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Presse Tagebau Inden

 

 

 

 

 

 

 


Halfenberg: "Wir werden um den Standort Rurerde kämpfen"

Gemeinde Inden fordert Siedlungsraum

Inden (bugi). Tagebaue ringsum, ein Kraftwerk, die Autobahn, abwandernde Bürger - wie sieht Indens Zukunft aus?
Zwei Probleme kommen in der Gemeinde Inden derzeit zusammen: Die Pierer Bürger haben mehrheitlich entschieden, ihrer Gemeinde den Rücken zu kehren und nach Jüngersdorf abzuwandern. Und: Die Geldquelle Rheinbraun sprudelt nicht mehr, sie tröpfelt allenfalls noch.
Angeschlagene Gemütslage
Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun, mag man meinen, aber die Indener Gemütslage ist nach der Entscheidung von Pier heftig angeschlagen. "Wir haben von Braunkohlentagebau und Kraftwerk jahrzehntelang gut gelebt und sind trotz aller Sorgen und Probleme immer gut damit gefahren", betonte Bürgermeister Manfred Halfenberg in seiner Rede zur Einbringung des Haushalts am Mittwoch. Und: "Die Entwicklung der letzten Jahre hat gezeigt, dass dieses nicht mehr so selbstverständlich ist und auch weiterhin nicht mehr sein wird."
Das ist genau die Crux: Die Gemeinde kann - mangels ausreichender Finanzkraft - den Pierern, die in Inden bleiben wollen, nur dann einen eigenen Standort präsentieren, wenn Rheinbraun den Geldhahn aufdreht. Statt dessen wird er derzeit zugedreht.
Dass Inden den Pierern einen eigenen Ansiedlungsstandort anbieten muss, ergibt sich von selbst. Niemand - und erst recht kein Bürgermeister - lässt freiwillig seine "Schäfchen" ziehen, vor allem dann nicht, wenn sich mit dem Weggang der Pierer zwangsläufig die Frage der Überlebensfähigkeit nicht nur des Ortes Schophoven, sondern der ganzen Gemeinde stellt.
Hinzu kommt eine ganz simple Erfahrung aus der Vergangenheit: Was Bürger jetzt sagen und später dann tatsächlich tun, sind zwei Paar Schuhe. Mit anderen Worten: Gelingt die Ausweisung des Standortes Rurerde, ist es sehr wahrscheinlich, dass weit mehr Pierer dort hinziehen, als tatsächlich nach Jüngersdorf gehen. Ein Phänomen, das schon bei der Umsiedlung an den Standort Inden/Altdorf zu betrachten war.
Zahlenspiele
Damals wollten laut Befragung 600 Bürger aus Inden und Altdorf nach Jüngersdorf - tatsächlich waren es aber nur 120. Legt man dieses Zahlenverhältnis für Pier zu Grunde, dann würden von den 500 Bürgern, die nach Jüngersdorf wollen, gerade mal 100 übrig bleiben. Und damit könnte die Gemeinde Inden sehr gut leben.
Grund genug, mit der Erklärung des Rates zum Standort Rurerde, ein Zeichen zu setzen. "Wir werden für diesen Siedlungsraum kämpfen", versprach Halfenberg in der Ratssitzung - vor rund 50 Pierer Bürgern, die die Erklärung mit Beifall zur Kenntnis nahmen.

Quelle: Aachener Nachrichten Lokales 15.12.2000

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Auszug der Pierer wirft Fragen auf

Wem steht das Entschädigungsgeld zu?

Inden (an-o/bugi). "Wir wollen eine möglichst perfekte Umsiedlung. Das muss oberste Priorität haben." Rheinbraun Pressesprecher Guido Steffen steht zur "sozialverträglichen, gemeinsamen Umsiedlung".

Die Rheinbraun muss das Votum - wie alle anderen Seiten in dem Umsiedlungsverfahren von Pier auch - akzeptieren. Dabei birgt es im Vergleich zur Umsiedlung von Inden oder Altdorf gleich mehrere neue Problematiken. Die Pierer Bürger haben sich für einen Standort außerhalb der Gemeinde Inden entschieden, und das wirft zwangsläufig die Frage der Entschädigung auf.

"Wir sind für das untergehende Vermögen gegenüber der Gemeinde Inden entschädigungspflichtig", so Steffen. Gleichzeitig muss Rheinbraun für erschlossene Grundstücke und entsprechende Infrastruktur am Umsiedlungsstandort sorgen. Bei Inden und Altdorf konnte das recht reibungslos abgewickelt werden, immerhin floss die Entschädigung für die beiden Orte an den neuen Standort innerhalb der Gemeinde.

Im Fall Pier könnte es anders aussehen. Die Gemeinde Inden muss für ihr Vermögen entschädigt werden, gleichzeitig muss in Langerwehe vieles neu gebaut werden. Muss Rheinbraun also doppelt zahlen?

 

Beispiel Lich-Steinstraß

"Es wird zu einer Vereinbarung zwischen dem Land, Rheinbraun und den betroffenen Gemeinden kommen", ist sich Steffen sicher. Dabei dürfte es auch um die Frage gehen, wem das Geld letztlich zusteht. Gehört ein Sportplatz der Gemeinde? Gehört er den Bürgern? Muss oder wird Inden die Entschädigung in so einem Fall dann an Langerwehe weiter leiten? Bei der Umsiedlung von Lich-Steinstraß war dies der Fall.

Der damalige Niederzierer Gemeindedirektor Günter Pick zeigte sich großzügig und überließ Geld aus der Entschädigung der Stadt Jülich. Sollte Inden ebenfalls so verfahren (müssen), würde es für die Gemeinde ungleich schwerer, eigene Angebote für die Pierer Bürger zu entwickeln und zu finanzieren, die nicht nach Jüngersdorf wollen. Also ein weiterer Verlust von Bürgern? Immerhin ist von Jüngersdorf-Gegner schon jetzt zu vernehmen, dass sie bei der Stadt Jülich anfragen, wo es denn freie Grundstücke gibt.

Quelle: Aachener Nachrichten 22.11.2000

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Arbeitskreis kämpft für sauberes Wasser

Inde-Forellen sollen wieder hüpfen

Eschweiler (an-o/inla). Eine Bank für Spaziergänger direkt am Inde-Ufer, spielende Kinder, springende Forellen im Wasser. Nur ein Traum? "Hoffentlich nicht", sagt der Arbeitskreis Inde. Aber noch ist das Wasser nur schmutzig und braun.

Der Fluss durch Eschweiler soll in ein paar Jahren nichts mehr mit dem Gewässer zu tun haben, wie es sich jetzt präsentiert. Wenn die City erst einmal umgestaltet ist, soll auch die Inde ein Schmuckstück sein. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg, sagte jetzt Franz-Dieter Pieta vom Arbeitskreis Inde. Diesem Gremium gehören alle im Stadtrat vertretenen Parteien und der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) an. Erklärtes Ziel: die Inde wieder sauber machen.

Doch das Wasser hat seit Jahrzehnten eine Braunfärbung. Der Interfraktionelle Arbeitskreis hat den Schuldigen ausgemacht. Es seien Sickerwässer der Firma Vegla in Stolberg. Mit dem Unternehmen sollen nun Gespräche aufgenommen werden, um zu einer vernünftigen Lösung zu kommen, wie Ulrich Goebbels sagte. Der FDP-Stadtrat: "Es geht nicht um Schuldzuweisungen, es geht um die Sache." Die Politiker haben die Geschäftsleitung angeschrieben - noch steht eine Antwort aus.

Wo sind die Dokumente?

Arbeitskreis-Sprecher Pieta: "Wenn das Wasser in fünf Jahren sauber ist, wäre das ein toller Erfolg." Vor Jahren habe der Kreis Untersuchungen gemacht, um die genauen Ursachen für die Braunfärbung zu ermitteln. Pieta: "Wir versuchen seit langem, an die Dokumente zu kommen." Bisher vergeblich.

Nun sucht der Arbeitskreis Zeitzeugen, die Licht ins dunkle Inde-Wasser bringen können. Pieta: "Irgendwas muss vor mehr als 20 Jahren passiert sein. Vielleicht erinnert sich jemand von den älteren Menschen." Damit demnächst die Forellen hüpfen. Vor Freude über sauberes Wasser.

Quelle: Aachener Nachrichten Lokales 20.11.2000

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Wenig Antworten auf offene Fragen

Inden bemüht sich weiter um Rurerde

Inden (an-o). Was wird aus der Rurerde? Was wird mit der Entschädigung? Was wird aus Schophoven? Das unerwartete Ergebnis der Befragung zur Umsiedlung der Pierer Bürger wirft zahlreiche Fragen auf.

