Die
Aufträge zur Erschließung seien bereits vergeben, "am 8. September ist der
offizielle Baubeginn", berichtete Kerpens Stadtdirektor Ferdi Wind.
Das geplante Industriegebiet Türnich 3 gehört zur Hälfte
Rheinbraun und zur anderen Hälfte der Stadt Kerpen. "Das Konzept steht auf einer
vernünftigen wirtschaftlichen Basis", so Alois Herbst, Abteilungsleiter
Liegenschaft/Umsiedlung bei Rheinbraun. Deshalb habe sich Rheinbraun entschlossen, die
Vermarktung in Zusammenarbeit mit der Stadt Kerpen zu organisieren. "Für Rheinbraun
ist dies das größte Bauprojekt außerhalb der Umsiedlungenen", erläuterte Herbst.
Der Verkauf der Grundstücke sei bereits in vollem Gange,
sagte Wind. "Und die Nachfrage ist sehr positiv." Sechs Hektar sind bereits an
Unternehmen verkauft, für weitere fünf Hektar habe man Optionen vergeben. Geplant ist
auch eine Vermarktung über das Internet. Sogar ein eigenes Logo sei für die
professionelle Vermarktung entwickelt worden.
Mit den beiden Gewerbegebieten Türnich 1 und Türnich 2
entsteht mit 132 Hektar einer der größten zusammenhängenden Gewerbe- und
Industriebereiche in der Region Köln-Aachen. "Sehr wichtig für die Stadt ist, daß
zur Erreichung der Industriegebiete kein Ort durchfahren werden muß", findet Wind.
Es bestehe eine optimale Verkehrsanbindung, ohne daß die Bürger einer Lärmbelästigung
ausgesetzt seien.
Quelle: Kölnische Rundschau 22/07/99
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Bergschäden rund um den Tagebau Hambach halten sich in
Grenzen
fun Erftkreis. Die Heppendorfer sind in den letzten 42
Jahren am tiefsten gesunken. Um bis zu 3,29 Meter ist der Ortsteil der Gemeinde Elsdorf
durch die Grundwasserabsenkung im Bereich des Tagebaus Hambach abgesackt. Elsdorf selbst
sank 2,35 Meter. An 43 000 Festpunkten werden die Veränderungen regelmäßig gemessen.
Werner Schäfer, Leiter der Rheinbraun-Abteilung
"Bergschäden", lieferte am Dienstag dem Braunkohlenunterausschuß Hambach eine
Bericht über die Sachdenssituation. Sie sei alles andere als dramatisch, sagte Schäfer.
Da die Absenkungen sich nur millimeterweise und nie abrupt vollzögen, hielten sich auch
Auswirkungen auf Grundstücke und Gebäude in Grenzen.
Zu etwa 100 Bergschäden im Jahr komme es derzeit im
gesamten Einzugsgebiet des Tagebaus Hambach. Dies entspreche - mit einer Ausnahme - dem
Erfahrungswert der vergangenen vier Jahrzehnte. Bergheim habe Ende der 80er, Anfang der
90er Jahre eine Sonderstellung eingenommen und den Durchschnittswert auf 160 erhöht.
Rheinbraun bemühe sich, die Schäden schnell und
unbürokratisch zu bereinigen, sagte Schäfer, räumte allerdings ein, daß sich Verfahren
je nach Prüfungsaufwand auch einmal verzögern könne. "Wir betreiben keinesfalls
irgendeine Hinhaltetaktik."
Quelle: Kölnische Rundschau 17/06/1999
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RWE reformiert seine Versorgungsbereiche
Neue Anforderungen im freien Strommarkt
fun Erftkreis. Der "Netzbereich Erft", zu dem
jetzt der gesamte Erftkreis zählt, zeigt bereits die neuen Strukturen der Reform
innerhalb der RWE Energie AG: Netzbetreuung und Energievertrieb sind strickt von einander
getrennt, um den Anforderungen des freien Marktes und der sicheren Stromversorgung besser
gerecht werden zu können.
Bereits im April hatte die RWE Energie AG bei einer
Pressekonferenz in Düren die Umstrukturierung vorgestellt.
2500 Arbeitsplätze fallen weg
2500 Arbeitsplätze sollen allein in der Netzbetreuung und
im Vertrieb sozialverträglich eingespart werden, um die Wettbewerbsfähigkeit im harten
Konkurrenzkampf garantieren zu können. Auf dem Strommarkt werde bald ähnlich aggressiv
um Kunden gerungen wie im Bereich der Telekommunikation, hieß es damals.
Adolf Schweer, der Leiter des Netzbereiches Erft,
bestätigte gestern in Bergheim die Zahlen erneut. Es sei jedoch niemand entlassen worden.
Eine Vorruhestandsregelung und die Flexibilität der Mitarbeiter, die zu einem
Standortwechsel bereit seien, hätten überall zu annehmbaren Lösungen geführt. Im
Bereich "Netzbetreuung" seien zudem kaum Arbeitsplätze einzusparen. "Ein
PC kann keine Leitungen reparieren", so Schweer. Im kaufmännischen Bereich gebe es
da mehr Möglichkeiten.
In der Betreuung von Strom-, Gas- und Wasserleitungen
unterhält RWE in Bedburg, Frechen und Kerpen weitere Außenstellen, sogenannte
Netzbezirke, um bei auftretenden Störungen für Reparaturen schnell vor Ort sein zu
können. Während hier die Präsenz zur Sicherung der Versorgung unabdingbar sei, lasse
sich die Kundenbetreuung problemlos zentralisieren. So wird das im Ausbau befindliche
"Call-Center" in Brühl künftig der Kundschaft in ganz Deutschland als
Ansprechpartner zur Verfügung stehen, und die Rechnungen kommen aus dem
"Billing-Center" in Essen.
Großkunden profitieren vom Preiskampf
Bisher profitieren vor allem Großkunden vom Preiskampf auf
dem Strommarkt. Inzwischen entdeckten verschiedene Anbieter aber auch schon kleinere
Einheiten, etwa Gewerbetreibende, die sich zu Abnehmergemeinschaften zusammenschließen.
Irgendwann könne möglicherweise auch der Privatkunde in den Mittelpunkte des Interesses
rücken, so Schweer. Denn schließlich könne mit Einführung einer Strombörse praktisch
jeder Geschäftsmann mit Energie Handel betreiben.
