Startseite von www.TagebauWeb.de Tagebau Hambach I   Autobahn 4    Bundesstraße 477   950MW Block Niederaußem  Hambacher Forst    Hambach Kohlebahn  Hambacher Leck  Grünes Bauernopfer  Hambach  Leserbriefe  Downloads   Aktuelle_Presse     Aktuelle Termine   Historie  Bilddokumentation   Stichwörter    Unsere Ziele  Umweltlinks 

 

Copyright lt. Quellennachweis Die Redaktion recherchiert nach eigenem Ermessen, ohne Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu erheben, in den genannten Quellen.

zurück zum 2001er Pressearchiv Klimaschutz, Energiepolitik

Stellungnahme des ACCC zum Zweiten Bericht des IPCC

Die Aussagen des Zweiten IPCC Berichtes

Auswirkungen der globalen Klimaänderung auf Österreich

Aufgaben für die österreichische Klimapolitik

1. Die Aussagen des Zweiten IPCC Berichtes

In den vergangenen Jahren wurden beträchtliche Fortschritte beim Verständnis der globalen Klimaänderung erzielt. In seinem soeben veröffentlichten Bericht macht dazu das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) - ein von der UNO eingesetztes internationales Expertengremium - eine Reihe von Aussagen mit beträchtlichen Konsequenzen auch für Österreich.

Vom Menschen wurde eine globale Klimaänderung in Gang gesetzt

Der Anstieg der Konzentration der Treibhausgase in den vergangenen zwei Jahrhunderten in der Atmosphäre hat zu Änderungen im globalen Klima, erkennbar in einem Anstieg der Durchschnittstemperaturen auf der Erdoberfläche, geführt.

In dieser Zeitperiode erhöhte sich in der Atmosphäre die Konzentration von Kohlendioxid (CO2) um 30%, von Methan (CH4) um 145% und von Lachgas (N2O) um 15%. So wird beispielsweise durch die Nutzung fossiler Energieträger wie Kohle, Erdöl und Erdgas mehr CO2 freigesetzt als von der Biosphäre wieder gebunden werden kann.

Diese Veränderungen in der Atmosphäre sind praktisch ausschließlich vom Menschen ausgelöst worden, in erster Linie durch die Nutzung fossiler Energieträger, aber auch als Folge der großflächigen Abholzung und Brandrodung tropischer Regenwälder und landwirtschaftlicher Aktivitäten.

Dieser Ausstoß von Treibhausgasen erhöht den Treibhauseffekt der Atmosphäre und führt in der Folge zu Klimaänderungen, deren Ausmaß derzeit nur schwer abschätzbar ist.

Die Ursachen dieser Klimaänderung

Die Emissionen von Kohlendioxid (CO2) sind der Hauptverursacher für den veränderten Treibhauseffekt und die daraus resultierenden Klimaänderungen. Weltweit stammen rund 43% dieser Emissionen aus der Industrie, 28% aus der Energienutzung in Wohnungen und kommerziellen Gebäuden sowie 22% aus dem Verkehrsbereich, wobei im Verkehrssektor die CO2-Ausstöße am stärksten ansteigen.

Auf die industrialisierten Länder (OECD, frühere UdSSR und Osteuropa) entfällt nach wie vor der Hauptanteil der CO2-Emissionen. Aufgrund der zunehmenden wirtschaftlichen Aktivität und der steigenden Bevölkerungszahlen wird jedoch eine Zunahme des Anteils der Emissionen der Entwicklungsländer erwartet.

Im vergangenen Jahrhundert veränderte sich das globale Klima

In den vergangenen hundert Jahren ist die durchschnittliche Temperatur an der Erdoberfläche zwischen 0,3 und 0,6°C angestiegen. Trotz der abkühlenden Effekte der vom Vulkan Pinatubo im Jahr 1991 in die Atmosphäre eingebrachten Staubmassen wurden in den vergangenen Jahren die höchsten Temperaturen registriert, seit systematische Temperaturmessungen durchgeführt werden. Mit diesem Temperaturanstieg verbunden ist ein Anstieg des globalen Meeresspiegels von 10 bis 25 cm.

Aus den verfügbaren Klimaindikatoren kann geschlossen werden, daß die mittleren Temperaturen der Erdoberfläche im 20. Jahrhundert mindestens so hoch waren wie in jedem anderen Jahrhundert in den vergangenen 600 Jahren.

Die globale Klimaänderung wird sich fortsetzen

Das IPCC erwartet nach einem Szenario mit Emissionswerten im Mittel der denkbaren Varianten einen weiteren Anstieg der Oberflächentemperatur der Erde um rund 2°C (mit einer Schwankungsbreite dieser Schätzung zwischen 1,5 und 4°C) bis zum Jahr 2100.

