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Copyright lt. Quellennachweis Die Redaktion recherchiert nach eigenem Ermessen, ohne Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu erheben, in den genannten Quellen.

Aktuelle Presse Liberalisierung der Wasserversorgung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Gesellschaft übernimmt städtische Mitarbeiter
Neuer Vertrag mit den Stadtwerken

bap Bergheim. Die Stadtwerke Bergheim GmbH wird sich künftig auch um das Abwasser

in der Kreisstadt kümmern. Dies beschloss der Stadtrat in seiner Sitzung am Montag. Die vor zwei Jahren gegründete Gesellschaft gehört zu 51 Prozent der Stadt Bergheim und zu 49 Prozent der RWE Entsorgung. Ihr erste Aufgabe war die Übernahme der Müllentsorgung in Bergheim. Nun soll das Aufgabenfeld auf die städtische Abwasserwirtschaft ausgedehnt werden.

Die großen Klärwerke und Regenüberlaufbecken in der Kreisstadt betreibt zwar der Erftverband. Für die Stadt bleiben aber noch eine Reihe von Aufgaben übrig. Diese reichen von der Erhaltung der Kanäle und der Entleerung der Abwassergruben, über die Finanz- und Investitionsplanung bis zur Erstellung von Informationsbroschüren für die Bürger. Nach und nach sollen die Stadtwerke alle städtischen Aufgaben, die mit der Abwasserbeseitigung zu tun haben, übernehmen.

In dem Vertrag, den der Stadtrat am Montag auf den Weg gebracht hat, geht es in erster Linie um die Verwaltungs- und Ingenieurleistungen bei Planung, Bau oder Sanierung von Kanälen und anderen Abwassersystem in der Stadt. Die bisher in der Stadtverwaltung mit diesen Aufgaben betrauten Mitarbeiter werden von den Stadtwerken übernommen.

Bei der Sitzung des Stadtrates am Montag befürworteten die Fraktionen von CDU, SPD und UBB/FDP den neuen Vertrag mit den Stadtwerken. Die Grünen stimmten dagegen. Sie hatten sich schon vor zwei Jahren gegen die Zusammenarbeit der Stadt mit RWE Entsorgung ausgesprochen und kritisiert, dass die Verwaltung nicht im Rahmen einer Ausschreibung mit mehreren möglichen Partnern verhandelt habe.

Quelle: Kölnische Rundschau 29/12’00

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Der tägliche Wasserverbrauch der Deutschen sinkt

Silbermedaille fürs Wassersparen

Stopper fürs WC, abgedichtete Rohre, Wasser sparende Waschmaschinen - dank dieser und anderer Hilfsmittel verbrauchen die Deutschen jedes Jahr weniger Wasser. Und damit liegen sie europaweit an zweiter Stelle. Nur die Belgier sind noch eifrigere Wassersparer.

Während der tägliche Wasserverbrauch in Deutschland 1983 bei 147 Litern je Einwohner lag, waren es 1991 noch 144 Liter, 1995 dann nur noch 132 Liter. Nach neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamtes floss 1998 wieder weniger Wasser durch die Hähne der Privathaushalte: durchschnittlich 129 Liter pro Person. Dabei gibt es erhebliche regionale Unterschiede. Vor allem die neuen Länder waren die sparsamsten im bundesdeutschen Vergleich. Ein Thüringer verbrauchte nur 86 Liter, während ein Bürger Schleswig-Holsteins 154 Liter verprasste.

Das hat vor allem ökonomische Gründe: Nach der Wende schnellten die Wasserpreise in Ostdeutschland in die Höhe, da Investitionen in Trinkwasseranlagen dringend nötig waren. Dabei mussten Klärfilter und Rohrleitungen saniert werden, um westdeutsche Standards zu erreichen. Biologisch tot geglaubte Abschnitte der Elbe haben sich dadurch von dem Giftschock vorausgehender Jahre wieder erholt. Aber Wassersparen kostet auch: Denn für weniger Wasser muss die gleiche Technik verwendet werden, die Kosten verteilen sich nicht mehr und steigen somit je Liter.

Im europäischen Vergleich sind die deutschen Wasserpreise auf den ersten Blick die höchsten. Das kommt zum einen daher, dass die nationale Trinkwasserverordnung strengere Vorgaben enthält als die entsprechende EU-Richtlinie. Und diese einzuhalten ist mit einem hohen technischen Aufwand verbunden. Andererseits werden Betriebskosten oder staatliche Subventionen in der Berechnung europäischer Wasserpreise oft nicht berücksichtigt. Einige EU-Länder unterstützen die natürliche Ressource finanziell, was den Geldbeutel des Verbrauchers entlastet, aber keinen Anreiz bietet, Wasser sorgsam zu verbrauchen.

Das Bundesumweltministerium (BMU) ruft weiterhin zum Sparen auf - auch wenn einige Klärwerksbesitzer über verstopfte Filter klagen, verursacht durch den niedrigen Durchfluss. Dies kann aber nach Meinung des BMU nicht als Begründung dafür herhalten, wieder mehr Wasser zu verbrauchen. Vielmehr müsse die Technik dem Verhalten angepasst werden. Auch ein steigender Grundwasserspiegel in einigen Regionen dürfe nicht dazu verführen, das kühle Nass zu verschwenden. KATHRIN BURGER

Quelle: taz Nr. 6288 vom 4.11.2000, Seite 7, 87 Zeilen Kommentar KATHRIN BURGER , Kolumne

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Berlins Lebensquelle droht auszutrocknen

Die Kolumne von Wolf Jobst Siedler

Berlin hat sich immer gern in der Nachbarschaft der anderen Hauptstädte Europas gesehen, auch was die Flüsse anlangt, die durch sie hindurchfließen. In London ist das die Themse und in Paris die Seine, was wirkliche Ströme sind, wie man deutlich erkennt, wenn Ozeandampfer und selbst Kriegsschiffe an der Tower-Bridge im Herzen Londons anlegen. Für Paris war die Seine in früherer Zeit sogar ein Einfallstor für feindliche Heere, ganze Flotten von Wikingerschiffen fuhren im Mittelalter die Seine von der Küste bis nach Paris hinauf, um die Stadt brandzuschatzen.

Das macht schon deutlich, wie wenig die Spree mit der Themse und der Seine vergleichbar ist. Sie ist ein mildes Gewässer, und von ihr drohte ihren Bewohnern nie Gefahr. Selbst zu gefährlichen Hochwassern kam es niemals, eher geschah es, dass die Spree in trockenen Sommern zu einem Rinnsal wurde, auf der der Verkehr mit tiefgehenden Spreekähnen eingestellt werden musste. Die «Spreezille», der typische flachgehende Kahn, war das Verkehrsmittel der deutschen Hauptstadt, selbst als vom Landwehrkanal bis zum Teltowkanal ein System von Kanälen die natürlichen Gewässer an die wachsende Weltstadt anzupassen suchte.

Jetzt sieht sich Berlin von einer neuen Art der Wasserarmut bedroht. Seit dem Untergang der DDR wurde der Bergbau in der Lausitz stark reduziert, da sich nun die schwefelhaltige Braunkohle mit der importierten Steinkohle messen muss. Aber vom Braunkohlentagebau in der Lausitz lebte die Spree, denn die riesigen Bagger förderten große Mengen Grundwasser in die Spree. Damit wurde auch mehr Wasser gefördert.

Viele Tagebaue wurden seit der Wende stillgelegt, und, besonders ärgerlich, die verbleibenden Wassermengen werden in die Krater der Kohlengruben gelenkt, die man in Badeseen verwandeln will. So fließt immer weniger Wasser aus der Lausitz in Richtung Berlin. Die Spree kommt in trockenen Sommern zum Stillstand, fließt sogar mitunter rückwärts, und das ist für den Fluss und seine Tier- und Pflanzenwelt tödlich.

In den langen Niedrigwasserperioden der letzten Sommer war die Spree in fast stillstehenden Flussabschnitten eine Kette von Teichen, was auch die Mäanderlandschaft des Spreewalds bedroht. Mindestens neun Kubikmeter Wasser pro Sekunde sind in alten Zeiten flusswärts geflossen und spülten den Schlammteppich mit sich fort.

Das «Institut für Gewässerökologie» hat jetzt im Berliner ICC einen Kongress über das notwendige Renaturierungsprogramm der Spree veranstaltet. Die Teilnehmer stimmten überein, dass die Spree wieder ein flaches Bett wie um 1900 erhalten muss. Eine weitere Voraussetzung wäre, dass die Spree wieder ihr schmales Bett hat, das aufgrund des Bergbaus während des letzten Jahrhunderts verbreitert wurde. Dann wird auch ein geringerer Wasserzufluss genügen, um die alte Strömung wiederherzustellen.

Allein für die 50 Kilometer, für die es bereits eine Vorplanung für die Renaturierung gibt, wird eine halbe Million Mark pro Kilometer veranschlagt. Das Land Brandenburg hat dieses Geld nicht, und auch die Kassen des Bundes sind leer. So wird die Wiederbelebung der Spree noch Jahrzehnte dauern. Für Berlin hat all das besondere Bedeutung. Die Spree ist seit Jahrhunderten sein wichtigstes Trinkwasserreservoir. Wenn der Fluss zum Rinnsal wird, ist Berlins Lebensquelle bedroht.

Quelle: Berliner Morgenpost 4.11.2000

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Deutsche Bahn will wieder blitzblanke Gleise

Die Wasserwerke warnen vor der Wiederzulassung des Pflanzengifts Diuron. Bahn sieht Sicherheit gefährdet, wenn Herbizid verboten bleibt

BERLIN taz Sollte das Pflanzengift Diuron wieder für den Einsatz auf Gleisen zugelassen werden, wird die Deutsche Bahn es einsetzen. Das Unternehmen bestätigte gestern entsprechende Spekulationen. Bereits im Mai hatten das Umweltbundesamt und die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft der Bundesregierung vorgeschlagen, das Verbot von 1996 wieder aufzuheben.

Die Bahn berichtet seit dem Diuron-Verbot von vermehrtem Pflanzenwuchs auf den Gleisen. Die derzeit zugelassenen Mittel wirken nur gegen den Blattwuchs der Pflanzen. Erforderlich sei aber, gegen die Wurzeln im Schotterbett vorgehen zu können. Durch das Verbot werde langfristig die Sicherheit des Bahnverkehrs gefährdet, da es trotz intensiver Forschungsarbeiten bisher kein ausreichend funktionierendes chemiefreies Verfahren gebe. 60 Millionen Mark habe sein Unternehmen die Suche nach Alternativen gekostet, hinzu kämen die Ausgaben für deren Anwendung, sagte ein Bahn-Sprecher.

Wasserwerke und Umweltverbände protestieren gegen eine Wiederzulassung des Giftes, das derzeit vor allem noch im Obstbau in größeren Mengen verwendet wird. "Die Wasserwirtschaft versucht alles, um Schadstoffeinträge ins Wasser zu vermeiden. Die Großanwendung von Diuron bei der Bahn würde die Bemühungen von Jahren zunichte machen", sagte Bernhard Hörsgen, Vorstand des Versorgers Gelsenwasser.

Umweltbundesamt und Biologische Bundesanstalt dagegen vertreten die Ansicht, von einem sachgerechten Einsatz des Pestizides gehe keine Gefahr für die Umwelt aus. Grundlage dieser Erkenntnis sei eine 1992 von der Bahn in Auftrag gegebene Studie des Forschungsinstituts Fresenius, das über mehrere Jahre an fünf Standorten in Deutschland die mögliche Ausbreitung des Giftes ins Grundwasser untersucht hatte. Die Anwendung müsse allerdings stark beschränkt werden. An Bahnübergängen, Brücken und Versickerungsgräben solle das Mittel weiterhin nicht eingesetzt werden, forderten beide Behörden. Auf freien Strecken aber sei eine einmalige Anwendung pro Jahr möglich, ohne dass ein Eindringen von Diuron ins Grundwasser zu befürchten sei

MATTHIAS SPITTMANN

Quelle: taz Nr. 6282 vom 28.10.2000, Seite 8, 75 Zeilen TAZ-Bericht MATTHIAS SPITTMANN

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Grünes Licht für RWE
Weg frei bei Thames Water

Brüssel. (afp/dpa) Der RWE-Konzern kann den britischen Wasserversorger Thames Water übernehmen. Wie die EU-Kommission in Brüssel mitteilte, stimmte sie der Mehrheitsübernahme zu. RWE hatte den Aktionären von Thames Water Ende September 4,3 Milliarden Pfund (14,5 Milliarden Mark) geboten. Vor einer Woche hatte RWE 80,1 Prozent der stimmberechtigten Aktien, das Angebot wurde bis 6.11. verlängert.