Quelle: Kölnische Rundschau 17/06/1999
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Chemiepark Knapsack - Studie: Nur Mittelfeld im
Standort-Vergleich
Hürth. Jetzt hat es der Industriestandort Hürth-Knapsack
schwarz auf weiß: Im weltweiten Vergleich belegt er einen Platz im Mittelfeld. Der
Spitzenreiter liegt in den Niederlanden. Horst-Dieter Schüddemage, Leiter der InfraServ,
die den Chemiepark vermarktet: "In den Bereichen, die wir beeinflussen können,
müssen wir uns bewegen." Außerdem gelte es, die politischen Rahmenbedingungen zu
verbessern. "Mittelfeld reicht nicht."
Die Studie, die im Auftrag von InfraServ von Aventis,
Dienstleister der Hoechst AG, durchgeführt wurde, vergleicht elf Standorte. Sechs davon
sind von Hoechst in Deutschland, je einer liegt in den Niederlanden, Spanien, Frankreich,
den USA und Indien. Basis für die Analyse waren vier typische Chemieanlagen.
Geradezu erschütternd fällt das Ergebnis des Vergleichs
aus, wenn es um die Frage der Kosten geht. Der Kapitalwert am niederländischen Standort
ist zwei-bis mehr als dreimal höher als in Knapsack. Auch der Abstand der Niederländer
zu den übrigen deutschen Industrieplätzen ist beachtlich. Grund hierfür, so die Studie,
seien hohe Energie- und Personalkosten sowie die Steuersätze. "Wenn es um
Standortentscheidungen geht, rechnet jedes Unternehmen mit dem gesetzlichen Steuersatz,
nicht mit den real gezahlten Steuern", so die Erklärung.
Energiekosten im Mittelfeld
Die Energiekosten sind ein Punkt, den die Unternehmen
selbst beeinflussen können. Hier zeigen sich bereits innerhalb Deutschlands gravierende
Unterschiede: An einem Standort sind sie annähernd doppelt so hoch wie an einem anderen.
Auch hier hält sich Knapsack etwa in der Mitte. Nach dem angekündigten Rückzug von RWE
vom Chemiehügel ist Zeit für neue und entschlossene Verhandlungen.
Gute Kritiken erntet der Standort bei den sogenannten
qualitativen Kriterien (Infrastruktur, Genehmigungsverfahren, Kriminalität und
ähnliches). 83 derartige Faktoren wurden begutachtet. In punkto Nutzwert sind die
deutschen Standorte demnach führend, Knapsack rangiert insgesamt auf Platz vier. Jedoch
sind die Abstände zwischen allen Standorten, mit Ausnahme von Indien, gering.
"Jetzt wissen wir wenigstens, wo wir stehen", so
Schüddemage, der einräumen mußte, daß sein Credo - "Wir sind der beste Standort
in Europa" - wohl revidiert werden muß. Er wolle sich auch keineswegs darauf
beschränken abzuwarten, bis die Politik die Rahmenbedingungen verbessere: "Wir
müssen hier in Knapsack selbst die Strukturen verändern." Dazu gehöre, Arbeit
effizienter zu gestalten. Darüber hinaus müsse ein Cracker, eine von weltweit wenigen
Großanlagen für die Petrochemie, nach Knapsack kommen. Logistisch sei der Weg mit dem
geplanten Containerbahnhof vorgezeichnet.
Aber: "Die Höhe der Steuern dominiert die übrigen
Standortvorteile." Insbesondere bei der Abschreibung hätten die Niederlande die
eindeutig besseren Karten. Ähnlich sehe es in den gesamten Benelux-Staaten aus, Antwerpen
boomt. Ferner seien Personal- und Reparaturkosten dort deutlich günstiger - ein Punkt der
nur bedingt im Einflußbereich der einzelnen Unternehmen liegt.
Auch wenn das Ergebnis der Studie den Vorstellungen der
InfraServ sicher nicht so ganz entspricht, sieht Schüddemage einen Vorteil: "Wir
kennen jetzt unsere Position und die Richtung, in die wir uns bewegen müssen." Und
Bewegung tut Not, will Knapsack nicht die "dicken Brocken" an sich
vorüberziehen lassen. Der Frage der Energieversorgung durch ein eigenes Kraftwerk kommt
dabei eine nicht unbedeutende Rolle zu. Doch RWE baut auch in Antwerpen.
Quelle: Kölnische Rundschau 03/06/1999
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Betonwerk statt Brikettfabrik
Industriehügel Knapsack
Neue Ansiedlungen auf Rheinbraun-Areal - Sechs Hektar Land
erschlossen
Hürth - Die Brache füllt sich, ein wenig zumindest. Rund 100 Hektar freie Fläche gibt
es im Knapsacker Technologie- und Industriepark - zwei Hektar hat Rheinbraun jetzt an den
Mann gebracht. Die Beton-Union baut an der Ecke Industriestraße/Bertramsjagdweg ein
Betonwerk. Ein zweites Grundstück erwarb die Hürther Spedition Eilfro, die demnächst
mit Bauarbeiten beginnt. Und nebenan will die Firma Pepsik auf dem ehemaligen Terrain der
ehemaligen Brikettfabrik Vereinigte Ville einen Reparaturbetrieb für Gabelstapler
betreiben. Unter dem Namen "Technologie- und Industriepark Knapsack" versuchen
RWE und Rheinbraun sowie der Chemiepark und die Immobilienfirma, gemeinsam den Standort zu
vermarkten. Bei aller nach außen demonstrierten Eintracht sind die vier Partner zunächst
daran interessiert, die passenden Nutzer für ihre eigenen Grundstücke zu finden.
Gestern nun lud die Rheinbraun AG zur Einweihung des ersten Bauabschnitts auf ihrer
Freifläche ein. Sechs Hektar wurden erschlossen, bei großer Nachfrage sollen auch die
übrigen neun Hektar in Rheinbraun-Besitz für Ansiedlungen vorbereitet werden. "Ein
Bahnanschluß besteht bereits", so Dr. Christian Lögters, Bereichsleiter
Liegenschaften bei Rheinbraun. Die drei neuen Investoren wollen in Knapsack alles in allem
60 Leute beschäftigen. 20 davon werden im Betonwerk arbeiten, das die Beton Union Eifel
errichtet.
