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Pressearchiv 1998 Liberalisierung des Strommarktes

 


Wegezoll für Stromstraßen

Der Energiemarkt ist liberalisiert - theoretisch. Praktisch versperren hohe Netzgebühren den Wettbewerb für Öko-Strom

Wo man sein Brot, seine Klamotten oder sein Fahrrad kauft, kann man sich aussuchen. Und wen man nicht mag, bei dem kauft man nicht. Das funktioniert seit Ende April dieses Jahres auch auf dem Strommarkt - theoretisch.

Durch eine Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes wurde das über 60 Jahre alte Monopol der Stromkonzerne aufgehoben. "Jeder könnte nun seinen ganz persönlichen Atomausstieg praktizieren", erläutert Greenpeace-Experte Sven Teske. Doch die Transportwege vom Erzeuger zum Verbraucher - das Stromnetz - besitzen nach wie vor die in der "Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke" (VDEW) organisierten Konzerne. Wie sie die "Maut" für die Benutzung berechnen werden, haben sie im Mai mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) in der sogenannten "freiwilligen Verbändevereinbarung" untereinander abgestimmt - und dabei den Endpreis von Öko-Strom "gezielt verteuert", kritisiert Greenpeace. Während die Durchleitung von Atom- oder Kohlestrom nur rund sechs Pfennig pro Kilowattstunde koste, würden für sauberen Strom zwölf bis 16 Pfennig verlangt.

"Dahinter steht aber ganz sicher kein böser Wille", beteuert Patricia Nicolai, Sprecherin der VDEW. Grund sei zum Beispiel, daß Öko-Strom witterungsbedingt nur unregelmäßig eingespeist werde, der Verbraucher aber eine "gesicherte Leistung" verlange - die Reserve müßten die Konzerne stellen. Wer ein ökologisches Produkt wolle, solle halt mehr zahlen - so sei das bei Lebensmitteln schließlich auch.

Ein anderer Grund für den höheren Wegezoll für Öko-Strom liege darin, "daß wir die Entfernung berechnen müssen", so Mario Spitzmüller, Sprecher der Hamburgischen Electricitätswerke (HEW) - je weiter der Weg vom Haus zum Windrad, desto teurer. "Physikalisch vollkommener Schwachsinn", kritisiert Teske, "es wird ja nicht wirklich derselbe Strom vom Erzeuger zum Verbraucher transportiert." Das Netz funktioniere vielmehr wie ein See, wo man an einer Stelle Wasser zukippt und an einer anderen abschöpft. Technisch erzeuge Öko-Strom bei der Durchleitung keine höheren Kosten, so der Diplom-Ingenieur: "Die Konzerne versuchen lediglich, den Wettbewerb hinauszuzögern."

Derzeit stammen rund fünf Prozent des bundesdeutschen Stroms aus erneuerbaren Energien, zwei Drittel aus fossilen Brennstoffen und ein Drittel aus Atomkraftwerken. Im Rahmen der Greenpeace-"Aktion Stromwechsel" haben rund 45.000 BundesbürgerInnen erklärt, zu einem sauberen Stromerzeuger wechseln zu wollen. Die Umweltorganisation fordert, den Netzzugang für alle staatlich zu regeln und präsentierte am Dienstag dieser Woche Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (SPD) in Köln 26.000 entsprechende Apelle von VerbraucherInnen. In Ländern wie England, Niederlande, USA oder Skandinavien, wo die Gebühren gesetzlich geregelt sind, sei die Durchleitung von Öko-Strom fast immer erheblich billiger, betont Teske.

Wie das möglich ist, konnten oder wollten HEW und VDEW auf Nachfrage nicht erklären.


Quelle: TAZ 27.11.1998

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Nur über meine Leitung

Das Kartell der Netzbesitzer untergräbt die Öffnung des Strommarktes: Mit absurden Leitungsgebühren blockieren sie ihre umweltfreundliche Konkurrenz

Freiburg (taz) - Es hätte alles so einfach sein können, doch die Kohl-Regierung wollte es nicht: Bei der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes, mit der Bonn auf die EU-weite Öffnung der Energiemärkte umsetzte, blieben wesentliche Punkte ungeklärt. Jetzt zeigen sich die - gewollten - Konsequenzen. Weil die Durchleitung von Strom im Netz der Monopolisten nicht geregelt ist, können diese agieren, wie es ihnen beliebt. Von wegen freier Markt.

Bislang hatten die Energiekonzerne Gebietsmonopole. In jeder Region durfte nur einer seinen Strom verkaufen, entsprechend gibt es jeweils nur ein Stromnetz. Nun darf zwar jeder seinen Strom kaufen, wo er will, der muß aber immer durchs Netz des Ex-Monopolisten kommen. Wie die Telekom beim Telefonieren versuchen auch die Stromversorger diesen Vorteil zu nutzen, um sich lästige Konkurrenz vom Leibe zu halten.

Inzwischen haben in allen Teilen der Republik Firmen und Privatleute Anträge auf Stromdurchleitung gestellt. Stets blockieren die Versorger dieses Ansinnen mit überhöhten Tarifen. Weil es - anders als beim Telefonmarkt - keine Regulierungsbehörde gibt, können sie ihre Marktmacht ausspielen.

Prominenteste Antragstellerin ist Michaele Hustedt, energiepolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion. Sie will ihre Wohnung in Bonn nicht mehr von den Stadtwerken versorgen lassen, sondern von einem Windpark in der Eifel. Bei einem Strompreis von 18 Pfennig je Kilowattstunde zuzüglich zwei Pfennig für den Stromhändler und vier Pfennig für den Netzbetreiber (also die Stadtwerke Bonn), könnte Hustedt den Ökostrom zum gleichen Preis beziehen wie bisher den Mixstrom von den Stadtwerken. Diese Kalkulation beruht auf Durchleitungsgebühren, wie sie in Schweden oder Dänemark üblich sind. Doch die Stadtwerke verlangen 18 Pfennig je Kilowattstunde allein für die Durchleitung.

Die Energieversorgung Weser Ems in Oldenburg hat laut Greenpeace für die Durchleitung von Überschußstrom eines Blockheizkraftwerkes über eine Distanz von nur drei Kilometern eine Gebühr von 19,5 Pfennig je Kilowattstunde verhängt. Andere Stromversorger, wie auch die Konzerne RWE, Viag und Veba, agieren hinhaltend, haben noch nicht einmal Tarife genannt. Nur 3 der 700 Netzbetreiber haben bislang Gebühren vorgelegt, klagt Greenpeace in seiner Bilanz nach einem halben Jahr Liberaliserung, Anträge blieben monatelang unbeantwortet. Der Umweltverband zieht eine "vernichtende Bilanz": Die Energiewirtschaft habe sich "vom Monopol zum Kartell" entwickelt. Zwar haben SPD und Grüne vereinbart, die fehlende Netzzugangsverordnung nachzureichen. Doch das kann dauern.

Solange bleibt nicht nur der Markt auf der Strecke, auch die Erneuerbaren Energien werden ausgebremst. Zwar gibt es einige Stromversorger, die ihren Kunden Strom aus umweltfreundlichen Energien anbieten. Weil aber die Monopolisten diesen nicht zu vernünftigen Tarifen in ihre Netze lassen, müssen sich die Öko-Strom- Anbieter mit Tricks behelfen. Die "Stromrebellen" in Schönau zum Beispiel, die bundesweit Öko- Strom vermarkten (Projekttitel: "Watt-Ihr-Volt"), erheben einen Aufschlag von acht Pfennig je Kilowattstunde von ihren Kunden. Mit dem Geld werden in Schönau umweltfreundliche Anlagen errichtet. Den Strom für seinen Haushalt bezieht der Kunde aber nach wie vor von seinem alten Energieversorger.

Ähnlich müssen auch andere vorgehen. Wer bei der Düsseldorfer Naturstrom AG Strom bestellt, bekommt ihn trotzdem weiterhin von seinem bisherigen Versorger. Der schickt lediglich die Rechnung an die Naturstrom AG, die sie bezahlt, und mit Öko-Aufschlag dem Stromkunden weiterreicht. Die Mehreinnahmen investiert das Unternehmen in die Öko-Strom-Erzeugung. Und die NaturEnergie AG vom Hochrhein als weiterer Anbieter hat auch nur die bisherigen Versorger mit dem Inkasso eines Öko-Aufschlages beauftragt. Sie leiten das Geld an die NaturEnergie weiter, die es in den Bau von Solarkraftwerken investiert.

Auf diese Weise hat zwar jeder die Möglichkeit, die regenerativen Energien nach Belieben zu unterstützen. Doch vielen Kunden reicht das nicht. Ihnen geht es darum, tatsächlich den Strom von einer Öko-Firma zu erhalten, um die Geschäftsbeziehungen zum bisherigen Stromversorger beenden zu können. Dies entspricht auch dem Gedanken des freien Strommarktes. Das kann bislang kein Unternehmen bieten.

35.000 Stromkunden haben Greenpeace bereits eine Absichtserklärung zukommen lassen, daß sie ihren Stromversorger schnellstmöglich wechseln und sauberen Strom beziehen wollen. Doch sie müssen noch auf den Gesetzgeber warten. Durch die derzeitige Rechtsunsicherheit werden, so Greenpeace, alle diese Kunden bislang "am persönlichen Atomausstieg gehindert".

Quelle: TAZ 27.11.1998

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Stromrebellen müssen Atomstrom kaufen

Elektrizitätswerke Schönau wollen keinen Atomstrom mehr vertreiben, doch Netzbetreiber weigert sich, Ökostrom durchzuleite

Freiburg (taz) - Selbst Energieversorger leiden unter dem Widerstand der Netzbesitzer. Die "Stromrebellen" im Schwarzwalddorf Schönau scheiterten bislang mit ihrem Ansinnen, nur noch atomkraftfreien Strom zu vertreiben, am Widerstand der Kraftübertragungswerke Rheinfelden (KWR). Bereits zum 30. September hatten die Elektrizitätswerke Schönau (EWS), die rund 2.500 Einwohner mit Strom beliefern, den Versorgungsvertrag mit den KWR gekündigt, um künftig Strom von der Hamburger VASA Energy zu beziehen und weiterzuverkaufen. Doch die KWR weigern sich beharrlich, den Strom nach Schönau durchzuleiten. Die VASA Energy ging 1997 aus der Hamburger Kommunalfinanz hervor und ist heute zu 75 Prozent im Besitz des größten skandinavischen Stromversorgers Vattenfall.