Die Stimmungslage nach der Entscheidung für Jüngersdorf ist durchwachsen. Die Bürger haben sich mehrheitlich gegen ein Verbleib in der Gemeinde ausgesprochen, favorisieren den Standort Jüngersdorf. Eine unumkehrbare Entscheidung. "Die Entscheidung ist eindeutig. Diese Mehrheit kann man nicht in Frage stellen", betonte am Montag Indens Bürgermeister Manfred Halfenberg.

Sein Telefon steht derzeit nicht mehr still. Jeder will wissen, wie es denn jetzt weiter gehen soll. Und Antworten hat er derzeit nur wenige. "Wir müssen jetzt erst mal analysieren, welche Konsequenzen diese Entscheidung für uns hat." Das ist einigermaßen schwierig, schließlich ist die Gemeinde nicht Herr des Verfahrens.

Erste Signale

Dennoch gibt es vom Bürgermeister erste Signale. Das eindeutigste: "Die Rurerde ist für mich nicht vom Tisch." Natürlich nicht als Umsiedlungsstandort, aber als einzig verbliebener Entwicklungsraum der Gemeinde. Wohin also mit den Pierer Bürgern, die nicht nach Jüngersdorf wollen? Doch in die Rurerde? Oder nach Inden/Altdorf?

"Wir haben keine fertigen Konzepte", so am Montag CDU-Fraktionsvorsitzender Karl Schavier, der unmittelbar nach Bekanntgabe des Ergebnisses mit dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Josef Johann Schmitz gesprochen hat. "Wir liegen in der Bewertung dessen, was jetzt zu tun ist, nicht weit auseinander", so Schavier. Der CDU-Politiker ist einer der wenigen, der durchaus die Gefahr beim Namen nennt, dass die Gemeinde Inden mit einer deutlich niedrigeren Einwohnerzahl nicht mehr überlebensfähig sein könnte. "Deshalb dürfen wir die Hände jetzt nicht in den Schoß legen."

Gespräche mit Köln

Eine der logischen Konsequenzen: "Mit der Bezirksregierung Köln muss besprochen werden, ob die Rurerde auch als allgemeines Wohngebiet realisierbar ist." Nicht, um den Standort durch die Hintertür doch noch durchzusetzen, sondern um der Gemeinde eine Entwicklungsfähigkeit zu erhalten.

"Wir müssen alles tun, um Abwanderungsverluste aufzufangen." Geht es nach Josef Johann Schmitz, dann müssen den Bürgern "möglichst schnell Baustellen angeboten" werden. Schon im Vorfeld der Entscheidung hatte die SPD dafür gesorgt, dass die Gemeinde sämtliche bebaubaren Flächen in der Gemeinde untersucht - darauf wird man jetzt zurückgreifen können.

Alle an einen Tisch

"Jetzt müssen alle ganz schnell an einen Tisch, um Lösungen zu finden", betonte am Montag Hella Rehfisch von den Grünen. "Die Rurerde wird kein Umsiedlungsstandort. Aber sie könnte ein Siedlungsstandort werden. Wir müssen alles daran setzen, dies zu ermöglichen, auch, damit Schophoven nicht abgekapselt wird." Und dafür wird man dann auch die Entschädigungsgelder der Rheinbraun benötigen

Burkhard Giesen

Quelle: Aachener Nachrichten Lokales 20.11.2000

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Entscheidung für Rurerde oder Jüngersdorf

Bürger aus Pier sollen Flagge zeigen

Inden (an-o/bugi). In etwa einem Monat, also Mitte November, wird das Ergebnis vorliegen: Die Pierer Bürger sind gefragt, ob sie nach Jüngersdorf oder zum Standort "Rurerde" umsiedeln wollen.

"70 Prozent plus x wären ein klarer Auftrag." Dass sich Manfred Halfenberg als Bürgermeister der Gemeinde Inden eine Entscheidung für den Standort Rurerde wünscht, dürfte niemanden verwundern. Wichtiger ist ihm aber noch, dass es eine eindeutige Mehrheit gibt, für welchen Standort auch immer.

Hohe Akzeptanz

Nur eine hohe Akzeptanz für einen der beiden Standorte sichert die Planungsgrundlagen und letztlich auch die Überlebensfähigkeit des Standortes.

Halfenberg, selbst Pierer Bürger, erinnert daran, dass Ausgangspunkt für die Anstrengungen der Gemeinde eine Befragung der Dorfgemeinschaft Pier war. Die hatte vor zweieinhalb Jahren ermittelt, dass 62 Prozent der Bürger für einen Verbleib in der Gemeinde Inden votierten.

"Das haben wir als Auftrag empfunden und deswegen die Pläne für den Standort Rurerde entwickelt", so Halfenberg. Noch in der letzten Ratssitzung hat der Gemeinderat eine Grundsatzerklärung abgegeben und den Bürgern weit reichende Unterstützung zugesagt.

Dorfstrukturen erhalten

Als "attraktiv, lebens- und liebenswert" beschreibt Halfenberg den Standort Rurerde, ohne den Nachteil - die Nähe zum Tagebau - zu verschweigen. Allerdings kann auch nur die Rurerde dem Wunsch der Pierer, geschlossen umzusiedeln und dabei auch den Ortsnamen und die Vereinsstruktur zu übernehmen, entsprechen.

Wichtig ist Halfenberg, dass sich die Bürger an der Abstimmung beteiligen. Täten sie das nicht, gäbe die Pierer Bevölkerung "damit das einzige Instrument aus der Hand, über den künftigen Standort selbst bestimmen zu können" und würde es möglicherweise Leuten überlassen, "die weder die Betroffenheit noch die Auswirkungen dieser Entscheidung richtig einschätzen könnten". Deshalb appelliert Halfenberg auch an die Bürger, "sich für das Eine oder Andere zu entscheiden, Flagge zu zeigen und Farbe zu bekennen".

Quelle: Aachener Nachrichten 11.10.2000

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Baumwurzeln gefährden den Absperrdamm

Lucherberger See: RP zieht den Stöpsel

Inden (an-o). Der Lucherberger See, ein aus dem ehemaligen Abbaugebiet des Tagebaues Lucherberg entstandener Restsee, mit einem Fassungsvermögen von 8,6 Millionen Kubikmeter Wasser, dient heute unter anderem als Reservewasserversorgung für das Kraftwerk Weisweiler.

Er ging am 1. Januar 1966 in den Besitz des Kraftwerkes über, das ihn von Rheinbraun übernommen hatte. Ab 1980 wurde ein Teil der Uferzone zum Naturschutzgebiet erklärt, andere Teile für die Naherholung freigegeben.

Der See erhielt im westlichen Randbereich einen Damm und wurde daraufhin vom damaligen Regierungspräsidenten zur Talsperre erklärt. Der Baumbewuchs hat im Laufe der Zeit zu einer Durchwurzelung dieses Dammes geführt, die nach den Erfahrungen mit Deichen bei der Oderflutkatastrophe eine Gefährdung der Dammsicherheit bei extrem starken Stürmen darstellen könnte. Deshalb hat die Bezirksregierung Köln die Absenkung des Seespiegels um drei Meter angeordnet. Damit sinkt der Inhalt auf rund sieben Millionen Kubikmeter.

Keine Talsperre mehr

Mit Einstellen des neuen Stauzieles ist der Lucherberger See keine Talsperre mehr. Die Entnahme von Seewasser zur Kraftwerksversorgung ist weiterhin sichergestellt; das neue See-Niveau wird vom Kraftwerk durch Nachfüllen von Rurwasser gehalten.

Seit dem 6. Oktober wird 1000 Kubikmeter Wasser pro Stunde entnommen. Bis Anfang Dezember ist das neue Niveau erreicht. Durch diese Maßnahme bleibt es beim Baumbestand. Die Angler- und Segelvereine, die ihren Bereich des Sees pflegen, wurden vom Kraftwerk Weisweiler über die Absenkung informiert.

Die Uferzone vergrößert sich um fast 50.000 Quadratmeter Durch Erhalt des Strauch- und Baumbestandes sind aus ökologischer Sicht keine Beeinträchtigungen zu erwarten, der Naherholungswert bleibt bestehen.

Quelle: Aachener Nachrichten 9.10.2000

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Braunkohlenausschuss tagte: Befragung steht an

Pierer müssen sich nun entscheiden

Frechen (stx/an-o). Jetzt steht für die rund 1600 Einwohner von Pier fest, dass der Tagebau kommen und auch die Umsiedlung ihren planmäßigen Lauf nehmen wird. Dies wurde am Dienstag vom Braunkohlenausschuss, der in Frechen tagte, beschlossen.