Laut einer Aufstellung der Hürther Wirtschaftsförderung haben inzwischen mehr als 100
Firmen ihre Filialen auf dem Industriehügel. Dazu zählen kleine Dienstleister, aber auch
Chemiefirmen mit mehreren hundert Mitarbeitern. Insgesamt haben 2500 Leute einen Job in
Knapsack - das sind weniger, als einst allein die Hoechst AG beschäftigte. Stadtdirektor
Walther Boecker sagte gestern, mit der Erschließung des Gewerbe- und Industrieareals bei
Rheinbraun werde kleineren und mittleren Unternehmen eine Perspektive geboten. Boecker
mahnte zugleich, "hochakzeptiertes Industriegebiet" nicht zugunsten
kurzfristiger Ansiedlungserfolge zu verschleudern.
Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger 01/06/99
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Münteferings Verkehrspolitik folgt den eingefahrenen
Mustern
Die EU hat vor kurzem festgelegt, was benachteiligte
Regionen mit der Strukturhilfe aus Brüssel fördern sollen. Da ist von Innovation die
Rede, von Umwelt, Nachhaltigkeit und der Gleichstellung der Geschlechter. Auch regionale
Wirtschaftskreisläufe sollen gestärkt werden. Und was fällt den Deutschen dazu ein?
Autobahnen - mal wieder.
Etwa drei Milliarden Mark aus Brüssel haben die
ostdeutschen Länder aus ihren Fördergeldern abgezweigt und an Bundesverkehrsminister
Müntefering weitergeleitet. Der hat versprochen, noch einmal 4,9 Milliarden Mark
draufzulegen und davon schöne neue Verkehrswege zu bauen. Etwa zwei Drittel der Mittel
sind für Straßenbau vorgesehen; der Rest geht in die Schiene.
Müntefering setzt das Spiel seines CDU-Vorgängers
ungebrochen fort: Zum einen betont er immer wieder, den Verkehr von der Straße auf die
Schiene verlagern zu wollen, um dann genau das Gegenteil zu tun. Auch die Masche,
möglichst viele Projekte anzufinanzieren und so einen Fortsetzungszwang zu erzeugen, hat
Müntefering von Wissmann abgekupfert. Der Rügendamm oder die Verbindung Schwerin-Wismar
hätten auf Jahre keine Chance, weil schon das Geld im Bundeshaushalt für die
Ostseeautobahn nicht ausreicht. Doch sobald EU-Gelder drinstrecken, muß die Asphaltpiste
irgendwann fertig werden. Bei der Verteidigung der Pfründe gegen den sparwütigen
Finanzminister Eichel ist das EU-Argument bestimmt auch ein Trumpf.
Und die Grünen? Zwar steht im Koalitionsvertrag, daß die
Investitionen für Straße und Schiene angeglichen werden sollen. Doch mal wieder halten
die Grünen still. Schließlich sind ja auch ein paar gute Projekte dabei wie die
Mitte-Deutschland-Bahn von Görlitz nach Paderborn. Und immerhin hat Müntefering es
vermieden, provokative Projekte wie die ICE-Trasse Erfurt-Nürnberg oder die
Ostseeautobahn aufzunehmen. Wer interessiert sich schon für die Ortsumgehung Wolgast?
Weil kein öffentlicher Aufschrei zu erwarten ist, bleibt der Verkehrsplan unterhalb der
Schmerzgrenze der grünen Bundestagsfraktion. Solche Art von Taktiererei aber unterstützt
die Betonpolitik à la Müntefering. So wird auch der überübernächste Verkehrsminister
keine umweltfreundliche Politik machen können.
Quelle: TAZ 27.5.1999
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Trotz leerer Kassen: Bundesprogramm stellt acht Milliarden
für umstrittene Verkehrsprojekte in den neuen Ländern in Aussicht Von Thorsten Denkler
Berlin (taz) - Bis gestern litt die Bundesregierung noch
unter knappen Kassen. An neue Autobahnen war nicht zu denken. Über Nacht ist alles anders
geworden. Das Bundeskabinett beriet gestern das Bundesprogramm "Verkehrsinfrastruktur
Neue Bundesländer". Das Programm wäre mit rund acht Miliarden Milliarden Mark
dotiert; fünf Milliarden aus Bundesmitteln und drei Milliarden aus dem Europäischen
Fonds für regionale Entwicklung (Efre). Mit dem Geld sollen in den Jahren 2000 bis 2006
vor allem Bundesautobahnen in den neuen Ländern gebaut werden, die aus Geldmangel auf die
lange Bank geschoben worden waren. Dazu gehören etwa die A 241 von Schwerin nach Wismar,
die A 17 von Dresden nach Prag und auch die Rügenabindung an die A 20 - allesamt höchst
umstrittene Projekte.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) wirft
Bundesverkehrsminister Franz Müntefering (SPD) in einem offenen Brief vor, mit diesem
Programm den eigenen Koalitionsvertrag zu verletzen. Eigentlich sollten die Investitionen
in Straße und Schiene angeglichen werden. In dem Sonderprogramm aber spielt der ÖPNV nur
eine untergeordnete Rolle. "Der Verkehrsminister glaubt anscheinend immer noch, mit
Autobahnen Probleme lösen zu können", ärgert sich Tilmann Heuser, Verkehrsreferent
beim BUND.
Glücklich sind auch die Grünen mit dem Vorgehen des
Verkehrsministers nicht. Sie wurmt vor allem, daß Projekte in die Förderung aufgenommen
wurden, die eigentlich noch hätten überprüft werden sollen. Die Projekte fallen jetzt
aus der im Koalitionsvertrag vereinbarten Prüfung des Bundesverkehrswegeplans heraus.
Die neuen Bundesländer müssen dem Maßnahmenpaket der
Bundesregierung zustimmen. Weil die Zuständigkeit für die Planung und Finanzierung von
Autobahnen, überregionalen Schienentrassen und Wasserstraßen beim Bund liegt, haben sie
mit der Regierung ein Geschäft gemacht: Die neuen Länder geben von den ihnen
zugewiesenen 40 Milliarden Efre-Mark drei Milliarden Mark dem Bund, und im Gegenzug baut
derdie Infrastruktur der Länder aus.
Daß dieser Schuß auch nach hinten losgehen kann, zeigt
sich am Land Thüringen. Es hat von den ihm zustehenden EU-Mitteln 510 Millionen Mark in
die Verantwortung des Bundesverkehrsministers übergeben. "Nach den jetzigen Plänen
bekommen wir aber nur 375 Millionen wieder", wundert sich Klaus Hofmann, Sprecher im
Ministerium für Wirtschaft und Verkehr. Damit soll die Autobahn A 71 gebaut werden. Aber
die Thüringer wollen eigentlich auch ihr Schienennetz ausbauen. Vor allem die ICE-Trasse
Erfurt - Nürnberg und der zweigleisige Ausbau der Mitte-Deutschland-Strecke liegt ihnen
am Herzen. Sollte keines dieser beiden Projekte realisiert werden können, wird Thüringen
seine Zustimmung verweigern. Damit wäre das gesamte Bundesprogramm gestorben.