"Wir werden rechtswidrig behindert", klagt Marcus Mattis, Geschäftsführer der VASA Energy. Denn nach dem neuen Energiewirtschaftsgesetz können sich die Schönauer eigentlich aussuchen, wo sie ihren Strom beziehen möchten. Und weil die VASA Energy schon heute einen atomstromfreien Energiemix aus Dänemark liefert, würden die Schönauer gerne wechseln. Der bisherige Lieferant KWR hat aus eigenen Beteiligungen an AKWs auch einen Anteil Atomstrom im Netz. Außerdem liefert die VASA Energie ihren Strom auch noch ein Fünftel günstiger als die KWR.

Doch die KWR sind der Ansicht, der Stromlieferungsvertrag mit Schönau laufe noch bis Mitte 2000, obwohl im Vertrag bei Änderung der "allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse" eine eindeutige Kündigungsfrist von einem Monat fixiert ist. So werden EWS und VASA Energy ihre Interessen nun per Gericht einfordern. Schuld an diesem Streit hat letztendlich das neue Energiewirtschaftsgesetz, das von der alten Bundesregierung derart lückenhaft verfaßt wurde, daß es über die Konditionen der Stromdurchleitung keine ausreichende Auskunft gibt. Der Schönauer Vordenker und Kopf der "Stromrebellen", Michael Sladek, will durch eine Klage nun dafür sorgen, daß die Lücken geschlossen werden, die von der CDU/FDP-Regierung hinterlassen wurden: "Wie sind die Nachputzer der Politik."

So klappt trotz offizieller Liberalisierung des Strommarktes die freie Wahl von Ökostrom am ehesten dort, wo der Strom in der Nähe des Verbrauchers produziert wird: In Bleibach im badischen Landkreis Emmendingen wird die bundesweit erste Produktionsanlage für Schwermaschinen entstehen, die komplett mit Erneuerbaren Energien versorgt wird. Das Schwarzwälder Unternehmen Wasserkraft Volk AG will am Ufer der Elz ein Wasserkraftwerk bauen, das den Strom produzieren wird, mit dem wiederum Wasserturbinen gefertigt werden sollen. 1,5 Millionen Kilowattstunden Strom wird das Unternehmen jährlich erzeugen. "Das Konzept entspricht unserer Vorstellung von glaubwürdigem Management", sagt Firmenchef Manfred Volk, der einst gegen das AKW Wyhl kämpfte.

Quelle: TAZ 27.11.1998

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Kraftwerke für 1,4 Milliarden DM

Standorte auf vier Kontinenten — Erstmals als Privatprojekt in den Vereinigten Emiraten

ERLANGEN. Der Siemens-Bereich Energieerzeugung (KWU) hat Aufträge für sechs Kraftwerke erhalten. Der Gesamtwert beträgt knapp 1,4 Milliarden DM. In den USA, wo die Nachfrage nach Jahren der Flaute deutlich zunimmt, errichtete Siemens ein Gasturbinenkraftwerk und ein Gas- und Dampfturbinen-(GUD-)Kraftwerk mit insgesamt vier Gasturbinen. Ein GUD-Kraftwerk mit drei Gasturbinen und angeschlossener Meerwasserentsalzungsanlage entsteht als erstes privates Kraftwerksprojekt der Region in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Auch in Ungarn, Italien und Indonesien rüstet Siemens Kraftwerke mit Gasturbinen aus.

In den USA gab die Associated Electric Cooperative Inc. (AECI) in Springfield, Montana, ein schlüsselfertig zu errichtendes GUD-Kraftwerk mit 525 Megawatt in Auftrag. Die Anlage mit zwei Gasturbosätzen und einem Dampfturbosatz wird in Oklahoma errichtet und soll im Juli 2000 übergeben werden. Für dieses Projekt erhielt Siemens gleichzeitig einen langfristigen Betriebsführungs- und Wartungsvertrag.

Die Oglethorpe Power Corporation mit Sitz in Atlanta, Georgia, hat für den Standort Monroe County ein gleichfalls schlüsselfertig zu lieferndes Spitzenlastkraftwerk mit einer Leistung von 217 Megawatt bestellt. Oglethorpe ist ein Gemeinschaftsunternehmen von 39 lokalen Stromversorgern. Die aus zwei Gasturbosätzen bestehende Anlage soll bereits im Juni 1999 den Betrieb aufnehmen. Der Auftragswert der beiden US-Projekte summierte sich auf rund 600 Millionen DM.

In den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) errichten Siemens/KWU als Konsortialführer und der koreanische Industriekonzern Hanjung schlüsselfertig ein GUD-Kraftwerk mit Meerwasserentsalzungsanlage. Der Auftragswert für Siemens/KWU als Lieferant der Kraftwerkskomponenten und der kompletten Leittechnik für Kraftwerk und Entsalzungsanlage beträgt rund 550 Millionen DM.

Wasser für die Wüste

Das Kraftwerk Al Taweelah 2 mit drei Gas- und zwei Dampfturbinen wird eine Leistung von 710 Megawatt haben, die Entsalzungsanlage eine Produktionskapazität von 50 Millionen Gallonen (gut 12 Millionen Kubikmeter) entsalztem Wasser pro Tag. Die erste Gasturbine wird im Mai 2000 den kommerziellen Betrieb aufnehmen, die gesamte Anlage im September 2001. Auftraggeber sind das staatliche Energieversorgungsunternehmen der VAE Abu Dhabi Water and Electricity Authority (ADWEA) und die US-amerikanische CMS Energy Corp, ein Privatinvestor im Kraftwerksbereich. Al Taweelah 2 ist das erste private Kraftwerksprojekt der Golfregion.

Der Auftragswert der Projekte in Ungarn, Indien und Indonesien liegt bei rund 210 Millionen DM. Für das 150-Megawatt-Spitzenlastkraftwerk Lörinci in Ungarn bestellte das Energieversorgungsunternehmen Magyar Villamos Müvek (MVM) Rt. eine Gasturbine sowie die zugehörige Leittechnik. Der Beginn des kommerziellen Betriebs ist für Januar 2000 vorgesehen.

Auch nach Indien liefert Siemens eine Gasturbine inklusive Elektro- und Leittechnik für das 430-Megawatt-GUD-Kraftwerk Faridabad südlich von Neu-Delhi. Die Anlage wird mit zwei Gasturbosätzen und einem Dampfturbosatz ausgerüstet. Die zweite Gasturbine sowie die Dampfturbine und die drei Generatoren werden vom indischen Kraftwerkshersteller Bharat Heavy Electricals Ltd. (BHEL) unter Siemens-Linzenz in Hardwar gebaut. Die Übergabe ist für Sommer 1999 vorgesehen. Eigentümer und Betreiber der Anlage ist das indische Stromversorgungsunternehmen National Thermal Power Corporation (NTPC).

Nach Indonesien wird Siemens drei Siemens Westinghouse Gasturbinen für das 305-Megawatt-Kraftwerk North Duri im Norden Sumatras liefern. Auftraggeber ist das indonesische Unternehmen P. T. Mandau Cipta Tenga Nusantara (MCTN), Jakarta, ein Joint Venture aus den US-Firmen Chevron and Texaco und dem indonesischen Unternehmen P. T. Nusagalih Nusantara. Das Kraftwerk soll im vierten Quartal 2000 in Betrieb gehen und neben Strom auch Prozeßdampf für den industriellen Einsatz erzeugen.

Quelle: Fränkischer Tag 25.11.1998

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Flexibler Strommarkt! Energiewende kaputt?

Greenpeace will nicht, daß die Bremer Stadtwerke Strom-Kapazitäten abbauen

Am 18. Dezember berät der Aufsichtsrat der Bremer Stadtwerke über die Schließung von fünf Stromerzeugungs-Werken in Bremen. Falls die Blöcke geschlossen werden, müßte Bremen von der "Preussen Elektra" Energie für Bremen dazu kaufen. Gudrun Bleeker von der Greenpeace-Gruppe Bremen kritisiert die Pläne: So werde die Wende hin zu ökologischer Stromwirtschaft nicht geschafft.

taz: Was ist aus ökologischer Sicht das Problem beim Abschalten von fünf Werken der Stadtwerke?

Gudrun Bleeker von der Greenpeace-Gruppe Bremen: In Zukunft sollen in Bremen 40 Prozent Strom zugekauft werden, bisher waren es 10 Prozent. Das wird überwiegend Atomstrom sein.

Was für Alternativen gäbe es zu der Schließung?

Bleeker: Die Stadtwerke argumentieren rein Betriebswirtschaftlich und nicht ökologisch. Dabei gibt es von uns Berechnungen, die zeigen, daß sich Energieversorgung auf ökologischer Basis durchaus rechnet. Es gibt Ansätze in diese Richtung, auch in Bremen. Es gab zum Beispiel einmal die Idee, am Weser-Wehr Wasserkraft zu gewinnen. Außerhalb von Bremen besitzen die Stadtwerke zudem Windkraftanlagen.

Wie ökologisch arbeiten die fünf abzuschaltenden Werke in Bremen?

Bleeker: "Hastedt 15" ist immerhin ein modernes Kraft-Wärme-gekoppeltes Werk, da wird also nicht nur der Strom, sondern auch die Abwärme genutzt. "Hastedt 14" wird mit Gas betrieben, "Mittelsbühren 1" und "2" werden mit dem Gichtgas aus dem Stahlwerken, eigentlich ein Abfallprodukt, betrieben. Das ist auch eine sinnvolle Sache. "Hafen 5" wird mit Kohle betrieben.

Was für Bemühungen für eine Energiewende gab es in der Vergangenheit in Bremen?

Bleeker: Unter dem Eindruck von Tschernobyl hat der Bremer Energiebeirat von 1986 bis 1989 Szenarien entwickelt, wie Bremen auch ohne Atomstrom seine Energieversorgung organisieren kann. Die Vorschläge aus dem Abschlußbericht sind heute aktueller denn je. Die Stadtwerke sehen sich selbst als ökologischen Energiedienstleister und haben auch durchaus gute Ansätze: das Kundenzentrum in der Sögestraße, Energieeinsparprogramme, Fernwärmeausbau. Dieser Weg muß weiter beschritten werden. Mit der Schließung insbesondere von Hastedt 15 würde die Chancen dafür vertan.

Was passiert, wenn die Blöcke doch stillgelegt werden?