Nach der Befragung, die Ende des Monats in Pier unter allen Wahlberechtigten Einwohnern durchgeführt werden soll, wird in der ersten Stufe der mehrheitlich gewünschte Standort ermittelt. Außerdem werden Fragen zur heutigen Wirtschafts- und Sozialstruktur enthalten sein. Die Ergebnisse werden in einem Bürgerbrief bekannt gegeben. Die zweite Stufe der Befragung soll die Teilnahmebereitschaft der Bürger an einer geschlossenen Umsiedlung ermitteln.

Verfüllung des Restlochs

Die Bezirksplanungsbehörde wurde gestern außerdem vom Braunkohlenausschuss aufgefordert mit der Erstellung eines Vorentwurfs für die Umsiedlung der Ortschaft Pier zu beginnen.

Ein weiterer Punkt, der gestern diskutiert wurde, war die Verfüllung des Restlochs. Die Gemeinde Inden hatte den Ausschuss aufgefordert, den Braunkohlenplan Inden zu ändern. Statt der Verfüllung des Restlochs mit Abraum aus dem Tagebau Hambach sollte die Gestaltung der rekultivierten Landschaft unter Einbeziehung von Wasserflächen vorgenommen werden.

Dies sei jedoch, so die Fachleute des Ausschusses, die Änderung einer wesentlichen Plangrundannahme. Hier müssen noch zahlreiche Fragen durch Experten geklärt werden. So sei es noch nicht erkennbar, wie anschließend mit einem solch großen Gewässer umzugehen sei und wie die volkswirtschaftliche Betrachtungsweise der anschließenden Nutzung aussehe.

Da jedoch bis zur Verfüllung des Restloches (2020 bis 2040) noch genügend Zeit ist, wollen die Mitglieder des Ausschusses die Fragen klären, bevor eine Änderung beschlossen wird.

Quelle: Aachener Nachrichten 26.9.2000

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 "Heinrich" erzeugte rund 116 Milliarden Kilowattstunden 

Mit Braunkohle und Wasser 

Eschweiler (an-o). Seit 25 Jahren ist im Kraftwerk Weisweiler der Block H in Betrieb.
Anfang 1975 ging Block H (Heinrich) in Betrieb. Er ist damit der jüngste Block im Kraftwerk Weisweiler. Im Juli 2000 hat diese Anlage 200.000 Stunden lang Strom erzeugt. 
Um diese Stundenzahl zu erreichen, müsste ein Mitarbeiter bei einer 38-Stundenwoche 114 Jahre arbeiten.
Insgesamt erzeugte Block H bisher rund 116 Milliarden Kilowattstunden Strom, die ausreichen würden, alle deutschen Haushalte ungefähr acht Monate mit Strom zu versorgen.
Damit diese Menge Strom erzeugt werden konnte, wurden circa 150 Millionen Tonnen Braunkohle verbrannt sowie etwa 225 Millionen Tonnen Wasser für Dampferzeugung und Kühlung der Anlagen verbraucht.
Die Braunkohle kommt ausschließlich aus dem Tagebau Inden, das Wasser ist Grundwasser, das abgepumpt werden muss, um den Tagebau trocken zu halten. Block H war über seine 25 Jahre zu 89,4 Prozent verfügbar. 

Quelle: Aachener Nachrichten 13.7.2000 

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Kraftwerk: Bis 2004 sollen 200 gehen
RWE-Fusion hat Auswirkungen auf Arbeitsmarkt

Weisweiler (an-o/fe). Die fünf Rheinbraun-Kraftwerke im Rheinland wollen 2000 Arbeitsstellen abbauen. Im Kraftwerk Weisweiler sollen 200 Leute gehen. Mitarbeitern, die 51 und älter sind, wird ein finanzieller Ausgleich angeboten.

Konzernweit sollen 30 Prozent der Arbeitsplätze abgebaut werden. In Weisweiler wird der prozentuale Anteil niedriger liegen.

Weit über 1000 Mitarbeiter hatte das Kraftwerk Weisweiler früher. Jetzt sind es noch 870. Am 30. April 2004 sollen es nur noch 670 sein. Beim Abbau der 200 Plätze soll eine "51-er Regelung" helfen.

Die Aktion startet im Spätsommer. In einem ersten Schritt sollen bis Mitte des nächsten Jahres rund 100 Mitarbeiter freiwillig den Betrieb verlassen. Die zweite Stufe reicht bis 2004, bis dahin sollen noch einmal 100 Stellen abgebaut sein.

"Wir müssen jeden einzelnen Arbeitsplatz ansehen", begründet Hermann Kurth, Sprecher des Kraftwerks, den allmählichen Abbau über vier Jahre. Für jede Stelle muss entschieden werden, ob sie wegfallen kann, ob Arbeit zusammengefasst werden kann, oder wie schnell sich Ersatz einarbeiten lässt: "Ein Meister zum Beispiel ist ja nicht so schnell zu ersetzen".

Abschied versüßt

Allen Mitarbeitern des Kraftwerks, die sich zur 51-er Regelung entschließen, wird der Abschied finanziell versüßt: 61 Prozent des bisherigen Bruttogehaltes, bestätigte gestern der Stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Wolfgang Kraut, werden weiter gezahlt - natürlich ebenfalls brutto.

Die Stimmung im Kraftwerk, so Kraut, ist zweigeteilt. Manche Mitarbeiter freuen sich auf das baldige finanziell abgepolsterte Ausscheiden, andere hätten ihre Probleme damit.

Quelle: Aachener Nachrichten  9.7.2000 

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Mitarbeiter des Kraftwerks legen die Arbeit nieder

Warnstreik in Weisweiler

Eschweiler (an-o/mic). Hunderte Mitarbeiter in den Rheinischen Braunkohlekraftwerken haben am Dienstag vorübergehend die Arbeit niedergelegt. Für Mittwochmorgen hatte die ÖTV zu einem Warnstreik im Kraftwerk Weisweiler aufgerufen.

"Die Arbeitgeber waren natürlich aufgeschreckt", sagte gestern Karl-Heinz Fuchshofer, Geschäftsführer der Gewerkschaft ÖTV, Kreisverwaltung Düren. Alleine im Kraftwerk Niederaußem hätten sich rund 500 Kollegen am Warnstreik beteiligt. Befristete Streiks wurden auch aus den Kraftwerken Frimmersdorf/Neurath und in Hürth gemeldet. Für heute Morgen waren die Kollegen im Kraftwerk Weisweiler zum Warnstreik aufgerufen.

"Almosen"

Fuchshofer: "Mit diesen Warnstreiks wollen die Beschäftigten ihrer Forderung nach einer linearen Tariferhöhung Nachdruck verleihen." Seitens der Arbeitgeber sei keine Bereitschaft erkennbar, "auch nur annähernd auf die Forderung nach einer Einkommenserhöhung um 5,5 Prozent einzugehen". Es sei allenfalls Bereitschaft signalisiert worden, für die Laufzeit von zwölf Monaten einen Einmalbetrag in Höhe von 814 Mark zu zahlen. Karl-Heinz Fuchshofer: "Die Beschäftigten lassen sich mit diesen Almosen auf gar keinen Fall abspeisen."

Mit Warnstreiks wollen es die Beschäftigten nicht bewenden lassen. Am morgigen Donnerstag sollen Busse aus allen RWE-Betrieben und den Braunkohlekraftwerken nach Essen, zum Tagungsort der RWE-Hauptversammlung, fahren, um dort auf einer Protestkundgebung nochmals ihren Unmut zum Ausdruck zu bringen. Die Kundgebung in Essen ist für 9 Uhr geplant.

Quelle: Aachener Nachrichten  28.6.2000

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Die weiße Kirche in Inden wird abgerissen

Abrissbirne verrichtet ihr Werk

Inden (an-o). Auferstanden ist die Indener Kirche gegen Ende des 19. Jahrhunderts aus einem Brand, wie Phönix aus der Asche. Kriege und Seuchen sind an ihr vorübergegangen. Nun nähert sich unweigerlich ihr Ende.

Mit ihrem weißen Turm bildete sie das Wahrzeichen der Gemeinde Inden und auch ein Unikat, denn sie war jahrzehntelang die einzige weiße des Kreises Jülich. Heute wird sich auf dem Kirchengemäuer zum letzten Mal das Sonnenlicht spiegeln. In den Stunden des Vormittags wird die Abrissbirne langsam, aber gründlich das historische Gemäuer dem Erdboden gleich machen.

Glocken, Fenster und vieles andere haben bereits die Kirche verlassen. Einzig und allein die Rosettenfenster im Hauptschiff werden in einem Trümmerhaufen untergehen.