Quelle: TAZ 27.5.1999
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Diskussionen um den Standort Hürth
Erftkreis. "Ich bin nach der jüngsten Entwicklung
sicherer denn je, daß am Standort Hürth ein Gaskraftwerk entstehen wird", sagt
Horst-Dieter Schüddemage, Chef der Firma InfraServ, die den Technologie- und
Industriepark Hürth vermarktet. Schüddemage geht davon aus, daß die RWE Energie AG und
die englischen Firma PowerGen sich in "irgendeiner Form kooperativ einigen
werden".
Während es im Erftkreis die Spatzen von den Dächern
pfeifen, daß die Engländer am Mittwoch zunächst in Hürth-Knapsack und dann in Essen
waren, werden Gespräche von der RWE Energie AG weder bestätigt noch dementiert.
Pressesprecherin Barbara Eckrich wiederholt die bekannte Position: "Fernwärme und
Prozeßdampf können weiterhin braunkohlenbasiert geliefert werden." Als Lieferanten
für Prozeßwärme für die Zeit nach dem Goldenbergwerk - es soll spätestens Mitte 2003
abgeschaltet werden - nennt Eckrich das Rheinbraun-Kraftwerk in Berrenrath. Den Kunden
verspricht sie ein gutes Angebot.
Die Politiker wollen auf jeden Fall am Standort Hürth
festhalten. Klaus Lennartz und alle Hürther SPD-Politiker haben in einem Schreiben den
RWE-Vorstand aufgefordert, eine Perspektive zu entwickeln und schnellstens die Zukunft des
Energie- und Industriestandortes Hürth vor Ort in einer Gesprächsrunde zu erörtern.
Der CDU-Landtagsabgeordnete Willi Zylajew sieht im
Kraftwerk Berrenrath als Prozeßwärmelieferanten nur eine vorübergehende Lösung, die es
RWE aber ermögliche, relativ schnell das Goldenbergwerk aufzugeben. Nach Zylajews
Einschätzung bringt die jüngste Entwicklung aber die PowerGen-Pläne weiter nach vorne.
Die Firma habe eine fünfjährige Option auf ein äußerst wertvolles Grundstück und
werde wohl davon Gebrauch machen.
FDP: Befremdliche Informationspolitik
Für die Grünen ist ein Gaskraftwerk in Hürth die
"einzig realistische Perspektive". "Ob dieses von RWE oder PowerGen oder in
Kooperation zwischen beiden errichtet werden wird, ist zweitrangig", schreibt
Kreisvorsitzende Doris Lambertz in einer Pressemitteilung. Es sei jedoch wichtig, sich der
Realität zu stellen. Dazu gehöre auch die Erkenntnis, daß der Tagebau Garzweiler II
"faktisch unnötig" sei.
Die Landratskandidatin der FDP, Anne Schmitt-Sausen,
kritisiert die "befremdliche Informationspolitik von RWE", mit der bis zuletzt
ein Festhalten am Goldenbergwerk signalisiert worden sei. Um im Veränderungsprozeß ein
Stück voranzukommen, fordert Schmitt-Sausen die Stadt Hürth auf, ein
"Energieforum" einzuberufen. Ziel müsse es sein, mit neuen Investitionen neue
Arbeitsplätze zu schaffen. Dazu gehörten auch der Ausbau des Industrieparks Knapsack und
die Gewährleistung einer optimalen Energieversorgung.
Quelle: Kölnische Rundschau 28/05/99
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RWE Energie AG: Investitionsentscheidung klares Signal für
Festhalten an Braunkohletagebau Garzweiler II
mig Essen/Köln. Der Vorstand der RWE Energie AG hat
gestern in Essen die Weichen für den künftigen Braunkohle-Kraftwerkspark gestellt. Ein
zweites großes "Braunkohlekraftwerk mit optimierter Anlagentechnik" (BoA) und
einer Leistung von rund 1000 Megawatt (MW) baut der größte Stromerzeuger Deutschlands am
Standort Grevenbroich-Neurath, heißt es in einer Mitteilung. Die Planung beginne sofort,
die Inbetriebnahme solle im Jahr 2006 erfolgen. Die Bauarbeiten für das erste
BoA-Kraftwerk in Niederaußem mit ebenfalls 1000 MW Leistung verliefen planmäßig, so
daß die Stromerzeugung voraussichtlich 2002 starte.
NRW-Ministerpräsident Clement und der
SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Manfred Dammeyer, begrüßten die Entscheidung als
klares Signal für ein Festhalten der RWE Energie AG am Tagebau Garzweiler II. Auch
Unternehmenssprecherin Barbara Eckrich sagte, aus RWE-Sicht sei der Tagebau nach wie vor
erforderlich für eine wirtschaftliche und sichere Stromversorgung. Dagegen meinte
NRW-Umweltministerin Höhn, mit der Entscheidung für das Kraftwerk werde noch "keine
einzige Mark" in den Tagebau investiert. RWE halte sich also die Möglichkeit eines
Abrückens offen. Rein rechnerisch bedeutet die Inbetriebnahme der neuen Kraftwerke bei
gleicher Stromerzeugung einen geringeren Verbrauch, da die BoA-Technik die in der
Braunkohle enthaltene Energie etwa ein Drittel effektiver umwandelt.
Allerdings könnten derzeit weder über die Mengen- noch
über die langfristige Kapazitätsentwicklung der Kraftwerke gesicherte quantitative
Aussagen gemacht werden, sagte Eckrich. Der jetzt gefaßte Beschluß sieht keine
Kapazitätsausweitung vor: Am Standort Frimmersdorf werden bis spätestens Mitte 2003 vier
150-MW-Blöcke geschlossen, in Weisweiler weitere zwei. Stillgelegt wird das Kraftwerk
Goldenberg, ferner ein 100-MW-Steinkohlekraftwerk in Dettingen/Bayern.
Damit fallen insgesamt mindestens 400 Arbeitsplätze weg.
Der Abbau soll ohne betriebsbedingte Kündigung durchgezogen werden. Jedes der neuen
Großkraftwerke kommt mit eine Mannschaft von rund 100 Leuten aus - so viele benötigen
auch die alten Blöcke, die knapp ein Sechstel der Strommenge erzeugen können.