Bleeker: Dann bleiben drei Kraftwerk in Bremen und es wird Strom von außerhalb dazugekauft. Die Stadtwerke selbst haben in einem Arbeitspapier geschrieben, daß es durchaus auch skandinavischer Strom aus Wasserkraft sein könnte, aber im Endeffekt wird es wohl eher Atomstrom werden.

Quelle: TAZ 22.11.1998

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Provokante Hauptversammlung

Greenpeace protestiert vor den RWE-Aktionären gegen überhöhte Tarife bei der Stromdurchleitung. Energiekonzern fordert von der Politik "Friedenspflicht" für Energiekonsensgespräche

Von Klaus-Peter Klingelschmit

Frankfurt (taz) - Die knapp 5.000 Shareholder, die gestern zur Hauptversammlung des Energiekonzerns RWE nach Essen in die Grugahalle strömten, kamen an Greenpeace nicht vorbei. Die Umweltschutzorganisation hatte ihnen eine Windkraft- und eine Solaranlage sowie das Modell eines Blockheizkraftwerkes in den Weg gestellt. Es wurde Flagge gezeigt: "RWE-Strom: Nein, danke!"

Zum Ärger von RWE-Boß Dietmar Kuhnt rief Greenpeace zur "Aktion Stromwechsel" auf, an der sich bereits 40.000 VerbraucherInnen in ganz Deutschland beteiligen. Auch private Stromkunden können nämlich inzwischen ihren Strom von umweltfreundlichen Anbietern beziehen - allerdings durch die bestehenden Netze der großen Energieversorgungskonzerne. Mit mehr als 13 Pfennigen Gebühr pro Kilowattstunde für die Durchleitung blockiert aber gerade RWE den "Stromwechsel". Für den Energieexperten von Greenpeace, Sven Teske, ein "unglaublicher Machtmißbrauch", den die Bundesregierung beenden müsse. RWE sei scheinheilig. Denn in Sachen Telekommunikation habe die nur Verluste erwirtschaftende RWE-Tochter o.tel.o gegen die angeblich überhöhten Gebühren für die Nutzung der bestehenden Telekomnetze die Gerichte angerufen.

Kuhnt ficht das nicht an. Sein Konzern hat im Geschäftsjahr 97/98 einen Gewinn von 1,4 Milliarden Mark gemacht. Die (hohen) Preise für die Durchleitung von Strom konzernfremder Anbieter könnten jetzt auch im Internet oder per E-Mail abgerufen werden. Für das Vorstandsmitglied der RWE Energie AG, Rolf Bierhoff, ein "Zuwachs an Transparenz und Kundennähe". Für Greenpeace und die kritischen Aktionäre "eine weitere Provokation", wie Eduard Bernhard, Vorstandsmitglied beim Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) anmerkte. Und provokant auch die Forderung von Kuhnt an die Adresse der Politik nach einer "Friedenspflicht" für die Dauer von Energiekonsensgesprächen. Die rechtliche Position der AKW- Betreiber dürfe nicht vorab verschlechtert werden. Es dürfe keinen "ausstiegsorientierten Gesetzesvollzug" und auch "keine Politik der Nadelstiche auf Länderebene" geben. Die Atomaufsicht in Hessen hatte am Tag zuvor den Strahlenschutzbeauftragten im AKW Biblis (RWE) abgelöst, weil "erhebliche Bedenken" gegen dessen Zuverlässigkeit bestünden. Ergänzend dazu bot die rot-grüne Landesregierung RWE "Verhandlungen über eine Nachfolgenutzung" von Biblis an - eine "Provokation" für Kuhnt.

Ein Provokateur soll auch der langjährige RWE-Vorstandskollege (Umwelt) von Kuhnt und kommissarische Vorstandsvorsitzende der RWE Energie AG, Werner Hlubek, gewesen sein. Der Mann habe Kritik am Konzept Garzweiler II geübt, hieß es. RWE dementierte. Doch Hlubek scheidet mit sofortiger Wirkung bei RWE Energie aus. Sein Nachfolger saß schon auf der Vorstandsbank: Manfred Remmel, Ex-Topmanager von Mercedes-Benz.

Mehrfachstimmrechte für RWE-Aktien, die von Kommunen in NRW gehalten werden, gibt es nicht mehr. Die neuen Stammaktien gingen im Börsenhandel weg wie warme Semmeln. Das Grundkapital von RWE besteht deshalb heute aus 85,2 Prozent Stammaktien mit einfachem Stimmrecht und 14,8 Prozent Vorzugsaktien ohne Stimmrecht.

Quelle: TAZ 20/11/1998

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Hannover legt Plan für Strombörse vor

HANNOVER (dpa). Die Pläne zur Errichtung der ersten deutschen Strombörse in Hannover kommen offensichtlich zügig voran. Nach Angaben des niedersächsischen Wirtschaftsministeriums soll auf der Grundlage eines jetzt vorgelegten Konzeptes spätestens im Januar kommenden Jahres die Trägergesellschaft der Börse gegründet werden. Der Start des Handels mit Strom und Stromtermingeschäften wird für die erste Hälfte des Jahres 2000 erwartet. Bisher bemühen sich neben Hannover auch noch die Börsen in Frankfurt und Düsseldorf um den Standort der ersten deutschen Strombörse.

Das Konzept, das nun bekannt wurde, skizziert Rahmenbedingungen und Anforderungen an den Aufbau und den Betrieb einer Strombörse. Es sieht vor, daß die Strombörse auch auf andere Energieträger ausgeweitet wird und ¸¸sich in Kürze zur führenden europäischen Energiebörse entwickeln'' kann. Auch die Gaswirtschaft soll von Beginn an der Trägergesellschaft angehören. Träger der Strombörse soll eine Aktiengesellschaft unter Beteiligung wichtiger Unternehmen der Energiewirtschaft, des Energiehandels sowie aus mehreren Branchen wie Chemie, Automobil oder Stahl werden. Zur Startfinanzierung soll diese Strombörse AG 20 Millionen DM bereitstellen.

Quelle: Stuttgarter Zeitung 20.11.1998

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Personalkarussell bei RWE dreht sich weiter

rtr ESSEN. Das Personalkarussell bei der RWE Energie AG dreht sich weiter. Nach dem Ausscheiden von Vorstandschef Roland Farnung wolle auch sein vorübergehender Vertreter Werner Hlubek das Unternehmen verlassen, teilte die Stromtochter des RWE-Konzerns am Mittwoch in Essen mit. Der 59jährige Hlubek wolle im Rahmen seiner privaten Lebensplanung in der zweiten Jahreshälfte 1999 im Einvernehmen ausscheiden. Gleichzeitig dementierte das Unternehmen Pressemeldungen, wonach eine Überführung des Kraftwerkparks in unabhängige Gesellschaften und eine Aufteilung nach Energieträgern geplant sei.

Derartige Modelle seien bei RWE Energie zur Zeit nicht geplant, erklärte Hlubek. Allerdings befürworte er sinnvolle Umstrukturierungen und Rationalisierungen. Er stehe RWE Energie dewegen bis Ende 1999 zur Verfügung, um diesen Strukturwandel zu fördern, erklärte Hlubek.

Das Unternehmen erneuerte sein Bekenntnis zur Braunkohlen- Verstromung. Hlubek nannte Medlungen frei erfunden, zwischen Kraftwerksmanagern der RWE Energie und der Konzernspitze gebe es Differenzen in dieser Frage. Der im Oktober ausgeschiedene Vorstandchef Farnung galt als Gegner eines Ausbaus der Braunkohle-Verstromung und des Tagebau-Projekts Garzweiler II. Zum Nachfolger von Farnung ist mit Wirkung vom 1. Januar 1999 Daimler- Vorstandsmitglied Manfred Remmel berufen worden.

Quelle: HANDELSBLATT, Mittwoch, 18. November 1998

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Konkurrenz in einem Haus ?

Niederaußem/Garzweiler - Professor Werner Hlubek, Vorstandsmitglied bei RWE Energie und Garzweiler-II-Befürworter, verläßt im kommenden Jahr das Unternehmen. Bei vielen Braunkohlenkumpels löste diese Nachricht gestern Unbehagen aus. Einer sprach für viele: "Au, au. Zuerst geht der Matthiesen und jetzt auch noch der Hlubek." Auch der ehemalige SPD-Fraktionsvorsitzende Matthiesen gilt als Anhänger der Braunkohle.

RWE-Sprecher Erik Walner beschwichtigte, die RWE-Position zum Tagebau Garzweiler II werde sich durch Hlubeks Weggang nicht verändern: "Wir stehen ohne Wenn und Aber zu Garzweiler und werden das 20-Milliarden-Programmes verwirklichen."

Das Essener Unternehmen unterstrich, daß es an der Braunkohlenverstromung festhalte und auch in Zukunft alle Anstrengungen unternehmen wolle, um gemeinsam mit der Rheinbraun AG "die Wettbewerbsfähigkeit der Braunkohle zu erhalten".

Das bedeutet weiteren Stellenabbau. Helmut de Jong, Betriebsratsvorsitzender des Tagebaus Garzweiler: "Der Stellenabbau geht sicherlich auch bei RWE weiter, aber sozialverträglich."

Eine Aufspaltung der RWE Energie AG nach Energieträgern lehnt er ab: "Dann würde Kohle gegen Kernenergie und Importsteinkohle ausgespielt - innerhalb des Unternehmens. Veba macht das ja gerade vor."

In der Tat gibt es Überlegungen, daß die Schnittstelle von Rheinbraun und RWE Energie AG optimaler gestaltet werden könnte. Im Gespräch ist die Umstrukturierung von RWE Energie. Einer Handelsgesellschaft, die den Strom verkauft, würden dann die unterschiedlichen Energie¦sparten, also Braunkohle, Kernkraft und andere nachgeordnet. Die Sparten stünden dann im direkten Wettbewerb zueinander. Braunkohlegewinnung und ihre Verstromung könnten dann unter einem Dach betrieben werden.

Hlubeks Rückzug aus dem Vorstand kommentierte de Jong so: "Sicher man macht sich Gedanken, aber beunruhigt sind wir nicht. Wir werden auch unseren Einfluß ausüben, damit die Stelle wieder mit einem Braunköhler besetzt wird." Helmut de Jong hofft auf ein deutliches Signal zugunsten einer Modernisierung des Kraftwerks Frimmersdorf. RWE-Sprecher Walner betonte, es gebe allerdings auch nach der Garzweiler-II-Genehmigung "noch keine Festlegung, welches Kraftwerk als nächstes modernisiert werden soll". Im Gespräch sind die Kraftwerke Weisweiler und Frimmersdorf.

Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 19/11/’98

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Liefervertrag mit Württemberger Lieferanten

Zanders kehrt Belkaw beim Strom den Rücken

wks Bergisch Gladbach. Die Zanders Feinpapiere AG kehrt der Belkaw den Rücken. Die Gohrsmühle hat vom 1. Januar an einen neuen Stromversorger, die Energie-Vertriebsgesellschaft Baden-Württemberg (EnBW).

EnBW wird nicht nur die Gladbacher Zanders-Werke bedienen, sondern auch Reflex in Düren. Vorstandsvorsitzender Paul Herbert in einer Presseinformation: "Um im internationalen Vergleich unsere Wettbewerbsposition zu stärken, müssen wir ständig unsere Kostenstrukturen verbessern. Dazu zählen auch die Stromkosten. Mit unserem neuen Partner werden wir in diesem Bereich die Kosten deutlich reduzieren können."

Nach der Liberalisierung des Strommarktes hat der Feinpapierhersteller im Sommer die Stromversorgung seiner beiden Werke zusammen mit Kanzan Spezialpapiere GmbH in Düren neu ausgeschrieben. Paul Herbert: "Von den eingegangenen Angeboten aus Deutschland und Skandinavien legte die EnBW das beste vor. Mit unserem neuen Partner stärken wir nicht nur unsere Wettbewerbsfähigkeit im Weltmarkt, sondern auch die Standorte - und sichern damit Arbeitsplätze."

Der Lieferungsvertrag wird zunächst für 1999 abgeschlossen. Zanders: "Wir erwarten in diesem Markt auch weiterhin einen enormen Wettbewerbsdruck. Der Wechsel unseres Stromversorgers trägt mit dazu bei, daß wir auch in Zukunft für unsere Kunden, Aktionäre und Lieferanten ein Marktführer bei Feinpapieren bleiben werden", resümiert Paul Herbert.

Quelle: Kölnische Rundschau 17/11/'98

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Vasa sieht Stromfluß behindert

Alternativ-Anbieter droht regionalem Versorger mit Klage

wei HAMBURG/SCHÖNAU. Die Hamburger Firma Vasa Energy wird nach eigenen Angaben von den Kraftübertragungswerken Rheinfelden (KWR) behindert, Wasserkraftstrom aus der Schweiz und Österreich an die Gemeinde Schönau im Schwarzwald zu liefern. Der an den regionalen Energieversorger gestellte Durchleitungsantrag ist laut Vasa-Geschäftsführer Marcus Mattis nicht bearbeitet worden.

Die Hanseaten wurden Ende September vom örtlichen Anbieter, den Elektrizitätswerken Schönau (EWS), mit der Stromlieferung beauftragt. Die Schwarzwälder entschieden sich unter anderem deshalb für Vasa, weil das Unternehmen keinen Atomstrom verkauft, berichtet EWS-Sprecherin Ursula Sladek. Zusammen mit den EWS will das Hamburger Energieversorgungsunternehmen, an dem der skandinavische Stromriese Vattenfall zu 75 Prozent beteiligt ist, nun gerichtlich gegen die KWR vorgehen.

EWS und Vasa Energy berufen sich dabei auf die im April in Kraft getretene Energierechtsnovelle. Sie erlaubt Kunden die freie Wahl zwischen unterschiedlichen Lieferanten. Unter anderem verlangt das neue Recht, daß die Eigentümer von Übertragungsnetzen ihre Leitungen fremden Anbietern öffnen. "Die etablierten Energieversorger haben aber in der Praxis noch die Möglichkeit, die Durchleitung zu blockieren. Hier muß der Gesetzgeber handeln", sagt Sladek von den EWS (siehe Meldung unten links auf dieser Seite).

Die von den Schönauern zum 30. September ausgesprochene Kündigung des Liefervertrages erkennen die Rheinfelder nicht an. "Wir haben einen gültigen Vertrag bis zum 30. Juni 2000", erklärt Sprecher Thomas Zwigart. Die 2500 Einwohner zählende Gemeinde Schönau gehört zu einem rund 1000 Quadratkilometer großen Gebiet in Südbaden, wo etwa 100 000 Haushalte Energie von der KWR beziehen.

Ihren Widerstand begründen die Rheinfelder mit einer Schutzklausel im deutschen Gesetz, die unter bestimmten Umständen eine ungleiche Behandlung in Staaten mit einer unterschiedlichen Marktöffnung verhindern soll. "Die Lieferländer Österreich und Schweiz schotten ihren Markt ab", sagt Zwigart. Die KWR sind an einem Kernkraftwerk im schweizerischen Leibstadt zu fünf Prozent beteiligt und haben zu 37 Prozent Atomstrom im Angebot.

Quelle: Frankfurter Rundschau 12.11.1998

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Preussag legt Rahmenbetriebsplan vor

Absenkungen bis 3,5 Meter möglich

-pd- Ibbenbüren. Die Preussag Anthrazit GmbH legt in dieser Woche den Rahmenbetriebsplan für den Abbau von Steinkohle auf dem Anthrazitbergwerk Ibbenbüren im Zeitraum 2001 bis 2015 vor. "Dieser Rahmenbetriebsplan bildet die rechtliche Grundlage für die Zukunftsperspektive unseres Bergwerks, nämlich die kostengünstige und leistungsstarke Gewinnung von weiteren 25 Millionen Tonnen Kohle im Ostfeld", erläutert Bergwerksdirektor Laszlo-Zoltan Szigeti. Der zur Zeit gültige Rahmenbetriebsplan, der im Jahre 1980 genehmigt wurde, endet im Jahre 2000, teilt das Unternehmen mit.

1990 wurde durch die Umsetzung einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft die Umweltverträglichkeitsprüfung für bestimmte bergbauliche Vorhaben in das deutsche Bergrecht aufgenommen. "Am Ende des Jahres 2015 wird durch den geplanten Abbau der Anthrazitkohle ab dem Jahr 2001 an der Tagesoberfläche über dem Bergwerk Ostfeld eine Senkungsmulde mit einer maximalen Absenkung von 3,5 Metern auftreten", so Markscheider Peter Goerke-Mallet. Durch die Ausformung der Oberfläche des Schafberges werde diese Senkungsmulde kaum wahrnehmbar sein, so die Preussag.

Die zum Bundesberggesetz gehörenden umweltrelevanten Vorschriften schreiben für den untertägigen Abbau von Steinkohlen ab einer Maximalsenkung von drei Meter eine Umweltverträglichkeitsprüfung, abgekürzt UVP, vor. "Im Rahmen der UVP haben wir durch mehrere Gutachter in den vergangenen 18 Monaten einen 31 Quadratkilometer großen Bereich über dem Ostfeld auf dem Schafberg zwischen Ibbenbüren, Mettingen und Westerkappeln untersuchen lassen", so der Markscheider. Zunächst wurde die heutige Situation der Gewässer, der Tier- und Pflanzenwelt, des Bodens, der Luft, des Klimas, der Menschen, der Landschaft und der Kultur- und Sachgüter aufgenommen. Anschließend mußte die besondere Empfindlichkeit dieser sogenannten Schutzgüter festgelegt und vor dem Hintergrund der zu erwartenden bergbaulichen Einwirkungen beurteilt werden (wir berichteten).

Die besondere Lage des Bergwerks Ibbenbüren auf dem Schafberg und das Fehlen eines flächendeckenden Grundwasserleiters sind ausgesprochen günstige Umweltfaktoren für den Bergbau, so die Preussag. In enger Zusammenarbeit mit Vertretern der Stadt Ibbenbüren, der Gemeinden Mettingen und Westerkappeln, des Kreises Steinfurt, der Landwirtschaft, weiterer Behörden und der ANTL wurden die Umweltauswirkungen des Bergwerks Ibbenbüren detailliert untersucht. Der kürzlich fertiggestellte Rahmenbetriebsplan mit Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) kommt zu dem Ergebnis, daß der Abbau von Anthrazitkohle unter dem Schafberg die Umwelt nicht wesentlich und nur örtlich beeinflußt, schreibt die Preussag. Die Träger öffentlicher Belange werden nach der Auswertung der UVS ihre Stellungnahme zu den Untersuchungen abgeben.

Auch die Öffentlichkeit wird im Rahmen der vierwöchigen Auslegung des Plans am Verfahren beteiligt. Die Genehmigungsbehörde, das Landesoberbergamt in Dortmund, wird die Termine bekanntgeben. Die Planunterlagen können in den Rathäusern in Ibbenbüren, Mettingen und Westerkappeln eingesehen werden. Wichtig ist dem Markscheider noch folgende Feststellung: "Die Bearbeitung und die Regulierung der Bergschäden ist rechtlich völlig unabhängig vom Rahmenbetriebsplan zu sehen. Die Ansprüche der Haus- und Grundeigentümer bestehen im gewohnten Umfang fort."

Quelle: Ibbenbürener Volkszeitung 11.11.1998

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Preussag legt Rahmenplan für den Kohle-Abbau bis 2015 vor

Ibbenbüren: Umweltverträglichkeitsuntersuchung schon fertiggestellt

Ibbenbüren - Die Preussag Anthrazit GmbH legt in dieser Woche den Rahmenbetriebsplan für den Abbau von Steinkohle auf dem Anthrazitbergwerk Ibbenbüren im Zeitraum 2001 bis 2015 vor. »Dieser Rahmenbetriebsplan bildet die rechtliche Grundlage für die Zukunftsperspektive unseres Bergwerks, nämlich die kostengünstige und leistungsstarke Gewinnung von weiteren 25 Millionen Tonnen Kohle im Ostfeld«, erläutert Bergwerksdirektor Laszlo-Zoltan Szigeti. Der zur Zeit gültige Rahmenbetriebsplan endet im Jahre 2000.

»Am Ende des Jahres 2015 wird durch den geplanten Abbau der Anthrazitkohle ab dem Jahr 2001 an der Tagesoberfläche über dem Bergwerk Ostfeld eine Senkungsmulde mit einer maximalen Absenkung von 3,5 m auftreten«, so Markscheider Peter Goerke-Mallet, der für die Vermessung unter Tage zuständig ist. Da diese Mulde mit 3,5 Metern mehr als drei Meter tief sei, habe eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgenommen werden müssen, man habe einen 31 Quadratkilometer großen Bereich über dem Ostfeld untersucht. Zunächst sei die heutige Situation der Gewässer, der Tier- und Pflanzenwelt, des Bodens, der Luft, des Klimas, der Menschen, der Landschaft und der Kultur- und Sachgüter aufgenommen worden. Anschließend sei die besondere Empfindlichkeit dieser sogenannten Schutzgüter festgelegt und vor dem Hintergrund der zu erwartenden bergbaulichen Einwirkungen beurteilt worden.