Geschichtsträchtig

Die Spuren des Gotteshauses reichen bis in die Zeit der Franken zurück, bauten dort auf diesem Platz schon unsere Vorfahren eine Kapelle - ohne von dem braunen Gold unter der Erde zu ahnen. In den vergangenen Monaten sicherten die Archäologen vom Rheinischen Amt für Bodendenkmalpflege eine Vielzahl von Funden, die einen tiefen Einblick in eine längst vergangene Geschichte der Kirche gewähren.

Nun nähert sich der Tagebau Inden und der Ort Inden, der schon lange kein richtiges Dorf mehr ist, wird auf immer verschwinden - und mit ihm als eines der letzten Wahrzeichen die weiße Kirche..

Quelle: Aachener Nachrichten  28.6.2000

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"Es geht ums nackte Überleben"
ÖTV-Informationsveranstaltung in Birkesdorf

Düren (dm). 80 bunte Regenschirme konnten die kalte Dusche nicht verhindern: Am Spätnachmittag ging es montag in der Festhalle Birkesdorf nicht um "Grieläächer", "Ackerjonge" und Alaaf", sondern "ums nackte Überleben": die ÖTV lud zur Information in Sachen RWE/VEW-Fusion.

Geschmückte Halle

Viele waren der Einladung in die karnevalistisch geschmückte Halle gefolgt, zumal auch Ralf Zimmermann, Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands der ÖTV in Stuttgart, neben Bezirkschef Heinz Schürheck, Bezirkssekretär Peter Lafos sowie Karl-Heinz Römer und Karl-Heinz Fuchshofer im Podium saß.

Triste Stimmung

Die Stimmung passte eher zum tristen Wetter draußen und zu den Regenschirmen, die an der Decke der Festhalle hängen. Die beabsichtigte Fusion sowie die damit verbundene Verschmelzung der Kraftwerke mit den Braunkohletagebauen hat Existenzängste ausgelöst.

9000 Arbeitsplätze zur Disposition

Immerhin stehen insgesamt annähernd 9000 Arbeitsplätze zur Disposition, rechnet man die veranschlagten Synergie-Effekte der Fusion realistisch um. Und es geht um Besitzstand, denn Gehalts- und Lohnniveau der Kraftwerker liegt deutlich höher als das der "Rheinbrauner".

Fusion verhindern?

Angesichts der Liberalisierung des Strommarktes sah Montag niemand ernsthaft die Möglichkeit, die Fusion zu verhindern. Zustimmen werde man als Gewerkschaft aber nur, wenn tarifvertraglich eine Sicherung des Besitzstandes ("dynamisiert") und der sonstigen Rechte der Kraftwerk-Arbeitnehmer erfolge: "Nicht nur Zusagen, sondern Schwarz auf Weiß", wurde immer wieder betont.

Garantie reicht nicht

Das Angebot einer zwei Jahre geltenden Garantie reiche nicht: "Was geschieht, wenn es in diesem Zeitraum zu keiner neuen Regelung kommt?" So sieht es der Vorstandsvorschlag vor, gegen den bereits in der vergangenen Woche massiv vor der RWE-Zentrale in Essen protestiert wurde.

Nicht kampflos

Auch am Montag machte die Versammlung per Akklamation überdeutlich, dass man nicht bereit sei, kampflos hinzunehmen, wenn per Fusion die Rechte außer Kraft gesetzt würden, für die jahrelang gekämpft wurde.

"Gemeinsam stark sein"

Etliche Detailfragen wurden den ÖTV-Gewerkschaftern gestellt. Nicht alle konnten abschließend beantwortet werden, aber es wurde auch nichts beschönigt. Man ist sich der Tragweite voll bewusst. Gerade deshalb will man weiterhin "gemeinsam stark sein".

Quelle: Aachener Nachrichten 21.2.2000

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Betriebsrat: Keine Fusion auf Kosten der Kollegen
RWE/VEW - Am 23. Februar fällt die Entscheidung

Eschweiler (ro). Michael Lehmann, Betriebsratsvorsitzender am RWE-Kraftwerk Weisweiler, kam mit gemischten Gefühlen von der Demo aus Essen zurück. Enttäuscht war er von RWE-Vorstandschef Dietmar Kuhnt.

Position gestärkt

Beeindruckt hat ihn hingegen, in welch kurzer Zeit sich die Masse seiner Kollegen mobilisieren ließ. Die Position der Verhandlungsführer für die Arbeitnehmer sei durch die Groß-Demo in Essen, an der rund 7000 RWE-Leute teilnahmen, gestärkt worden.

Die Kollegen seien nicht gegen die Fusion von RWE und VEW, doch dürfe dies nicht auf dem Rücken der Arbeitnehmer ausgetragen werden, sagte Michael Lehmann.

2000 Stellen fallen weg

Bestandteil des Fusionspaketes zwischen RWE und VEW ist der Zusammenschluss von Rheinbraun mit den Braunkohlen-Kraftwerken. Es sei zu erwarten, dass von den 15.000 Stellen (10.000 Rheinbraun, 5000 RWE in Bergheim, Köln und Weisweiler) etwa 2000 wegfallen würden, sagte Lehmann.

Chef der WestLB

Die Fusions-Entscheidung soll am Mittwoch, 23. Februar, in den Aufsichtsgremien der beiden Unternehmen fallen. Im Konfliktfall wiegt die Stimme des Aufsichtsratsvorsitzenden mehr. Im RWE-Gremium hat diese Position Friedel Neuber, Chef der WestLB, inne.

Quelle: Aachener Nachrichten 16.2.2000

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2000 Arbeitsplätze sind in Gefahr

 RWE-Kraftwerke verschmelzen mit Rheinbraun

Eschweiler (fe). RWE-Mitarbeiter befürchten, dass 2000 Arbeitsplätze verloren gehen. Am Dienstag protestierten mehr als 500 Beschäftigte des RWE-Kraftwerks Weisweiler gegen die mangelnde Information über die Fusion der Kraftwerksriesen RWE Essen und VEW Dortmund.

RWE Energie AG zerschlagen

Seit Wochen gibt es Gerüchte, dass bei der bevorstehenden Fusion von RWE und VEW beabsichtigt ist, die RWE Energie AG zu zerschlagen. Die drei Braunkohlenkraftwerke sollen dann mit der Bergbaufirma Rheinbraun, ebenfalls eine RWE-Tochter, zu einer "Braunkohle-Verstromungsgesellschaft" verschmolzen werden.

Pfui-Rufe aus der Menge

Aus diesen Gerüchten wird Wirklichkeit, versicherte der Betriebsratsvorsitze Michael Lehmann der protestierenden Menge: "Der Vorstand hat das am Montag beschlossen, dass die Kraftwerke zur Rheinbraun wechseln!" Pfui-Rufe aus der Menge. Lehmann fuhr fort: "Das wird noch mal 2000 Arbeitsplätze kosten, bei RWE und bei Rheinbraun."

"Verlierer der Fusion"

"Es darf nicht sein, dass die Beschäftigten der Braunkohle-Verstromung die einzigen Verlierer der Fusion sind!" rief Ralf Zimmermann, Mitglied des ÖTV-Vorstands und zugleich Mitglied im Aufsichtsrat der RWE AG, in die Runde der Männer und Frauen, die sich vor dem RWE-Werkstor versammelt hatten.

Bereits Personal abgebaut

Die Beschäftigten des Kraftwerks Weisweiler haben bereits zum 1.1.2000 eine erhebliche Umorganisation erfahren. Dabei wurde über eine Vorruhestandsregelung auch Personal abgebaut. Jetzt befürchten sie einen weiteren Abbau vor Arbeitsplätzen.

Forderungen

Sie fordern: Keine betriebsbedingten Kündigungen, Sicherung der Arbeitsplätze, Sicherung des sozialen Standards, eine Sicherung der Kraftwerksstandorte und eine Sicherung der Arbeitnehmervertretungen. 

Quelle: Aachener Nachrichten  9.2.2000

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Gerhard Schröder beim Rheinbraun-Betriebsrat

Der Kanzler spazierte  auf schwarzem Boden

Inden (ojo). Auf tiefschwarzem Boden wandelte Gerhard Schröder, um die rote Macht am Rhein zu sichern. Die fünftägige Wahlkampftour gemeinsam mit Ministerpräsident Wolfgang Clement führte den Bundeskanzler am Donnerstag in den Rheinbraun-Tagebau Inden.

Flottes Tempo

Ein flottes Tempo hatte der Kanzer angeschlagen, ein Tempo, dem der Ministerpräsident nicht folgen konnte.