Quelle: Kölnische Rundschau 27.5.1999
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Stimmen zur Standortentscheidung
fun Erftkreis. "Grundsätzlich ist die Entscheidung
für ein zweites BoA-Kraftwerk ein eindeutig positives Signal für die langfristige
Zukunft der Braunkohle", kommentiert Guido Steffen von der Rheinbraun-Pressestelle
die Nachrichten aus Essen. "Wir haben allen Grund zur Freude."
Die Politiker im Erftkreis teilen diese Einschätzung nicht
ganz. Sie begrüßen zwar die Entscheidung zum Neubau in Neurath, können sich aber mit
der Schließung des Goldenbergwerks nicht anfreunden.
Landrat Wolfgang Bell betrachtet den Abbau von
Arbeitsplätzen mit Besorgnis. Es gelte, alle Kräfte zur Schaffung zukunftsfähiger
Arbeitsplätze zu bündeln.
Die SPD bezeichnet den Standort Hürth-Knapsack als
"einen der besten in Europa". Wenn die RWE Energie AG sich hier zurückziehe,
müsse sie mit ausländischer Konkurrenz rechnen. Die Kreispolitiker Klaus Lennartz und
Edgar Moron fordern zusammen mit dem Hürther Stadtdirektor Walter Boecker und dem
dortigen SPD-Fraktionsvorsitzenden Engelbert Faßbender den Essener Konzern auf, in den
Standort Hürth zu investieren, statt ihn aufzugeben.
Für den CDU-Kreisfraktionsvorsitzenden Werner Stump ist
die Stillegung in Hürth Knapsack "ein kalter Schuß in die Region", der so
nicht hingenommen werden könne. "Die RWE Energie AG bricht hier Vereinbarungen, die
im Zusammenhang mit der Genehmigung des Tagebaus Garzweiler II verbindlich getroffen
worden sind", sagt Stump und erinnert daran, daß in Hürth modernste
Kraftwerkstechnik (Kobra) erprobt werden sollte. "Auch ein Konzern muß Zusagen
einhalten, zumindest aber Ersatz anbieten, wenn die Verhältnisse neues Handeln
erfordern."
Zusammen mit seinen Landtagskollegen Michael Breuer und
Willi Zylajew kritisiert Stump die Entwicklung allerdings auch als "Folge der
wirtschaftsunfreundlichen Politik von Rot-Grün", die noch mehr Arbeitsplätze kosten
werde.
Quelle: Kölnische Rundschau 27/05/1999
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RWE-Vorstand
hat entschieden: Aus für Standort Hürth - Frimmersdorf schaltet Blöcke ab
BoA II wird in Neurath gebaut
Erftkreis. Sektlaune in Neurath, Katerstimmung in
Frimmersdorf, Totenglocken am Standort Hürth: Der Vorstand der RWE Energie AG hat am
Dienstag abend die Weichen für die Zukunft der Kraftwerke im Revier gestellt. Das zweite
Braunkohlenkraftwerk mit optimierter Anlagentechnik (BoA) wird in Neurath gebaut, die
Nachbarn in Frimmersdorf bleiben zumindest vorerst mit reduzierter Leistung am Netz. Im
Kraftwerk Goldenberg aber stehen spätestens ab Mitte 2003 die Turbinen still.
"Das müssen wir alle erst einmal verdauen",
schildert Pressesprecher Willi Schmitz die Lage im Goldenbergwerk. Eine solche
Entscheidung sei so nicht absehbar gewesen, es herrsche Überraschung und Betroffenheit in
der Belegschaft.
Über das hausinterne IntraNet haben die Kraftwerker in
Hürth Kenntnis von der offiziellen Pressemitteilung der Konzernleitung in Essen bekommen:
"Am Standort Goldenberg sollen schnellstmöglich, jedoch bis spätestens Mitte 2003
die dauerhaft nicht wettbewerbsfähigen Kraftwerksanlagen stillgelegt werden", heißt
es darin.
Kein Gaskraftwerk mit PowerGen
Die "Fernwärme- und Prozeßdampflieferung" werde
jedoch fortgesetzt, so die Verlautbarung. Auf Nachfrage erklärt Barbara Eckrich,
Pressesprecherin der RWE Energie AG, diese Energienachfrage der im Technologie- und
Industriepark Hürth ansässigen Firmen werde "braunkohlenbasiert aus vorhandenem
Bestand" befriedigt. Frühere Spekulationen über den Bau eines Gaskraftwerkes in
Zusammenarbeit mit der englischen Firma PowerGen seien nach wie vor gegenstandslos.
Für Kraftwerksdirektor Jürgen Peter Schirmer ist die
Entscheidung gegen Frimmersdorf sicher keine gute Nachricht. Jahrelang hat er für ein
BoA-Kraftwerk an "seinem" Standort gekämpft und nun - nach dem Zuschlag für
Bergheim-Niederaußem - zum zweiten Mal den kürzeren gezogen.
Dennoch bemüht er sich um eine optimistische Sicht:
"Wenn wir 2003 vier 150-Megawatt-Blöcke stillegen müssen, dann heißt das doch
positiv betrachtet, daß acht der kleinen und die zwei 300-MW-Blöcke weiterhin in Betrieb
bleiben." Damit seien rund 1200 Arbeitsplätze vorerst gesichert. Es gelinge ihm
leider nicht ganz, gibt Schirmer zu, diese Sichtweise der gesamten Belegschaft zu
vermitteln. Da sei schon Enttäuschung spürbar.
In Neurath hätten die Sektkorken knallen können, doch
Chef Horst Lenkewitz berichtet nur von verhaltener Freude. Spontane Feiern hätten nicht
stattgefunden. Jetzt sehe man zunächst der Planungsphase entgegen und dem Baubeginn etwa
2002. "Dann wird sich sicher auch irgendwann ein Anlaß für ein Fest finden."
2006 soll das neue Kraftwerk mit 1000 MW Leistung ans Netz gehen. Spätestens dann wird es
bei den Kraftwerken in Frimmersdorf und Weisweiler - hier werden zunächst zwei Blöcke
abgeschaltet - zur weiteren Stillegung von Kraftwerksblöcken kommen.
Die RWE-Energie AG betont in ihrer Pressemitteilung, daß
mit den jetzt gefällten Entscheidungen keine betriebsbedingten Kündigungen einhergehen.