RWE stellte klar, dass es derzeit keine konkreten Pläne zu weiteren Kraftwerksschließungen gebe. Entsprechende Meldungen seien "überzogen".

Quelle: Kölnische Rundschau 30.10.2000

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Regen fehlt in Brandenburg ­ Steppe könnte entstehen

Forscher suchen auf Kongress Wasser für Berlin / Prognose sagt Erwärmung um 1,5 Grad im Jahresdurchschnitt voraus

(ddp/mkr). Brandenburg im Jahr 2050 ­ eine wüste Steppe. Wasser ist knapp in Berlin und Umgebung. Wenn man dem Szenario Glauben schenkt, das vom Potsdam Institut für Klimafolgeforschung (PIK) für die kommenden 50 Jahre entworfen wurde, wird sich die durchschnittliche Jahrestemperatur im Osten Deutschlands um 1,5 Grad erhöhen. Folge: Weniger Wasser für die Bevölkerung und die Landwirtschaft. Außerdem verändert sich die Vegetation drastisch.

Einer der Gründe, warum sich Experten aus Forschung, Wirtschaft und Politik derzeit auf dem internationalen Kongress "Wasser Berlin 2000" im ICC Berlin treffen und bis heute neue Wege für eine nachhaltige Wasserwirtschaft diskutieren.

"Der Verbrauch von Wasser in Brandenburg ist höher als der Niederschlag, der fällt", sagt Matthias Freude vom Landesumweltamt in Potsdam. Mit rund 3000 Seen und 30 000 Kilometern Flüssen hat Brandenburg zwar mehr Gewässer als jedes andere Bundesland, aber der Niederschlag ist mit 500 bis 600 Millimetern im Jahr um knapp die Hälfte geringer als im westlichen Deutschland. Es verdunstet sogar mehr Wasser aus dem sandigen Boden als Regen fällt. Und dieser Trend setzt sich weiter fort. "Auch der Spreewald verdunstet", sagt Freude. Und das hat nicht nur mit dem ausbleibenden Regen zu tun, sondern mit dem stillgelegten Tagebau in der Lausitz. Das Wasser aus den Tagebauen fehlt der Spree. Die Fließgeschwindigkeit nimmt stark ab. Die Wissenschaftler sind der Meinung, dass, sobald der Fluss sich selbst nicht mehr regulieren könnte, auch die Wasserqualität in Berlin bedroht sein würde. Davon kann nach Meinung der Senatsverwaltung und der Berliner Wasserbetriebe (BWB) aber bislang noch keine Rede sein.

Ludwig Pawlowski von den BWB sagt: "Die Wasserwirtschaft in Berlin funktioniert." Rund 600 000 Kubikmeter Wasser würden den Gewässern am Tag entnommen und wieder zurückgeführt. Trotzdem gebe es Grund, sich um eine zukunftsfähige Wasserwirtschaft zu bemühen. In 50 Jahren könnte es Probleme geben mit bestimmten Inhaltsstoffen ­ zum Beispiel mit Hormonen und Rückständen von Arzneien, die bislang nicht aus dem Abwasser gefiltert werden können.

Die Berliner Gewässer sind momentan in die Güteklasse drei eingestuft. Das heißt nicht sehr gut aber auch nicht schlecht. Dietrich Jahn von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sagt, man wolle in den nächsten Jahren Güteklasse zwei erreichen. Eine Forschergruppe der Technischen Universität Berlin stellte auf dem Kongress ein Verfahren vor, das bei der Entscheidungsfindung und Bewertung wasserwirtschaftlicher Planungen helfen soll. Die Software wurde von Ingenieuren, Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlern gemeinsam entwickelt. Mit ihr können die Experten die Probleme aus den Einzeldisziplinen zusammenfassen und die Ziele für eine nachhaltige regionale Wasserwirtschaft formulieren. Diese orientieren sich an den drei Kriterien ökonomisch, ökologisch und sozial verträglich. Wie viel Geld sauberes Wasser in Zukunft kosten wird, hängt davon ab, welcher Aufwand betrieben wird, um es herzustellen. Und der wird in den nächsten Jahren sicherlich nicht weniger werden. Verglichen mit anderen Lebensmitteln wird Wasser immer noch um ein Vielfaches preiswerter sein", sagen die Wissenschaftler.

Quelle: Lausitzer Rundschau 26.10.2000

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Generalstabsarbeit bei RWE
Wie der Versorgungskonzern die Wassergesellschaft Thames Water kaperte

Von Jürgen H. Wintermann

London - RWE-Chef Dietmar Kuhnt überlässt bei der Übernahme der Londoner Wassergesellschaft Thames Water plc nichts dem Zufall. "Generalstabsarbeit vom ersten Augenblick an", sei die Devise in der Essener Konzernzentrale des führenden deutschen Versorgungskonzerns bei dem Geheimplan, den britischen Wasserkonzern zu kapern. Das strategische Ziel ist klar: RWE will neben Strom, Gas und Abfall künftig auch im Wassergeschäft international eine führende Rolle spielen. Dabei erwies sich Thames Water als ideale Adresse. Denn die Briten verkaufen auch außerhalb ihrer Insel Wasser: in Asien/Pazifik, in China, Südamerika und über Tochter E`town bald auch in den USA.

Der Coup dürfte seit Wochenanfang so gut wie gelaufen sein - nicht zuletzt dank der professionellen Beratung durch Merryll Lynch in London. Drei Dutzend hochkarätige Consulter dieser Investmentbank hatten zuvor den Markt analysiert. Die Wahl fiel schließlich auf Thames Water, kundenstärkster englischer Wasseranbieter mit breitesten internationalen Aktivitäten. Das entschied.

"Ohne hochprofessionelle Berater hätten wir das gar nicht schaffen können", räumt RWE-Chef Kuhnt freimütig ein. Schließlich bewegt man sich in England aktienrechtlich wie regulatorisch auf fremdem Terrain. Zudem sollte die Übernahme "friendly" ablaufen, also mit Zustimmung des Managements und der Aktionäre. Auch sollten vom Takeover potenzielle Wettbewerber wie die bisher vergeblich nach Wasser suchende Eon AG nichts erfahren. Alles lief wie am Schnürchen.

Jetzt, kurz vor dem Ziel, ist ein Überbieten der RWE-Konditionen von dritter Seite "eher unwahrscheinlich", glaubt man bei Merryll-Lynch und hält den Deal auch für "weitestgehend wasserdicht". Es wäre ansonsten auch ein Akt höchster Aggression. Denn RWE hatte am Montag bereits 20 Prozent der Thames Water-Aktien zum offiziellen Übernahmepreis von 12,15 Pfund pro Aktie erworben. Voraussichtlich nächste Woche wird das fast 100-Seitige "Offer Document" veröffentlicht. Merryll- Lynch-Manager Franz Etz: "Ab dann ticken die Uhren." Bis zum Closing sind mindestens 21 Tage Übernahmefrist gesetzlich vorgeschrieben. Der Merryll-Lynch-Manager erwartet, dass auf Anhieb mindestens 90 Prozent der Thames Water-Aktien angeboten werden. Das reicht für die Eingliederung in den RWE-Konzern. Anfechtungsklagen oder Spruchstellenverfahren, die in Deutschland schon so manche Übernahme gestört, verteuert oder verhindert haben, kennt Englands Aktienrecht nicht.

Quelle: Welt, Die 26.9.2000

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RWE kauft britischen Wasserriesen

Mit Thames Water sind die Essener nun der drittgrößte Wasserversorgungskonzern der Welt. Sehr hoher Kaufpreis

BERLIN/ESSEN taz/dpa/rtr Die RWE AG hat endlich eine Fusion mit einem großen ausländischen Konzern vereinbart. Der britische Wasserversorger Thames Water wird vollständig übernommen. Beide Firmenvorstände haben dem Kauf schon zugestimmt. Mit 34 Millionen Wasserkunden ist die RWE/Thames-Gruppe damit künftig drittgrößter Wasserversorgungskonzern der Welt - hinter den französischen Branchenriesen Vivendi und Suez-Lyonnaise des Eaux. Mit beiden hatte RWE vergeblich über eine Fusion verhandelt. Nach eigenen Angaben finanziert RWE den Kauf mit liquiden Mitteln und einer Anleihe von 3,1 Milliarden Euro. Die Essener haben eine hohe Übernahmeprämie bezahlt: 4,3 Milliarden Pfund, etwa 14 Milliarden Mark, bietet die RWE. Das sind laut BBC 43 Prozent mehr als der durchschnittliche Aktienpreis von Thames im letzten Monat. Außerdem werden noch 1,8 Milliarden Schulden mit übernommen.

RWE fiel über die Jahrzehnte vor allem als größter unter den deutschen Monopol-Stromkonzernen auf. Berüchtigt sind die guten Verbindungen zu Politikern aller Parteien auf allen Ebenen, vor allem in Nordrhein-Westfalen. Im Geschäftsjahr 1999/2000 (zum 30. Juni) verzeichnete der RWE- Konzern bei einem Umsatzanstieg um 24,7 Prozent auf 47,9 Milliarden Euro einen Rückgang seines Vorsteuer-Gewinnes um 21 Prozent auf 2,15 Milliarden Euro.

Der RWE-Konzern will künftig vor allem im Versorgungsgeschäft mit Strom, Gas, Wasser und Entsorgung weiter wachsen. Dabei wird auch der vor kurzem übernommene bisherige Konkurrent aus Dortmund, die VEW, eingegliedert. Die Trennung von anderen Unternehmensbereichen wie der Telekommunikation oder dem Chemie-Geschäft der RWE-Tochter Dea ist bereits vollzogen oder angekündigt. Weitere Engagements wie etwa die Beteiligung an dem mehrheitlich zum RWE gehörenden größten deutschen Baukonzern Hochtief oder das Mineralöl- und Tankstellengeschäft der Konzerntochter Dea gehören ebenfalls nicht mehr zum Stammgeschäft.

Die Thames Water ist der größte Wasserkonzern der britischen Inseln mit 24 Millionen Kunden, davon allein 12 Millionen in und um London. Filialen auf diversen Kontinenten sind vorhanden, doch den Jahresgewinn 1999 von 412 Millionen Pfund brachte vor allem das Inlandsgeschäft. 14.000 Beschäftigte erwirtschaften einen Umsatz von knapp 1,2 Milliarden Pfund im Jahr.

Quelle: TAZ 25.9.2000

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RWE wird Nummer drei bei Wasser

14 Milliarden Mark für Übernahme von Thames Water

Von Jürgen H. Wintermann

Essen/London - Die RWE AG, Essen, übernimmt das führende britische Wasserunternehmen Thames Water plc, London. Das bestätigte der RWE-Vorstand. Den Aktionären von Thames Water bietet Deutschlands größter Versorgungskonzern seit gestern Morgen 12,15 Pfund Sterling pro Aktie in bar. Daraus ergibt sich ein Übernahmepreis von 7,1 Mrd. Euro oder 13,88 Mrd. DM. Diese Summe kann RWE mühelos aus den mit rund 30 Mrd. DM dotierten eigenen Cash-Positionen darstellen. Mit der Übernahme entsteht der drittgrößte Wasser-Anbieter der Welt mit Sitz in London. Das britische Management wird im RWE-Kerngeschäft Wasser auch die Führung übernehmen.

In einer gemeinsamen Pressekonferenz von RWE und Thames Water in Essen zeigte sich Bill Alexander, CEO des zehntgrößten britischen Wasserversorgers und künftiger Chef des RWE-Kerngeschäfts Wasser, gestern Nachmittag mit der Übernahme einverstanden. Seinen Aktionären empfiehlt er, die um 33 Prozent über dem Schlusskurs vom 19. September liegende Barabfindung anzunehmen. Roger Carr, Chairman von Thames Water, schwärmte: "Dies hat Vorteile für alle Beteiligten und ist ein attraktives Angebot für das Unternehmen, seine Aktionäre, Mitarbeiter und Kunden." Und RWE-Chef Dietmar Kuhnt betonte: "Die Akquisition liegt voll auf der strategischen Linie, in jedem unserer Utility-Kerngeschäfte eine internationale Spitzenstellung zu erreichen."

Mit Thames Water rücke RWE auf einen Schlag zum drittgrößten Akteur im weltweiten Wassergeschäft auf, mit einer führenden Position in England und mit hervorragenden Chancen in der USA, in Deutschland, Mitteleuropa und im asiatisch-pazifischen Raum. Bei fast 40 Millionen Kunden wird RWE/Thames Water nur noch von den beiden Franzosen Vivendi und Suez Lyonnaise übertroffen, die national und international jeweils rund 100 Millionen Kunden mit Wasser und Abwasser bedienen. Mit beiden Marktführern kooperiert RWE bereits bei den Wasserbetrieben in Berlin und Budapest.