Unter den niedrigsten Annahmen für Emissionen würde die Temperaturerhöhung nur 1°C (mit einer Schwankungsbreite zwischen 0,5 und 1,5°C) ausmachen. Die Schätzungen für die höchsten Annahmen bei den Emissionen würden jedoch die globale Erwärmung auf 3,5°C (mit einer Schwankungsbreite zwischen 2 und 7°C) erhöhen.

In jedem Fall würde sich der globale Temperaturanstieg schneller vollziehen als jemals in den vergangenen 10.000 Jahren. Entsprechend den unterschiedlichen Emissionsszenarien würde sich für den Meeresspiegel ein Anstieg zwischen 10 und 95 cm ergeben, wobei für die mittleren Emissionsannahmen der Wert bei 50 cm liegen dürfte. Wegen der verzögerten Reaktion der Meere auf eine Temperaturänderung würde sich der Anstieg der Meere noch lange nach dem Jahr 2100 fortsetzen, auch wenn bis dahin eine Stabilisierung der globalen Oberflächentemperatur eingetreten wäre.

Auch eine sofortige Stabilisierung der treibhauswirksamen Emissionen, beispielsweise von CO2, auf dem gegenwärtigen Niveau würde die Konzentration dieses Treibhausgases in der Atmosphäre weiter erhöhen und bis zum Ende des 21. Jahrhunderts gegenüber den vorindustriellen Werten verdoppeln.

Unsicherheiten bei Klimaprognosen schließen Überraschungen nicht aus

Trotz vieler Fortschritte in der Klimaforschung sind diese Aussagen über die langfristige Entwicklung des Weltklimas noch immer mit beträchtlichen Unsicherheiten behaftet.

Weiterhin sind die komplexen Zusammenhänge zwischen den Quellen und Senken der Treibhausgase, den Reaktionen der Atmosphäre, der Meere, der Eismassen und der Vegetation ungenügend bekannt.

Deshalb sind Überraschungen bei der Entwicklung des globalen Klimas durchaus möglich, die vor allem aus den nicht-linearen Eigenschaften des globalen Klimasystems resultieren, bei denen kleine Anstöße schließlich zu großen und unerwarteten Effekten führen können.

Strategien zur Reduktion des Treibhauseffektes sind verfügbar

Anpassungsstrategien und Lösungsansätze zur Reduzierung des vom Menschen verursachten Treibhauseffektes sind verfügbar und werden dringend zur weltweiten Implementierung empfohlen. Ihr Erfolg wird an der Verminderung der Emissionen von Treibhausgasen gemessen.

Zentrale Aufgaben einer aktiven Klimapolitik sind deshalb die breite Implementierung von bereits verfügbaren Technologien zur Emissionsreduktion, die Stimulierung von technischem Fortschritt und Technologietransfer sowie die Bereitschaft zu Kooperation, institutionellen Veränderungen und Finanzierung.

Die IPCC-Szenarien für ein CO2-armes Energiesystem

Erstmals wird vom IPCC auch sichtbar gemacht, wie sich das globale Energiesystem in den nächsten hundert Jahren entwickeln könnte, um mit viel geringeren CO2-Emissionen den Bedarf an Energiedienstleistungen bereitzustellen (Low CO2-Emitting Energy Supply System).

Gemeinsam ist den meisten dieser Szenarien die vermehrte Nutzung der Solarenergie (Biomasse, Wind, Photovoltaik und thermische Solarenergie) sowie die Verwendung von effizienteren Transformations- und Anwendungstechnologien.

Von diesen Szenarien sei als typisches Beispiel auf die Variante mit einer intensiven Biomasse-Nutzung bis zum Jahr 2050 verwiesen. Bei der Weltbevölkerung wird ein Anstieg von derzeit rund 5,5 Mrd auf 9,5 Mrd Menschen angenommen, bei der wirtschaftlichen Aktivität eine Fortsetzung des Wachstumspfads in den Industrieländern und eine starke Erhöhung der wirtschaftlichen Dynamik in den Entwicklungsländern.

Durch Verwendung von verfügbaren effizienteren Technologien bei der Bereitstellung und Verwendung von Energie und durch verstärkten Einsatz von biogener Energie ist es trotz des beachtlichen Anstiegs bei den postulierten Energiedienstleistungen möglich, bis zum Jahr 2050 mit weniger fossiler Energie als derzeit auszukommen.

2. Auswirkungen der globalen Klimaänderung auf Österreich

Die vom IPCC prognostizierten Szenarien für einen globalen Klimawandel haben auch weitreichende Auswirkungen auf Österreich.