Tuchfühlung mit dem Bagger

Während Gerhard Schröder, begleitet von RWE-Vorstandsvorsitzenden Dr. Dietmar Kuhnt, dem Rheinbraun-Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Erwin Winkel, dem stellvertretenden IGBCE-Vorsitzenden Klaus Südhofer und Tagebau-Betriebsdirektor Dr. Dieter Gärtner, bereits auf Tuchfühlung mit dem gigantischen Schaufelradbagger 286 ging, flog Ministerpräsident Wolfgang Clement im Helikopter gerade erst ein.

Wetter spielte mit

Statt auf Sohle 6, 120 Meter unter Geländekante, trafen die beiden Spitzenpolitiker daher erst nach dem Freilufttermin im Ausbildungszentrum der Rheinbraun zusammen.

Generalstabsmäßig hatte Bergbauriese Rheinbraun den Premieren-Besuch des Kanzlers im kleinsten seiner Tagebaue vorbereitet. Eine verlässliche Rolle spielte dabei das Wetter, denn den statistischen Daten zufolge ist der Tagebau Inden der Niederschlags-ärmste in Deutschland.

Gegenwind aus der Belegschaft

Nasse Füße brauchte der Kanzler also nicht zu befürchten. Eher schon Wind, und zwar aus den Reihen der Belegschaft, wenngleich sich ein erster Sturm zwischenzeitlich schon etwas beruhigt hatte.

Im vergangenen Jahr hatte eine Handvoll Betriebsräte aus Inden, angeführt von ihrem Vorsitzenden Alfred Labanauskas, ihren Protest gegen die Ökosteuer mit der Abgabe ihrer Parteibücher bekundet. Der Räte-Besuch beim Kanzler führte zur Gegeneinladung nach Inden, die Schröder nun einlöste.

Schröder sieht Braunkohle als Zukunfts-Energie

Mini-Bagger für den Bundeskanzler

Eschweiler (fe). Bundeskanzler Gerhard Schröder brachte bei seinem Besuch am Donnerstag in Eschweiler gute Laune mit und ließ ein Bekenntnis da. Das Bekenntnis zur rheinischen Braunkohle als Energie für die Zukunft.

Sorgen der Braunköhler

Den Tagebau Inden und die Ausbildungswerkstatt Weisweiler besichtigte der Kanzler, schaute der 20-jährigen Auszubildenden Elke Emonds beim Schweißen zu, ertrug geduldig den Ansturm Dutzender Fotografen und Fernsehteams und hörte sich dann gemeinsam mit NRW-Ministerpräsident Wolfgang Clement die Zukunftssorgen der Braunköhler an. Das Wort "Ökosteuer" stand dabei, meist unausgesprochen, im Hintergrund.

Gnadenloser Konkurrenzkampf

Der Betriebsrat hatte den Kanzler eingeladen, und Erwin Winkel, Vorsitzender vom Gesamtbetriebsrat der Rheinbraun, schilderte die Lage: "Die Braunkohle muss sich in einem gnadenlosen Konkurrenzkampf behaupten. Dafür haben wir schon viele Opfer bringen müssen." Die Braunkohle sei nicht nur wirtschaftlich vernünftig, sie sei auch ökologisch verantwortbar.

"Opfer für die Belegschaft"

Der Vorstandsvorsitzende der RWE AG Dr. Dietmar Kuhnt und Klaus Südhofer, 2. Vorsitzender der Gewerkschaft IGBCE, schilderten es ähnlich. Südhofer: "Das wird weitere Opfer für die Belegschaft bedeuten." Und er fügte mit einem Blick auf Clement an: "Dem Ministerpräsidenten dieses Landes brauche ich das nicht zu sagen. Er weiß das und unterstützt uns."

"Anteil wird steigen"

Kanzler Schröder bekräftigte sein Bekenntnis zur rheinischen Braunkohle. Der Anteil der Braunkohle an der Stromerzeugung werde "in jedem Fall nicht weniger werden", eher steigen. Die Braunkohle werde nicht in die Defensive geraten, "die Wettbewerbssituation wird sich nicht verschlechtern."

"Keine bessere Technologie"

So sah das auch der Ministerpräsident: "Ich freue mich, dass der Kanzler heute hier ist. Das ist ein Signal für eine verlässliche Energiepolitik." Clement spendete der Rheinbraun ein Extra-Lob: "Es gibt weltweit keine bessere Förder- und Rekultivierungstechnologie" und schob gleich den Appell hinterher, "die Ausbildung beizubehalten und noch zu erhöhen."

Azubis waren beeindruckt

Die Auszubildenden in der Lehrwerkstatt waren beeindruckt vom Kanzler. Sie überreichten ihm und Clement selbstgebaute Modelle eines Schaufelradbaggers. "Das hätte ich nicht gedacht, dass der hier überall rumgeht", staunte Robert Picek (17). Und als Gerhard Schröder auch ihm die Hand geschüttelt hatte, schaute er seine Kollegen an: "Das glaubt mir wirklich keiner!"

Quelle: Aachener Nachrichten 4.2.2000

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Rheinbrauner bangen um Arbeitsplätze

Betriebsräte empört über Regierung

Niederzier (stock). "Wenn die SPD weiter gegen die Arbeiter agiert, wird sie hier keine fünf Prozent mehr bekommen", prophezeihte am Donnerstag einer von rund 160 Rheinbraun-Betriebsräten, die sich zu einer Konferenz eingefunden hatten, um gegen die Ökosteuer-Reform zu protestieren.

Entwurf verabschiedet

Eine Resolution, die als Ergebnis Diskussion im Casino Niederzier stand, konnte das Gesetz jedoch nicht mehr aufhalten. Im Bundestag wurde der Gesetz-Entwurf am Donnerstag verabschiedet, der unter anderem Steuervergünstigungen für Gas- und Dampfkraftwerke mit hohem Wirkungsgrad vorsieht.

Dadurch würde die heimische Braunkohle jedoch zu teuer, der Tagebau Garzweiler II wäre in Frage gestellt.

40.000 Betroffene bangen

Nun bangen rund 40.000 Betroffene um ihren Arbeitsplatz. "Was sollen wir tun, was sollen wir unseren Leuten sagen?" waren dann auch die häufigsten Fragen, die die Betriebsräte dem Podium stellten.

Zuvor hatten Gesamtbetriebsvorsitzender Erwin Winkels, Edgar Moron, Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, sowie die Gewerkschafter Franz-Josef Wodopia und Fritz Kollerz von der IGBCE gesprochen.

Im Bundesrat

Man werde alle Instrumente im Bundesrat nutzen, um diesen Teil des Gesetzes zu verhindern, hatte Edgar Moron versprochen, der auch im Namen von Ministerpräsident Wolfgang Clement seine Empörung über das Gesetz äußerte.

Doch das wollte man nicht so ohne weiteres schlucken. "Ihr müsst doch längst davon Wind bekommen haben, Ihr sitzt doch selbst in den Gremien", waren Vorwürfe der Betriebsräte, die stets mit frenetischem Beifall honoriert wurden.

"Warum erst jetzt?"

Und auch an die Adresse der Gewerkschaft ging der Vorwurf: "Warum reagiert Ihr erst jetzt? Wir sitzen hier und reden uns die Köppe heiß und heute Nachmittag wird schon entschieden."

Die aufgeheizte Stimmung kühlte erst etwas ab, als Moron versprach, er werde sich darum bemühen, dass ein Betriebsrat als Sprecher zur Regionalkonferenz der SPD in Köln eingeladen werde, an der auch Bundeskanzler Gerhard Schröder teilnimmt.

Nach Köln

Um ihrem Anliegen Nachdruck zu verleihen wollen die Rheinbraun-Mitarbeiter in einer entsprechend eindrucksvollen Zahl am kommenden Samstag nach Köln fahren und demonstrieren.

Quelle: Aachener Nachrichten 15.11.1999

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St. Pankratius' "Hut" ging auf seine letzte Reise

Spektakulärer Kirchenabriss in Altdorf

Altdorf (ojo). Hut ab zum letzten Gebet. Mit der spektakulären Demontage der Turmspitze wurde am Montagvormittag der endgültige Niedergang der einstigen Pfarrkirche St. Pankratius Altdorf eingeläutet.

Mit einem Schwerlastkran

Bereits am frühen Morgen hatte der Schwerlastkran eines Spezialunternehmens neben dem Kirchenschiff Stellung bezogen, um das schiefergedeckte Spitzdach des Glockenturms an den Haken zu nehmen.

In einem Stück sollte der 14 Meter hohe und zwölf Tonnen schwer "Hut" vom Turmkranz abgehoben und säuberlich neben dem Kirchenschiff abgesetzt werden.

Langwierige Vorbereitung

Doch die Vorarbeiten nahmen mehr Zeit als geplant in Anspruch. Gut zweieinhalb Stunden verstrichen, bis die Seile im Balkenwerk vertäut und die letzten Holzverbindungen zum Turmsockel durchtrennt waren.

