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Volksfest und Verkehrschaos beim Schaufelradbagger

Tausende feierten Rendezvous der Stahlriesen

Um Punkt 24 Uhr erloschen die Lichter - und auf den Feldern und Straßen wurde es für einen kurzen Augenblick unheimlich still, bevor das Blitzlichtgewitter einsetzte und sich der Star der Nacht unter dem Jubel seiner Fangemeinde knarrend und ächzend in Bewegung setzte, um das größte Hindernis auf seiner beschwerlichen Reise in Angriff zu nehmen. Über 7.000 Zuschauer hatten bei winterlichen Temperaturen an der A 61 Stellung bezogen, um dabei zu sein, wenn der größte Bagger der Welt auf seinem Weg in den Tagebau Garzweiler mit der Querung der Autobahn die höchste Hürde überwindet und auf der anderen Seite der Straße seinen "kleinen" Kollegen trifft.


Ein Stahlriese auf Reisen: In der Nacht zum Sonntag überquerte der größte Bagger der Welt die A 61.

Familie Eggenweiler aus Jülich hat den nächtlichen Ausflug bereits seit einigen Tagen geplant und ist bestens ausgerüstet: Anders als viele weibliche Bagger-Fans, die sich für das große Ereignis extra schick gemacht haben und mit weißen Hosen und Pumps bis zu den Knöcheln im Matsch versinken, sind die Eggenweilers mit dicken Pullovern und Wanderschuhen ausgestattet. "Ich hatte über Kollegen von der Wanderung des Baggers erfahren", berichtet Frank Eggenweiler. "Und als ich zu Hause den Vorschlag machte, den Bagger zu besuchen, war die Begeisterung sofort groß."

Sohn Marcel (11) steht mit offenem Mund vor dem erleuchteten Stahlriesen, der mit einer Geschwindigkeit von zehn Metern in der Minute die Sandrampe Richtung Autobahn an ihm vorbeiwalzt, und bringt kein Wort heraus. Seine kleine Schwester Lea (10) hingegen sprudelt hervor: "Das ist besser als Kino und als Pokemon. Außerdem darf ich sonst nur an Silvester so lange aufbleiben." Einige Meter weiter haben Thomas (21) und seine Clique aus Bedburg in der ersten Reihe hinter der Absperrung ihr Lager aufgeschlagen. "Wir waren schon um 21.15 Uhr hier, um einen guten Platz zu ergattern", sagt der Bedburger, während seine Kumpels lautstark den Song "Hey Baby" mitgröhlen, der aus dem tragbaren CD-Player dröhnt.

Mit seinen Freunden hatte er sich jedoch schon vorher getroffen, zur "Bagger-Vorbereitungsfete": "Wir haben Kaffee gekocht, Thermoskannen gefüllt, ein paar Stimmungs-CDs ausgesucht und Bagger-Burger gebraten." Das Rezept? Großes Geheimnis! Nur ein kleiner Tipp von Thomas: Besonders viele saure Gurken.

Wer nicht an Nachtmahl-Pakete gedacht hatte, musste an der Bagger-Trasse allerdings nicht mit knurrendem Magen das Spektakel verfolgen. Imbisswagen hatten ihr Geschäft gewittert und verkauften Pommes und Brühwürstchen. Einen besonderen Service bot das Dreigestirn von Bergheim, das gegen 23.15 Uhr mit einem riesigen Warmhaltetopf am Bagger auftauchte. Für einen guten Zweck verkaufte Prinz Thomas Ley Glühwein, als "inoffiziellen Auftakt für die jecken Tage in der nächsten Woche". Weil im Umkreis der Bagger das Verkehrschaos ausgebrochen war, musste der Prinz eine Polizei-Eskorte bemühen, um bis zur Trasse vorzudringen.

Der Werksschutz von Rheinbraun und das Mitarbeiterteam, das den "288-er" auf seiner Reise begleitet, hatte alle Hände voll zu tun, die Fans des Stahlgiganten von Stromkabeln und dem Bagger selbst fernzuhalten. Viele liefen mit Videokameras neben dem Koloss her, um jeden Millimeter Fahrt für die Daheimgebliebenen auf dem Band festzuhalten. Andere waren in die laublosen Bäume neben der Autobahn geklettert und hingen zwischen den Ästen, um einen besseren Überblick zu haben. "Wir wussten, dass dieser Baggertransport auf großes Interesse der Bevölkerung stößt, aber mit diesem Massentourismus haben wir nicht gerechnet", gibt Rheinbraun-Sprecher Guido Steffen zu.

"Bislang haben nach unseren Einschätzungen mehr als 30.000 Menschen aus der gesamten Umgebung den Bagger auf seinem Weg vom Tagebau Hambach nach Garzweiler besucht." Das Gelände um die aufgeschüttete Rampe war nicht nur mit Wagen aus dem Kreis Neuss und Bergheim zugeparkt. Auch aus dem Ruhrgebiet, der Eifel, dem bergischen Land und Belgien waren die Bagger-Besucher angereist, um einen Blick auf den erleuchteten Riesen zu werfen, dessen Daten eine Aufzählung von Superlativen bietet. Er fördert 240.000 Tonnen Kohle am Tag, ist so schwer wie 13.000 VW-Golfs, so lang wie zweieinhalb Fußballplätze (240 Meter) und zwei Drittel so hoch wie der Kölner Dom (96 Meter). Allein sein Schaufelrad hat den Durchmesser eines achtstöckigen Wohnhauses.

Die beiden Großgeräte sind seit Anfang Februar unterwegs: Bagger 288 wandert von Hambach nach Garzweiler, sein kleinerer Kollege 259, der "nur" 70 Meter groß ist und mit seinem Rad eine Tagesleistung von 100.000 Tonnen Kohle erschaufelt, rollt von Bergheim nach Hambach. Beide haben auf ihrem Weg Hindernisse wie Straßen, Bahnlinien und die Erft zu überwinden. Größter Knackpunkt aber war die Autobahn, da die Straße für 14 Stunden gesperrt und Hochspannungsleitungen abmontiert werden mussten.

Um Bagger-Pfoten und Fahrbahn zu schonen, wurden auf der Trasse 2.000 Kubikmeter Kies auf einer Breite von 60 Metern verteilt. Doch nicht nur die Überquerung der Hauptverkehrsader, bei der die mehrspurige Straße unter den Raupenfüßen des Stahlriesens wie eine Spielzeugstraße wirkte, war der Grund für das Volksfest an der A.61. Etwa 45 Minuten, nachdem sich der 288-er in Bewegung gesetzt und die Autobahn passiert hatte, traf er mit Bagger 259 zusammen. Die beiden Schaufelrad-Schnauzen walzten aufeinander zu, und wer das Schauspiel von weitem verfolgte, konnte meinen, zwei schwerfällige, erleuchtete Dinosaurier nicken sich zur Begrüßung freundlich zu.

In den nächsten Tagen rollt der Riesenbagger jetzt zunächst auf Rheinbraun-Gebiet weiter. Spannend wird es dann wieder am 2. März, wenn er an der Neurather Höhe die Landstraße.213 passieren muss. Einen Tag später wird er an seinem Ziel im Tagebau Garzweiler erwartet.

Quelle: Neuß-Grevenbroicher Zeitung Lokales 18.2.2001

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