Unser Land würde unmittelbare Auswirkungen bei der Schneedecke, den Gletschern und der Vegetation erfahren. In der Folge sind weitreichende Veränderungen beim Wasserhaushalt, bei der landwirtschaftlichen Produktion, bei der Schutzfunktion des Waldes und beim Erholungswert unserer Landschaft zu erwarten. Schließlich wird Österreich indirekt von den Problemen jener Weltregionen betroffen werden, die extreme Schäden aufgrund eines Klimawandels zu erwarten haben.

Änderungen im alpinen Klima

Für das globale Klima werden vermehrt extreme Wettersituationen, wie Hitze, Stürme, Dürre und Überschwemmungen erwartet. Damit verbunden sind Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit der Ökosysteme, auf die wirtschaftliche Aktivität und auf die Lebensbedingungen der Menschen.

Entsprechende regionale Aussagen sind für Österreich noch nicht verfügbar, weil die Auflösung der derzeit verfügbaren Klimamodelle noch zu gering ist. Wohl können jedoch einige qualitative Aussagen über die Auswirkung einer Erwärmung auf den alpinen Wasserkreislauf gemacht werden.

Eine Erwärmung verringert den Anteil von Schneefall am Niederschlag und sie beschleunigt das Schmelzen des vorhandenen Schnees. Das bedeutet primär: kürzere Schneeperioden und weniger Schneemengen in allen bewirtschafteten Gebieten Österreichs. Negativ betroffen ist der alpine Tourismus. In der Land- und Forstwirtschaft sind sowohl positive als auch negative Effekte zu erwarten.

Im Wasserkreislauf wird die Wasserführung der Bäche und Flüsse im Winter zunehmen, dafür werden die Schmelzwasserspitzen abgebaut und früher eintreten. Dadurch sollte die Hochwassergefahr in den Alpen abnehmen, weil das Maximum der Schmelzwasserproduktion zeitlich vom Beginn der konvektiven Starkniederschläge getrennt wird. Die Verdunstung wird durch höhere Temperaturen generell gefördert.

Die von einigen Modellen vermutete Verschiebung des mediterranen Klimas und seiner sommerlichen Trockenperiode nach Norden muß im Bereich der Alpen differenziert gesehen werden. Hier sind, wie auch jetzt in den südeuropäischen Gebirgen, weiterhin Winterniederschläge und sommerliche Stauniederschläge am südlichen Alpenrand zu erwarten.

Land- und Forstwirtschaft

Gegenüber dem Ersten IPCC-Bericht 1990 konnte die Wissensbasis über die Einflüsse des Klimawandels auf die Landwirtschaft grundlegend verbessert werden. Weiterhin wird festgestellt, daß das Niveau der weltweiten Agrarproduktion über die nächsten zehn Jahre aufrechterhalten werden kann. Allerdings sind starke regionale Differenzierungen zu erwarten.

Agrarproduktion

Die negativen Auswirkungen werden vor allem in jenen Regionen gesehen, in denen jetzt schon die Ärmsten der Armen leben. Weltweit verringert sich die Produktivität von Weideland. Der deshalb erwartete Anstieg der Getreidepreise verteuert die Tierproduktion. Obwohl für die österreichische Landwirtschaft vordergründig keine zu großen Nachteile sichtbar werden, besteht Handlungsbedarf zu einer verstärkten Ökologisierung der Landwirtschaft. Anzustreben ist ein weitgehender oder völliger Verzicht auf industrielle und energieintensive Stickstoffdünger, wodurch beträchtliche Einsparungen bei den Emissionen von Treibhausgasen erreicht werden können.

Bergregionen und Berglandwirtschaft

Bergregionen leisten einen wichtigen Beitrag zur weltweiten landwirtschaftlichen Produktion. Die landwirtschaftliche Produktion in Grenzgebieten ihrer Lebensfähigkeit reagiert hoch sensibel auf Klimaveränderungen. Während aber der Einfluß der Klimaveränderungen auf die Durchschnittserträge eher als gering eingeschätzt wird, bestehen Befürchtungen, daß durch die Klimaveränderung extreme Witterungsereignisse den Ertrag ebenso beeinträchtigen können wie das verstärkte Auftreten von Schädlingen und krankheitsverursachenden Organismen.

Wälder

Der IPCC-Bericht erwartet, daß weltweit weiterhin eine Übernutzung der Wälder, nicht zuletzt durch Raubbau und Kahlschlag, zu befürchten ist. Mehr als in anderen Gebieten könnten die Wälder der nördlichen Regionen von periodischen Schäden großen Ausmaßes wie Feuer, länger anhaltender Trockenheit, Stürme und Insektenbefall betroffen sein. Dabei verstärkt die bisherige intensive Bewirtschaftung diese Effekte, weil diese Waldbestände besonders verwundbar sind.