Die Gespräche mit den Briten seien "harmonisch und reibungslos" verlaufen, sagte der RWE-Chef. Man habe dabei schnell auch beiderseitiges Verständnis für den erforderlichen strategischen Fit entwickelt. "Jetzt wollen wir gemeinsam ein bereits weltweit agierendes Unternehmen weiter nach vorn bringen", kündigte Kuhnt an. Zu den Zielen gehöre auch die Kostenführerschaft, wie schon bei Strom, Gas und Abfall/Recycling. Alle Voraussetzungen hierfür seien gegeben. Von Thames Water verspricht sich Kuhnt "mehr als die reine Addition von Kapazitäten und Fähigkeiten". Die hochrentable Thames Water plc versorgt in England rund zwölf Millionen Kunden und darüber hinaus die gleiche Zahl Im Ausland, vor allem in Chile und in Asien/Pazifik.

Die Eingliederung von Thames Water in den RWE-Konzern bezeichnete Kuhnt als "entscheidenden Schritt nach vorn zur Umsetzung unserer Multi-Utilities-Strategie". RWE werde Thames Water bei der weltweit angestrebten Expansion die unternehmerische Flexibilität geben und dabei mit der notwendigen finanziellen Stärke ausstatten. Thames Water selbst übernimmt gerade den siebtgrößten amerikanischen Wasseranbieter, E`town in New Jersey, mit rund einer Million Kunden. Kuhnt sieht darin "ein wichtiges Sprungbrett in den US-Utility-Markt".


In den Kerngeschäften Elektrizität und Abfall/Recycling ist RWE die Nummer eins in Deutschland und die Nummer drei in Europa. Bei Gas liegt der Essener Konzern nach Übernahme von VEW auf dem zweiten Rang. Und im stark fragmentierten deutschen Wassermarkt, auf dem sich allein 15 000 Anbieter tummeln, hält RWE mit neun Millionen Kunden die führende Position. Und die soll jetzt ebenfalls stärker werden.

Quelle: Welt, Die 26.9.2000

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Raus aus dem Öl und rein ins Wasser

Marktplatz

Von Jürgen H. Wintermann

Wasser ist längst ein Milliarden-Geschäft mit ausgezeichneten Zukunftsperspektiven und üppigen Renditen. Weltweit kassierten 1999 die privaten Versorger für ihre Wasserlieferungen samt Entsorgung bereits 90 Mrd. Euro. Und aus den Gewinnen zahlen sie Jahr für Jahr satte Dividenden. Doch der wirkliche Boom steht erst bevor. Die Bevölkerung der Erde wächst, vor allem in den Ballungsgebieten, und das kühle Nass rund um den Globus wird immer knapper. Eine klassische Voraussetzung für stramme Zuwachsraten. Kenner der Branche prognostizieren eine Umsatzexplosion der privaten Wasseranbieter bis zum Jahre 2010 schon auf über 430 Mrd. Euro.

Deutschland ist mit 17 Mrd. Euro größter Wasser- und Abwassermarkt in Europa. Dieses Geschäft teilen sich bisher 15 000 überwiegend kleine und kleinste Wasserwerke, die im Durchschnitt gerade mal auf 11 000 Kunden kommen. Allerdings gibt es in diesem stark fragmentierten Markt auch Giganten, die immer mehr vom Geschäft an sich reißen. Eon etwa bringt es mit Tochter Gelsenwasser AG auf 4,3 Millionen Kunden, RWE Aqua verschickt Wasserrechnungen bereits an neun Millionen Kunden, dazu an weitere zwei Millionen im Ausland. Doch selbst das ist mit Blick auf die Branchengiganten Vivendi und Suez Lyonnaise mit je gut 100 Millionen Kunden eher Klein-Klein.

RWE und Eon sind deshalb angetreten, beim Wasser international eine führende Rolle zu spielen. Im Falle Eon blieb es bislang bei Ankündigungen. Eine Liaison mit Suez Lyonnaise scheiterte kürzlich am Führungsanspruch der Düsseldorfer. Auch RWE blitzte mit seinen europäischen Wasser-Ambitionen zunächst an der Seine (Vivendi) ab, macht aber an der Themse nun Dampf und gewinnt an Fahrt. Der Coup mit Thames Water, der Sprung unter die Großen Drei des Welt-Wassermarktes, entspricht den Strategieansprüchen der Essener. Allein zwölf Millionen Kunden bedient Thames Water in England. Weitere zwölf Millionen Haushalte sind es Chile, in der Türkei, in Australien, Ägypten und in asiatischen Wachstumsregionen wie Thailand, Singapur oder China. Auch der Sprung in die USA ist mit Übernahme von E-town so gut wie geglückt.

Offenkundig ist schiere Größe beim Wasser Voraussetzung für künftiges Wachstum. Immer strengere Umweltauflagen und der Trend zu höchsten Wassererqualitäten erfordern ein erstklassiges technisch-wissenschaftliches Know-how, weltweite Management-Erfahrung und beinahe unbegrenzte Finanzquellen. Das leisten auf Dauer nur große Konzerne mit Börsenzugang. Allein im amerikanischen Markt müssen in den nächsten zwei Jahrzehnten mehr als 300 Mrd. Dollar in Wasser- und Abwasseranlagen investiert werden. In anderen Teilen der Welt erweist sich der Nachholbedarf bei der Wasseraufbereitung als fünf bis zehn Mal so groß und wäre aus den bestehenden Strukturen heraus nicht finanzierbar. So ist zum Beispiel das Abwassernetz in Mittel- und Osteuropa völlig marode. Es müsste, ginge es nach deutschen Standards, komplett neu gebaut werden. Doch die staatlichen Wasserwerke dort sind praktisch pleite.

So gesehen, setzen die RWE-Manager mit dem Wasser offenkundig auf das richtige Pferd. In diese Strategie passt der bevorstehende Rückzug aus dem Mineralölgeschäft. Denn auf Dauer hat eine RWE-Dea gegen "Big Oil" wie Exxon, BP oder Shell keine Chance.

Quelle: Welt, Die 26.9.2000

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Warum der Konzern Appetit auf den britischen Wasserversorger Thames Water hat

RWE legt Fokus auf Energie und Umwelt

Von Andreas Grafemeyer

Um den Essener RWE-Konzern ranken sich heftige Spekulationen. Zum einen gibt es Gerüchte um einen Zusammenschluss von RWE-Dea und BP auf dem deutschen Tankstellenmarkt. Mit einem solchen Schritt würde der britische BP-Amoco-Konzern seine Marktposition in Deutschland deutlich ausbauen und zum Marktführer Aral aufschließen. Zum anderen gilt RWE als potenzieller Käufer des britischen Wasserversorgers Thames Water. Diese Gesellschaft hatte nach den Regeln des britischen City-Code den Erhalt einer Übernahmeofferte gemeldet. Der Bieter wurde nicht genannt. Das Angebot von 1215 Pence je Aktie bewertet den Wasserversorger mit rund 4,3 Mrd. Pfund. RWE schweigt zu diesen Transaktionen beharrlich und lehnt unverändert jeden Kommentar ab. In der Branche indes wird solchen Spekulationen hoher Wahrheitsgehalt eingeräumt.

Reziprozitätsprinzip hat Charme

Charme hätten solche Schritte durchaus, sollte RWE tatsächlich an diesen beiden "Deals" stricken. Die Übernahme eines der größten Wasserversorger in Großbritannien durch einen deutschen Konzern würde möglicherweise auf der Insel auch kritisch beäugt werden. Die Branche gilt als politisch sensibel. Würde parallel dazu der britischen BP Amoco die Verstärkung des Marktauftritts im deutschen Tankstellengeschäft ermöglicht, wäre solchen Bedenken geschickt viel Wind aus den Segeln genommen. Reziprozität heißt das Stichwort, das bereits bei anderen Übernahmebemühungen eine nicht unerhebliche Rolle gespielt hat. Erinnert sei nur an die europäische Finanzdienstleistungsbranche. Seit der Übernahme der AGF-Versicherung in Frankreich durch die Allianz ist es beispielsweise der Deutschen Bank nicht möglich, sich mit einer größeren französischen Adresse zu verstärken. In Frankreich ist politisch explizit das Reziprozitätsprinzip eingefordert worden.

Doch zurück zur RWE-Gruppe, die unmittelbar vor der Fusion mit der Dortmunder VEW AG zum größten deutschen Stromversorger steht: Mit der Tankstellen- und Wasser-Transaktion kristallisiert sich die strategische Stoßrichtung des Multi-Utility-/Multi-Energy-Konzerns RWE immer stärker heraus: Der Fokus der Kerngeschäfte liegt auf Energie und Umwelt. RWE-Dea gehört nicht mehr zu diesen Kernaktivitäten der Essener. Die deutschen Spieler im Mineralölgeschäft sind zu schwach, um mit den internationalen Größen wie Exxon Mobil, Royal Dutch und BP Amoco mithalten zu können. Das gilt uneingeschränkt auch für die Sparten des Düsseldorfer RWE-Konkurrenten Eon, Veba Oel und Aral.

Andererseits versprechen gerade das Wasser- und das Gasgeschäft noch ungeahnte Wachstumsmöglichkeiten. Auch die Kapitalrenditen gelten als vergleichsweise attraktiv. Sowohl Eon als auch RWE streben nach ihren Stromfusionen gerade in diesen Geschäften internes und externes Wachstum an.

Wachstum in allen Bereichen

Kern der RWE-Strategie ist der zügige Ausbau aller vier "Utilities"; das heißt erstens Strom, zweitens Wasser & Abwasser, drittens Gas und viertens Abfall & Recycling. Unter den Stromversorgern liegt RWE zusammen mit VEW an dritter Stelle in Europa. Größer sind nur die beiden Staatskonzerne Electricité de France (EdF) in Frankreich und Enel in Italien. An diesen beiden Unternehmen in Europa vorbeizuziehen dürfte für RWE vorerst kaum möglich sein. Insofern kann es den Essenern nur darum gehen, die Nummer-drei-Position in Europa auszubauen und gegenüber Eon zu verteidigen. Überhaupt sind im Strombereich die Kapitalrenditen derzeit alles andere als üppig. In dieser Sparte dürfte es dem RWE-Management wie den Eon-Lenkern in erster Linie um die Hebung der mit den jeweiligen Fusionen auf nationaler Ebene verbundenen Kostensynergien gehen.

Wasser-Hauptquartier in England

Im Wasserbereich ist die Situation anders. Bereits die Fusionsgespräche von Eon mit Suez Lyonnaise des Eaux haben unterstrichen, wie wichtig das Wassergeschäft für die deutschen Versorger zu werden beginnt. Dass die Pläne mit Suez, neben Vivendi Weltmarktführer bei Wasser, letztendlich wegen Bewertungsfragen geplatzt sind, ändert daran nichts. Mit der Übernahme von Thames Water hätte RWE das Ziel, zu den Top drei in Europa zusammen mit Suez und Vivendi aufzusteigen, mit einem Schlag erreicht. Eine Kapitalerhöhung, wie an der Börse teilweise befürchtet, hätten die Essener nicht nötig, um solch einen Zukauf zu stemmen. Der Konzern schwimmt regelrecht im Geld. Um die Internationalisierungsstrategie umzusetzen, sind 60 Mrd. DM reserviert worden. Dieser Betrag wäre auch mit einer Übernahme von Thames Water noch nicht aufgebraucht, auch wenn sich der britische Wasserversorger keineswegs als billiges Schnäppchen erweist. Für Thames Water wäre die Übernahme durch RWE insofern interessant, als Chancen bestünden, das "Wasser-Hauptquartier" von RWE dann in Großbritannien anzusiedeln. Das erfahrene und internationale Thames-Water-Management wäre für den obersten RWE-Strategen Dietmar Kuhnt sicherlich ein Gewinn. Der britische Versorger ist darüber hinaus nicht nur in seinem Heimatmarkt aufgestellt, sondern verfügt auch über internationale Aktivitäten. Einbringen könnte RWE eine Beteiligung an den Berliner Wasserbetrieben (knapp 50% in einem Konsortium mit Vivendi/Allianz) und kleinere Aktivitäten in Osteuropa.

Aggressiver Ausbau bei Gas

Würde Kuhnt und seiner Mannschaft die Thames-Water-Übernahme gelingen, könnten alle Expansionsanstrengungen auf den aggressiven Ausbau der Marktposition bei den Gasaktivitäten gelenkt werden. In Deutschland - Stammhaus Westfälische Ferngas (WFG) und die zu 75% zum Konzern gehörende Thyssengas - will RWE Gas zur Nummer 2 nach der Ruhrgas aufrücken. Bei den Auslandsbeteiligungen in Polen, Ungarn und Holland wird starkes Wachstumspotenzial gesehen. Bei der vierten Säule Abfall & Recycling wird der Ausbau der Nummer-drei-Position in Europa angestrebt.