Die Umstrukturierung werde im Personalbereich sozialverträglich zum Beispiel über die
konzernspezifische Frühpensionierungsregelung vorgenommen. Die RWE Energie AG
beschäftigt zur Zeit rund 18 000 Mitarbeiter. Mindestens 2500 Arbeitsplätze werden durch
die Neuordnung der Regionalversorgung entfallen. Bei den Kraftwerken werden in den
nächsten Jahren zusätzlich einige hundert Stellen eingespart. Die genaue Zahl lasse sich
noch nicht nennen, so Eckrich.
Quelle: Kölnische Rundschau 27/05/1999
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Reaktionen von Arbeitnehmern
Hürth-Knapsack - Nicht auf offiziellem Wege, sondern aus dem Internet erfuhr gestern die
Belegschaft des RWE-Kraftwerkes Goldenberg in Hürth-Knapsack von den Plänen des
Unternehmens, das Kraftwerk bis spätestens 2003 zu schließen. Wie einer der betroffenen
Arbeitnehmer weiter berichtete, war die Nachricht im Internet entdeckt, ausgedruckt und
wenig später den Beschäftigten mitgeteilt worden. "Ein Schock für uns alle",
urteilte der 50jährige, der seit 27 Jahren im Werk beschäftigt ist. Dennoch sei die
Stimmung der Belegschaft "verhältnismäßig ruhig", wie ein Mann aus dem Lager
fand: "Wir sind betroffen, aber früher wären alle richtig auf die Barrikaden
gegangen."
Die zurückhaltenden Reaktionen könnten damit zusammenhängen, daß viele darauf hoffen,
bis zum Jahre 2003 im Zuge der sogenannten 55er-Regelung noch den Vorruhestand zu
erreichen. Doch sicher sei dies keineswegs. "Vielleicht ist hier nächstes Jahr schon
Schluß", meinte einer skeptisch.
Betroffen von der Schließung des Kraftwerks sind in jedem Fall die jüngeren Kräfte und
die Auszubildenden. "Erst seit heute wissen wir es definitiv", berichteten ein
34jähriger und ein 45jähriger Arbeiter aus dem Bereich Gerüstbau: "Wir müssen uns
wohl eine neue Arbeit suchen." Drei Auszubildende, die den Beruf des
Industriemechanikers lernen, zuckten die Schultern. Im Frühjahr 2000 sei ihre Lehre
beendet. "Dann sollen wir Jahresverträge bekommen." Das sei wenigstens ein
Anfang. "Besser, als wenn wir direkt nach der Ausbildung auf der Straße stehen
würden."
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 27/05/99
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Bürgermeister Peters fordert
kurzfristige Erstellung "Vernetztes
Wärmekonzept Braunkohlerevier"
"Erdwärme wird nicht genutzt"
Bergheim. "Was an der Nordsee oder in Italien Sinn
macht, muß bei uns noch lange nicht das Richtige sein. Windkraft und Solarenergie sind
bei uns nicht so ergiebig. Wir sitzen aber an einer anderen Quelle: der Erdwärme aus den
Tagebauen, die bis zu 500 Meter tief sind. Diese Energie verpufft ungenutzt in die Umwelt.
So ein Umgang mit Ressourcen ist heute nicht mehr zeitgemäß", erklärt
Bürgermeister Jürgen Peters. Gemeint sind damit unter anderem die Sümpfungswässer aus
dem Tagebau Hambach, die mit einer Temperatur von zirka 28 Grad Celsius in die Erft
fließen. Das rheinische Braunkohlerevier hat mit seinen zahlreichen Tagebauen und
Großkraftwerken als Energiezentrum Geschichte geschrieben. Kohle und Strom prägen die
Region auch heute noch. "Jedoch muß in Zeiten knapper werdender Rohstoffe und
angesichts der veränderten umweltpoltischen Vorgaben die heimische Energie besser genutzt
werden", so Peters. Im Revier schlummern riesige Wärmevorkommen, für die es bislang
kein sinnvolles Konzept zur wirtschaftlichen und technischen Nutzung gibt. Peters schwebt
da ein "Vernetztes Wärmekonzept Braunkohlerevier" vor. Ausgangspunkte für
dieses Konzept sind die Nutzung der warmen Sümpfungswässer, der Erdwärme in den tiefen
Tagebauen sowie die Wärmerückgewinnung aus den Kühlkreisläufen der
Braunkohlenkraftwerke. Unterstützung für seine Ideen sucht Peters bei den
Unterausschüssen Nord und Hambach. Für die Tagesordnung der nächsten Sitzung des
Unterausschusses Nord am 8. Juni beantragte Peters die kurzfristige Erstellung eines
vernetzten Wärmekonzeptes für das Braunkohlerevier, da mit der Verfüllung des Tagebaus
Bergheim begonnen wurde. Außerdem will Peters sich an das Bundesforschungsministerium, an
das Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand, Technik und Verkehr sowie an die
Landesinitiative Zukunftsenergie wenden. Zudem will die Stadt Fachleute zu einer
Energiekonferenz für das Revier einladen. Dr. Frank-Michael Baumann, Leiter der
Landesinitiative Zukunftsenergie, findet die Ideen von Bürgermeister Peters
"faszinierend". Er hat ihn zur nächsten Sitzung des Arbeitskreises
Wärmepumpentechnik eingeladen, um dort seine Ziele zu präsentieren. Peters: "Wenn
wir die umweltfreundliche Energie der Erdwärme nutzen, können im Revier viele neue
Arbeitsplätze geschaffen werden. Und die Heizkosten für die Einwohner im Revier könnten
auch erheblich sinken."
Quelle: Stadtblatt 22/05/1999
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Auch bei der Braunkohle wird gestrichen
Essen. Die RWE Energie AG baut im Rahmen der Programme zur
Kostensenkung weitere Arbeitsplätze ab. Das Unternehmen hatte schon im Verlauf der in
diesem Jahr beginnenden organisatorischen Umstrukturierung der
Regionalversorgungsgesellschaften die Streichung von 2500 Stellen angekündigt.
Die vom «Handelsblatt» genannte Zahl von weiteren 2000
Arbeitsstellen wollte das Unternehmen auf AZ-Anfrage nicht bestätigen. Die Planungen
seien noch nicht beendet, so daß eine konkrete Zahl nicht genannt werden könne, teilte
RWE Energie mit. Jedoch seien die Mannschaften der fünf Braunkohlekraftwerke der
rheinischen Schiene von dem Programm «Synergien und Beschaffungsoptimierung» betroffen.
Die Rheinbraun stehe bei der Maßnahme allerdings außen vor.