Durch ein solches klimainduziertes Waldsterben könnte ein Überangebot an Holz entstehen, mit dem aber gleichzeitig langfristig eine Reduzierung der Waldbestände einhergeht. Für Österreich bedeutet ein Rückgang des Waldbestandes auch einen Verlust der damit verbundenen vielfältigen Schutzfunktionen, die von der Speicherung der Niederschläge bis zum Schutz vor Lawinen reicht.

Rohstoffe und Energie aus Biomasse

Der IPCC-Bericht diagnostiziert, daß weltweit noch genug Potentiale für die Biomasseerzeugung bestehen. Biogene Rohstoffe könnten sowohl für die energetische als auch nichtenergetische Nutzung eine noch größere Bedeutung gewinnen und maßgeblich zur Reduktion von Treibhausgasen beitragen.

Das Potential für die Energie aus Biomasse in Österreich umfaßt die festen kommunalen Abfälle, die Abfälle aus Industrie und Landwirtschaft, Holz und Holzabfälle sowie Erträge aus Energieanbauflächen.

Im Waldland Österreich bestehen noch beträchtliche ungenutzte Potentiale in Form von Restholz und Holzabfällen, die der energetischen Nutzung zugeführt werden können. Für eine optimale Nutzung ist jedoch eine Weiterentwicklung der energetischen Biomassetechnologien in Richtung der kombinierten Wärme-Kraft-Anlagen erforderlich.

Auch die globalen Potentiale für die Erzeugung von Biogas werden vom IPCC als sehr hoch eingeschätzt. Die Umweltwirkung der Biogaserzeugung und Biogasnutzung beschränkt sich nicht nur auf die Reduzierung der Treibhausgase, sondern es werden gleichzeitig kaum deponierbare und schwer brennbare Abfälle verringert und die Düngerwirkung der Rückstände aus der Biogasproduktion verbessert. Dadurch können energieintensive Stickstoffdünger eingespart werden und auch die Stickstoffemissionen werden reduziert.

Wirtschaftliche und soziale Effekte

Bei aller Unsicherheit über die Auswirkungen steigender Treibhausgaskonzentrationen ist jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, daß die schwerwiegendsten wirtschaftlichen und sozialen Folgen in den ärmsten Ländern der Welt (Sub-Sahara Afrika, Ost- und Südost-Asien, in den Tropengebieten Süd-Amerikas sowie in den pazifischen Inselstaaten) auftreten werden.

In doppelter Hinsicht sind diese Regionen klimabedingt belastet. Einerseits sind dort die finanziellen und technologischen Mittel zur Anpassung an Klimaänderungen bzw. zur Reparatur von Schäden am geringsten, und andererseits herrschen gerade dort bereits heute schwierige klimatische Bedingungen. Daß gerade diese Länder den weitaus geringsten Beitrag an Treibhausgasemissionen haben, sollte die Verantwortung der Industriestaaten zur Senkung der eigenen Emissionen, zur verstärkten Integration der Entwicklungsländer in die klimarelevanten Entscheidungsprozesse und zu kooperativen Entwicklungsaktivitäten motivieren.

Demnach könnte die wesentlichste Gefährdung für Österreich durch eine globale Klimaänderung in einer verstärkten Katastrophenhäufung in den ärmsten Ländern der Welt liegen. Dies könnte dort zu einer fortschreitenden Verarmung und Hungersnöten führen, was große soziale Instabilitäten und Migrationstendenzen auslösen kann. Die den Industrieländern daraus erwachsenden Kosten sind wesentlich gravierender als die direkten klimabedingten Schäden.

Gesundheit

Die absehbaren Effekte einer globalen Klimaänderung dürften insgesamt deutlich negative Auswirkungen auf die Gesundheitssituation der Menschen haben. Direkte Klimaeinflüsse aufgrund von verlängerten Hitzeperioden betreffen den Anstieg der Mortalität bei den Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Weitreichender sind die indirekten Folgen für die Gesundheit aufgrund eines Klimawandels. Weltweit wird eine Ausweitung von Infektionskrankheiten, wie Malaria und Gelbfieber, erwartet. Zusätzliche gesundheitliche Belastungen könnten durch immer knapper werdendes Trinkwasser aufgrund von Trockenheit oder Überschwemmungen entstehen. Obwohl die hochentwickelten Industrieländer für diese gesundheitlichen Gefährdungen Gegenstrategien entwickeln können, sind aber insgesamt auch für diese Länder beträchtliche Wohlstandsverluste zu erwarten.