Für alle vier "Utilities" verfolgt RWE gleichzeitig externe und interne Wachstumsstrategien. Bei der Internationalisierung dürfte Europa als regionaler Schwerpunkt ganz oben auf der Agenda stehen, wie die Ambitionen bei Thames Water zeigen. Aber auch Nordamerika gilt als interessant. Neben dem Wachstumsprogramm haben sich die Essener ein nachhaltiges Kostensenkungsprogramm verordnet.

Für die Kerngeschäfte gibt es klare strategische Vorgaben. Alle Aktivitäten müssen mittelfristig einen positiven Wertbeitrag erbringen und eine führende Position im relevanten Markt erreichen. Die Finanzbeteiligungen (Hochtief, Heidelberger Druckmaschinen und Harpen) müssen "deutliche" Wertsteigerungen aus eigener Kraft erzielen. Die Veräußerung von Randaktivitäten versteht RWE als permanente Aufgabe.

Quelle: Börsen-Zeitung, 23.9.2000

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RWE macht Montag Übernahmeangebot
Größter britischer Wasserversorger

London - Der Essener RWE-Konzern will nach einem Bericht der "Financial Times" an diesem Montag ein Angebot zur Übernahme des größten britischen Wasserversorgers Thames Water vorlegen.

RWE werde 4,3 Milliarden Pfund (14 Mrd DM/7,1 Mrd Euro) in bar bieten, schreibt das Finanzblatt am Samstag. Thames Water mit Hauptsitz Reading bei London hat zwölf Millionen Kunden in Großbritannien und weitere zwölf Millionen im Ausland.

Unter Berufung auf Bankkreise schreibt das Londoner Blatt, die Gesellschaften hätten sich auf die Grundfragen der Übernahme geklärt. RWE werde 12,50 Pfund je Thames-Aktie und eine Zwischendividende von 20 Pence zahlen. Einschließlich der 1,8 Milliarden Pfund Thames- Schulden koste RWE die Übernahme sechs Milliarden Pfund Sterling.

Thames Water war mit mehreren Anläufen zum Zusammenschluss mit britischen Rivalen an der britischen Wettbewerbsaufsicht gescheitert. Der Einstieg von RWE würde dagegen keine Probleme aufwerfen, weil die Essener in Großbritannien nicht im Wassergeschäft aktiv sind.

RWE will eine starke Position auf dem Versorgermarkt aufbauen, auf dem international die französischen Konzerne Vivendi Environnement und Suez Lyonnaise des Eaux dominieren. Die wichtigste Beteiligung von RWE Umwelt Aqua sind bisher die Berliner Wasserwerke, an der auch Vivendi beteiligt ist.

Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger 25.9.2000

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BUND gegen privates Wasser

Im Fall eines liberalisierten Wassermarktes fürchten Umweltschützer Nachteile für Verbraucher: Bei steigenden Preisen wird die Qualität des Lebensmittels sinken

BERLIN taz Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) wendet sich gegen eine Privatisierung der Wasserwirtschaft. Vor dem Wirtschaftsministerium verteilten die Umweltschützer diese Woche Trinkwasser an Ministeriumsangestellte und Berliner Passanten. Damit wurde gegen Überlegungen von Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) protestiert, das kommunale Monopol bei der Wasserversorgung abzuschaffen. Für die Verbraucher werde dies höhere Preise und eine schlechtere Wasserqualität bedeuten, befürchtet der BUND. Mit der Liberalisierung in anderen Bereichen sei das Problem zudem nicht zu vergleichen, findet BUND-Sprecher Sebastian Schönauer: "Wasser ist kein elektrischer Strom." Die Versorgung mit einem Grundlebensmittel dürfe nicht in die Hände von Multis gelangen.

Derzeit garantiert ein Bundesgesetz den Städten und Gemeinden noch das Hoheitsrecht beim Wasser. Einer Teilprivatisierung auf kommunaler Ebene steht das allerdings nicht im Wege. Viele Städte haben in den letzten Jahren bereits die Privatwirtschaft bei der Wasserversorgung mit ins Boot geholt - und dabei sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Während die Rostocker die Zusammenarbeit mit dem deutsch-französischen Konsortium Eurawasser hinsichtlich Gebühren und Wasserqualität weitgehend positiv beurteilen, hat die Stadt Potsdam wegen geplanter Gebührenerhöhungen der Eurawasser erst diese Woche die Kooperation aufgekündigt.

Würden den Kommunen ihre Hoheitsrechte entzogen, könnten die Wasserbetriebe voll privatisiert werden. Für diesen Fall prophezeit der BUND verheerende Folgen für die Bürger. Großkonzerne könnten dann versuchen, hohe Profite mit niedrigen Standards zu erreichen, so Schönauer.

Das Wirtschaftsministerium betont indes, dass noch nichts entschieden ist. "Wir haben ein Gutachten in Auftrag gegeben, das die Auswirkungen einer Privatisierung untersuchen soll", erklärt Ministeriumssprecher Steffen Moritz.

Quelle: TAZ  24.6.2000

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Wasserwirtschaft sieht Liberalisierung skeptisch

Gasunternehmen fürchten Verlust von 10.000 rund Arbeitsplätzen
Berlin. (ap/dpa) In den etwa 700 Unternehmen der deutschen Gaswirtschaft droht nach Angaben der Branche in den kommenden zwei Jahren der Verlust von etwa 10.000 der derzeit 60.000 Arbeitsplätze. Der Vorsitzende des Bundesverbandes der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW), Ulrich Hartmann, begründete dies in Berlin mit den steigenden Erdgaspreisen der Förderländer, die zu Rationalisierungen in der Branche führten. Der Erdgaspreis ist an die Entwicklung der Ölpreise gekoppelt.

Hartmann kündigte an, dass die ab Sommer geplante Liberalisierung des Gasmarktes keine wesentliche Preissenkung für den Endverbraucher mit sich bringe. "Es gibt eben beim Gas nicht solch ein Überangebot wie auf dem Strommarkt", sagte er. Deutschland ist zu 80 Prozent auf Erdgaslieferungen aus dem Ausland angewiesen.

Hartmann bekräftigte, dass die Verbändevereinbarung für den diskriminierungsfreien Netzzugang Ende Juli fertig sein werde. Zunächst werde jedoch nur die Industrie vom freien Gasmarkt profitieren. Für die privaten Haushalte werde sich der Wettbewerb voraussichtlich erst im kommenden Jahr auszahlen. Gaswirtschaft und Industrie hatten sich Mitte März auf Eckpunkte für eine Durchleitung von Gas durch fremde Netze verständigt. Hintergrund der Verbändevereinbarung ist die im August in Kraft tretende EU- Richtlinie für die Öffnung der Gasmärkte.

Das kühle Nass wird etwas teurer

Auch einer Liberalisierung der Wasserversorgung stehe man grundsätzlich offen gegenüber, sagte der zuständige BGW-Sprecher Ortwin Scholz. Sie müsse aber noch genau auf ihre Konsequenzen geprüft werden. Die geltenten Bestimmungen im Kommunal- und Wasserrecht seien im Moment nicht mit einer Liberalisierung in Einklang zu bringen.

Außerdem sei Wasser eine Ressource, die nicht wie Strom verlustfrei über große Entfernungen transportiert werden könne. Gegen eine geplante Zulassung von Wasser minderer Qualität, wie Dachablaufwasser, als Trinkwasser will sich der BGW nach Auskunft von Scholz wehren. Damit sei der hohe hygienische Standard von Trinkwasser in Deutschland gefährdet.

Der Verband forderte andererseits das Gesundheitsministerium auf, die in einem Entwurf vorgesehene Verschärfung der EU-Trinkwasser-Richtlinie zu streichen. Eine nationale Verschärfung sei unnötig und führe zu einem Preisanstieg bis zu 20 Prozent. Damit werde die Wettbewerbsposition deutscher Wasserversorger geschwächt.

Scholz sprach sich außerdem für ein Ende der Abwasserabgabe aus. Auf Grund der hohen Qualität des deutschen Abwassers sei die Abgabe nicht mehr notwendig. Allein 1998 zahlten die Deutschen für die Abgabe rund 720 Millionen Mark.

Nach Verbandsangaben hat sich die Position der Gaswirtschaft 1999 auf dem Wärmemarkt gestärkt. Fast jeder zweite deutsche Haushalt und fast jeder dritte Industriebetrieb nutze Erdgas. Damit liege Erdgas inzwischen hinter Mineralöl auf Platz zwei des Primärenergieverbrauchs. Der Wasserverbrauch war 1999 leicht um 0,9 Prozent gesunken. Der Preisanstieg sei mit 1,6 Prozent im Vergleich zu 1998 weiter rückläufig. Im Durchschnitt zahle jeder Bürger täglich 42 Pfennig für Trinkwasser und 57 Pfennig für Abwasser, insgesamt 362 Mark jährlich.

Quelle: Kölnische Rundschau 12.4.2000

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Nach gelbem Strom nun trübes Wasser? Widerstand gegen Liberalisierung der Wasserversorgung. 

Von Eva Bulling-Schröter (*) 

Es ist nicht unbedingt alltäglich, daß Umweltaktivisten, Vertreter der Kommunalwirtschaft und Gewerkschafter über gemeinsame Aktionen brüten. Der Anstoß für diese Koalition kam vom Gesprächskreis Wasser des Deutschen Naturschutzringes. Auf diversen Fachtagungen denken nämlich seit geraumer Zeit Ministerialbeamte des Bundes wieder einmal laut darüber nach, wie - dem Beispiel des Energiesektors folgend - nun endlich auch der Wassermarkt liberalisiert werden könne. Die Ausnahmen im Wettbewerbsrecht zugunsten geschlossener Versorgungsgebiete in der Wasserwirtschaft sollen fallen.
Der Ansatz des Bundeswirtschaftsministeriums folgt dem Leitbild jeder Liberalisierungsoffensive: Mehr Wettbewerb führt zu niedrigeren Preisen, und dies sei für alle gut. Doch genau das sehen viele Fachleute anders. Schon im Energiesektor drängt die undurchdachte Liberalisierung fortschrittliche und umweltfreundliche Technologien wie die Kraftwärmekopplung ins Aus. Den Dumpingpreisen der Energieriesen (»Strom ist gelb!«) mit ihren gigantischen Rücklagen können viele Stadtwerke nicht standhalten. Im Wasserbereich wären die Folgen ähnlich dramatisch. Die Trinkwasserqualität könnte genauso abnehmen wie das Interesse an einem langfristigen Grundwasserschutz. Zudem stehen zahlreiche Arbeitsplätze in kommunalen Wasserbetrieben sowie Einnahmen der Gemeinden auf dem Spiel.
Bei der zur Disposition gestellten Sonderregelung handelt es sich um einen Passus innerhalb der Paragraphen 103 und 103a (alt) des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Momentan versorgt immer genau ein Wasserversorgungsunternehmen ein Versorgungsgebiet. Die ausschließliche Bewirtschaftung dieses Gebietes durch ein Unternehmen ist durch Demarkationsverträge zwischen Wasserversorgungsunternehmen sowie durch Konzessionsverträge zwischen Wasserversorgungsunternehmen und der entsprechenden Kommune geschützt.
Mit diesem System besteht eine weitgehende Deckung von Ressourcengebiet und Versorgungsgebiet. Diese ist ökologisch wünschenswert, denn es entspricht dem Erfordernis einer weitgehenden Regionalisierung der Wasserkreisläufe. Dort, wo Wasser verbraucht wird, wird es in der Regel auch gefördert. Wenn die Abwasserentsorgung nicht zentralisiert ist, fließt Wasser auch wieder in örtliche Gewässer zurück.
Durch das Prinzip einer lokalen beziehungsweise regionalen Wasserbewirtschaftung besteht ein Interesse der Wasserversorger an einer nachhaltigen Nutzung der Ressource Wasser. Somit existiert eine enge Verknüpfung zwischen geschlossenen Versorgungsgebieten und der Nutzung entsprechender regionaler bzw. örtlicher Wasservorräte sowie dem örtlichen und regionalen Gewässerschutz. Dabei werden die bestehenden Wasservorkommen - trotz unterschiedlichem Aufwand zur Förderung und Aufbereitung - relativ gleichmäßig genutzt.
Wird der Gebietsschutz aber aufgehoben, könnten Wasserversorger über Hunderte Kilometer Wasser in andere Gebiete transportieren. In Regionen, in denen dann aus »Effektivitätsgründen« die Wasserförderung eingestellt würde, die also Fremdwasser beziehen, könnte das Interesse am nachhaltigen Grundwasser- und Gewässerschutz sinken. Im Wettbewerb um Marktanteile und Absatzmengen würden unter Umständen »lohnende« Ressourcen geplündert werden, wobei dann nicht mehr genutzte Vorkommen aus dem Gewässerschutz herausfallen.
Tendenziell ginge das Ganze auch zu Lasten kleinerer Wasserbetriebe, die von großen, teilweise international tätigen Wasserkonzernen mit Dumpingpreisen ausgekegelt werden könnten. Einfach den Rüssel in die Weser halten und chemisch aufbereiten, anstatt dezentrale Grundwasservorräte zu fördern und deren Neubildung zu schützen, wäre dann die arbeitsplatzvernichtende Devise.
Auch ein Wettbewerb um die lukrativsten Kunden stünde ins Haus. Die Rosinenpickerei würde Industrieunternehmen mit hohem Wasserverbrauch bevorteilen. Somit könnten Haushalte sowie kleine und mittelständische Unternehmen künftig stärker belastet werden.
Ein weiteres Problem besteht in der Gefahr, daß den Kommunen Einnahmen an Konzessionsabgaben verlorengehen. Laut Verfassungsrechtler Rupert Scholz sind die Konzessionsabgaben nämlich nicht nur an ein Wegerecht, sondern auch an ein exklusives Versorgungsrecht gebunden.
Zudem befürchten Umwelt- und Verbraucherverbände eine Abnahme der Trinkwasserqualität, denn Wasser unterschiedlicher Qualitäten läßt sich nicht so einfach mischen wie Strom. Hier existieren zahlreiche technische und hygienische Probleme. Letztere ließen sich nur durch die Wiedereinführung der flächendeckenden Chlorierung lösen, so Ingenieur Nikolaus Geiler, Wasserexperte des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU). Ein System mit nicht nur geschmacklichen, sondern auch gesundheitlichen Nebenwirkungen, von dem sich viele Kommunen durch ein gutes Wassermanagement glücklicherweise trennen konnten.
* Infos: www.akwasser.de
(*) Unsere Autorin ist umweltpolitische Sprecherin der PDS- Bundestagsfraktion