Nur noch Bauschutt

Dann aber ging alles sehr schnell. Unter Knirschen und Knacken wurde die Haube vom Turm gelöst und nach luftiger Reise sanft auf dem ehemaligen Friedhof abgesetzt. Auf dem Boden wird der "Hut" in den nächsten Tagen endgültig zerlegt und als Bauschutt entsorgt.

Abbruch des "Schiffs"

Bereits am Dienstag beginnen die Abrissarbeiten am Kirchenschiff selbst. Es wird wie später der Turm bis zum Erdboden abgetragen.

Schätze birgt die Kirche nicht mehr. "Alles, was wertvoll war, ist bereits ausgebaut", erläutert Dieter Marx, der für Rheinbraun schon etliche Kirchen abgebrochen hat. Man werde lediglich noch versuchen, einige Sandsteinsäulen im Inneren des Kirchenschiffs vor der Abrissbirne zu bewahren.

Feld für Archäologen

Nach dem Abbruch rücken letztendlich die Archäologen an. Sie werden auf der dann freien Fläche nach den Fundamenten der einstigen Kirche graben, die im Jahre 1856 gänzlich einem verheerenden Brand zum Opfer fiel. Die jetzige Kirche wurde in nur wenigen Jahre neu erbaut und bereits 1864 fertig gestellt.

Quelle: Aachener Nachrichten 20.9.1999

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Des Einen Freizeit, des Anderen Horror

Was kommt nach der Auskohlung von Inden II?

Inden/Altdorf (ks). Was kommt, wenn Rheinbraun den Tagebau Inden II ausgekohlt hat? Ein riesiger Restsee? Eine rekultivierte Fläche? Oder ein großes Freizeitareal? Ein Fragenkatalog, der nun auf Anregung der Arbeitsgemeinschaft Inde-Rur diskutiert werden soll.

"Jahre im Verzug"

"Wenn man so will, dann sind wir schon einige Jahre in Verzug", gestand Manfred Halfenberg als Geschäftsführer der AG Inde-Rur ein. Wenn Inden II ausgekohlt ist, bleibt südwestlich gesehen ein rund 1300 Hektar großes Loch, das für spätere Generationen genutzt werden soll.

Spätestens ab dem Jahre 2015 wird dies der Fall sein. "Es gibt Alternativen. Dazu muss aber eine rege Diskussion in die Wege geleitet werden", ist sich auch Dr. Wolfgang Beyer als Vorsitzender der AG bewußt, "dass wir unter Zeitdruck geraten."

Menschenströme

Ströme tausender Freizeit suchender Menschen machen sich am Wochenende auf zum See nach Inden. Der gleiche Strom bewegt sich zum ausgekohlten Tagebau Hambach, wo ebenfalls ein Restsee in der Größe von fast 3500 Hektar auf die Erholungssuchenden wartet.

In den Augen der hier wohnenden Menschen ein Horrorszenario. "Das muss irgendwie unter einen Hut gebracht werden", meint Beyer.

Rekultivierte Fläche

Die Alternative wäre eine rekultivierte Fläche für Inden, die entweder landwirtschaflich genutzt wird, oder auf der etwa Mitte des nächsten Jahrhunderts Dörfer entstehen könnten.

Was auch immer geplant wird - es muss bis zum Jahre 2005 entschieden sein, denn dementsprechend muss das Restloch "bearbeitet", quasi auf seine spätere Verwendung vorbereitet werden.

Viel Arbeit

Und um dies alles auf den Weg zu bringen, müssen Interessengegensätze und Meinungsverschiedenheiten der betroffenen Anrainer, Industrie und Rheinbraun kompensiert werden. Viel Arbeit für die Arbeitsgemeinschaft.

Als vor rund 25 Jahren der Rahmenbetriebsplan für Inden II genehmigt wurde, stand fest, dass ein rund 1300 Hektar großer See übrig bleiben würde, zur Freizeitgestaltung.

"Nicht mehr zeitgemäß"

"Aber diese alte Planung muss überdacht werden, sie ist nicht mehr zeitgemäß", wollen Halfenberg als Gemeindedirektor von Inden und die AG Inde-Rur schnellstmöglich Klarheit haben. Dass dies unter Zeitdruck geschieht, dies ist ihnen klar.

"Anderer Stand der Technik"

"Wir sind heute auf einem anderen Stand der Technik als damals", weist Dr. Wolfgang Beyer, Vorsitzender der AG Inde-Rur, zum Beispiel darauf hin, "dass ein Indener See in dieser Größenordnung sicherlich das Kleinklima verändern wird."

Hinzu kommt die riesige Seenfläche im Tagebau Hambach, die ebenfalls Einfluss auf das Wetter haben dürfte.

50 Jahre lang pumpen

Sollte es zu dem Konsens kommen, dass Inden verfüllt wird - über 25 Jahre lang müsste dann Abraum über Bandstraßen aus Hambach herangeschafft werden - würde die dortige Seenfläche rund 4800 Hektar groß werden. Gefüllt mit Rheinwasser, dass 50 Jahre lang dorthin gepumpt werden muss.

Problematische Rekultivierung

"An dieser Problematik erkennt man, dass schnellstens Lösungen gefunden werden müssen", sieht sich Beyer "von den Landesbehörden im Stich gelassen." Aber auch die angedachte Rekultivierung ist nicht unproblematisch.

"Die Landwirtschaft macht einen großen Wandel durch", ist für Halfenberg eine Diskussion auf dieser Schiene ebenso unzeitgemäß wie die Schaffung einer rekultivierten Fläche "mit Grünstreifen."

Druck der Bagger

Kompromisse müssen her, und dies unter dem Druck der Bagger und Absetzer, die ihre Arbeit beenden, wenn alle Kohle gefördert ist. "Dann haben wir das Restloch und für das müssen Lösungen her", so Beyer.

Quelle: Aachener Nachrichten 2.9.1999

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Manfred Halfenberg denkt schon an die Zeit nach dem Tagebau

Indens Bürgermeisterkandidat

Inden/Altdorf. "Der Bürgermeister wird sich die Mehrheiten holen müssen." Im Gespräch mit Nachrichten-Redakteur Burkhard Giesen erläuterte Gemeindedirektor Manfred Halfenberg die Themen, die er in den nächsten fünf Jahren in Angriff nehmen will.

Alle stehen hinter ihm

Die Gemeinde Inden ist der Sonderfall im Jülicher Land: Alle Parteien unterstützen die Wahl von Gemeindedirektor Manfred Halfenberg zum hauptamtlichen Bürgermeister. Das spricht für ihn. "Ich habe mich stets bemüht, die Geschäfte neutral und objektiv zu führen", so Halfenberg, der in der Position des hauptamtlichen Bürgermeisters vor allem einen Kompetenzzuwachs sieht. Auf sachbezogene Mehrheiten setzt Halfenberg, zumal er sich nicht in erster Linie den Parteien, sondern den Bürgern, die ihn wählen, verpflichtet fühlt.

"Haben Erfahrung"

Selbstbewusst tritt Halfenberg auf. "Wir haben keine Probleme" antwortet er auf die entsprechende Frage. Umsiedlung? Braunkohleabbau? "Das ist nicht das Problem Nummer 1. Wir haben da Erfahrung. Und die Umsiedlung von Pier werden wir zielstrebig angehen und realisieren." Natürlich sieht auch Halfenberg die Schwierigkeiten in seiner Gemeinde, die rundum von Tagebauen und Autobahn eingeschlossen ist. Entwicklungsmöglichkeiten gibt es da nur wenige, und dementsprechend ist er schon einen Schritt voraus. Die Planung für die Zeit nach dem Tagebau liegt ihm am Herzen.

Chancen nach dem Tagebau

"Unsere Entwicklungschance liegt in der Zeit nach dem Tagebau." Auch wenn das erst in etwa 25 bis 30 Jahren der Fall sein wird, ist Halfenberg der festen Ansicht, dass diese Planung heute in Angriff genommen werden muss, um hier keine Chancen zu verpassen.

Effizienter gestalten

Wird sich die Verwaltungsstruktur ändern? Effizienter will er die Verwaltung gestalten, mehr auf Kosten achten, weil er weiß, dass die Grenze der Belastbarkeit für Bürger längst erreicht ist. Eine Auslagerung von kommunalen Aufgaben soll es nicht geben, gleichwohl will Halfenberg Leistungen einkaufen, wenn es für die Gemeinde günstiger wird.