Schlüsselentscheidungen für die Klimapolitik: Technologie und Lebensstil

Der IPCC-Bericht zeigt weitreichende Perspektiven für eine aktive Klimapolitik auf, mit denen die negativen Effekte eines anthropogenen Treibhauseffektes langfristig zumindest gemindert werden können. Die dafür notwendigen Maßnahmen betreffen zwei Aktionsprogramme. Erstens sind jene Technologien zu verwenden, zu verbreiten und zu entwickeln, die mit deutlich reduzierten Treibhausgasemissionen den Wohlstand der jetzigen und der künftigen Generationen bereitstellen. Zweitens ist aufzuzeigen, daß nicht alle Komponenten des Lebensstils der Industriestaaten globalisierungsfähig sind. Dies betrifft vor allem die Nahrungsmittelproduktion und das Verkehrssystem. In diesen für die Klimawirkung besonders sensitiven Bereichen wird intensiv eine Verringerung von redundanten Aufwendungen anzustreben sein. Österreich, eines der reichsten Länder der Welt, sollte sich sowohl im Bereich innovativer Technologien als auch bei der Suche nach einem globalisierungsfähigen Lebensstil herausgefordert sehen.

3. Aufgaben für die österreichische Klimapolitik

Österreich ist als Mitunterzeichner des Rahmenübereinkommens über Klimaänderungen der Vereinten Nationen eingebunden in die Zielsetzung dieser Vereinbarung, gefährliche anthropogene Einflüsse auf das Klimasystem zu vermeiden. Der Zweite IPCC-Bericht zeigt nachdrücklich auf, daß mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Menschen ausgelöste Veränderungen im globalen Klima in Gang gesetzt wurden, deren Korrektur sowohl im Interesse der jetzigen als auch der künftigen Generationen dringend empfohlen wird.

Österreichs Mitverantwortung in der internationalen Klimapolitik

Der Zweite IPCC-Bericht macht aufgrund der vorliegenden Bestandsaufnahmen und Analysen erstmals die klare Aussage, daß eine vom Menschen beeinflußte Klimaänderung existiert. Der Bericht enthält primär Aussagen über globale Phänomene und ihre Auswirkungen. Österreich muß versuchen, die Konsequenzen für unser Land zu bestimmen, zu bewerten und darauf aufbauend entsprechende Maßnahmen zu setzen. Intensiv wird die Dritte Welt und ihr Verhältnis zur Ersten angesprochen. Auch diesen Problemen kann sich Österreich nicht entziehen.

Als einer der reichsten Staaten der westlichen Welt muß sich Österreich zu seiner Verantwortung bekennen, für die Klimaveränderung mitverantwortlich zu sein. In einer Reihe von Akten hat Österreich diese Bereitschaft bereits dokumentiert .

Österreichischer Klimaschutzbericht und Nationaler Umweltplan

Die im Österreichischen Klimaschutzbericht 1995 der Bundesregierung im Dezember 1995 vorgeschlagenen Maßnahmen zur Klimapolitik sind gegebenenfalls zu modifizieren, vor allem aber verstärkt umzusetzen.

Der Nationale Umweltplan 1995 (NUP) skizziert umfassend die Strukturen einer nachhaltigen Entwicklung für Österreich, die neben erhöhtem Wohlstand und verstärkter Wettbewerbsfähigkeit auch den Zielsetzungen einer aktiven Klimapolitik entspricht. Es ist naheliegend, diese zukunftsfähigen Inhalte des NUP in eine breite wirtschaftspolitische Diskussion einzubinden und als Leitlinie für alle Entscheidungsebenen, von den Haushalten und Unternehmungen bis zu den Interessenvertretungen und Institutionen der Politik zu verwenden.

Rahmenübereinkommen über Klimaänderungen der Vereinten Nationen und internationale Emissionsziele

Österreich ist durch eine Reihe von offiziellen Erklärungen eingebunden in die internationalen Bemühungen um eine Reduktion der anthropogenen Einflüsse auf das globale Klimasystem.

Das Rahmenübereinkommen über Klimaänderungen, die Klimakonvention, verpflichtet Österreich zur Umsetzung von Maßnahmen zur Reduktion der treibhauswirksamen Emissionen. Bei den internationalen Emissionszielen für CO2 hat die Österreichische Bundesregierung ihre Bereitschaft zur Erfüllung des Toronto-Ziels (minus 20% Emissionen bis 2005 gegenüber 1988) und zur Unterstützung des Stabilisierungsziels der Europäischen Union (Stabilisierung der Emissionen bis 2000 auf das Niveau von 1990) erklärt.

