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Energiepolitik
ZeTec Power baut Brennstoffzellen in
Köln-Porz
Start zur Strom-Revolution
Von Michael Gaßmann
Köln. Vor Superlativen ist Nicholas M. Abson nicht bange. "Europas größte
Fabrik" für Brennstoffzellen laufe noch im Januar an, kündigte der Chef der ZeTec
Power plc, Nicholas M. Abson, gestern am Standort des Werks in Köln-Porz an. Das ist
schon deshalb nicht übertrieben, weil es sich um die bisher einzige industrielle
Serienproduktion von Brennstoffzellen weltweit handelt.
Absons Feststellung trifft schon in der Startphase zu, wenn ZeTec mit 60 Mitarbeitern die
erste Linie in Betrieb nimmt. Noch 2001 sollen zwei weitere hinzukommen. In den nächsten
drei Jahren sollen 500 neue Arbeitsplätze entstehen.
Mit diesen Zielen wagt sich ZeTec weit vor, zumal Abson das Investment in Porz auf bisher
ganze 15 Millionen Mark bezifferte. Zum Vergleich: Der kanadische Konkurrent Ballard hat
rund eine Milliarde Dollar investiert. Auch alle großen Auto-Hersteller von Ford bis
DaimlerChrysler stecken Milliarden in die Erforschung dieser Technik, der Experten das
Potenzial zu einer Revolution der gesamten Energiewirtschaft bescheinigen.
VW-Entwicklungsvorstand Martin Winterkorn goss, just gestern, Wasser in den Wein der
Optimisten: Wenn es gut gehe, sei mit Brennstoffautos in Großserie in zehn Jahren zu
rechnen, sagte er auf der Auto-Show in Detroit. Alles andere sei illusorisch.
Der ZeTec-Chef sieht den Einsatzbereich seiner Energiepakete denn auch zunächst bei
stationären Telekommunikationsanlagen, in kleineren Schiffen oder Lieferwagen; übrigens
verfüge ZeTec bei dieser Technik über - was sonst? - "die größte Flotte der
Welt": fünf Fahrzeuge. Den Antrieb von Personenautos schloss Abson zunächst aber
ebenfalls aus.
Doch er hat große Pläne: Im ersten Jahr sollten Fünf-Kilowatt-Module in einem Volumen
von insgesamt 30 Megawatt je Linie gebaut werden. Binnen Jahren könnten 500 Megawatt
fertig sein - soviel wie ein durchschnittliches Großkraftwerk. Dann seien auch die Preise
pro Kilowattstunde (kWh) aus Brennstoffzellen mit rund 14 Pfennig je kWh mit den
Erzeugungskosten von Großkraftwerken vergleichbar.
Abson gestand zu, dass die Serienprodukte zunächst Probleme aufweisen könnten:
"Dies ist noch keine perfekte Technologie" - auch andere technische Durchbrüche
bräuchten Zeit bis zur Perfektion. Die Produkte seien aber ausreichend zuverlässig, und
die Vorteile seien bereits jetzt so groß, dass mögliche Kinderkrankheiten mehr als
ausgeglichen würden.
Die ZeTec Power plc, London, ist von Abson, früher Wissenschafts-Journalist und
Fernseh-Moderator, erst 1999 gegründet worden. Sie ist aus der belgischen Firma Elenco
hervorgegangen, die Brennstoffzellen für die Weltraumfahrt entwickelte, jedoch in
finanzielle Turbulenzen geriet.
Abson ist heute nach eigenen Angaben mit 16 Prozent größter Anteilseigner der Londoner
Muttergesellschaft, die insgesamt 655 Teilhabern gehöre, darunter "old ladies",
aber auch Firmen wie Ikea und Investmentbanken wie Merril Lynch. Noch 2001 sei zur
weiteren Kapitalbeschaffung ein Börsengang geplant, falls das Börsenumfeld sich günstig
entwickele.
Die Porzer Produktionsstätte der deutschen Tochter ZeTec Power GmbH werde in den ersten
beiden Geschäftsjahren (30.6.) planmäßig Verluste in zweistelliger Millionenhöhe
schreiben, ehe die Gewinnzone erreicht werde. Entscheidend für die Wahl des Standorts,
der am 1. März offiziell startet, sei die gute Wissenschafts-Infrastruktur der Region,
die Nähe zum Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die politische
Unterstützung von Bund, Land und Kommunen gewesen. So steuerte das
Technologietransfer-Zentrum Bonn (TTBI) 1,8 Millionen Mark zu der Investition bei.
Brennstoffzellen sind gleichsam Mini-Kraftwerke, die jedoch ohne Verbrennung und daher
auch völlig ohne Emissionen - außer Wasserdampf - auskommen. Sie erzeugen durch
chemische Reaktion Strom direkt aus Wasserstoff-Gas und können in den unterschiedlichsten
Größen und theoretisch für fast alle Zwecke eingesetzt werden, vom Blockheizkraftwerk
bis zum Handy.
Experten sehen Probleme im Transport und in der Lagerung des hochflüchtigen und
explosiven Wasserstoffs, der sich selbst aus Stahlbehältern auf die Dauer verflüchtigt.
Umweltfreundlich ist die Brennstoffzellen-Technologie nur, wenn die sehr stromintensive
Wasserstoff-Elektrolyse z.B. auf Windkraft-Basis erfolgt.
Quelle: Kölnsche Rundschau 11/01/01
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