Die besondere Lage des Bergwerks Ibbenbüren auf dem Schafberg und das Fehlen eines flächendeckenden Grundwasserleiters seien ausgesprochen günstige Umweltfaktoren für den Bergbau, heißt es in einem Preussag-Bericht.

Der kürzlich fertiggestellte Rahmenbetriebsplan mit Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) kommt nun zu dem Ergebnis, daß der Abbau von Anthrazitkohle unter dem Schafberg die Umwelt nicht wesentlich und nur örtlich beeinflußt.

Allerdings - bevor der Rahmenplan in Kraft treten kann, müssen die sogenannten Träger öffentlicher Belange ihre Stellungnahme zu den Untersuchungen abgeben. Auch die Öffentlichkeit wird im Rahmen der vierwöchigen Auslegung des Plans am Verfahren beteiligt. Die Planunterlagen können dann in den Rathäusern in Ibbenbüren, Mettingen und Westerkappeln eingesehen werden. Wichtig ist dem Markscheider noch folgende Feststellung: »Die Bearbeitung und die Regulierung der Bergschäden ist rechtlich völlig unabhängig vom Rahmenbetriebsplan zu sehen. Die Ansprüche der Haus- und Grundseigentümer bestehen im gewohnten Umfang fort.«

Quelle: Westfälische Nachrichten 11.11.1998

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Bewag bevorzugt billigen Dreckstrom

Energieversorger verringert die Turbinen im Kraftwerk Charlottenburg und kauft Braunkohleenergie. Weitere Kraftwerke werden überprüft

Was Energieexperten seit längerem befürchtet haben, ist eingetreten: Die Bewag reduziert den in Berlin erzeugten, "sauberen" Strom und kauft statt dessen wesentlich billigeren, aber "dreckigen" Strom von außen ein. Gleichzeitig schafft sie damit Arbeitsplätze ab. Dieser Fall tritt als erstes beim Kraftwerk Charlottenburg ein. Alle weiteren zwölf Kraftwerke sollen ebenfalls auf ihre Wirtschaftlichkeit überprüft werden, sagte Bewag-Sprecher Uwe Lemm auf Anfrage. Damit könnte sich die begonnene Entwicklung fortsetzen.

Wie gestern bekannt wurde, will die Bewag bis zum Jahr 2001 für 100 Millionen Mark das Kraftwerk Charlottenburg umrüsten. Bislang erzeugen dort drei Steinkohle- und drei Gasturbinen Strom und Wärme. Nach der Bewag-Planung sollen die Kohleturbinen stillgelegt und zwei Gasturbinen auf Erdgas umgerüstet werden. Weil dann das Kraftwerk weniger Strom erzeugt, muß dieser aus dem europaweiten "Verbundnetz" genommen werden.

Damit wird in Zukunft mehr Strom aus unökologischerer Herstellung, etwa aus Atomkraftwerken oder Anlagen mit Braunkohleturbinen in die Leitungen der Stadt fließen. Der umweltpolitische Sprecher der Bündnisgrünen, Hartwig Berger, befürchtet, daß der Strom aus Kraftwerken in der Lausitz stammt. Die Bewag hat sich vertraglich verpflichtet, Braunkohlestrom von dort zu beziehen. Braunkohle-Verfeuerung setze jedoch 30 Prozent mehr Kohlendioxid frei als Steinkohle, weiß Berger. Da diese Emissionen in die Energiebilanz des Landes Berlin eingerechnet werden müssen, entfernt sich damit das Land noch weiter von seinem Ziel, bis zum Jahr 2010 dem CO2-Ausstoß um 25 Prozent zu verringern. Zudem fehle, kritisierte Hartwig Berger, im Kraftwerk Lausitz die ökologisch sinnvolle Kraft-Wärme-Kopplung, wie sie in Charlottenburg vorhanden ist.

Um die ökologisch sinnvolle Fernwärme-Versorgung nach der Turbinen-Stillegung in Charlottenburg im bisherigen Maß aufrechtzuerhalten, muß die Bewag einen zusätzlichen Heißwasser-Erzeuger installieren. Erweitern lassen sich die Kapazitäten der Fernwärmeversorgung für Wohnungen mit Zentralheizungen nach der Umrüstung aber nicht mehr.

Gerade beim Kraftwerk Charlottenburg macht die Bewag eine völlige Kehrtwende. Noch im März dieses Jahres plante das Energieunternehmen, statt der Gasturbinen die Gas- und Dampfturbinen-Technik (GuD) in dem Gebäude zu installieren. Unter Energieexperten gilt die GuD derzeit als optimale Ausnutzung der Kopplung von Elektrizität und Wärme. Charlottenburg wäre ein ökologisches Vorzeigeobjekt geworden.

Neben der Abkehr vom Öko- Kraftwerk bedeutet die Umrüstung auch einen Verlust von fast 300 Arbeitsplätzen. Von den derzeitig 310 Beschäftigten bleiben nur 60 übrig. Es soll allerdings niemand entlassen werden, versicherte Lemm. Über "natürliche Fluktuation", Versetzungen und Vorruhestand wollten sie die Mitarbeiterzahl abbauen.

Der Bündnisgrüne Berger fordert den Senat auf, diese Pläne zu verhindern. Zu seinem Bedauern hat der Senat nach dem Verkauf der Bewag allerdings kaum noch Möglichkeiten, auf den Energieversorger Einfluß zu nehmen. Berger verwies jedoch auf den Konzessionsvertrag des Landes mit der Bewag. Darin verpflichte sich das Energieunternehmen auf die Grundsätze des Landesenergiespargesetzes - allerdings nur wenn das betriebswirtschaftlich vertretbar sei. Damit könne sich die Bewag immer herausreden, kritisierte Berger.

Quelle: TAZ 11.11.1998

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RWE-Betriebsversammlung

Noch bleibt vieles im Dunkeln

Mitglieder des Vorstands informierten Mitarbeiter in Brauweiler

Pulheim-Brauweiler - "Viele von uns haben Angst." Ein Teilnehmer der Betriebsversammlung der RWE-Hauptschaltleitung Brauweiler sprach gestern morgen das aus, was viele Kollegen dachten. Seitdem der Essener Stromgigant RWE erstmals seine Umstrukturierungs-, sprich: Rationalisierungspläne bekanntgegeben hat, sorgen sich auch die rund 500 Mitarbeiter in Brauweiler um ihre Arbeitsplätze. Zwar gab es in den vergangenen 70 Jahren (seit Gründung) gelegentlich Versetzungen und Veränderungen, die bewegten sich jedoch in einem sehr engen Rahmen. Jetzt stehen 100 bis 200 Arbeitsplätze in den nächsten sieben Jahren zur Disposition. Wie viele es genau sind, steht noch nicht fest. Zunächst müssen noch Prüfungen durchgeführt werden.

Eines steht allerdings schon fest: Der Standort Brauweiler ist nicht gefährdet. Vorstandsmitglied Dr. Rolf Bierhoff gab auf eine entsprechende Anfrage die klare Antwort: "Brauweiler bleibt."

Das war jedoch fast die einzige positive Nachricht, die Bierhoff und sein Mitarbeiterstab aus Essen mitgebracht hatten. Die Notwendigkeit der Umstrukturierung - aus zwölf Regionalversorgungen sollen vier werden - und die damit verbundene Personaleinsparung von 2500 Arbeitsplätzen begründeten die Vertreter der Firmenleitung vor allem mit dem härteren Wettbewerb: "Selbst auf dem nationalen Sektor herrscht ein unwahrscheinlicher Konkurrenzdruck." Allerdings seien auch in der Verwaltung straffere Arbeitsabläufe notwendig: "Es muß ja wohl nicht sein, daß für die Bestellung von einem Paar Gummistiefel sieben Paraffen erforderlich sind."

Eine eher beklemmende Stimmung herrschte im Schützenhaus, als die RWE-Repräsentanten über ihre Pläne informierten. Die Stimmung besserte sich erst, als der neue Betriebsratsvorsitzende Friedhelm Pütz nach einem artigen Lob für den Besuch eine so "hochkarätigen Abordnung aus Essen" deutliche Kritik übte: "Wir sind bereit, Umstrukturierungen mitzutragen, weil wir sichere Arbeitsplätze haben. Aber weshalb sagt man uns per Gutachten, daß wir die in punkto Arbeitsleistung die Schlechtesten sind? Kann man nicht einfach hingehen und sagen: Wir stehen unter erheblichem Kostendruck?" Die Frage, ob das Unternehmen nicht schon vor knapp sieben Jahren bei der Dezentralisierung sich auf den starken Wettbewerb habe einstellen können, wurde nach Meinung vieler Versammlungsteilnehmer unzufriedend beantwortet. Eher sarkastisch klang dann auch die Frage aus der Belegschaft , wie RWE angesichts der Wettbewerbssituation seinen Werbeslogan verwirklichen wolle: "Wir wollen führender Energie-Dienstleister in Europa werden."

RWE-Standorte - Berggeist vor dem Aus

hok Erftkreis - Knapp 3200 Mitarbeiter sind an Standorten im Erftkreis für die RWE Energie AG tätig. Wie viele Arbeitsplätze im Zuge der Neustrukturierung des Energie-Konzerns eingespart werden, soll Ende November feststehen.

Die noch existierende Regionalversorgung Berggeist ist für die Bereiche Brühl, Frechen, Euskirchen, Bad Godesberg und Siegburg zuständig. In Frechen und Brühl arbeiten 700 Beschäftigte. Die RWE-Kunden in diesem Bereich werden künftig von der Vertriebs- und Netzregion III zusammen mit Kunden im Bergischen-, im Siegerland und im Altkreis Bergheim betreut.

Die Regionalversorgung Düren (sie wird demnächst geteilt) ist für den gesamten Altkreis Bergheim zuständig. Eine "Verteilerverwaltung" sitzt in Bergheim, in Bedburg besteht eine "Kleinst-Filiale". Zusammen sind hier 170 Mitarbeiter tätig.

Die Hauptschaltleitung Brauweiler, sie ist direkt dem Konzern in Essen unterstellt, unterhält noch "Filialen" in Kettwig, Essen und Süddeutschland. Die Mitarbeiterzahl in Brauweiler liegt bei knapp 500. Darüber hinaus gibt es zwei Kraftwerke: Niederaußem (Bergheim) gehört mit mehr als 1400 Mitarbeitern zu den größten Kraftwerken im Konzern, im Goldenbergwerk (Hürth) sind 402 Mitarbeiter registriert.

Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 11/11/‘98

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»Kraftwerk-Stillegung längst beschlossene Sache«

Pläne zur regionalen Stromversorgung sollen forciert werden

»Für die bayerische Staatsregierung und das Bayernwerk ist die Stillegung des Aschaffenburger Kohlekraftwerks längst beschlossene Sache.« Belegschaft und Betriebsrat geben sich da keinen Illusionen hin. Auch ÖTV-Geschäftsführer Georg Liebl will beim Treffen am gestrigen Spätnachmittag im DGB-Haus keine falschen Hoffnungen schüren. Doch eines steht für die Gesprächsteilnehmer fest: Die Pläne zur Übernahme der Kraftwerksanlagen durch die Aschaffenburger Stadtwerke oder eine regionale Betreibergesellschaft sollen energisch weiterverfolgt werden.

Daß für den Konzern das Aus für den Aschaffenburger Block besiegelt ist, daran gibt es für den Betriebsratsvorsitzenden Norbert Pfaff keinen Zweifel. Die VIAG-Gruppe, zu der das Bayernwerk gehört und an der der Freistaat mit 25 Prozent beteiligt ist, stoße momentan »alles ab, was nicht mindestens 15 Prozent Gewinn erzielt«. Pfaff nennt ein weiteres Indiz für die Stillegungsabsichten: Schon jetzt versuche das Management, am Betriebsrat vorbei Mitarbeiter zum Wechsel in andere Konzernbereiche zu bewegen.

Zu den guten Nachrichten gehört, daß die Stadtwerke bereits Mitte bis Ende November Ergebnisse eines Prüfauftrags vorlegen wollen. Sein Inhalt: die Chancen einer regionalen Stromversorgung mit Energie aus dem von der Stillegung bedrohten Kessel. Das Bayernwerk habe Gesprächsbereitschaft signalisiert, weiß Georg Liebl.

Manfred Pranghofer, Personalratsvorsitzender der Stadtwerke, sieht die diskutierte Übernahme des Kraftwerks durch den städtischen Betrieb indes mit Skepsis. Er fragt nach Abnahmegarantien und Bestandsschutz und warnt davor, die Stadtwerke könnten auf dem durch die Liberalisierung des Stromgeschäfts entstandenen »wilden Markt« ins Trudeln geraten.

Um ein solches Risiko auf mehrere Schultern zu verteilen, plädiert Willi Heine, Betriebsratsvorsitzendener der Hafenverwaltung Aschaffenburg, für die Gründung einer Betreibergesellschaft. Auf alle Fälle müsse das Kraftwerk am Laufen gehalten werden ­ »sonst bleibt es für immer kalt«. Heine rechnet vor, daß im Hafen 50 Prozent des Umschlags aufs Konto des Bayernwerks geht. Falle diese Hälfte weg, drohe den ungelernten Kräften die Arbeitslosigkeit.

Die SPD-Landtagsabgeordnete Karin Pranghofer, kündigt an, sie werde in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses am kommenden Donnerstag in München neben der Arbeitsplatzfrage besonders die Unternehmensstrategie des Bayernwerks zur Diskussion stellen: Ob es denn sinnvoll sei, kleinere, regionale Kraftwerke stillzulegen und dafür »schmutzigen« Strom aus dem Ausland einzukaufen, aus Kraftwerken in Tschechien beispielsweise die mit deutschen Umweltstandards nicht mithalten.

Von den Plänen der Bayernwerk AG, das Aschaffenburger Kohlekraftwerk nächstes Jahres vom Netz zu nehmen, sind 140 Arbeitsplätze und 50 Lehrstellen betroffen. Das Münchner Unternehmen will den 1994 für 150 Millionen Mark modernisierten Kessel im Stadtteil Leider »in Kaltreserve stellen«. Was vom Konzern als »wettbewerbssteigernde Maßnahme« geführt wird, bedeutet für Betriebsrat und ÖTV nichts anderes als eine endgültige Stillegung.

Quelle: Main-Echo 9.11.1998

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Bewag schaltet drei Kohleöfen ab

Kraftwerk Charlottenburg wird nur noch für Spitzenzeiten gebraucht / Umbau bis 2001

Das Kraftwerk Charlottenburg arbeitet nicht wirtschaftlich. Aber es wird deshalb nicht geschlossen und vom Netz genommen, sondern umgebaut, bestätigte am Montag Uwe Lemm von der Bewag. Abgeschaltet werden lediglich die drei kohlegefeuerten Blöcke. Die Leistung von derzeit 385 Megawatt werde deutlich heruntergefahren, sagte Lemm. Das Kraftwerk Charlottenburg werde ab 2001 nur noch herangezogen, um Bedarfsspitzen abzudecken. Auf dem Standort am Spreebord werden ein Umspannwerk gebaut, zwei Gasturbinen und ein Heißwassererzeuger. Künftig werden hier noch 60 Bewag-Mitarbeiter arbeiten, derzeit sind es noch etwa 310. "Entlassen wird aber niemand", versichert Lemm. Die Überzähligen werden entweder woanders eingesetzt oder über Vorruhestandsregelungen versorgt.

Der Umweltexperte der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Hartwig Berger, befürchtet, daß das Kraftwerk künftig keine Fernwärme mehr liefert. Die Bewag wolle offenbar nur noch Strom billig einkaufen und versuche, die Fernwärme-Produktion, die bei der Energiegewinnung durch Kraft-Wärme-Koppelung abfällt, aufzugeben, sagte er. Wäre das Land noch Mehrheitseigner des Unternehmens, könne man solche Entwicklungen verhindern. Jetzt räche sich die Privatisierung der Bewag.

Für die Befürchtung gebe es keinen Grund, sagte Lemm. Etwa ein Viertel des Berliner Wärmemarktes sei Fernwärme. "Die Bewag wird das Geschäftsfeld nicht aufgeben." Richtig sei allerdings, daß die Bewag derzeit alle Kraftwerke auf ihre Wirtschaftlichkeit überprüft. Es sei nicht auszuschließen, daß der eine oder andere Standort wegen Unwirtschaftlichkeit aufgegeben werden muß. Welche in Frage kommen, stünde noch nicht fest.

Quelle: Berliner Zeitung 10.11.1998

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Mitarbeiter zutiefst beunruhigt

Umstruktuierungspläne werden mit Empörung betrachtet

Erftkreis/Düren - Gut 600 der 800 Beschäftigten der RWE-Regionalversorgung Berggeist in Brühl kamen gestern zur Betriebsversammlung in die Tanzsporthalle an der Bonnstraße. Auf großen Transparenten ließen sie die Vorstandsmitglieder der Essener RWE-Energie AG wissen, daß sie deren Umstruktuierungspläne mit Empörung betrachten.

Seitdem das Unternehmen bekanntgegeben hat, daß aus den zwölf Regionalversorgern im Rheinland vier Einheiten gebildet werden sollen, sind die Beschäftigten "zutiefst beunruhigt". Denn 2500 Arbeitsplätze stehen mit der Neuorganisation auf dem Spiel.

Damit nicht genug: Niemand wisse, so die Betriebsräte, ob er nach der Umstrukturierung noch an seinem alten Arbeitsplatz sitzen werde. RWE habe zwar versichert, die Arbeitsplätze würden "sozialverträglich" abgebaut, sagt der Brühler Betriebsratsvorsitzende Hans Peter Kreutzer.

Offener Brief

Aber das Vesprechen, keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen, wollen die Betriebsräte schriftlich - als Betriebsvereinbarung. Darüber hinaus wollen sie die Zahl der Versetzungen so gering wie möglich halten. Daß aber Mitarbeiter aus Brühl auch anderswo arbeiten müßten, ließe sich nicht verhindern.

In einem offenen Brief an den Vorstand haben die Betriebsräte bereits gefordert, verstärkt virtuelle Arbeitsplätze, also Computer, Bildschirme und neueste Datentechnik einzusetzen. Nur so könnte eine Vielzahl von Versetzungen verhindert werden.

Bei der Regionalverwaltung Düren begann die Betriebsversammlung gegen 14 Uhr. Auch dort verzeichneten die Arbeitnehmervertreter eine hohe Beteiligung. "Die Herren des Vorstands werden uns eine Reihe von Fragen beantworten müssen", gab sich der Dürener RWE-Betriebsratsvorsitzende Wilfried Eickenberg kämpferisch.

"Wir wollen vor allem wissen, wie die Umstrukturierung begründet wird", sagte er. Denn die geplanten Änderungen hätten "horrende Auswirkungen auf den einzelnen". Schließlich soll nach den Plänen aus dem Gebiet zwischen Düren und Siegen eine einzige Organisationseinheit werden.

Zwar sei der Betriebsrat bereits mit dem Vorstand über eine zusätzliche Teilzeitregelung ab 55 Jahren im Gespräch. Eickenberg erinnert aber daran, "daß wir Kinder haben und nur wenige durch die Gnade der frühen Geburt ausscheiden können". Insgesamt sieht Eickenberg die Entwicklung negativ: "Wir können doch nicht einerseits über eine Bündnis für Arbeit reden und dann reihenweise die Arbeitsplätze weghauen."

Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 06/11/’98

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Wirtschaftshilfe verzweifelt gesucht

Seit dem Einstieg des US-Stromriesen Southern Company bei der Bewag hofft man in Berlin auf Hilfe aus Übersee. Impressionen von einer Werbetour der Berliner in Atlanta/Georgia Von Uwe Rada

An der Peachtree Road, einer der zahlreichen Ausfallstraßen nach Suburbia, steht das symbolträchtigste Wahrzeichen von Atlanta. Es ist eine Uhr, auf der in digitalen Ziffern die aktuelle Bevölkerungszahl der Boomtown zu lesen ist. "An manchen Tagen", freut sich Gerd Freund, ein Mitarbeiter des deutschen Generalkonsulats in Atlanta, "kommen hier über 800 neue Bewohner dazu." Die Botschaft der Bevölkerungsuhr ist eindeutig - sie heißt grenzenloses Wachstum. Bis zum Jahr 2010 soll die Bevölkerung von Atlanta von derzeit 3,5 Millionen auf über 7 Millionen anwachsen. "Der Urban Sprawl", scherzt Freund, "wird sich dann wohl bis Savannah erstrecken." Möglich wäre es. Anders als Los Angeles sind dem Wachstum der Metropolitan Area von Atlanta keine geographischen Grenzen gesetzt, außer dem Atlantik. Zwei Jahre nach den Olympischen Spielen setzt die Stadt, deren ehemaliger Bürgermeister William Hartsfield einmal sagte, sie sei "too busy to hate" (zu geschäftig, um zu hassen), den Kurs fort, Kalifornien, Seattle und die Nordostküste als Wachstumsregion Nummer eins der USA zu überholen.

