zurück zum 2001er Pressearchiv Hambach, Autobahn 4
Begegnung der Giganten
Zweimal gingen die Lichter aus
Von Oliver Tripp
Bergheim-Paffendorf. Kurz vor Mitternacht gehen beim Bagger 259 die Lichter aus. Ein
erstauntes Raunen geht durch die Menge von rund 10.000 Zuschauern zu beiden Seiten der
Trasse, auf denen in der Nacht zum Sonntag zwei Schaufelradbagger die A 61 überqueren
sollen. Der "Kleine" scheint tot.
Beindicke Kabel liefern den Riesen Strom
Dann flackern die Lichter wieder auf, die Zuschauer kommentieren das Wiedererwachen mit
Jubel. Kurze Zeit später wiederholen sich die Reaktionen, als auch beim großen Kollegen,
dem Schaufelradbagger 288 jenseits der A 61, die Lichter erlöschen.
"Die Stromversorgung wird umgestöpselt", erklärt Matthias Hartung, Leiter des
Bereichs "Tagebaue" bei RWE Rheinbraun. Beim "Gipfeltreffen" an der A
61 bei Elsdorf überqueren die Großgeräte nicht nur eines der größten Hindernisse auf
ihrer Reise, sondern wechseln auch die Stromquelle.
Bagger 288, der über ein beindickes Kabel mit Strom aus dem Tagebau Hambach versorgt
wird, wird an das Bergheimer Netz gelegt. Umgekehrt wird Bagger 259 jetzt mit Strom aus
dem Tagebau Hambach verkabelt.
Um 0.07 Uhr setzen sich auf dem Acker bei Elsdorf 13.000 Tonnen Stahl in Bewegung. Der
Boden unmittelbar neben den mächtigen Kettenraupen vibriert. Der Spannung im Stahl der
Kettenglieder entlädt sich immer wieder mit lautem Knall, Sand und Kiesel werden
zermahlen, ohrenbetäubender Lärm.
Das Schaufelrad, 21 Meter im Durchmesser, schwebt über der Autobahn. Mit 10 Metern pro
Minute rollt der 96 Meter hohe Riese über einen zwei Meter dicken Teppich aus festem
Sand.
Knapp eine halbe Stunde später passiert Bagger 288 in wenigen Metern Entfernung den
"Kleinen". "Es ist richtig gut gelaufen", strahlt Baggerführer Ralf
Schmitz in seiner 17 Meter hohen Kanzel. Seit zwei Wochen ist der 36 jährige ein
gefragter Mann, rund um die Uhr gibt er Interviews. Seit 1995 baggert er mit dem 288 in
Hambach. In Garzweiler wird er den Bagger abgeben. "Schade", sagt er, "ich
hab mich an ihn gewöhnt." Gegen 3 Uhr kreuzt auch Bagger 259 die A 61 Richtung
Tagebau Hambach. "An Schaulustige sind wir bei Baggertransporten gewöhnt. Aber so
viele Menschen, so viel Autoverkehr und so viele Frittenbuden, das hat es noch nicht
gegeben", sagt Rheinbraun-Pressesprecher Guido Steffen. Rund 40 Demonstranten waren schon am Samstagnachmittag gekommen. Mit
Transparenten wie "Zukunft schützen - Bagger stoppen" und Häusern aus Pappe
bauten sie sich auf der Rampe vor dem Bagger 288 auf. Der BUND, die "Rheinische
Bürgeraktion gegen Braunkohletagebau", der "Verein der Initiativen gegen
Garzweiler II" und andere hatten mobil gemacht. "Durch zukünftige Umsiedlungen
sind im Bereich Garzweiler 8000 Menschen betroffen, im Hambacher Gebiet rund 5000",
begründet Petra Rotthoff, die Vorsitzende vom Elsdorfer Verein "Verheizte
Heimat", die Aktion. Zu groß seien die Opfer angesichts des wirtschaftlichen
Druckes, der auf der Braunkohle laste.
Quelle: Kölnische Rundschau 19/02/01
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