Derzeit haben sich rund 130 österreichische Gemeinden und acht Bundesländer dem Reduktionsziel des Internationalen Klimabündnisses angeschlossen, das eine Reduktion der CO2-Emissionen um 50% bis 2010 gegenüber 1987 vorsieht.

Den politischen Entscheidungsgremien wird empfohlen, die Realisierung dieser Emissionsziele durch ein laufendes Monitoring zu überprüfen und durch entsprechende Aktivitäten wirksam zu unterstützen.

Reformen von Recht und Institutionen

Der Zweite IPCC-Bericht macht deutlich, daß die vollen Auswirkungen der konstatierten Klimaänderung erst für nachfolgende Generationen erfahrbar werden. Daraus ergibt sich eine Reihe von Ansprüchen an die Rechtsetzung.

Wahrung der Rechte künftiger Generationen

Die Erkenntnis, daß der gegenwärtige Lebens- und Wirtschaftsstil die Wohlstandssituation vieler nachfolgender Generationen beeinflußt, legt nahe, daß die Wahrung der Rechte künftiger Generationen in die Bundesverfassung aufgenommen wird.

Klimaschutz als eigenständige Staatsaufgabe

Die Bundesregierung sollte den Klimaschutz ebenso als eigenständige Staatsaufgabe begreifen, wie dies etwa beim Konsumentenschutz, der Gewerbe- und Industriepolitik, der inneren Sicherheit usw längst der Fall ist. Trotz der notwendigen supranationalen Lösungen bleibt innerstaatlich noch ein so großer Handlungsbedarf bestehen, daß die Qualifikation als Staatsaufgabe gerechtfertigt ist.

Klimaschutz als Bestandteil des umfassenden Umweltschutzes

Das BVG über den umfassenden Umweltschutz sollte dahingehend ergänzt werden, daß auch der Klimaschutz zum umfassenden Umweltschutz zählt.

Klimaschutz in der aktuellen Gesetzgebung

Eine Reihe von Gesetzen und Verordnungen, die sich in der Vorbereitungsphase befinden, haben eine besondere Relevanz für die Klimapolitik. Dies betrifft vor allem alle Rechtssetzungen im Energiebereich. Hingewiesen wird beispielsweise auf institutionelle Reformen durch ein Energiewirtschafts- und Elektrizitätswirtschaftsgesetz, auf Regelungen für die Rückspeisung von Elektrizität aus Eigenanlagen und auf die Wärmeschutzverordnungen für den Wohnbau.

Nachhaltige Strukturen für die Wirtschaft

Der gegenwärtige Wohlstand der Industriestaaten ist mit viel geringerem Ressourcenaufwand, von den energetischen Rohstoffen bis zur Belastung der Atmosphäre erreichbar. Mit dieser zentralen Aussage der UNO-Weltkommission für Wirtschaftliche Entwicklung wurde die innovative wirtschaftspolitische Zielsetzung der nachhaltigen Entwicklung (Sustainable Development) geprägt.

Nachhaltige Entwicklung als bestimmendes wirtschaftspolitisches Ziel

Der Nationale Umweltplan 1995 entwirft jene Strukturen für Produktion und Konsum in der österreichischen Wirtschaft, mit denen dieses wirtschaftspolitische Ziel der Nachhaltigkeit erreicht werden kann. Diese neuen Strukturen sollen nicht nur die internationale Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft verbessern sondern auch deutliche Wohlstandserhöhungen bringen.

Von allen politischen Entscheidungsgremien wird erwartet, daß sie sich ausdrücklich zu dieser Neuorientierung der Wirtschaftspolitik bekennen.

Strategien für eine nachhaltige Wirtschaftsstruktur

Zwei Strategien dominieren bei der Restrukturierung einer Wirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit: Erstens sollen alle wohlstandsrelevanten Dienstleistungen - wie Ernährung, Wohnen, Mobilität und Information - mit viel geringeren Ressourcenaufwendungen verfügbar gemacht werden. Zweitens soll kontrolliert ein Übergang von erschöpfbaren zu erneuerbaren Ressourcen stattfinden.

Für den Bereich der Produktion bedeutet dies den Übergang zu hocheffizienten und damit emissionsarmen Technologien. Für die Produkte bedeutet dies ein Design in Richtung verlängerter Nutzbarkeit und Wiederverwertbarkeit bei gleichzeitiger Minimierung des Rohstoffverbrauchs. Bei allen Produktions- und Konsumaktivitäten ist zu prüfen, ob sie wirklich wohlstandsrelevant sind. Diese Restrukturierungsvorgänge sind voll kompatibel mit den Zielsetzungen einer aktiven Klimapolitik.