Wachstum ist auch die Philosophie des Stromgiganten Southern Company. 3,7 Millionen Kunden, darunter 80 Prozent der Industrie- und Dienstleistungsbetriebe, versorgen die Southern-Firmen mit Strom, für den liberalisierten US-Strommarkt eine beachtliche Marge. Doch mit dem Südosten der USA will Bill Dahlberg, der Vorstandsvorsitzende von Southern Company, nicht mehr vorliebnehmen. Dahlberg setzt ganz auf internationales Wachstum. Und auf Berlin. Seitdem die Southern-Company-Tochter Southern Energy Ende September 1997 zusammen mit den Bayernwerken und der PreussenElektra für 2,8 Milliarden Mark 75 Prozent der Aktien des Berliner Stromversorgers Bewag gekauft hat, spielt die deutsche Hauptstadt in Atlanta eine Schlüsselrolle. "Wir wollen uns in Berlin dauerhaft engagieren", freut sich Barney Rush, der Vizepräsident von Southern Company, auf den Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Zumindest eines wunderbaren Geschäfts: Wie in Atlanta will Southern auch in Berlin nicht nur Strom verkaufen, sondern sich in der Wirtschaftsförderung engagieren und den Behörden mit "Public-Private- Partnerships" zur Hand gehen. "Schließlich", sagt Tom Allen, Direktor der Wirtschaftsförderung von Southern Company, die allein in den letzten 10 Jahren 150.000 neue Jobs in Atlanta geschaffen hat, "ist Berlin ähnlich wie Atlanta ein Tor zu neuen Märkten, vor allem in Osteuropa."

Außerhalb der deutschen Hauptstadt, hat der Geschäftsführer der Marketing-Gesellschaft "Partner für Berlin", Volker Hassemer, einmal gesagt, würde Berlin einen viel besseren Ruf genießen als in der Stadt selbst. "In Berlin wird vieles zu negativ gesehen", glaubt auch Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD), die anläßlich des ersten Jahrestags der Bewag-Privatisierung den Southern-Bossen einen Antrittsbesuch abgestattet hat. Der Achse zwischen der einstigen Olympiabewerberstadt Berlin und der letzten Olympiastadt Atlanta, seit der Bewag-Privatisierung immer wieder bemüht, scheint eigentlich nur noch eine direkte Flugverbindung zu fehlen. Doch sind die Regionen tatsächlich vergleichbar?

Der Lenox Square ist eine jener neuen "Edge Cities" oder "New Downtowns", die - umgeben von ausgedehnten "Residential Areas" - die Topographie Atlantas mittlerweile mehr bestimmen als die in den achtziger Jahren erneuerte Downtown mit ihrer markanten Skyline. Ein Platz im europäischen Sinne ist der Square freilich nicht, sondern vielmehr Parkplatz für die angrenzende Shopping-Mall, die mit ihren 300 Geschäften mehr als doppelt so groß ist wie die Potsdamer-Platz-Arkaden in Berlin.

Niedrige Löhne und keine Gewerkschaften

Unweit der Shopping-Mall, in Buckhead, hat der Generalkonsul der Bundesrepublik Deutschland, Klaus Zehenter, seinen Wohnsitz. Anders als etwa in Miami, wo der Konsul vor allem mit Touristen zu tun hat, ist Zehenter, der die Bundesrepublik in den Südoststaaten Georgia, Alabama, South und North Carolina vertritt, vor allem für die bundesdeutschen Geschäftsleute zuständig.

Auch Christoph Rücker, ein Anwalt, der für seine internationale Kanzlei derzeit den Standort Atlanta aufbaut, weiß die Dienste und Dinners des Generalkonsuls zu schätzen. Vor allem aber die "hervorragenden Standortfaktoren hier in Georgia". Niedrige Löhne, niedrige Grundstückspreise, keine Gewerkschaften - Rücker weiß gar nicht, womit er anfangen soll. "Und das Wetter natürlich, bis in den November warm und dann nur 2 Monate Winter."

Auch Konsulatsmitarbeiter Gerd Freund ist von Atlanta überzeugt. Voller Stolz zählt er die Reihe der deutschen Firmen auf, die in den vergangenen Jahren ihre Dependancen in Altlanta eröffnet haben, darunter auch das "Headquarter" von Porsche Nordamerika sowie die Elektromechanik- Sparte von Siemens in München.

Nur Hans Estermann, Chef der Berliner Wirtschaftsförderungs GmbH, ist ob dieser Südstaaten- Erfolgsmeldungen nicht ganz wohl. Immerhin ist er, wie auch die Berliner Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing, nach Atlanta gekommen, um für Berlin, das heißt den umgekehrten Weg über den Atlantik, zu werben. Estermann weiß, daß er in Sachen Berlin noch jede Menge Überzeugungsarbeit leisten muß, um die Standortfaktoren aus Georgia wettzumachen. Und tatsächlich scheint sich beim Abendessen in der Residenz des Generalkonsuls die Geduld Estermanns auszuzahlen. "Wenn ich heute noch einmal jung wäre", sinniert Atlanta-Anwalt Rücker zu vorgerückter Stunde, "dann würde ich nach Berlin gehen. Das ist zur Zeit die spannendste Stadt in Europa."

Einen Tag später hat der Wirtschaftsförderer Estermann noch mehr Grund, sich zu freuen. Nicht nur, weil Jason Harlan, Leiter der Berlin-Repräsentanz von Southern Energy, soeben erklärt hat, daß der Stromriese seinen Europasitz über kurz oder lang von London nach Berlin verlegen werde. Estermann kann sogar etwas Konkretes vorweisen. Spätestens Ende 1999 werde die Wirtschaftsförderung in Berlin von einem "Berlin Investment Center" betrieben - und damit in der Regie von Southern Company, die daran denkt, die eigene Wirtschaftsförderungspraxis von Georgia nach Europa auszudehnen.

Zweifel kamen bei der Berliner USA-Reise nur am Rande auf. Vereinzelt wurde davor gewarnt, daß man den Amis eh nur die Hälfte glauben könne, und die Frage gestellt, wann Southern den Berliner Stromerzeuger Bewag wieder verkaufen werde. Sonst wurde über die Motive des Engagements von Southern in Berlin in Atlanta nicht gesprochen. Nicht von den Berlinern, weil die, verschrien als Provinzvertreter, auf internationalem Parkett einmal nicht ausrutschen wollten. Und auch nicht von den Atlantanern, weil Geschäfte, das heißt Profit, im Grunde nichts Ehrenrühriges sind.

Gegenüber den großen Fünfsternehotels "Hyatt" und "Marriot" in Downtown-Atlanta befindet sich nicht nur die Firmenzentrale von Southern Company, sondern auch das "Georgia Ressource Center". Die Ressourcen der Region, über die beim Abendessen beim Generalkonsul so überaus freundlich gesprochen wurde, werden hier jede Woche aktualisiert. Doch nicht nur die Internet-Präsentation von verfügbaren Gebäuden, Lohnniveaus und Gewerkschaftsdichte steht auf dem Programm der Wirtschaftsförderung von Southern Company, sondern auch der direkte Kontakt zu Firmen aus dem Ausland oder anderen US-Bundesstaaten. Nicht gekleckert wird da, sondern geklotzt. Um eine Firma in die Region zu holen, spendieren die Wirtschaftsförderer schon mal einen Hubschrauberausflug, freilich nicht aus Altruismus, sondern aus wirtschaftlichem Kalkül: Jede Firma, die sich in Georgia ansiedelt, ist auch potentieller Großkunde von Southern Energy.

Liberalsierung lockt US-Firmen nach Berlin

In Berlin allerdings ist jeder, trotz Privatisierung der Bewag, noch immer Kunde des einstigen Monopolisten. Und auch die Ansiedlungspolitik der Southern Company in Atlanta und dem Flächenstaat Georgia ist mit der Situation in der deutschen Hauptstadt nur schwer zu vergleichen. Während 75 Prozent aller Betriebe in der Metropolitan Area von Atlanta keine Dienstleistungs-, sondern Produktionsbetriebe sind, hatte Berlin seit der Vereinigung einen Abbau von 250.000 industriellen Arbeitsplätzen zu verkraften. Es dürfte also weniger die Wirtschaftsförderung sein, die Southern zum Engagement in Berlin motiviert, sondern die Tatsache, daß mit der Liberalisierung des Strommarktes im kommenden Jahr auch in Deutschland der Strommarkt vom Anbieter- zum Kundenmarkt werden könnte. Mehr noch. Auf lange Sicht wird auch in Berlin Strom nicht mehr nur hergestellt und verbraucht, sondern auch gehandelt werden. Auch hier steht Southern, in den USA die Nummer zwei beim Stromhandel, bereits in den Startlöchern. Immerhin werden sich dann auch in Berlin - und vielleicht auch einmal in Osteuropa - die Kunden an Begriffe wie Festpreise, Stromversicherungen, Wetterderivate oder ähnliches gewöhnen müssen.

Bisher haben sich aber noch nicht einmal die Berliner Politiker daran gewöhnt. Public-Private- Partnerships oder eine Vereinfachung im bürokratischen Dschungel bei der Ansiedlung von Betrieben verkaufen sich beim eher privatisierungskritischen Berliner Publikum allemal besser als die anstehenden Veränderungen auf dem Strommarkt, von denen auch Southern-Vize Barney Rush zugeben muß, daß sie sich zunächst nicht unbedingt positiv auf die Preise auswirkten.