Quelle: Junge Welt 9.3.2000

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Chinas Riesen-Staudamm ist zum Erfolg verurteilt

Peking macht den Bau zum Prestigeobjekt - Mehr als eine Million Menschen müssen umgesiedelt werden

Peking - China hält ungeachtet aller Kritik am forcierten Weiterbau seines Riesenstaudamms bei den Drei Schluchten am Jangtse-Strom fest. Während Peking 1999 stolz Bauweltrekorde mit 4,5 Millionen Kubikmetern Zement feierte und im Jahr 2000 fünf Millionen Tonnen verbauen will, stockt sein Umsiedlungsprogramm für Hunderttausende, deren Dörfer und Felder überflutet werden, je rascher der Damm in die Höhe wächst.

Nachdem seit Baubeginn 1994 bisher nur 178 000 Menschen umgesiedelt und 374 Fabriken und Bergbaubetriebe verlegt werden konnten, setzt die Pekinger Führung alles daran, in den kommenden zwei Jahren doppelt so viele Menschen wie bisher zu zwingen, ihre Heimat zu verlassen. China will seine größte jemals geplante Umsiedlungsaktion beschleunigen und auch Nachbarprovinzen zur Aufnahme Zwangsumgesiedelter verpflichten. Jede Provinz, die an den 6300 Kilometer langen Jangtse-Strom grenzt, sollte dabei mindestens 10 000 Menschen aufnehmen können, verlangte Chinas Parlamentspräsident Li Peng. Andere Provinzen müssen folgen. Bis 2002 sollen so 125 000 Menschen auf elf Provinzen und Städte des Landes verteilt werden.

Ziel ist es, im Jahr 2003 für die zweite Bauphase zu garantieren, dass der Stausee vor dem Damm eine Höhe von 135 Metern erreichen kann und über Turbinen erster Strom produziert wird. 2006 soll in der dritten Bauphase der Damm so hoch sein, dass der Wasserstand auf 156 Meter ansteigen kann. Bis 2009 soll der dann größte Damm der Welt seine Endhöhe von 185 Metern erreichen und über 26 Turbinen so viel Strom wie 18 Atomkraftwerke produzieren können. Dem 1000 Quadratkilometer großen Stausee zwischen der Stadt Yichang und der Strommetropole Chongqing müssen dann nach offiziellen Berechnungen 1,13 Millionen Menschen weichen.

1599 Industrie- und Bergbaubetriebe werden überflutet. Chinas Führer lassen sich bei ihrem sozialistischen Mammutprojekt, dessen Kosten inzwischen offiziell auf rund 45 Milliarden Mark veranschlagt werden, weder von Korruptionsskandalen, Baupfusch, Verschlammungs- und Bergrutschproblemen beirren. Sie reagieren auch nicht auf die Vorschläge inländischer Kritiker, wenigstens die Bauzeiten zu verlängern und die Wasserhöhe auf nur 160 Meter zu begrenzen, um weniger Menschen umsiedeln zu müssen.

Scharf wies der als politischer Ziehvater des Dammprojekts geltende Li Peng jede Kritik zurück. In einer Grundsatzrede wandte er sich gegen Pläne zur Verlangsamung des Bautempos und der Politik der Umsiedlung und lehnte jede Debatte über Alternativen ab. Viele Generationen hofften auf diesen Damm, der erst durch das "überlegene sozialistische System" entstehen konnte. "Für erneute Diskussionen darüber ist jetzt keine Zeit mehr." Sie seien "ohne jede praktische Bedeutung". Radikale ökologische Gegner wie die Journalistin Dai Qing hatten von Anfang an den Damm als ein typisches Produkt der alten sozialistischen Planwirtschaft kritisiert. Er rechne sich ökonomisch weder für die Stromerzeugung, noch eigne er sich zur Flutbekämpfung. Dai Qing geht von 1,9 Millionen Menschen aus, die umgesiedelt werden müssen und denen durch schlechtes Land und korrupte Beamte neben der Vertreibung auch der wirtschaftliche Ruin drohe.

Wie sehr sich diese Kritik bewahrheitet hat, räumt Li Peng ein, der erstmals zugibt, dass Umsiedlungen auch bei anderen Wasserbauprojekten das größte Problem darstellten. Li, der mit seiner Rede demonstrierte, dass er und nicht der als Premier formal verantwortliche Zhu Rongji für alle Entscheidungen zum Drei-Schluchten-Damm zuständig ist, drohte den örtlichen Funktionären, er mache sie für die Umsiedlung persönlich verantwortlich: "Sieg oder Niederlage dieses Damms messen sich daran, wie gut wir die Frage der Umsiedlung lösen können."

Quelle: Welt, Die 17.1.2000

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Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe perfekt

Für 3,3 Mrd. DM an deutsch-französisches Konsortium

ap BERLIN. Der Berliner Senat hat einen Teil der Berliner Wasserbetriebe für 3,3 Mrd. DM an ein deutsch-französisches Konsortium verkauft. Wie die Finanzverwaltung mitteilte, wurde ein Vertrag über die Teilprivatisierung am Freitag unterzeichnet. Vorher hatte das Berliner Abgeordnetenhaus dem Verkauf von 49,9 % der Anteile an den Wasserbetrieben zugestimmt.

Im monatelangen Streit um den Verkauf an die neuen Gesellschafter RWE, Vivendi und Allianz waren die Opposition aus PDS und Grünen im Senat gegen die Transaktion. Die Berliner Wasserbetriebe gelten als der größte kommunale Wasserversorger Europas. Berlin steckt seit Jahren in einer Finanzkrise und will mit dem Verkauf auch den Haushalt sanieren.

Unmittelbar nach der Vertragsunterzeichnung sei veranlasst worden, dass der Kaufpreis von 3,3 Mrd. DM fließe, erklärte die Finanzverwaltung. Davon kämen 3,1 Mrd. DM dem Berliner Landeshaushalt zu gute. 200 Mill. DM gehen als Finanzhilfe an das Tochterunternehmen der Wasserwerke, die Sekundär-Rostoffverwertungszentrum Schwarze Pumpe GmbH. Aus dem Erlös der Teilprivatisierung werde unter anderem auch ein Zukunftsfonds in Höhe von 310 Mill. DM finanziert, erklärte die Finanzverwaltung.

Quelle: Handelsblatt 30.10.1999

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Hamburger Firma fördert Wasser für Afrika

Überall auf der Welt wird Trinkwasser immer knapper, das "blaue Gold" wird Kriegsgrund Nummer eins. Die Hamburger Firma Jos. Hansen & Soehne baut in Afrika Wasserwerke und Versorgungssysteme - mit erheblichen Risiken.

"Der nächste Krieg im Nahen Osten wird nicht um Öl, sondern um Wasser geführt", prophezeit der frühere UNO-Generalsekretär Butros Butros Ghali. Weltweit halten Fachleute den Kampf um das "blaue Gold" für die Hauptkriegsgefahr im 21. Jahrhundert: Acht Anrainerstaaten stehen sich wegen der nassen Schätze des Nilbeckens feindselig gegenüber, Türkei und Irak/Syrien streiten um Wasser von Euphrat und Tigris, Israel und Syrien/Jordanien, fochten schon in den 60ern blutige Duelle aus, bei denen es um den Jordan und seine Quellen ging, Indien und Pakistan trennen nicht nur das Hochland Kaschmir, sondern auch die Gewässer des Indus. Zwar ist der "Blaue Planet Erde" zu 70 Prozent von Wasser bedeckt, aber bei nur 2,5 Prozent davon handelt es sich um das lebensnotwendige Süßwasser, wovon auch noch zwei Drittel nicht verfügbar sind, weil sie in Polareis und Gletschern stecken oder zu tief in der Erde. Ohne Wasser kann der Mensch nicht überleben. Er benötigt es für die Nahrungsmittelproduktion, die wirtschaftliche Entwicklung und als Trinkwasser. Aber für die Weltbevölkerung, die sich in nur 100 Jahren auf sechs Milliarden Menschen vervierfacht und ihren Wasserverbrauch in nur 50 Jahren ebenfalls vervierfacht hat, gibt es einfach nicht mehr genügend sauberes Frischwasser. Heute sterben jährlich 5,3 Millionen Menschen an Wassermangel, geht auf der Erde alle acht Sekunden ein Kind an verseuchtem Wasser zu Grunde.
Weltweit droht Wassernotstand, vor allem auf dem Schwarzen Kontinent, dessen Bevölkerung sich in den nächsten 25 Jahren verdreifachen dürfte, wo politischer Egoismus, Stammesfehden, Bandenkriege und leere Staatskassen wirksame Hilfen und Vorsorge unmöglich zu machen scheinen. Die Entwicklungshilfe ist gescheitert - "Public Private Partnership" gilt jetzt als Zauberwort und als letzter Strohhalm.
Wie kann man einem Kontinent helfen, aus dessen lecken Wasserleitungen ein Viertel des verfügbaren Trinkwassers unwiederbringlich versickert, große Mengen illegal aus den Pipelines abgezapft werden, Wasserpreise, Zahlungsmoral und Kassenbestände so niedrig sind wie die Wasserstände der Flüsse?
Die Hamburger Firma Jos. Hansen & Soehne GmbH, moderne Nachfahrin einer deutschen Kolonialgesellschaft, hat jüngst auf der "Internationalen Konferenz über Probleme der Wasserversorgung in Afrika" in der nigerianischen Hauptstadt Abuja einen Vorschlag gemacht, der die Weltbank zu Garantiezusagen bewegte: Künftig sollen in Afrika versuchsweise private Firmen für die Produktion sauberen Trinkwassers sorgen, während das hohe Risiko der Verteilung des Wassers und der Eintreibung der Wassergelder beim afrikanischen Staat verbleibt.
"Bei Strom kann man Nichtzahler abschalten, bei Wasser nicht, weil es ein Grundbedürfnis des Menschen ist. Rohrleitungen kann man außerdem leicht anbohren!", sagte Jens Peter Breitengroß, im Nebenberuf Honorarkonsul von Kenia, nach der Abuja-Konferenz zum Abendblatt. Breitengroß weiß, wovon er spricht: Seine Hamburger Traditionsfirma arbeitet seit 40 Jahren an der Sisyphus-Aufgabe unserer Zeit: Wasser für Afrika! Sie hat auf dem Schwarzen Kontinent mehr als 50 große und 100 kleinere Wasserwerke gebaut. Zurzeit entsteht bei Port Harcourt ein Wasserversorgungssystem für drei nigerianische Städte mit drei Millionen Einwohnern. Auch für die jemenitische Handelsmetropole Aden (365 000 Einwohner) ist ein 60 Millionen Mark teures Wasserversorgungssystem im Bau - ein aufregendes Joint Venture mit der größten chinesischen Baufirma, China Road and Bridges.
Ein Geschäft mit doppeltem Boden und dreifachem Risiko dazu:

In der arabischen Republik arbeiten die Hamburger Ingenieure in einem Wüstengebiet, in dem Weiße entführt werden. Kein Alkohol, keine Frauen. In Uganda oder Nigeria leben sie in glühenden Wohncontainern im Busch. Überfälle mit vorgehaltener Pistole, Diebstahl, Wegezoll, Bandenkriege, Geiselnahmen gehören zum Geschäft. Als eine Regierung die Anschlussfinanzierung einstellte, baute eine lokale Firma nicht weiter: Technische Ausrüstung im Wert von 10 Millionen Mark, von der Entwicklungshilfe bezahlt, verrottet.