Vorbereitung auf die Folgen einer Klimaänderung

Die Erkenntnis einer in Gang gesetzten Klimaänderung erfordert eine verbesserte Abschätzung der Folgen auf die verschiedenen Lebens- und Wirtschaftsformen in Österreich, von der Land- und Forstwirtschaft über das Arbeits- und Freizeitverhalten bis zur Gesundheit. Aufgrund der hohen internationalen Verflechtung dürften für Österreich vor allem die Sekundäreffekte von Klimaschäden in den vom Klimawandel besonders geschädigten Regionen wichtig sein. Österreich wird sich beispielsweise auseinanderzusetzen haben mit den Phänomenen einer globalen Verknappung von Nahrungsmitteln und mit einem zunehmenden Migrationsdruck.

Ökonomische Instrumente

Konsequenterweise sind die Instrumente der Wirtschaftspolitik stärker mit dem Ziel einer nachhaltigen Entwicklung kompatibel zu machen. Vorrangig gilt das für das Steuersystem, dessen Bemessungsgrundlage derzeit zu mehr als zwei Drittel auf dem Einkommen basiert. Eine schrittweise Entlastung der Besteuerung der Einkommen zu Lasten des Verbrauchs von Ressourcen würde die notwendigen Preissignale für die Verhaltens- und Technologieänderungen im Produktions- und Konsumbereich liefern.

Bei allen wirtschaftlichen Aktivitäten sollen grundsätzlich die vollen Kosten dem Verursacher sichtbar gemacht werden. Für den Bereich des Verkehrs würde dies beispielsweise durch ein umfassendes Road Pricing System erreicht werden.

Alle diese Änderungen bei den ökonomischen Instrumenten sollen langfristig angekündigt und soweit wie möglich international abgestimmt werden. Aufgrund der guten Ausgangsposition für eine nachhaltige Wirtschaftsstruktur könnte Österreich jedoch in vielen Bereichen eine internationale Führungsrolle übernehmen und damit Innovationsgewinne realisieren.

Innovationspotentiale für die Technologie- und Energiepolitik

Das Bekenntnis zu einem Wirtschaftsstil der Nachhaltigkeit öffnet besondere Innovationspotentiale für die Technologie- und Energiepolitik. Grundsätzlich wird eine hohe Priorität für Aktivitäten bei Forschung und Entwicklung für ressourcenschonende Technologien empfohlen.

Eine solche Schwerpunktsetzung der Technologiepolitik sollte die Konkurrenzfähigkeit der österreichischen Wirtschaft im internationalen Innovationswettbewerb stärken.

Energiedienstleistungen mit hocheffizienten Technologien

Für die Energiepolitik bedeutet dies vor allem die Orientierung an Energiedienstleistungen, die mit hocheffizienten Transformationstechnologien und vermehrtem Einsatz von erneuerbaren Energieträgern bereitzustellen sind. Als Schlüsselbereiche für die Reduktion der Treibhausgasemissionen gelten dabei Technologieentscheidungen bei der Raumwärme, beim Verkehr, bei den Wärme-Kraft-Technologien und bei der Nutzung von erneuerbarer Energie.

Raumwärme

Höchste Priorität verdienen Maßnahmen zur Verbesserung der thermischen Qualität von bestehenden und neu zu bauenden Gebäuden. Damit werden nicht nur Kosteneinsparungen bei der Wohnungsnutzung und beachtliche Reduzierungen von Treibhausgasemissionen erreicht sondern auch notwendige Umstrukturierungen in der Bauwirtschaft in Gang gesetzt.

Verkehr

Mit einem breiten Maßnahmenbündel, das von der Reduktion von redundanten Verkehrsbewegungen bis zu einer umfassenden Integration aller Verkehrsträger reicht, können beträchtliche Einsparungen bei den klimarelevanten Emissionen in diesem Sektor erreicht werden. Eine Restrukturierung des derzeitigen Verkehrssektors zugunsten eines umfassenden Mobilitätssystems wird von einer Neukonzeption der Raumordnung bis zur Integration der neuen Kommunikationstechnologien reichen, um den wohlstandsrelevanten Mobilitätsbedarf mit adäquaten Transportmitteln zu erfüllen.

Kaskadische Energienutzung

Jeder Primärenergieträger soll soweit wie möglich in seinem Arbeits- und Wärmepotential genützt werden. Das bedeutet eine hohe Priorität für Wärme-Kraft-Technologien bei allen thermischen Prozessen.

