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Ratsmehrheit stimmte den Windkraftanlagen zu
Gegner drohen jetzt mit Musterklage
Von Hans Burggraf
Erftstadt. In der Sondersitzung des Rates am Freitagabend ging es einzig und allein um das
heiß diskutierte Thema "Windkraftanlagen". Geplant ist die Errichtung von
sieben Windrädern bei Lechenich und acht bei Erp. Am Ende eines fast fünfstündigen
Sitzungsmarathons stand mit der CDU der Verlierer fest: die Ratsmehrheit entschied sich
mit 22 Stimmen für die Windkraftanlagen, 18 stimmten dagegen. Auch die weiteren Anträge
gegen die geplanten Anlagen wurden trotz Missfallsbezeugungen der Bürger - etwa 400 waren
in das Lechenicher Schulzentrum gekommen - abgeschmettert.
Das Wort "Verlierer" mochte Michael Schmalen (CDU) nach der Abstimmung so nicht
stehen lassen. "Für uns war es keine Schlappe, wir haben die Reihen geschlossen, die
Fraktion hat einvernehmlich abgestimmt." Zur Eröffnung hatten die Windkraftgegner -
in der Aula auch akustisch deutlich in der Überzahl - mit den bekannten Argumenten Front
gemacht.
Die Bürger seien im Rahmen der Erstellung des Nutzugsflächenplans nicht ausreichend
beteiligt worden, die Landschaft werde von einem Wald von mehr als 50 monoton kreisenden
100 Meter hohen Windrädern bedroht, die genehmigten Kilowatt-Leistungen seien in den
Bauanträgen überschritten. Außerdem drohten hohe Immobilienverluste undes gehe um
unüberlegte Subventionen bei einer auf die Leistung eines Kraftwerks bemessenen äußerst
geringen Stromgewinnung, und schließlich die Forderung nach einem
Umweltverträglichkeitsgutachten.
Um die Windkraftanlagen doch noch zu verhindern, gab es eine Reihe von Anträgen, die zum
Ziel hatten, Zeit zu gewinnen. An der Spitze stand das Anliegen der CDU über die
"Aufstellung eines Bebauungsplanes". Dazu hatte gleich zur Eröffnung der
Sitzung unter Vorsitz von Bürgermeister Ernst-Dieter Bösche Ratsherr Albert Granrath
(CDU) unter anderem noch einmal auf das bestehende öffentliche Interesse auf Erhaltung
eines Naherholungsgebietes hingewiesen. Alfred Zerres (CDU) sprach sich nicht gegen
Windkraft aus, aber: "Jedes Rad in der Stadt, was verhindert wird, erhöht die
Lebensqualität unserer Menschen."
Bernd Bohlen (SPD) sah keine Möglichkeit, dem CDU-Begehren zu folgen, Helmut Ockenfels
(SPD) kam zum gleichen Urteil: "Wenn eine Verhinderung möglich wäre, sind wir
dabei. Ich sehe aber keine Möglichkeit zum Widerspruch." Dem schlossen sich Adi
Bitten für die Grünen und Hans-Eduard Hille (FDP) an.
Der Rechtsanwalt von der Kölner Kanzlei Lenz und Johlen, Gerhard Boecker, machte den
Windkraftgegnern keine Hoffnung: "Alles, was bisher an Argumenten geliefert worden
ist, hat keine unzumutbaren städtebaulichen Aspekte deutlich gemacht." Unterstützen
musste diese Aussage auch Erftstadts neuer Beigeordneter Volker Erner, selbst CDU-Mann:
"Wir haben einen Flächennutzungsplan, wir haben Windkraftkonzentrationszonen, wir
haben Bauanträge vorliegen und darüber ist zu entscheiden. Eine Verhinderung der
Anträge gäbe es nur durch die Aufstellung eines Bebauungsplanes und der wäre rechtlich
nicht zulässig."
Vertröstet wurden die Gegner auf das anstehend Baugenehmigungsverfahren, bei dem es noch
für eine ganze Reihe von nachbarschützenden Themen eine eingehende Prüfung geben werde.
Das Argument eines Bürgers, die Anlagen seien mit rund 600 Liter Hydraulik-Öl je Windrad
bestückt, wurde von Planungsamtsleiter Manfred Wirtz sofort entkräftet: "Die
wasserrechtliche Gesichtspunkte sprechen nicht gegen Windkraftanlagen." Petra Kropp,
eine besorgte Mutter aus Dirmerzheim, wurde seitens der Verwaltung beruhigt: "Es sind
keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu erwarten."
Schließlich blieb die Drohung von Wilhelm Thill von der
"Bürgerinitiative Contra", die bereits im Vorfeld eine Musterklage angekündigt
hatte, im Raum stehen. Die CDU sagte zu, im weiteren Verlauf der Diskussion die
Bürgerinitiative zu unterstützen.
Quelle: Kölnische Rundschau 05/02/01
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