Die RWE Energie AG beschäftigt derzeit im
Braunkohlebereich 5000 Mitarbeiter. Betriebsbedingte Kündigungen seien im Zusammenhang
mit dem geplanten Personalabbau jedoch nicht vorgesehen. Wie bereits im Bereich der
Regionalversorgung solle eine Reduzierung der Mitarbeiterzahl unter anderem durch
Frühpensionierungen erreicht werden.
Quelle: Aachener-Zeitung 18.5.1999
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Tagebau Hambach
Bürgerinitiative und Naturschützer diskutierten mit
Vertretern der Konfessionen
Kerpen-Buir - Egal ob ökologisch oder sozial - über die Verträglichkeit vom Tagebau
Hambach ist schon viel gestritten worden, oft bei Diskussionsveranstaltungen der
Bürgerinitiative (BI) gegen die Verlegung der A 4. Jüngst luden Peter Inden von der BI
und die evangelische Kirche Düren in die Aula der Buirer Grundschule ein - Thema: Was
sagen Kirchenvertreter zur Tagebauproblematik?
Die Haltung von Dr. Dietrich Ruchay, Umweltbeauftragter der Diözese Köln, kam beim
Publikum gar nicht gut an. "Zu diffus", fand eine Zuhörerin die Aussagen des
Katholiken. "Bergbau ja", meinte Ruchay nämlich, "aber keiner, der
zerstört. Die Natur muß sich regenerieren können". Daß Ruchay von
"erträglichen Lösungen" sprach, war den Zuhörern nicht genug: "Wo bleibt
die konkrete Stellungnahme der katholischen Kirche?"
Da fand Hans Stenzel, Mitglied der Energiesynode des evangelischen Kirchenkreises Jülich,
schon deutlichere Worte: "Eine Sozialverträglichkeit von Tagebauen gibt es nicht.
Der Tagebau Hambach darf nicht erweitert werden. Bürger müssen noch mehr Druck machen,
weil die Politiker in dieser Frage festgefahren sind." Gegen die Dimensionen, die der
Braunkohleabbau im Rheinland angenommen habe, könne die Natur sich nicht mehr wehren.
Trotzdem müsse die Kirche den Dialog mit den Betreibern führen. Denn Tagebaue seien
keine "Naturkatastrophe", sondern "vorsätzliches Handeln".
Stenzel zum Thema Rekultivierung: "Rheinbraun gibt sich unendlich viel Mühe, doch
das Pflaster ist zu klein, um diese riesige Wunde zu heilen". Der Braunkohleabbau sei
mit dem christlichen Schöpfungsgedanken nicht vereinbar, formulierte Stenzel entschlossen
- eine Aussage, für die er viel Applaus erhielt. Deswegen könne er es auch nicht
gutheißen, wie Rheinbraun in den Wasserhaushalt eingreife.
Über das Wasser im Tagebau referierte auch Dr. Horst-Robert Langguth, Geophysiker an der
Hochschule Aachen. Ihn beschäftigt etwa die Frage, wo das Wasser herkommt, das vor rund
zwei Jahren plötzlich im Tagebau Hambach durchbrach. Daß das chloridhaltige sehr warme
Wasser aus der Ader komme, die auch die Quellen in Aachen speise, hielt der
Wissenschaftler für unwahrscheinlich. Parallelen zwischen der Haltung der evangelischen
Kirche und der des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND) stellte Dirk Jansen vom BUND
fest. Auch dem Naturschutzbund gehe es um den Erhalt der Schöpfung. Der Tagebau Hambach,
demnächst das "größte Loch der Welt", vernichte den ökologisch und
historisch bedeutungsvollen Hambacher Forst und die fruchtbaren Böden ringsum.
Interessant für die etwa 50 Zuhörer waren die Informationen von Ulrich Jochimsen, Autors
des Buches "Die Stromdiktatur". Er plädierte für eine "Demokratisierung
der Energieproduktion". Denn wenn etwa mit Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen die
Energieversorgung dezentralisiert werde, lasse sich Energie sparen und der Braunkohleabbau
könne immens zurückgefahren werden. Dänemark, wo er seit einiger Zeit arbeite, so
Jochimsen, sei da wesentlich fortschrittlicher.
Die katholische Kirche bekenne nicht Farbe, bemängelte Inden. Die Pfarrgemeinde Buir, die
eigentlich Mitveranstalter sein wollte, sei auf Beschluß des Gemeinderates noch
abgesprungen, so Inden.
Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 10/05/1999
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Rat gegen Kollektoren auf Dreifachturnhalle
mez Bedburg. Der Ökonomie gaben die Ratsmitglieder den
Vorrang vor der Ökologie. Bedburgs Politiker hatten sich überlegt, eventuell
Solarkollektoren auf dem Dach der Dreifachturnhalle zu errichten, um damit das
Brauchwasser zu erwärmen. In einem Gutachten der Rheinbraun-Haustechnik wurde auch eine
Kosten-Nutzen-Analyse vorgestellt. Demnach würden sich die Kollektoren erst nach 40 bis
50 Jahren amortisieren. Bei einem eventuellen Zuschuß von maximal 50 Prozent wären es
immer noch 20 bis 25 Jahre.
Richard Kreutzer, Ingenieur der Rheinbraun-Haustechnik,
erläuterte in der Ratssitzung den Politikern nochmals sein Gutachten. "Die
Ausnutzung der Solarenergie wird in unseren Breitengraden überschätzt", erklärte
der Fachmann. Die Kollektoren hätten im Jahr nur einen Wirkungsgrad von 35 bis 70
Prozent. Auch bei einer Förderung müsse die Stadt noch mit 42 bis 62 000 Mark an reinen
Baukosten für die Flach- oder Röhrenkollektoren rechnen.
Hinzu kämen die laufenden Betriebskosten. "Wenn Sie
sich für die Solarkollektoren entscheiden, müssen sie jedes Jahr draufzahlen",
berichtete Kreutzer. Wenn es darum ginge, die Maßnahme als Beispielprojekt für den
Umweltschutz umzusetzen, sei dies in Ordnung. Rein ökonomisch betrachtet seien die
Solarkollektoren absolut unwirtschaftlich.