Zu verstärken sind deshalb die Initiativen für die industrielle Wärme-Kraft-Kopplung und die Einführung dieser Technologien im Bereich der Raumwärme. Institutionelle Barrieren, die eine Verbreitung dieser Technologien behindern, sind beispielsweise durch Einspeiserechte und Raumordnungskonzepte zu beseitigen.

Erneuerbare Energieträger

Mit bereits einem Fünftel Primärenergie aus erneuerbaren Ressourcen besitzt Österreich eine besonders gute Voraussetzung, den Übergang zu einem Energiesystem auf der Basis erneuerbarer Energie einzuleiten. Technologieschwerpunkte für einen nachhaltigen Energiesektor könnten nicht nur zur Erreichung der angestrebten Emissionsziele beitragen sondern auch neue internationale Märkte öffnen.

Ein erstes Schwerpunktprogramm wird für die aktiven Solartechnologien empfohlen. Es soll sich der technisch fortgeschrittenen Nutzung des reichlichen Biomassepotentials widmen, wie der Vergasung von Biomasse, der Nutzung von Biogas und der Entwicklung von biogenen Treibstoffen und Treibstoffzusätzen. Es soll aber auch die weltweite Spitzenposition Österreichs bei den thermischen Solaranlagen ausweiten auf die Bereiche Photovoltaik, Windkraft und Umgebungswärme. Schließlich wären die längerfristigen Optionen für ein Energiesystem mit solarem Wasserstoff zu evaluieren.

Ein zweiter Schwerpunkt sollte den passiven Solartechnologien gewidmet werden. Von Innovationen in der Solararchitektur bis zur transparenten Wärmedämmung zeichnet sich ein vielversprechender Bereich von Technologien und Produkten ab, in dem Österreich ausgezeichnete Chancen für Innovationen besitzt.

Institutionelle Reformen

Nicht immer werden die bestehenden institutionellen Rahmenbedingungen - von den derzeitigen Unternehmensstrukturen in der Energiewirtschaft bis zu den aktuellen Marktinteressen im Verkehrssystem - in der Lage sein, den gewünschten Strukturwandel zu vollziehen.

Eine zielbewußte Technologiepolitik, die sich an den Strukturen einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung orientiert, kristallisiert sich deshalb als neue Aufgabe für die Politik heraus.

Eine solche Politik müßte ermutigen zu Reformschritten bei allen Institutionen, die im Bereich Forschung und Entwicklung tätig sind, von den Universitäten bis zu den Forschungsabteilungen der Unternehmungen. Eine solche Politik sollte sich aber auch nicht scheuen, die neuen Aufgabenstellungen für die traditionellen Unternehmungen der Energiewirtschaft zu formulieren und durch kostenwahre Preise Anreize zum marktkonformen Übergang in die neuen Wirtschaftsstrukturen zu setzen.

Das würde beispielsweise bedeuten, daß die bestehenden Initiativen zur kostengerechten Einspeisung von Elektrizität aus erneuerebarer Energie ausgeweitet werden.

Kollision oder Kurskorrektur?

Der Tatbestand eines durch menschliches Handeln ausgelösten Klimawandels generiert eine in der Geschichte der Menschen noch nie registrierte Entscheidungssituation. Erstmals realisiert eine Generation, daß ihr Lebensstil negative Folgewirkungen für hunderte von nachfolgenden Generationen haben kann. Sowohl die individuellen als auch die gesellschaftlichen Entscheidungsmechanismen müssen sich erst auf diese neue Entscheidungssituation einstellen.

Der Zweite IPCC-Bericht liefert Anregungen, wie dieses Entscheidungsproblem konstruktiv bewältigt werden kann.

Unbestritten sollen als erste Option jene Aktivitäten gesetzt werden, von denen im Sinne von No-Regrets-Optionen sowohl die gegenwärtige Generation profitiert als auch für künftige Generationen ein Beitrag zur Risikoreduktion geleistet wird.

Um den IPCC Aussagen gerecht zu werden wäre als zweite Option einfach der normale Investitionszyklus bewußter für die empfohlenen technischen Innovationen zu nützen, ohne vorzeitig den vorhandenen Kapitalstock bei langlebigen Konsumgütern, Maschinen und Gebäuden abzuschreiben.

Eine weitere Verzögerung bei der Kurskorrektur könnte aber die dritte Option notwendig machen, um noch eine schwere Kollision zu vermeiden: Unter massiven Wohlstandseinbußen müßte dann schon die Generation unserer Enkel versuchen, die Schäden eines akut gewordenen Klimawandels zu bewältigen.

Quelle: 20/02/01 Österreichischer Klimabeirat

http://www.accc.gv.at/wpapers/ipcc.htm

 

Seitenanfang