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zurück zum 2001er Pressearchiv Klimaschutz, Energiepolitik Der Weg in das Wasserstoffzeitalter Brennstoffzellen für Auto, Haus und Laptop Neuer Leistungsrekord Von Silvia von der Weiden Berlin Einen Rekord bei der Leistung von Brennstoffzellen haben Jülicher Forscher aufgestellt: 1,6 Kilowatt erzeugt der mit Wasserstoff und Luft betriebene oxidkeramische Brennstoffzellenstapel. Damit ist die wirtschaftlich magische Grenze von einem Kilowatt durchbrochen. Brennstoffzellen mit einer Leistung zwischen einem und 1000 Kilowatt eignen sich ideal für die dezentrale Energieversorgung. Sie versorgen große Gebäudekomplexe ebenso mit Strom wie mehrere Einzelgebäude. Zusätzlich kann die Wärme, die bei der Umsetzung des Wasserstoffs in der Brennstoffzelle frei wird, zu Heizzwecken genutzt werden. Den Jülicher Forschern gelang die Rekordleistung mit einem neuen technischen Ansatz für die SOFC (Solid Oxide Fuel Cell) genannte Hochtemperatur-Brennstoffzelle, der gleichzeitig die Herstellungskosten senkt. "Wir haben versucht, von den teuren Spezialmaterialien wegzukommen, die momentan für Hochtemperaturbrennstoffzellen nötig sind", erläutert Klaus Bonhoff, Leiter des Projekts Brennstoffzelle im Forschungszentrum Jülich. Außerdem wurden die Schichtdicken des Elektrolyten auf ein Zehntel der ursprünglichen Stärke reduziert. "Mit diesem Konzept konnten wir die Betriebstemperatur der SOFC bei gleicher Leistung um rund 200 Grad Celsius senken. Die Kosten werden damit ebenfalls deutlich gedrückt", erklärt Bonhoff. Zwar sei es auch anderen Entwicklern gelungen, eine ähnlich hohe Leistung zu erreichen, allerdings mit deutlich kleineren Einzelzellen. Anders jedoch als bei Brennstoffzellen zur Versorgung von Laptops und Kleingeräten zählt bei Brennstoffzellen für die dezentrale Energieversorgung die Größe. "Unsere keramischen Zellen haben eine Größe von 25 mal 25 Quadratzentimetern weltweit ein Spitzenwert", sagt Bonhoff. Spätestens 2003 wollen die Jülicher Forscher mit ihrem neuen SOFC-Design 20 Kilowatt erzeugen. Wegen der hohen Betriebstemperatur von rund 800 Grad Celsius und den damit verbundenen großen Anforderungen an das einzusetzende Material, galt die Hochtemperaturbrennstoffzelle lange Zeit als problematisch und zu teuer. Verlockend ist jedoch ihr günstiger Wirkungsgrad von mindestens 55 Prozent. Gute Chancen bescheinigt auch die gerade erschienene Studie des Büros für Technikfolgenabschätzung (TAB) beim Deutschen Bundestag der Brennstoffzellentechnologie: "Eine Analyse der ökonomischen Aspekte von Brennstoffzellensystemen in der Hausenergieversorgung zeigt, dass sie zwar von der Schwelle der Wirtschaftlichkeit noch entfernt sind, dass diese aber im Vergleich zur mobilen Anwendung leichter erreichbar sein dürfte", heißt es. Bei der industriellen Energieversorgung ist der Aufbau von Brennstoffzellenpilotanlagen wegen der zurzeit niedrigen Energiepreise noch nicht in Gang gekommen. Entwicklungs- und Optimierungsbedarf bestehe im materialtechnischen Bereich und bei der Langzeitstabilität der Brennstoffzellensysteme, so der Bericht. Für die Energieversorgung von elektronischen Kleingeräten könne die Brennstoffzellentechnik "erhebliche Marktanteile gewinnen". Das Kostenniveau heutiger Lithium-Ionen-Akkumulatoren sei erreichbar. Die Vorteile gegenüber Batterien und Akkumulatoren liegen vor allem bei deutlich erhöhten netzunabhängigen Betriebszeiten und einer höheren Lebensdauer. Vorsichtiger bewertet der Bericht dagegen den Brennstoffzellenantrieb im Auto. Zwar haben Automobilhersteller wie Daimler-Chrysler oder Toyota serienreife Brennstoffzellenautos angekündigt. Doch nur beim Betrieb mit Wasserstoff, der durch regenerativ erzeugte Elektrizität gewonnen wurde, bringt der Brennstoffzellenantrieb klare Umweltvorteile. Bei Methanol oder Benzin zieht die Brennstoffzelle mit herkömmlichen Kraftstoffen gleich, bei Biokraftstoffen fällt die Ökobilanz sogar schlechter aus. Dennoch könne auch die mobile Brennstoffzelle als Brücke ins Wasserstoffzeitalter dienen, resümiert die Studie. Brennstoffzelle im Alltagstest Die EU-Kommission plant einen Großversuch mit Brennstoffzellen-Autos in zehn europäischen Städten. Damit solle der Einsatz von Wasserstoffmotoren unter Marktbedingungen erprobt werden, erklärte EU-Energiekommissarin Loyola de Palacio in Brüssel. Durch Brennstoffzellen angetriebene Autos verursachen keine schädlichen Abgase. In einer chemischen Zelle wird durch die Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff elektrische Energie erzeugt. Die Kommissarin ließ offen, wann der EU-Versuch für das Antriebssystem der Zukunft starten wird und wo er geplant ist. Brüssel werde nicht vorschreiben, welche Brennstoffzellentechnik eingesetzt werden solle. Autoindustrie und Kraftstoffherstellern bleibe es somit überlassen, ob der Wasserstoff in flüssiger Form oder als Gas gelagert werde. De Palacio sagte, Bündnisse zwischen den beteiligten Branchen seien zu begrüßen.dpa Quelle: Welt, Die Wirtschaft 8.2.2001 |