"Alles ist nicht zu schaffen"

Alles ist in den nächsten fünf Jahren nicht zu schaffen. Aber wir müssen versuchen, die Dinge auf den Weg zu bringen." Und das offen, produktiv und erfolgreich in der Zusammenarbeit, wünscht sich Halfenberg.

Quelle: Aachener Nachrichten 15.8.1999

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Entsteht das neue Pier in der Ruraue?

Gemeinde Inden wirbt um die Umsiedler

Inden (kin). Der Braunkohletagebau fordert ein weiteres Opfer. Die Bürger von Pier müssen als nächste den Baggern weichen. Langerwehe bietet einen neuen Standort in Jüngersdorf an, jetzt will auch die alte Heimatgemeinde Inden den Pierern ein neues Zuhause geben.

Platz für 1000 Bürger

Vorgeschlagen ist ein Standort in den Rurauen, hier ist genug Platz für die gut 1000 Bürger aus Pier. "Wir haben jetzt als Gemeinde Inden", so Verwaltungsleiter Manfred Halfenberg, "drei Planungsbüros beauftragt, die für den neuen Ort Pier einen Städteplan aufgestellt haben. Das ist kein formales Verfahren und hat auch nichts mit dem offiziellen Braunkohleplan zu tun."

Auch viele Nachteile

Aus den drei Vorschlägen hat der Arbeitskreis "Umsiedlung Pier" den des "Büros für umweltfreundlichen Bauens" (BuB) ausgewählt. "Alle Vorschlage waren interessant und akzeptabel", betont Manfred Halfenberg, "aber dieser hier hat uns einfach am meisten überzeugt. Uns ist klar, dass der Standort Ruraue auch viele Nachteile mit sich bringt. Das Gebiet ist in der Randlage zum Tagebau. Das hat natürlich Auswirkungen wie Staub- und Geräuschemissionen. Außerdem gilt die Ruraue als nass und feucht.

Gemeinsame Nutzung

Halfenberg weiter: "Allerdings werden wir das Gebiet so aufarbeiten, dass hier auch Bauen mit Keller möglich ist. Und das BuB hat alle gegebenen Schwierigkeiten in die Planung mit einbezogen." Das neue Pier soll in der Ruraue an den kleinen Ort Schophoven angegliedert werden. Gemeinsam sollen die beiden Orte voneinander profitieren: Schulen, Strassen und Gemeinschaftsräume können zusammen genutzt werden.

"Es spricht viel für Inden"

In einer Abstimmung können die Pierer Mitte nächsten Jahres ihr Votum abgeben. Die einfache Mehrheit gibt den Ausschlag. "Es spricht viel für Inden", sagt Manfred Halfenberg, "denn Inden versteht das Geschäft. Schließlich haben wir eine Umsiedlung ja schon hinter uns gebracht. Und das Eigentum an öffentlichen Einrichtungen geht an die politische Heimatgemeinde zurück. Das heißt, die aufnehmende Gemeinde muss selber viel Geld aufbringen, um eine solide Infrastruktur zu schaffen. Und die Braut in Langerwehe ist wohl mehr als nackend."

Quelle: Aachener Nachrichten 12.8.1999

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Zittern im Kraftwerk: Wieviele Jobs müssen weichen?

Eschweiler. Noch schreibt das RWE schwarze Zahlen, doch der sinkende Strompreis zwingt den Vorstand dazu, den Rotstift anzusetzen. 4500 Stellen sollen bis zum Jahr 2003 insgesamt abgebaut werden, 2500 davon in der Regionalversorgung. Wieviele davon in Weisweiler, konnte am Dienstag noch keiner sagen. Auch nicht nach der turnusgemäßen Belegschaftsversammlung, bei der sich der neue RWE-Vorstandsvorsitzende Manfred Remmel eigentlich nur vorstellen wollte.

Stattdessen «wurde reinen Tisch gemacht», beschreibt der Betriebsratsvorsitzende des Weisweiler Kraftwerkes, Michael Lehmann, die Stimmung der rund 700 Betriebsangehörigen bei der Versammlung. Natürlich herrsche derzeit Unsicherheit, wie es weitergehe, doch der Vorstandsvorsitzende habe offen alle Fragen beantwortet, so Lehmann weiter. Klar steckte er die Ziele des Kraftwerk-Betriebsrates in den nächsten Wochen ab: «Wir müssen alle Kollegen zu vernünftigen Konditionen bei Arbeit und Brot halten.» Dies schließe jedoch finanzielle Abstriche nicht grundsätzlich aus.

Am Gesamtkonzept für die Regionalversorgung arbeitet federführend auch der Weisweiler Kraftwerksleiter Dr. Dieter Bökenbrink mit. Nach der derzeitigen Planung sind für die drei Leistungseinheiten, eine ist das Weisweiler Kraftwerk, ein gemeinsames technisches und kaufmännisches Servicezentrum vorgesehen.

Auch in anderen Bereichen arbeite man an Einsparungsmöglichkeiten, wie Hermann Kurth vom Kraftwerk sagt: «So kann man Arbeiten, die bisher an Fremdfirmen vergeben wurden, mit Leuten aus dem eigenen Haus verrichten.» Wie auch die Regelung aussehe, das Weisweiler Kraftwerk sei in jedem Fall mit von der Partie.

Die 1070 Mitarbeiter des Weisweiler Kraftwerkes werden durch diese Planspiele nicht beruhigter schlafen. In sechs bis acht Wochen sollen die endgültigen Zahlen vorliegen.

Quelle: Aachener-Zeitung 18.5.1999

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Aus Alt-Indenern werden Neu-Indener

Im alten Dorf sind sie nur noch zwanzig, und die Plünderer kommen. Das neue Dorf steht schon, bald kommen die Bagger. Die Umsiedlungen im Rheinischen Braunkohlerevier gehen weiter Von Michael Bauchmüller und Markus Lokai (Fotos)

In den letzten Tagen hat Kornelia Sander wieder Plünderer gesehen. "Heut' morgen kam einer, hat unseren Gartenzaun ausgemessen und geschaut, wie man ihn abmontieren kann." Schräg gegenüber haben sie in der Nacht zum Samstag die Gehwegplatten gestohlen. Manchmal steigen auch Leute ein in die leeren Häuser gegenüber. Aber das interessiert Kornelia Sander nicht mehr. Denn gegenüber werden jetzt ohnehin nach und nach alle Häuser abgerissen. Seit 45 Jahren lebt Kornelia Sander in Inden - seit ihrer Geburt. Woanders hat sie nie gewohnt, und das will sie auch eigentlich gar nicht. "Ich bleibe solange wie nur möglich", sagt sie.

Sanders Tage in Inden sind gezählt. Der Ort ist, wie die Nachbarorte Altdorf und Pier, auf einen gigantischen Braunkohleflöz gebaut: Inden II. Keine 20 Kilometer südwestlich vom künftigen und immer wahrscheinlicher werdenden Tagebau Garzweiler II machen die Indener das durch, was den Leuten aus Orten wie Kuckum, Immerath und Holzweiler noch bevorsteht, die auf dem Gebiet von Garzweiler II liegen: Abschied nehmen.

Im Tagebau Inden II, irgendwo zwischen Köln und Aachen und in direkter Nachbarschaft zur alten Herzogstadt Jülich, lagern mehr als eine halbe Milliarde Tonnen des braunen Goldes. Ab 2005 wühlen die Bagger der RWE-Tochter Rheinbraun, und erst 2035 sollen sie damit aufhören. Im Rheinischen Braunkohlerevier, wie die Gegend heißt, sind die Indener nicht die ersten, die weichen müssen. Seit 1948 mußten über 32.000 Menschen der Kohle halber umziehen.

***

Eben war Peter Kurth noch mal bei den Arbeitern, die in der Mühlenstraße ein Haus abreißen. "Ich mach' jeden Tag meine Rundgänge", sagt der Rentner. "Ob hier auch alles seine Ordnung hat." Dann kommt er daher wie ein Orts-Sheriff, mit roter Baseballkappe und grimmigem Blick, und am liebsten würde er die Leute von Rheinbraun dann alle abknallen. Die haben nämlich, schimpft Kurth, sein Dorf auf dem Gewissen: Rheinbraun betreibt die riesigen Tagebaue in der Region, auch die bei Garzweiler, Hambach und Frimmersdorf. Rund 12.000 Menschen in der Region hat die Firma beschäftigt. Nicht aber Peter Kurth. Der fuhr früher Lastwagen für eine Spedition und kann sich den Widerstand gegen den Braunkohlenkoloß erlauben; den Job kann er nicht mehr verlieren, auch kein Vermögen.