Ein Projekt in Jemen, das zu 50 Prozent von Kuwait finanziert wurde, brach ein, als der Irak angriff und Kuwait über Nacht nicht mehr existierte.

"Im Bürgerkrieg in Uganda verloren wir über Nacht alle Kraftfahrzeuge", erinnert sich Breitengroß. "Unsere Leute retteten sich nach Kenia. Die Autos mussten sie später der Armee abkaufen." Wasser ist Leben, Breitengroß aber sieht es auch als den "Faktor, der alles limitiert". Die Bevölkerung nimmt zu, das Wasser ab. Die Warnsignale stehen auf Rot! In Afrika denkt man wieder über den visionären Plan des Hamburger Professors nach, der vor Jahren vorgeschlagen hatte, die Wasser des mächtigen Sambesi in einer riesigen Pipeline ins dürstende Südafrika zu leiten. Das Projekt würde Milliarden kosten - aber wo ist die Alternative, wenn es um Leben und Überleben geht? Und wie überlebt man in einem Kontinent ohne Wasser als Wasserbauer?
"Joint Venture bedeutet gemeinsames Risiko. Aber wenn der Partner ausfällt, ist man selbst dran", sagt Jens Peter Breitengroß. "Man muss das Risiko abschätzen, Nein sagen können, und sich immer fragen: Was kostet es im schlimmsten Fall? Und man darf nicht vergessen, dass Wasser ein gefährlicher, hoch politischer Stoff ist: Wer in Nigeria den Menschen Wasser liefert, gewinnt Wahlen!" Und muss eines Tages möglicherweise um Wasser Krieg führen...

Quelle: Hamburger Abendblatt 28.10.1999

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Die Wasser-Milliarden sprudeln

Ende dieser Woche soll der Teilverkauf der Berliner Wasserbetriebe vollzogen werden. Langfristig drohen Verluste für den Haushalt. Opposition spricht von einem Skandal

Ob sie sagen wolle, welche finanziellen Risiken durch den Teilverkauf der Berliner Wasserbetriebe (BWB) auf das Land zukommen könnten, fragte ein Journalist gestern Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD). Antwort: "Einen Teufel werd' ich tun." Stattdessen verkündete Fugmann-Heesing den gestrigen Senatsbeschluss: Am Freitag wird der BWB-Verkauf trotz verfassungsrechtlicher Bedenken vollzogen. Dann fließt der Verkaufserlös in Höhe von 3,3 Milliarden Mark in die leeren Kassen der Stadt. Das private Konsortium um RWE/Vivendi wird 49,9 Prozent der BWB-Anteile erwerben.

Die haushaltspolitischen Folgen des Verkaufes sind noch unklar. In der vergangenen Woche hatte das Berliner Verfassungsgericht zwei Klauseln des Privatisierungsgesetzes für nichtig erklärt: die sogenannte Effizienzsteigerungs- und die Zinszuschlagsklausel. Dadurch geht den privaten Investoren ein gewisser Teil der bisher garantierten Rendite verloren, die über die Wassergebühren der Verbraucher erwirtschaftet werden sollte. Die Finanzsenatorin versicherte nun den Konzernen, sämtlichen Verpflichtungen aus dem Vertrag nachzukommen. Für den nun eingetretenen Fall, dass bestimmte Klauseln nicht verfassungskonform sind, hatte das Land nämlich den privaten Investoren 28 Jahre lang die geplante Rendite garantiert. Nun werde alles getan, "um etwaige Nachteile der Wasserbetriebe auf Grund der Nichtigkeitserklärung der Effizienssteigerungsklausel nicht entstehen zu lassen oder in vollem Umfang auszugleichen."

Dazu gebe es ein dreistufiges Verfahren, erläuterte Fugmann-Heesing. Zunächst werde geprüft, ob nicht nachträglich eine verfassungskonforme Rendite-Regel ins Gesetz geschrieben werden könne, sagte die Finanzsenatorin. Sollte dies nicht gelingen, müssten weitere Gewinnsteigerungsmöglichkeiten des Unternehmens - etwa durch Ausweitung des BWB-Geschäfts - ins Auge gefasst werden. Sollte auch damit die Rendite nicht erwirtschaftet werden, könne das Land seine Gewinne abtreten beziehungsweise den Nachteil der Investoren aus dem Haushalt ausgleichen. Im schlimmsten Fall könnte das Land jährlich einen dreistelligen Millionenbetrag verlieren.

Fugmann-Heesing ficht das nicht an. In nächster Zeit werde das Privatisierungsgesetz geändert, um verfassungskonforme Regelungen zu finden. Eine Novellierung der entsprechenden Bestimmungen werde dem neuen Abgeordnetenhaus vorgelegt. PDS-Fraktionschef Harald Wolf kritisierte dieses Vorgehen scharf. "Das ist eine Missachtung des Parlaments." Mit dem Verkauf würden Fakten geschaffen, die die Parlamentarier hinterher abzusegnen hätten. PDS und Grüne hatten gegen das Privatisierungsgesetz geklagt.

Wolf nannt den gestrigen Senatsbeschluss einen Skandal. Die Verträge zur BWB-Teilprivatisierung widersprächen eindeutig dem Urteil des Verfassungsgerichtes. Dies gelte insbesondere für das Letztentscheidungsrecht. Dieses müsse bei den Vertretern des Landes liegen - das sei aber in den Konsortialverträgen nicht ausreichend festgeschrieben. Wolf kündigte parlamentarische und rechtliche Konsequenzen an.

Quelle: TAZ 26.10.1999

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Statistische Gesundbeterei

Wie die Milchmädchen von der Wasser- und Abwasserlobby die Gebühren kleinrechnen. Von Werner Rügemer (*)

Am 19. Oktober 1999 stellten die »Vereinigung für Abwasser, Abfall und Gewässerschutz« (ATV) und der »Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft« (BGW) ihre Statistik der Abwassergebühren vor. Sie beruht auf einer Umfrage bei 1 272 öffentlichen Unternehmen, die das Abwasser von 45,7 Millionen Einwohnern entsorgen. Die Ergebnisse beziehen sich auf die Jahre 1997 und 1998.

Die Lobbyisten sind voll des Lobes: Die Abwassergebühren seien »stabil« geblieben, mit Steigerungen von 0,8 Prozent (West) und 0,3 Prozent (Ost) lägen sie unter der Inflationsrate von einem Prozent. Der starke Anstieg der vorherigen Jahre sei »gebremst«. Geradezu paradiesisch hören sich die je Einwohner ermittelten Durchschnittsgebühren an: Der einzelne Wessi zahlte 226 DM im Jahr für Ableitung und Behandlung seines Abwassers, der Ossi nur 189 DM. In den fünf neuen Bundesländern sei die durchschnittliche Gebühr mit 4,97 DM pro Kubikmeter zwar etwas höher als die 4,25 DM in den alten Bundesländern, heißt es weiter; aber da der Ossi mit jährlichen 34 Kubikmeter sehr viel weniger Wasser verbraucht, ist seine Rechnung trotz höherer Gebühr niedriger als im Westen, wo jedes Baby und jeder Vorstandsvorsitzende 50 Kubikmeter verbrauchen.

Also alles wunderbar? Irgendwelche Gründe für Protestmärsche, Widersprüche gegen Gebührenbescheide, Gründung von Bürgerinitiativen? Auch Zwangsvollstreckungen wegen nicht gezahlter Anschlußbeiträge soll es geben? Betriebsschließungen wegen unbezahlbarer Abwasserrechnungen? Solche Probleme sind den Lobbyisten, die ihre Telefonhörer so nah am Puls ihrer Klientel haben, unbekannt. Im Gegenteil: Durch verschiedene statistische Tricks werden die Lebensverhältnisse im Osten und Westen angeglichen. Wenigstens in der Statistik der Abwassergebühren werden die Brüder und Schwestern im Osten zu gleichberechtigten Menschen. Wie das nur geht?

Grundgebühren und Anschlußbeiträge

Die Gebühren werden je einzelnen »Bürger« berechnet, also auch je Baby und jedem einzelnen Familienmitglied. Aber der gemeine Ossi wie Wessi rechnet eher je Haushalt, und wenn der Haushalt drei oder vier oder fünf Mitglieder hat, dann müssen die genannten Beträge erst mal multipliziert werden, und die Summe wird realistischer: 756 Mark für die vierköpfige Statistik- Normal-Familie im Osten, 904 Mark im Westen. Da blickt der statistische Einzelbürger ja noch durch. Aber in der Durchschnittsgebühr von 4,97 DM wird sich im Osten außerhalb der Städte kaum jemand wiedererkennen. Nicht zufällig haben die östlichen Landesregierungen aufgrund fortwährender Proteste eine »politische« Grenze bei zehn oder zwölf DM gezogen, und zwar nur für die laufenden Gebühren gerechnet, ohne Grundgebühr und Anschlußbeiträge.

BGW und ATV behaupten weiter, in ihren Zahlen sei die »gesamte Entgeltbelastung« enthalten; neben den laufenden Abwassergebühren also auch Grundgebühren und Anschlußbeiträge. Zur Höhe der Grundgebühren wird nichts gesagt, auch nicht dazu, welche Bürger nun eine Grundgebühr bezahlen und welche nicht.

Grundgebühren werden fast nur in den neuen Bundesländern erhoben, das verschweigen BGW und ATV. Sie geben aber eine aufschlußreiche Begründung für die Erhebung von Grundgebühren: Durch sie könne »eine gleichmäßigere Verteilung der hohen Fixkosten erreicht werden. Sie tragen gleichzeitig als stabilisierendes Element zur Dämpfung des Gebührenanstiegs bei.« Die Grundgebühren sind also eigentlich laufende Gebühren, die damit einen anderen Namen erhalten. »Stabilisierendes Element« - so schön kann man das ausdrücken - klingt wissenschaftlich, als hätte es Prof. Dr. Marktwirtschaft persönlich formuliert.

Nach einer Aufstellung, die die umweltpolitische Sprecherin der PDS-Fraktion im sächsischen Landtag, Andrea Roth, 1999 gemacht hat, betragen im Lande des Abwasserkönigs Kurt Biedenkopf die Grundgebühren zwischen fünf und 30 DM pro Haushalt und Monat, am häufigsten sind

Grundgebühren um die 20 DM. Wenn man diese 20 DM zwölfmal im Jahr bezahlt, kommt man schon auf 240 DM - nur Grundgebühr, auch wenn man nur ein paar Kubikmeter im Jahr zu entsorgen hat. Auf Hiddensee beispielsweise müssen Privathaushalte 80 DM Grundgebühr pro Monat bezahlen, Hotels bezahlen 1 089 DM. Während in Sachsen etwa ein Drittel der Zweckverbände eine Grundgebühr verlangen, sind es in Brandenburg bereits 90 Prozent.

Manche Haushalte bezahlen mehr Grundgebühren als laufende Abwassergebühren. Auf das fiktiv-statistische Gesamtdeutschland bezogen schmelzen jedoch die Grundgebühren scheinbar auf ein Nichts zusammen. Die Betroffenen haben jedoch nichts davon. Ihre Probleme werden damit unsichtbar gemacht. Das ist deshalb besonders bemerkenswert, weil immer mehr verschuldete Zweckverbände im Osten Grundgebühren einführen wollen.

Zum Anschlußbeitrag macht die Lobby folgende Angabe: Er belaufe sich pro Jahr und Bürger im Bundesdurchschnitt auf 19 DM. Das klingt wieder harmlos, und wieder sieht die Wirklichkeit anders aus. In den Städten werden meist (noch) keine Anschlußgebühren erhoben. Aber auf dem Lande. Ob in der Eifel westlich des Rheins oder in der Mark Brandenburg: Wer 5 000 DM bezahlen soll, ist gut davongekommen. In der Eifel mußten schon Höfe verkauft werden, um 150 000 DM Anschlußbeitrag berappen zu können, und noch häufiger werden Beiträge in den Neufünfländern verlangt. Hier wurden deswegen schon Zwangsvollstreckungen durchgezogen, nach Recht und Gesetz, versteht sich. Und das Damoklesschwert weiterer Zwangsvollstreckungen schwebt über mancher Rentnerin und manchem Kleingewerbe. Und das wegen 19 DM im Jahr?