Quelle: Kölnische Rundschau 05/05/99
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Über 1000 Besucher wanderten am Sonntag durch das
rekultivierte Tagebaugebiet
Kerpen-Mödrath. Über 1000 Wanderer aus den umliegenden
Orten des ehemaligen Tagebaues Frechen pilgerten am Sonntag morgen zum neugestalteten
Aussichtspunkt Mödrath, um sich über den aktuellen Stand der Rekultivierung zu
informieren. Die Firma Rheinbraun und die Städte Kerpen und Frechen hatten zu einem
Wandertag durch das neue Naherholungsgebiet eingeladen. Gleichzeitig wurde der
Gedenkstein, der an die umgesiedelte Ortschaft Alt-Mödrath erinnert, an neuer Stelle
enthüllt.
Unter den Besuchern waren auch viele aus den ehemaligen
Ortschaften, die dem Tagebau weichen mußten. So auch Elfriede Speer, die 1941 noch in
Alt-Mödrath geboren wurde und wie insgesamt 7000 Menschen wegen des Tagebaues umsiedeln
mußte. "Ich hoffe, daß alles wieder schön wird", sagte die heute 58jährige.
Ein bißchen Wehmut spiele aber immer mit, wenn sie in ihre alte Heimat zurückkehre.
Neben landwirtschaftlichen Flächen sollen jetzt auf dem
ehemaligen Abbaugebiet ein riesiges Naherholungsgebiet mit Wäldern, Wiesen und
Wanderwegen entstehen. Außerdem ist ein 55 Hektar großes Gewerbegebiet bei Türnich
geplant. Die Fortschritte der Rekultivierung erläuterte Diplom-Ingenieur Helmut Beißner,
der als Betriebsdirektor des Tagebaues Garzweiler für die Restverfüllung und
Rekultivierung des ehemaligen Tagebaues verantwortlich zeichnet.
Wie Beißner betonte, sind bereits drei Viertel des
ehemaligen Abbaufeldes rekultiviert. Für die noch verbleibenden 256 Hektar würden ab
Juli noch rund sechs Millionen Kubikmeter Löß aus dem Tagebau Garzweiler verteilt. Bis
2002 entstehe so "eine hochattraktive Bergbaufolgelandschaft mit einem noch zu
verdoppelnden leistungsfähigen Gewerbegebiet Türnich im Süden und einem 120 Hektar
großen Naherholungsgebiet mit einem rund 20 Hektar großen See", so Beißner.
Im Vergleich zu früher werde die neue Landschaft deutlich
mehr Waldflächen haben, betonte Beißner. Im nördlichen und östlichen Teil des
Rekultivierungsgebietes seien große Flächen aufgeforstet worden. Auf Kerpener
Stadtgebiet sei außerdem ein sogenannter Retentionsraum angelegt worden, der als Stauraum
für Hochwasser der Erft dienen könne. In seinem Mittelpunkt werde auch der 20 Hektar
große und 25 Meter tiefe See sowie drei Bioteiche liegen, die ab 2001 mit Brunnenwasser
aufgefüllt werden sollen.
"Das wird ein ausgezeichnetes Naherholungsgebiet"
resümierte Adolf Hanz, von 1978 bis 1986 Betriebsdirektor des Tagebaues Frechen. Im
Gegensatz zu früheren Rekultivierungen sei die neue Landschaft nicht terrassenförmig,
sondern wellenförmig angelegt. "Da kann durchaus etwas daraus werden", meinte
auch der Vorsitzende des Naturschutzbundes im Erftkreis Karl-Heinz Jelinek. Die
Rekultivierung könne der Landschaft Starthilfe geben, damit sie sich zu einem
geschlossenen, reichen Ökosystem entwickeln kann.
Quelle: Kölnische Rundschau 03/05/1999
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Rekultivierung im Tagebau Frechen
Von Martina Bremer
Kerpen/Frechen - Aus allen Richtungen strömten die Menschen herbei: Zu Fuß, per Rad und
im Auto waren Hunderte unterwegs. Ihr Ziel war ein neues Naherholungsgebiet. Die
Rheinbraun AG hatte mit den Städten Kerpen und Frechen zum Wandertag geladen, um das
Rekultivierungsgebiet im ehemaligen Tagebau Frechen und den Aussichtspunkt Mödrath
vorzustellen. Neue Ackerflächen, ein Leistungszentrum für den westfälischen Reitsport,
Felder für ökologische Landwirtschaft, im Süden ein Gewerbegebiet (Türnich III) und
das etwa ein Quadratkilometer große Freizeitareal, in dessen Mitte eine Seenlandschaft
angelegt ist, sind auf dem ehemaligen Tagebaugebiet entstanden.
Vor knapp 40 Jahren war dort der erste Tieftagebau der rheinischen Braunkohle
aufgeschlossen worden, der bis 1987 insgesamt rund 350 Millionen Tonnen Braunkohle
geliefert hat. Mit dem Kohlenabbau mußten auch große Mengen Sand, Kies und Ton bewegt
werden. Um das riesige Loch wieder zu schließen, wurden bisher 550 Millionen Kubikmeter
Abraum verfüllt. Weitere 30 Millionen sollen dort noch bis zum Jahr 2001 verkippt werden,
berichtete Betriebsdirektor Helmut Beißner bei der Einweihungsfeier. "Damit ist
unser Teil getan, die wesentliche Arbeit leistet die Natur."
Doch viele Anwesende sahen beim Blick auf das Naherholungsgebiet nicht die Tonnen
aufgetürmter Erde und auch die zahllosen neugesetzten Pflanzen: Sie hatten längst
vergangenen Zeiten vor Augen. "Da hinten war Mödrath, und die Straße hier ging
durch den Ort und dann den Berg hoch nach Grefrath", erinnerte sich Heinz Holz aus
Horrem. "Wir haben die Entwicklung des Tagebaus immer vom Rande aus verfolgt",
erzählte seine Frau Käthe. Auch das Ehepaar Christel und Klaus Ginsberg hat "oft
geguckt, was hier so passiert - vor allem, wenn die Verwandtschaft aus Island zu Besuch
war". Demnächst können sie mit ihren Gästen "durch das schöne
Naherholungsgebiet" wandern.
Zur ausgiebigen Erkundungstour durch das Gebiet haben Ursula und Peter Müller sich gleich
im Anschluß an die Einweihung aufgemacht ("Wir gehen gerne wandern und nehmen die
lange Strecke") . Auch bei Kerpens Bürgermeister wurden dabei Erinnerungen wach.
Aufgewachsen in Grefrath, wohnhaft in Türnich, war für ihn "der Tagebau immer mit
Emotionen verbunden". "Es ist toll, hier wieder Wälder und Wiesen entstehen zu
sehen", sagte Müller.
Quelle: KSTA 03/05/99
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