Und während sein Heimatdorf Haus für Haus verschwindet, schwört er sich, nicht so schnell nachzugeben wie viele seiner Nachbarn. "Während die anderen ihre Häuser hier abreißen lassen, bau' ich meins weiter aus", sagt er. Schließlich hat er auch noch seine Brieftauben zu versorgen. Und die sind nun mal gewohnt, nach Inden zurückzukehren, nicht in ein Braunkohleloch. Außer Peter Kurth harren nur noch wenige andere im Ort aus. Kurth zählt sie an den Händen ab, die Leute kennt er beim Namen. "Alles alte Indener." Schließlich kommt er auf zwanzig.

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Den Marmorbrocken hat Pfarrer Hans-Otto von Dannwitz gerade vom Boden der Kirche aufgelesen. Noch ist er unschlüssig: ihn mitnehmen oder wieder fallen lassen? "Ich wollte", sagt er, "noch eben ein paar Sachen aus der Kirche holen." Dannwitz' Mundwinkel spannen sich zu einem Lächeln, das nicht gelingen will. Sechs Jahre lang war er Pfarrer in den Gemeinden Inden und Altdorf. Jetzt geht er durch die Trümmer seiner Kirche, an einem Sonntag. Der Marmorboden ist herausgerissen, der Altar demontiert, die Bänke weg. Säulen und kunstvolle Mosaik- Fenster erinnern daran, daß die Kirche schon bessere Zeiten gesehen hat. Ende vergangenen Jahres, am 28. Dezember, hatte Pfarrer Dannwitz mit den Alt-Altdorfern hier die letzte Messe gefeiert. "Die schwersten Momente" für den jungen Priester. In den nächsten Wochen wird die Kirche abgerissen, wann genau, ist noch nicht raus.

"Mit den Kirchen", sagt Indens evangelischer Pfarrer Wolfgang Krosta, "sterben für viele Leute die Orte erst richtig." Dabei ist schon so vieles tot: Telefonzellen, in denen noch ein Telefonbuch, aber kein Telefon mehr hängt; Gartenzäune, hinter denen kein Haus mehr steht; ein alter Friedhof fast ohne Gräber. Mauern vor Fenstern und Türen, die verhindern sollen, daß sich in den Häusern Plünderer oder Obdachlose breitmachen; abmontierte Ortsschilder; Warnungen vor Rattengift: Denn Ratten hätten in Inden ein gefundenes Fressen.

***

Aus der Hosentasche seines blauen Overalls mit Rheinbraun- Logo holt Wilfried Martinett den Schlüssel zum Portal der Indener Pfarrkirche. "Ich sitze hier wirklich zwischen allen Stühlen", sagt Martinett, während er die schwere Holztür aufdrückt. Über 27 Jahre lang hat er abends, werktags wie feiertags, die Orgel der alten Pfarrkirche gespielt. Ehrenamtlich, versteht sich. Seine Brötchen verdient Martinett, indem er für Rheinbraun im geländegängigen Bus Besucher durch den Tagebau fährt. Auch den Indener Pfarrgemeinderat hat er schon zur Spritztour mitgenommen. Daß er für die Firma arbeitet, die es auf seine Kirche abgesehen hat, ist "eine verzwickte Situation", findet Martinett.

Am 3. Mai hat er die letzte Messe auf der alten Orgel gespielt. Irgend jemand hatte damals mit Tesafilm ein Blatt an die Tür geheftet: "Herr, verzeih denen, die Inden und besonders unsere Gotteshäuser zerstören." Inzwischen hängt der Zettel nicht mehr, ebensowenig das Plakat, das Kommunionkinder gemalt hatten: "Gott baut ein Haus, das lebt!"

Martinett hat jetzt einen neuen Platz in einer neuen Kirche. Die steht, fast in Sichtweite der alten, keine zwei Kilometer entfernt in Inden/Altdorf. Der Ort, mit dem Rheinbraun Indener und Altdorfer für das Verlorene entschädigt. Der "Umsiedlungsstandort".

***

Als 1991 klar war, daß die beiden Orte in Rübenfelder versetzt werden würden, gehörte Indens Gemeindedirektor Manfred Halfenberg, Verwaltungschef für Inden, Altdorf, Pier und vier weitere Ortschaften, zu den ersten, die handelten. Er ließ ein neues Rathaus im neuen Ort bauen, das alte fiel der Abrißbirne zum Opfer. Ein schmuckes Rathaus, das neue. Bei der Finanzierung hatte Rheinbraun diskret geholfen und der Gemeinde für gutes Geld ein Gebäude in einem benachbarten Ort abgekauft. Freilich dürfen die Indener das Haus weiter zu Gemeindezwecken nutzen. Halfenberg ist sicher, es irgendwann einmal "zu einem symbolischen Preis" zurückkaufen zu dürfen. Rheinbraun schaut in solchen Fällen nicht aufs Geld.

Nein, große Widerstände gegen den Tagebau habe es in Inden nie gegeben, erzählt der Gemeindedirektor. Schließlich habe man schon seit Jahrzehnten gewußt, daß der Ort "auf der Kohle sitzt", und schließlich sei ja auch ein beträchtlicher Teil der Gemeindemitglieder bei Rheinbraun beschäftigt. Und außerdem, findet Halfenberg, der selbst zehn Jahre im Bergbau arbeitete, "haben wir ja auch ganz schön was daraus gemacht".

Inden/Altdorf, das Backsteindorf, eine Siedlung wie viele andere. Alles ist neu, sauber, geordnet. Fast alle Häuser, selbst die beiden Kirchen: roter Backstein, geklinkert. Wer sein Haus in den alten Orten gewinnbringend an Rheinbraun verkaufen konnte, hat sich ein klobiges Eigenheim geleistet. Andere finden sich in den dreigeschossigen Mehrfamilienhäusern an der Hauptstraße wieder: Ihre alten Häuser haben keine höhere Abfindung erbracht. Junge Bäume säumen Straßen, auf denen die letzte Teerschicht noch fehlt, Kanaldeckel lugen gut zwei Zentimeter heraus. In der näheren Umgebung: im Süden die Autobahn, die Köln mit Aachen verbindet, im Westen das Kraftwerk, und dann noch - in absehbarer Zeit - der Tagebau im Südosten. "Bermuda-Dreieck" wurde die Gegend von denen genannt, die nicht dorthin umziehen wollten.

Mittlerweile regt sich wieder dörfliches Leben in Inden/Altdorf - zusammengeschweißt aus zwei Dörfern, die sich, so Gemeindedirektor Halfenberg, "eigentlich nie gut riechen konnten". Sogar das Vereinsleben erwacht wieder. Der Versuch, nicht nur die Orte, sondern auch deren Vereine zu vereinen, schuf interessante Kreationen: Den Schützenverein St. Sebastianus/St. Pankratius Inden/Altdorf 1424/1433 etwa, der in diesem Jahr erstmals in ein und derselben Uniform marschiert, oder den FC Inden/Altdorf 04/21. Bei den Tambourcorps der beiden Orte scheiterte die Vereinigung allein daran, daß die einen nach Noten, die anderen aber nach Zahlen spielten.

"Wir haben das gut hingekriegt", davon ist Halfenberg überzeugt, und schließlich seien fast alle - der guten Dorfgemeinschaft sei Dank - mitgekommen, bis auf einige, die woanders hinzogen. "Fremdgezogene", wie der Gemeindedirektor sie nennt. Und bis auf ein paar "etwas seltsame" Leute, die noch immer im alten Ort blieben. "Die waren aber immer schon, wollen wir mal sagen, unauffällig auffällig." Eben anders.

***

Mit soviel Erfahrung im Umsiedeln wird die Gemeinde Inden das dritte Dorf wohl auch noch schaffen: Pier. Bis zum Jahr 2015 soll Pier, 1.500 Einwohner groß, geräumt sein. Ganz so pragmatisch wie in Inden/Altdorf geht Gemeindedirektor Halfenberg an dieses Unterfangen nicht heran. Bei Pier wird er nachdenklich - es ist sein Heimatort. "Kürzlich ist mir klargeworden, daß ich ja dann auch dran bin", erzählt er. Jahrelang habe er "das Thema erfolgreich verdrängt".

Doch nun schließen auch in Pier die ersten Geschäfte, wird nicht mehr investiert, nicht mehr gebaut. Eine Bürgerinitiative hat sich gegründet, doch die kämpft nicht gegen den Tagebau, sondern dagegen, ins "Bermuda-Dreieck" umgesiedelt zu werden. Mit dem Tagebau, sagt der Sprecher der Initiative, Karl-Heinz Schnitzler, habe man sich abgefunden. Schließlich habe man ihnen ja gesagt, daß der Braunkohletagebau notwendig ist. Dann wird es wohl auch so sein.

Quelle: TAZ  11.11.1998 M. Bauchmüller / M. Lokai

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