Keine Preisangaben für Trinkwasser

Die Statistik wurde von ATV und BGW gemeinsam veröffentlicht. Im BGW sind die mehreren hundert Wasserwerke zusammengeschlossen, die das Trinkwasser aufbereiten und liefern. Da hätte es doch nahegelegen, auch die Preise für Trinkwasser bekanntzugeben, um so mehr, als die Menge des

Abwassers ja von der Menge des Trinkwassers abhängt und danach auch berechnet wird. Offensichtlich hätte das aber die statistische Gesundbeterei gestört. Hätte der Bürger die Möglichkeit, diese zusammenzurechnen, würde ihm vielleicht etwas auffallen. Außerdem würden die Unterschiede zwischen West und Ost dabei noch einmal größer.

Der Ordnung halber sei erwähnt, daß in der Statistik noch ein Bereich fehlt, der so manchen Bürger zu Zornesausbrüchen bringt. Bei der Entleerung von Gruben und bei der Fäkalienabfuhr sind die größten Gebührensteigerungen zu verzeichnen. Das hat auch damit zu tun, daß hier oft private Entsorger beauftragt werden und mit Satzungshilfe der Kommunen und Zweckverbände richtig zulangen. Die Bewohner von Einzelhäusern und -gehöften werden heute, im Zeichen des Abwasserzentralismus, als böse Sünder angesehen, von denen man hofft, daß sie sich aufgrund ihrer Isolierung nicht wehren.

Subventionen aus dem staatlichen Steuertopf

Die Milchmädchen von ATV und BGW lassen eine wesentliche Belastung der Bürger vollständig außer acht: die Subventionen aus dem staatlichen Steuertopf. Die Abwasserentsorgung ist eine staatlich hochsubventionierte Angelegenheit. Die Fördermittel für den Bau von Kläranlagen und Kanalsystemen betragen zwischen 20 und 50 Prozent. Dabei werden vor allem die Anlagen besonders hoch subventioniert, die möglichst groß sind. (Der Staat könnte sinnvollerweise genau umgekehrt handeln: Die Anlagen, die besonders billig und auf sparsamen Betrieb geplant sind, werden besonders gefördert - das wird aber nicht getan).

In den neuen Bundesländern kommen dazu noch einmal sogenannte »Sanierungsprogramme«. Hier haben die Landesregierungen Programme für »notleidende Zweckverbände« aufgelegt. Die »Not« dieser Verbände hat meist damit zu tun, daß Planungsfehler nicht korrigiert werden und so Zweckverbände dauerhaft überschuldet sind. Aus den regulären Gebühren und Beiträgen können die Kosten der überdimensionierten Anlagen auf Dauer nicht aufgebracht werden. Die Behörden wollen ihre Mitschuld nicht eingestehen, die Landesregierungen vertuschen die eigene Verantwortung und die der beteiligten Firmen. Also wird »saniert«.

Dafür wendet z. B. die Regierung des angeblich so wirtschaftskompetenten Ministerpräsidenten Biedenkopf bis zum Jahre 2000 allein 900 Millionen Mark auf. Mit diesem Betrag ist die »Sanierung« der offenen Fässer natürlich nicht beendet, damit wurde erst mal nur die letzte Landtagswahl gewonnen.

»Mit einem Anteil von 47 Prozent an den Gesamtkosten machen Abschreibungen und Zinsen den größten Kostenblock in der Gebührenkalkulation aus«, teilen ATV und BGW uns mit. Mit anderen Worten: Fast die Hälfte der Gebühren wird nicht für eine dingliche Leistung erbracht, sondern kommt durch die hohe Verschuldung zustande. Die Banken und privaten Kreditgeber werden also noch dafür belohnt, daß sie die Planungen der überdimensionierten und technisch unpassenden Anlagen nicht seriös überprüft, sondern die Kredite aus Eigeninteresse hochgepuscht haben.

In Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern wurden bisher zusätzlich zu den regulären Fördermitteln etwa 2,5 Milliarden DM »Sanierungshilfen« zugeschustert. Diese Gelder müssen von den Bürgern über die Steuern aufgebracht und ehrlicherweise hinzugerechnet werden, wenn man die Gesamtbelastung durch die Abwasserentsorgung beziffern will. Hier müssen auch noch die Steuergeschenke eingerechnet werden, die zahlreichen »Privatisierungsmodellen« gewährt werden.

In einer Fußnote zur Statistik heißt es: »Aufgrund des hohen Erfassungsgrades mit nahezu 100 Prozent ist die Anstalt öffentlichen Rechts in der Umfrage überrepräsentiert, so daß dieser Anteil nicht generell auf das Bundesgebiet übertragen werden kann.« Das bedeutet im Klartext, daß die wachsende Zahl der privaten Betreiber in der Umfrage kaum berücksichtigt wurde. Dadurch wird das Bild um so mehr verzerrt, da die privaten Abwasserentsorger in der Regel die teuersten sind. Der »Verband der privaten Abwasserentsorger« (VpA) wirbt seit Jahren damit, daß die private Entsorgung besser und billiger sei, aber die von den privaten Betreibern erhobenen Gebühren werden nicht (öffentlich) erhoben und bekanntgemacht. Eine Nachfrage dieser Tage ergab die einfache Antwort: »Wir machen keine solche Gebührenerhebung.« Man fragt sich allerdings, wieso diesen privaten Betreibern immer noch geglaubt wird, daß sie billiger seien. Warum belegen sie es dann nicht mit genauen Zahlen? Sie können und wollen es offensichtlich nicht. Aus Einzelfällen, aus den alten wie den neuen Bundesländern, ist allerdings klar, daß hier die Gebühren und Beiträge auf Dauer im Durchschnitt höher liegen. Das wird jedoch einige Zeit dadurch verschleiert, daß anfangs niedrige Dumpinggebühren verlangt und Anschlußbeiträge nicht erhoben werden, um überhaupt ins Geschäft zu kommen.

Dies ist um so bedeutsamer, als ATV und BGW selbst mitteilen: »Festzustellen ist eine Tendenz zu privatrechtlichen Organisationsformen«. Auch im Bereich der Trinkwasserlieferung und Abwasserentsorgung ist weltweit die große Fusionitis ausgebrochen. Vivendi und RWE, Lyonnaise des Eaux und Thyssen, Saarberg und Hölter, Severn Trent usw. balgen sich inzwischen mit Hilfe von eigens gegründeten oder aufgekauften Tochterunternehmen auch um den »Wasser- und Abwassermarkt« in Deutschland.

Hoher Anteil an fixen Kosten

Die Lobby weist darauf hin, daß die öffentlichen Abwasserbetriebe 1998 rund 13 Milliarden DM investiert haben. Das entspreche dem Investitionsvolumen der Chemieindustrie. Vom Bürger aus betrachtet entspreche es den Ausgaben für Körperpflege oder für Post und Telefon. Diese »Erfolgsmeldung« sollte in ganz anderer Weise, als es die Lobby meint, zu denken geben. Erstens, daß die Abwasserentsorgung eine volkswirtschaftliche Bedeutung erreicht hat, die von vielen noch nicht richtig zur Kenntnis genommen wird. Zweitens, daß hier Unsummen verschwendet werden. Auf den hohen Anteil der Abschreibungen und Zinsen wurde schon hingewiesen. Zusätzlich schreiben ATV und BGW, daß die Abwasserentsorgung geprägt sei durch einen hohen Anteil fixer Kosten. »Rund 75 Prozent der Kosten entstehen unabhängig davon, wieviel Abwasser abgeleitet und in den Kläranlagen gereinigt wird.«

Mit anderen Worten: Auch wenn die Bürger die Hälfte ihres Wasserverbrauchs einsparen würden, müßten sie fast die gleiche Summe zahlen wie zuvor. Die zentralistischen Betonsysteme, die nach dem fundamentalistischen Glaubensbekenntnis der Lobby gebaut werden, sind nicht nur teuer, sondern auch inflexibel. Zudem sind sie gefährlicher, denn sie führen die Mehrzahl der Keime in den Wasserkreislauf zurück, und der anfallende Klärschlamm ist mit Schadstoffen belastet. Naturnahe und dezentrale Systeme sind dagegen billiger, hochflexibel und reinigen besser: Warum werden sie verhindert?

(*) Werner Rügemer: Staatsgeheimnis Abwasser. 252 Seiten, 24,80 DM. Allgemeinverständliche Einführung in die kommunale Abwassertechnik und -wirtschaft. Kritik des gewachsenen Filzes zwischen Behörden, Ingenieurbüros, Baufirmen und des Lobbyvereins ATV. Zu beziehen portofrei über: Verlag Demokratie und Technik, Försterstr. 13, 50823 Köln, Tel/Fax 0221/139 08 13.

Quelle: Junge Welt 25.10.1999

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RWE angeblich an britischer Centrica interessiert

Energie-Konzern lehnt Stellungnahme zu "Focus"-Bericht ab

rtr MÜNCHEN. Der Essener Energiekonzern RWE ist einem Magazinbericht zufolge an einer Beteiligung an dem britischen Gasversorger Centrica interessiert. Nach der geplanten Fusion mit dem Konkurrenten VEW wolle RWE weiter expandieren und schon in Kürze bei Centrica einsteigen, berichtet das Nachrichtenmagazin "Focus" in seiner jüngsten Ausgabe. Ein RWE-Sprecher lehnte eine Stellungnahme zu dem Bericht ab. Er sagte lediglich: "An Spekulationen beteiligen wir uns nicht." Auch Centrica wollte den Bericht nicht kommentieren.

Branchenanalysten sagten in London, RWE wolle in seiner europäischen Wachstumsstrategie Großbritannien als Sprungbrett zu einer Expansion nutzen. Auf dem britischen Markt wäre Centrica für RWE der geeigneteste Kooperationspartner.

Centrica versorgt 76 % der britischen Haushalte mit Gas. Firmenchef Roy Gardner hatte Anfang September bei der Vorlage der Halbjahresbilanz erklärt, das Unternehmen strebe Partnerschaften mit europäischen Versorgungsunternehmen an. In der ersten Jahreshälfte 1999 hatte die Gesellschaft, die 1997 aus der Aufspaltung von British Gas entstanden war, einen Umsatz von umgerechnet rund 11,6 Mrd. DM erzielt.

Quelle: Handelsblatt 25.10.1999

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Die Schlacht ums Wasser

Finanzsenatorin droht Haushaltssperre an wegen Klage gegen Wasserbetriebeverkauf

Der Streit um den bevorstehenden Teilverkauf der landeseigenen Berliner Wasserbetriebe, eine der größten Wasserprivatisierungen Europas, ist noch nicht ausgestanden. Berlins Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) hat gestern eine Sperre für den Landeshaushalt in Aussicht gestellt, falls eine Verfassungsklage der Grünen und der PDS verhindern sollte, daß der Verkaufserlös von 3,1 Milliarden Mark in die Kasse des Landes fließt.

Wenn die Senatorin zur Haushaltssperre greifen sollte, wären alle nicht unbedingt notwendigen Ausgaben des Landes im laufenden Jahr betroffen. Derartige Überlegungen seien jedoch bloße Spekulation, an denen er sich nicht beteiligen wolle, schränkte Fugmann-Heesings Sprecher Dirk Wildt ein. Die Senatorin sei sich sicher, daß der Kaufvertrag mit dem Konsortium Vivendi/RWE/Allianz unterschrieben und die 3,1 Milliarden Mark gezahlt würden.

Der größte Teil der Verkaufssumme muß noch in den Haushalt 1998 eingestellt werden, den Fugmann-Heesing noch nicht abschließen konnte. Einen anderen Teil will sie offensichtlich für die laufenden Ausgaben 1999 einsetzen. Der eigentliche Sinn der teilweisen Privatisierung der Wasserbetriebe ist es, die klaffenden Löcher im Landeshaushalt zu stopfen.

PDS und Bündnisgrüne attakkieren die Privatisierung von 49,9 Prozent eines der größten landeseigenen Unternehmen schon seit langem und haben nun als letztes Mittel eine Klage beim Berliner Landesverfassungsgericht eingelegt. Darin werfen sie dem Senat vor, den neuen privaten Besitzern der Wasserbetriebe verfassungswidrige Tarifsteigerungen zu ermöglichen. Während sich die Verbraucherpreise für Wasser und Abwasser bislang zum Teil an den Selbstkosten des Unternehmens orientierten, können die Investoren in Zukunft eine zusätzliche Rendite abschöpfen. Bis 2003 freilich sollen die Wasserpreise stabil bleiben - so sieht es das vom Abgeordnetenhaus geänderte Gesetz vor, das PDS und Grüne mit ihrer Klage zu Fall bringen wollen.

