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zurück zu Stichwörter, Fragen & Antworten In der Kompromißfalle - Grüne zufrieden mit
Konzernversprechen zur Kraft-Wärme-Kopplung Die Grünen sind die Größten,
jedenfalls wenn es um das Hochjubeln eigenen politischen Versagens geht. So
wird Umweltminister Jürgen Trittin nicht müde, den vor einem Jahr
vereinbarten Atomkonsens zwischen Stromwirtschaft und Bundesregierung wider
besseres Wissen landauf, landab als Atomausstieg zu verkaufen. Parteichef
Fritz Kuhn tönte am Mittwoch in der Presse, die jetzt erfolgte Einigung
zwischen Regierung und Energiekonzernen über die sogenannte Kraft-Wärme-Kopplung
(KWK) sei ein riesengroßer Schritt in Richtung Klimaschutz. Auch damit hätten
die Grünen der Modernisierung eine Richtung gegeben. Nach monatelangen Verhandlungen hatten Trittin,
Wirtschaftsminister Werner Müller sowie mehrere Energiebosse am Montag die
Einigung über eine Selbstverpflichtung abgezeichnet. Darin verspricht die
Stromwirtschaft, bis 2010 mit Hilfe der Kraft-Wärme- Kopplung rund 23
Millionen Tonnen Kohlendioxid im Jahr weniger zu produzieren, jedenfalls »nicht
weniger als 20 Millionen Tonnen«. In den häufig von kommunalen Anbietern betriebenen
KWK-Anlagen entstehen gleichzeitig Strom und Wärme. Anders als bei großen
Atom- und Kohlekraftwerken wird die Abwärme nicht einfach in die Luft
geblasen oder ins Wasser geleitet, sondern über Fernwärmenetze auch zum
Heizen verwendet. Allerdings ist die Stromproduktion mittels Kraft-Wärme-Kopplung
etwas teurer. Die Energiekonzerne rechnen nach eigenen Angaben mit
Mehrbelastungen von etwa acht Milliarden Mark, würden sie wie angestrebt 23
Millionen Tonnen CO2 weniger ausstoßen. Natürlich können die verarmten
Konzerne diese Summe nicht aus eigener Tasche bezahlen, sie werden sie auf
die Stromkunden umlegen. Experten rechnen mit einem Anstieg der
Verbraucherpreise um etwa 0,2 Pfennig pro Kilowattstunde. Anders als es die Grünen glauben
machen wollen, ist auch der neuerliche Energiekompromiß aus Sicht des
Umweltschutzes eine ziemliche Katastrophe. Das fängt schon damit an, daß
die von der Bundesregierung ursprünglich angepeilte gesetzlich
voranzuschreibende Verdoppelung des KWK-Anteils an der Stromproduktion auf
20 Prozent bis 2010 zugunsten einer windelweichen Selbstverpflichtung
gekippt wurde. Denn niemand wird in neun Jahren kontrollieren, ob die
Industrie ihre eingegangene Verpflichtung auch erfüllt hat. Und falls doch
jemand danach fragt, werden die Konzerne schon irgendeine Erklärung parat
haben, warum es nicht geklappt hat. Eine ernsthafte Möglichkeit für
Sanktionen gegen die Stromunternehmen gibt es jedenfalls mit einer
Selbstverpflichtung nicht. Schlecht ist das Abkommen aber vor
allem deshalb, weil es technisch möglich wäre, viel mehr Kohlendioxid
einzusparen als die anvisierten 23 Millionen Tonnen. Es werden nämlich
ausdrücklich nur die bestehenden KWK- Anlagen gefördert, nicht aber der
Neubau solcher Kraftwerke. Gerade mit modernen Anlagen aber wären schädliche
CO2-Emissionen in wirklich nennenswerter Menge zu verhindern gewesen. Die
Industrie hat darauf verzichtet, weil sie weitere Konkurrenz auf dem
Energiemarkt verhindern will. Wenn nun E.on-Chef Hans- Dieter Harig erklärt,
»Klimaschutz liegt uns ja auch sehr am Herzen«, so ist das pure Heuchelei. In der kommenden Woche wird die Selbstverpflichtungserklärung
im Bundeskabinett erörtert. Halte sich die Wirtschaft nicht daran, »führen
wir doch noch unser Quotenmodell ein«, hat Jürgen Trittin gedroht. Die
Energiebosse werden's mit Schaudern vernommen haben.
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