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zurück zum 2001er Pressearchiv Klimaschutz, Energiepolitik

Kampf gegen Windräder

Schifffahrtsexperten und Touristen - vor allem aber Umweltschützer wollen die Riesenräder an der Küste abschaffen. Begründung: Sie würden die Sicherheit gefährden, Fauna und Flora schädigen

Von Freia Peters

Windkraftanlagen zur Energiegewinnung? Rotoren statt Atomkraftwerke? Eine phantastische Sache. Unterstützen wir!" So argumentierten noch vor fünf Jahren 80 Prozent der Deutschen. Mittlerweile hat sich der Wind gedreht. Die rotierenden Riesen stoßen auf immer mehr Ablehnung - bei zahlreichen Touristen und vielen Schifffahrtsexperten. Selbst in den Reihen der Umweltschützer nahm die Zahl der ablehnenden Stimmen im letzten Jahr dramatisch zu.

Gleich mehrere Stromanbieter planen den Sprung aufs Wasser, den Bau von so genannten "Offshore"-Anlagen. Vor der Nord- und Ostseeküste sind derzeit 19 Windparks beantragt, für 14 weitere laufen die Genehmigungsverfahren. Selbst nach vorsichtigen Schätzungen umfassen die Investitionspläne für das deutsche Hoheitsgebiet einen Betrag in dreistelliger Millionenhöhe.

Doch niemand weiß um die Auswirkungen von Großanlagen, die bis zu 400 einzelne Windräder umfassen sollen und eine Fläche von bis zu 200 Quadratkilometern abdecken werden.

Das Thema Offshore schlägt einen Graben, mitten durch die Reihen der Umweltschützer. Auf der einen Seite die Verfechter erneuerbarer Energien. Auf der anderen Seite die Vogelschützer. "Die Gefahr des Vogelschlags und der Flächenverlust für nahrungssuchende Vögel sind Fakt!", gibt Ingo Ludwichowski vom Naturschutzbund zu bedenken. "Die 57 langen Rotorenblätter, die sich in einer Höhe von 130 Metern um eine Nabe drehen könnten zur Todesfalle für viele Vögel werden."

Brisanter noch ist die Frage der Sicherheit der Schifffahrt. Die Windparks sind ganz in der Nähe der Verkehrswege auf See geplant. "Wir reden hier von dem am intensivsten von der Schifffahrt genutzten Gebiet der Nordsee mit 80000 bis 100000 Schiffsbewegungen im Jahr", sagt Hans von Wecheln, Sprecher der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste. Er fordert: "Die Auswirkungen einer möglichen Havarie mit einer Windkraftanlage müssen unverzüglich in den Blickpunkt gerückt werden."

Dem Tourismus-Verband des Landes Schleswig-Holstein droht auch ohne Windkraftanlagen wegen eines Defizits von 800000 Mark der Konkurs. "Es geht um die Zukunft des Verbandes und auch um die des Tourismus insgesamt", sagt Landwirtschaftsminister Klaus Buß (SPD). "Wenn unsere Urlauber nicht mal mehr den Blick auf die offene See genießen können - wo bleibt dann das Gefühl von Freiheit und Ferien?"

Zurzeit ist die Klassifikationsgesellschaft Germanischer Lloyd - für die Schifffahrt eine ähnliche Institution wie für den Straßenverkehr der TÜV - mit einer Sicherheitsstudie für eine Anlage in der Nähe von Borkum beauftragt. Darüber hinaus prüfen Schiffssicherheits-Experten und das Bundesumweltamt.

Betreiber und Hersteller lassen sich von diesem Widerstand den Wind bislang nicht aus den Segeln nehmen. Sie sehen in der modernen Version der Windmühlen nach wie vor die Energieform der Zukunft, und zwar besonders da, wo stets eine steife Brise weht: weit draußen vor den Küsten. Denn schon in zehn Kilometer Entfernung von der Küste bläst der Wind bis zu 70 Prozent stärker. Und eine simple Faustregel besagt, dass doppelte Windgeschwindigkeit die Stromproduktion verachtfacht.

Die "Windmüller" agieren zudem mit Unterstützung der Bundesregierung, denn die Nutzung der Windkraft auf See ist politisch gewollt - und auch ein lukratives Geschäft.

Das Energie-Einspeisungs-Gesetz vom März 2000 nämlich bevorzugt erneuerbare Energien und garantiert Windstromerzeugern neun Jahre lang einen konstanten Abnahmepreis von 17,8 Pfennigen pro Kilowattstunde, wenn die Anlage vor 2006 in Betrieb geht. Kein Wunder also, wenn Betreiber von Anlagen wie Enova, Plambeck oder Winkra derzeit mit Hochdruck versuchen, geschäftlich "mit dem Wind zu segeln" - schließlich ist der ihnen garantierte Preis etwa doppelt so hoch, wie die Summe, die herkömmlich erzeugte Energie, etwa die aus Atom- oder Kohlekraftwerken, kostet.

Die Elektrokonzerne, egal ob sie Eon, PreussenElektra oder Bewag heißen, müssen den Windstrom, der ins Netz eingespeist wird, trotz der hohen Kosten per Gesetz abnehmen, unabhängig davon, ob sie ihn wirklich benötigen oder nicht. Und wenn dadurch ihre Kosten steigen, sie ihren dank des billigen Stroms aus nicht-regenerativer Energie niedrigen Durchschnittspreis nicht halten können, zahlt der Endverbraucher die Zeche durch steigende Strompreise. Das ist der Stoff, aus der die momentane Goldgräberstimmung entstand.

Außerdem könnten die Bundesrepublik und andere Nordseeanrainer vor allem durch Windparks auf See einen großen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Eine Studie, die Greenpeace gemeinsam mit dem Deutschen Windenergie-Institut (DEWI) erstellt hat, belegt: Schon jetzt spart Windenergie in Deutschland mit 8000 Rotoren an Land jährlich 4,8 Millionen Tonnen Kohlendioxid ein. Im Jahr 2005 könnten es bereits mehr als zwölf Millionen Tonnen sein.

Gleichzeitig muss man wissen: "Die Bundesregierung hat sich verpflichtet, die Kohlendioxid-Emissionen bis 2005 im Vergleich zu 1990 um 25 Prozent zu verringern", sagt Klaus Müller, der Umweltminister von Schleswig-Holstein. "Unser Land kann mit der Chance der Offshore-Anlagen eine Vorreiterrolle einnehmen! Denn die Anlagen auf See versprechen 40 Prozent mehr Energie."

Der Streit zwischen Kritikern und Befürwortern wird mindestens bis zum Dezember 2002 andauern. Bis dann sollen Kriterien festgeschrieben werden, nach denen die Einflüsse von Offshore-Windparks auf Umwelt und Sicherheit beurteilt werden sollen. Das Problem dieser Zeitplanung: Vielleicht liegen bis dahin 20 Meter unter der Wasseroberfläche schon die ersten Seekabel, die den elektrischen Strom an Land leiten sollen.

Quelle: Welt, Die Lokales 8.1.2001

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