Quelle: TAZ 9.6.1999

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«Lizenz zum Gelddrucken»

Konzerne und Finanzhäuser entdecken das Geschäft mit dem Wasser

BM Berlin - Aus aller Welt waren sie nach Berlin gekommen. Jetzt heißt es für die Trupps von Wasser-Experten und Bilanzprüfer: Koffer packen! Nachdem der Senat entschieden hat, 49,9 Prozent der Berliner Wasser-Betriebe für 3,3 Milliarden DM an das deutsch-französische Konsortium RWE/Vivendi zu verkaufen, ist ihr Job erledigt. Wochenlang hatten sich die Bewerber in einem eigens eingerichteten Datenraum durch BWB-Aktenberge gearbeitet. «Alles umsonst», hieß es gestern etwas frustriert beim Mitbieter Suez Lyonnaise des Eaux.

Für Suez ist der BWB-Poker ein Schlag ins Wasser geworden. Denn im Wettkampf um die Nummer eins in der Wasserbranche hat «Erzfeind» Vivendi mit dem Zuschlag in Berlin kräftig gepunktet. Noch zählt zwar Suez Lyonnaise des Eaux als Weltmarktführer in Sachen Trink- und Abwasser. Doch seit Jahren bieten sich die beiden Pariser Konzerne ein erbittertes Kopf-an-Kopf-Rennen (s. Grafik).

«Deutschland ist dabei zur Zeit der attraktivste Wassermarkt in Europa», sagt Ulrich Oehmichen vom Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW) in Bonn. Allein mit Trinkwasser werden rund 16 Milliarden DM umgesetzt. Beim deutschen Abwasser sind es rund 30 Milliarden DM im Jahr. Solche Summen locken Investoren.

Vor allem andere Ex-Monopolisten wie die großen Stromkonzerne sehen neue Chancen im Wassergeschäft, das regional abgeschottet bleiben wird. Dabei sind die Vorzeichen auf den ersten Blick gar nicht so gut. Die Deutschen verbrauchen seit 1990 Jahr für Jahr weniger Wasser, mit 127 Litern pro Tag waren sie 1998 zusammen mit den Belgiern das «trockenste» Volk der Europäischen Union. Gleichzeitig kostet das Geschäft viel Geld: 1998 mußte die Branche in Deutschland 5,3 Milliarden DM in das Trinkwasser-Leitungsnetz investieren, beim Abwasser kamen elf Milliarden DM zusammen.

Auch in Zukunft müßten rund ein Drittel der Umsätze wieder in den Ausbau gesteckt werden, sagt BGW-Mann Oehmichen. Das nötige Kapital dafür sprudelt jedoch längst nicht mehr so wie in alten Zeiten, als die Kosten einfach auf den Wasserpreis aufgeschlagen wurden. Zwar verteuerte sich Trinkwasser im vergangenen Jahr in Deutschland um 2,6 Prozent (Durchschnittspreis 3,21 DM pro Kubikmeter), doch noch 1993 lag die jährliche Steigerungsrate bei fast zwölf Prozent.

Und Wasser ist - anders als in trockenen Teilen der Welt - hierzulande kein knappes Gut. Im Gegenteil: Der Wasservorrat von 182 Milliarden Kubikmetern wird nur zum Viertel genutzt. Eine Metropole wie Berlin mit einem festen Kundenstamm von 3,7 Millionen Abnehmern ist für einen Branchenkenner schlicht die «Lizenz zum Gelddrucken». Der BWB-Einstieg ist da mehr als nur ein regionales Geschäft. Oehmichen: «Berlin hat Signalfunktion, vor allem mit Blick gen Osten.» Nur so lasse sich auch der hohe Kaufpreis erklären.

Über drei Milliarden - eine teure Eintrittskarte für den Wassermarkt. Doch den Marktführern aus Frankreich macht dies kaum Probleme. Sie haben sich in den vergangenen Jahren geschickt von klassischen Wasserbetrieben zu Mischkonzernen gewandelt. Mit Bau-, Telekommunkations-, Medien- und Energietöchtern bleiben am Ende sogar die hohen Investitionen im Wassergeschäft im eigenen Haus.

Das überzeugt Analysten. Ob Bankgesellschaft Berlin, Stadtsparkasse Köln oder Hamburgische Landesbank: Viele Analysten empfahlen in den vergangenen Wochen Vivendi-Aktien zum Kauf. «Die haben ihre Kasse prall gefüllt», so ein Banker.

Beide Pariser Wasserkonzerne haben sich schon lange mit finanzstarken Partnern verbandelt. Auch mit dem Konsortium RWE/Vivendi steigt künftig ein Versicherungskonzern - die Allianz - bei den Berliner Wasser-Betrieben ein. Die Bankgesellschaft hatte ebenfalls mit Suez um den Zuschlag geworben.

Die Einmischung von Finanzhäusern in die Wasserbranche sieht der BGW keineswegs skeptisch. Gerade am Geld sei bisher die deutsche Präsenz auf dem internationalen Wassermarkt gescheitert. Oehmichen: «Eine Verbindung von Know-how und Finanzkraft kann das ändern.»

In Berlin sind dafür die Würfel nun gefallen. Auch wenn die Wasser-Hauptstadt vergeben ist, wittern ausländische Investoren weiter gute Chancen in Deutschland. Während in England 20 private Unternehmen das Land mit Wasser versorgen, in den Niederlanden rund 25 Firmen und in Frankreich praktisch die beiden Konzerne Suez und Vivendi das Geschäft bestimmen, gibt es in Deutschland noch fast 7000 Ver- und Entsorger. «Berlin war nur der Anfang», so die Parole der Wasserbranche.

Quelle: Berliner Morgenpost 8.6.1999

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Rekord-Verkauf

Allianz und RWE erwerben Wasserbetriebe

Berlin - Das größte westeuropäische Wasserunternehmen wechselt den Besitzer. Der Münchner Versicherungskonzern Allianz, das Essener Energie-Unternehmen RWE und die französische Vivendi-Gruppe steigen in die Berliner Wasserbetriebe ein. Für 3,3 Milliarden Mark kaufen sie 49,9 Prozent der Anteile. Die restlichen 50,1 Prozent behält das Land Berlin. Das teilte Berlins Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) am Montag abend mit. Um die Anteile an den Wasserbetrieben hatten sich auch der amerikanische Konzern Enron beworben sowie ein Konsortium aus dem französischen Wasserunternehmen Lyonnais des Eaux, dem Telefonunternehmen Mannesmann Arcor und der Bankgesellschaft Berlin.
Der Teilverkauf der Berliner Wasserbetriebe ist die derzeit weltweit größte Privatisierung in der Wasserbranche. Es ist auch das erstemal, daß eine deutsche Großstadt das Management von Trinkwasser und Abwasser privaten Firmen überträgt.
Die Grünen und die PDS klagen vor dem Berliner Verfassungsgerichtshof gegen den Verkauf. Sie lehnen die Teilprivatisierung grundsätzlich ab und haben bereits eine einstweilige Anordnung beantragt.
Die neuen Miteigentümer der Berliner Wasserbetriebe dürfen das Wassergeld bis zum Jahr 2003 nicht anheben. Außerdem dürfen sie binnen der nächsten 15 Jahre keinen Mitarbeiter der Wasserbetriebe aus betriebsbedingten Gründen entlassen. Die Wasserbetriebe beschäftigen 6240 Mitarbeiter, setzten 1998 knapp zwei Milliarden Mark um und verdienten 1998 weniger als 1997. Damals betrug der Gewinn nach Abzug der Steuern 162,8 Millionen Mark.
Die Berliner Wasserbetriebe versorgen 3,4 Millionen Berliner und 300 000 Brandenburger mit Trinkwasser, besitzen elf Wasserwerke, sechs Kläranlagen und Beteiligungen in Budapest, Zagreb und Moskau.
Der Vivendi-Konzern beschäftigt 67 000 Mitarbeiter und ist Frankreichs größter privater Arbeitgeber. 1998 setzte das Unternehmen 62,1 Milliarden Mark um und erzielte einen Reingewinn von 2,2 Milliarden Mark.
Seine heutige Form erhielt der Konzern im Mai 1998, als der französische Medienkonzern Havas mit der Compagnie Generale des Eaux fusionierte, einer Wasserfirma, die 1853 per kaiserlichem Dekret gegründet worden ist. Bereits 1879 hatte sie mit Venedig den ersten ausländischen Kunden. (dpa/rtr)

Quelle: Hamburger Abendblatt 8.6.1999

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Berliner Wasser bald in Privathand?

PDS und Bündnisgrüne kündigen Klage vor Verfassungsgerichtshof an

Für 3,3 Milliarden Mark will das Land Berlin 49,9 Prozent seiner Anteile an den städtischen Wasserbetrieben an ein deutsch- französisches Konsortium verkaufen. Unter drei Bewerbern entschied sich das Land für das Konsortium aus dem französischen Mischkonzern Vivendi und den deutschen Unternehmen RWE und Allianz, wie der Senat am Montag abend mitteilte. Der Investor habe ein Angebot vorgelegt, das für die Kunden der Wasserbetriebe, deren Beschäftigte, für das Unternehmen und das Land »optimale Konditionen und Vorteile bietet«.

Es handelt sich um die größte Teilprivatisierung eines Wasserversorgers in Europa. Das Land will in einer Holding 50,1 Prozent der Anteile behalten. Die Berliner Wasserbetriebe setzen rund zwei Milliarden Mark um und beliefern etwa vier Millionen Hauptstädter und Brandenburger mit Wasser.

Das Siegerkonsortium will dem Senat zufolge die Wasser- und Entwässerungsentgelte bis zum Jahr 2003 auf heutigem Niveau festschreiben. Betriebsbedingte Kündigungen während der nächsten 15 Jahre soll es nicht geben, die hohe Investitionstätigkeit in den kommenden Jahren fortgesetzt werden.

Der geplante Verkauf ist heftig umstritten. Während die Zustimmung in der großen Koalition aus SPD und CDU als sicher gilt, kündigten die Oppositionsparteien Grüne und PDS eine Klage vor dem Landesverfassungsgerichtshof an.

Bei der ÖTV will man erst einmal abwarten. Man habe bisher noch keine Kenntnis vom Inhalt der jetzt vorliegenden Verträge, sagte eine Pressesprecherin am Dienstag gegenüber jW. Man habe sich jedoch immer gegen die Privatisierung der großen Berliner Eigenbetriebe gewandt. Dabei gehe es nicht nur um die Rechte der dort Beschäftigten wie Kündigungsschutz und tarifliche Eingruppierung. »Wasser ist ein elementares Lebensgut das sich nicht als Spekulationsobjekt für private Investoren eignet«, so die Sprecherin weiter. Das beträfe sowohl die Kontrolle der Trinkwasserqualität wie auch die Preisgestaltung.

Auch Vollrad Kuhn, wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, bekräftigte jW gegenüber seine Ablehnung. Durch die Mitübernahme des Stoffverwertungszentrums »Schwarze Pumpe« sowie anhängige Prozesse über die Höhe der Wassergebühren und die Grundstücksnutzung durch die Wasserbetriebe würde sich der Erlös bei maximal zwei Milliarden bewegegen. »Wir halten an unserer Normenkontrollklage gegen die Privatisierung fest und werden auch eine einstweilige Anordnung beantragen, damit die Verträge nicht wie geplant am 1. Juli verabschiedet werden können.« Dieses Vorgehen wird auch von der PDS mitgetragen. Ihr Fraktionsvorsitzender Harald Wolf nannte die geplanten Regelungen gegenüber jW eine »Beutegemeinschaft zwischen Investoren und Landesregierung zu Lasten der Zwangsabnehmer« - und das seien alle Bürger der Stadt und des Umlandes. Es sei nicht hinzunehmen, daß das elementare Lebensgut Wasser durch die Umwandlung der Betriebe von einer Anstalt öffentlichen Rechts in eine Holding demokratischer Kontrolle entzogen werde. Mit Haushaltskonsolidierung habe das ganze auch kaum etwas zu tun.

»Frau Fugmann-Heesing (Berlins Finanzsenatorin, SPD) braucht die Milliarden zum Löcherstopfen in der Bilanz. Doch die werden in den nächsten zehn Jahren durch solche Verträge umso stärker wieder aufreißen«, so Wolf weiter.

Quelle: Junge Welt 8.6.1999

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