Während sich auf der Peachtree Road die Bevölkerungsuhr von Atlanta langsam, aber sicher der 3,5-Millionen-Marke nähert, ist Finanzsenatorin und Amerika- Freundin Annette Fugmann-Heesing bereits in Richtung Boston weitergeflogen, wo sie sich über Public-Private-Partnerships zum Bau von Straßen und Brücken informieren will. Zuvor hatte sie sich noch einmal eindringlich bei der in Atlanta ansässigen Fluggesellschaft Delta Airlines dafür eingesetzt, baldmöglichst wieder eine Direktverbindung zwischen Atlanta und der deutschen Hauptstadt einzurichten. Die letzte Nonstopverbindung von Berlin in die USA war im Frühjahr eingestellt worden - zuwenig Kunden der Busineßklasse, lautete damals die Begründung von Delta. Fugmann- Heesing dagegen glaubt daran, daß Angebote, wenn sie erst einmal vorhanden sind, früher oder später auch genutzt werden. Ohne den Flughafen in Atlanta, den größten der USA, so Fugmann-Heesing, hätte es den Aufschwung im Südosten der USA nicht gegeben. Um so wichtiger sei es, mit Schönefeld ab 2007 in Berlin den modernsten Flughafen Europas zu haben.

Vorerst müssen die Global Players aus dem transatlantischen Raum allerdings mit Tegel vorliebnehmen, wo Samstags um zwölf manchmal bereits die Zeitungskioske geschlossen haben. Mittagspause statt "Southern Style". Und auch die Bevölkerungsuhr am Kurfürstendamm, wenn es denn eine gäbe, würde noch auf absehbare Zeit im Rückwärtsgang laufen. In einem freilich ist Berlin Atlanta voraus. Symbole wie das Brandenburger Tor, wo sich Southern-Boß Bill Dahlberg gern fotografieren läßt, gibt es in Atlanta sowenig wie die anderen Bestandteile europäischer Urbanität. Wenn Atlanta zu geschäftig ist, um zu hassen, ist Berlin viel zu liebenswert, um nur geschäftig zu sein.

Quelle: TAZ 4.11.1998

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Windstrom fürs Wohnzimmer

Cuxhavener Energie-Unternehmer Plambeck will an die Börse

Hamburg - Das Cuxhavener Windenergie-Unternehmen Plambeck Neue Energien AG plant noch vor Weihnachten den Gang an die Börse. "Wir setzen darauf, daß alternative Energien in Zukunft auch in Deutschland sehr gefragt sein werden", sagte Geschäftsführer Wolfgang von Geldern, langjähriger CDU-Bundestagsabgeordneter und Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium. "Durch den Regierungswechsel wird der Trend eher noch verstärkt." Gerade die begonnene Liberalisierung des Strommarkts biete - ähnlich wie in der Telekommunikation - kleineren Unternehmen "eine gute Chance". Die Plambeck AG betreibt bereits einen Windpark bei Cuxhaven, leitet den Ökostrom ins Netz und will in rund zwei Jahren auch in den Stromhandel einsteigen.

   Das Ziel: Ein Mehrklassen-Modell mit unterschiedlichen Preisen für den gewünschten Strommix - vom Öko-Atomstrom-Mix bis hin zu reinem Ökostrom aus Biomasse, Wind- oder Wasserkraft. "Wir können auch Privathaushalte komplett beliefern."

   Von Geldern geht davon aus, daß der Anteil der durch Windkraft erzeugten Energie am Gesamtstrommarkt von derzeit 0,7 Prozent auf 3,5 Prozent im Jahr 2010 ansteigen wird. Davon will die Plambeck AG profitieren: 21 neue Windparks sind bereits in Planung, allein 1999 sollen sieben neue Projekte mit einer Gesamtleistung von 73,5 Megawatt entstehen - in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt. Auch mit Hamburger Unternehmen würden Gespräche geführt. "Damit werden wir im nächsten Jahr Marktführer", prophezeit von Geldern.

   Um seine großen Pläne zu verwirklichen, muß das kleine Unternehmen rund 180 Millionen Mark investieren - viel Geld: Derzeit macht die Plambeck Neue Energien AG gerade mal einen Umsatz von 53 Millionen Mark. Das zur Finanzierung der Projekte notwendige Kapital will sich Plambeck über eine Kapitalerhöhung sowie den Gang an die Börse besorgen. Allerdings sollen maximal 25 Prozent der Aktien in den freien Verkauf gelangen. Die Aktienmehrheit wird auch künftig in Händen des Unternehmensgründers Norbert Plambeck bleiben.

   Vor der Konkurrenz großer Energieversorger wie RWE oder PreussenElektra und gerichtlichen Auseinandersetzungen um die Einspeisegebühr für Windenergie ins Stromnetz hat Geschäftsführer von Geldern keine Angst. "Das 21. Jahrhundert wird das Zeitalter der erneuerbaren Energien", glaubt er. "Das Papier wird ein voller Erfolg."   

Quelle: Hamburger Abendblatt 5.11.1998

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VEW - 800 Arbeitsplätze stehen auf der Streichliste

DORTMUND (dpa/fr). Der VEW-Konzern will in den nächsten zwei Jahren in seinem Stammgeschäft Strom das Personal um 800 auf noch rund 4000 Beschäftigte verringern. Der Abbau soll sozialverträglich und ohne betriebsbedingte Kündigungen über die Bühne gehen. Angesichts des Wettbewerbs in der Elektrizitätswirtschaft richte sich das Unternehmen auf weitere Einsparungen auch bei den Sachkosten ein. Betroffen davon seien unter anderem Instandhaltungsinvestitionen. Vor zwei Wochen hatte RWE Energie angekündigt, auf regionaler Ebene rund 2500 Stellen streichen zu wollen.

Nach RWE plant auch VEW die Abschaffung der Mehrstimmrechte der kommunalen Aktionäre. Möglicher Zeitpunkt für einen solchen Schritt ist die nächste Hauptversammlung. Die kommunalen Eigner verfügen derzeit bei einem Kapitalanteil von gut 55 Prozent durch Aktien, die mit einem bis zu dreifachen Stimmrecht ausgestattet sind, über die Drei-Viertel-Mehrheit. Für die Umwandlung wird das Modell einer Kapitalerhöhung mit unterschiedlicher Beteiligung der einzelnen Aktionärsgruppen diskutiert. Auch nach der Änderung sollen die Kommunen aber mehr als 50 Prozent an VEW halten.

Quelle: Frankfurter Rundschau 3.11.1998

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Mitarbeiterabbau und Konzentration bei RWE

Chancen für Brühl bei Standortauswahl

mrz Brühl/Erftkreis. Die Liberalisierung der europäischen Energiemärkte zeigt auch Auswirkungen im Erftkreis. Der internationale Wettbewerb sowie die innerdeutsche Konkurrenz zwingt das RWE zu strukturellen innerbetrieblichen Maßnahmen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Ende Oktober beschloß der Vorstand der RWE AG die Neugestaltung der Ablauf- und Aufbauorganisation im Regionalgeschäft.

Wesentlich ist dabei die Trennung von Netz und Vertrieb. Die Abrechnungs- und Vertriebsaktivitäten sollen über sogenannte Call-/Billing-Center abgewickelt werden. Die bestehenden Regionalversorgungen werden zusammengefaßt und neu geordnet. Insgesamt soll der Mitarbeiterstand um rund 2500 auf dann 5390 Mitarbeiter abgebaut werden. Angestrebt wird dies durch sozialverträgliche Personalmaßnahmen und ohne betriebsbedingte Aufhebungskündigungen.

Über zwölf Regionalversorgungen, darunter Berggeist in Brühl, verfügt die RWE Energie AG derzeit. Sie sollen in vier Vertriebs- und Netzregionen gebündelt werden. Die Region III faßt dann die Versorgungen Bergisch Land, Berggeist, Siegerland und Düren (Nord). Noch unklar ist nach dem derzeitigen Planungsstand, wo die Standorte der Call-Center sowie der Netz- und Vertriebsregionen angesiedelt werden.

Dabei hat der Standort Brühl eine gute Ausgangsposition. Denn hier hatte die RWE Energie AG erheblich investiert und als Pilotprojekt ein kleines Call-/Billing-Center für innerbetriebliche Tests eingerichtet. Damit die neue Organisation ab 1. Juli 1999 greifen kann, soll mit den Umsetzungen der Pläne schon im Januar 1999 begonnen werden.

Quelle: Kölnische Rundschau 03/11/1998

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Grüne Stromverteiler fordern Netzzugang

Stuttgart (dpa) - Alternative Stromanbieter - sie bieten ausschließlich Strom aus erneuerbaren Quellen an - fühlen sich durch das Leitungsmonopol der Stromkonzerne diskriminiert. Dies beklagten Sprecher der vier bundesweit arbeitenden "grünen" Stromanbieter Ökostrom Handels AG, Grüner Strom AG (beide Hamburg), Naturstrom AG (Düsseldorf) und Elektrizitätswerke Schönau GmbH (Schönau/Schwarzwald) gestern in Stuttgart. Allein für die Durchleitung würden bis zu 35 Pfennig pro Kilowatt gefordert. Die Unternehmen forderten von der neuen Bundesregierung eine gesetzliche Regelung des Netzzugangs und eine Vorrangregelung für regenerative Versorgung.

Quelle: TAZ 28/10/98

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VEW Energie will 50 Millionen Mark einsparen

VERSORGER / Zusammenarbeit mit RWE Energie - Aber keine Fusion

ap DORTMUND. Der Stromerzeuger VEW Energie, Dortmund, will durch seine geplante Zusammenarbeit mit dem Branchenriesen RWE jährlich rund 50 Mill. DM einsparen. Die Kooperation über eine abgestimmte Nutzung der Kraftwerke sei jedoch lediglich technisch-wirtschaftlicher Natur, sagte der Vorstandsvorsitzende der VEW Energie, Hans-Dieter Imhoff, am Dienstag auf der Jahrespressekonferenz. Fusionsspekulationen wies Imhoff als "völlig abwegig" zurück.

Für das laufende Geschäftsjahr rechnet das Unternehmen nach eigenen Angaben mit einem um rund 400 Mill. DM geschrumpften Umsatz von 5,3 Milliarden Mark. Auch der Gewinn werde mit rund 600 Mill. DM um etwa 100 Mill. DM niedriger ausfallen als im Vorjahr. Als Gründe nannte Imhoff vor allem die Freigabe des deutschen Strommarktes im April und den sehr milden Winter 1997/98.

Quelle: HANDELSBLATT, Dienstag, 27. Oktober 1998

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Stadtwerke vor feindlicher Übernahme

Der Stadtwerke-Vorstand will das Unternehmen offensichtlich vollständig von der Preag abhängig machen / Anteilseigner und Betriebsrat suchen Alternativen, um Jobs zu retten

Wird Bremen als Stromversorgungsgebiet praktisch dem Veba-Preag-Konzern einverleibt? Das, so sagt der Stadtwerke-Aufsichtsrat Rolf Godesar, ist derzeit das Ziel des Stadtwerke-Vorstandes. "Wenn das umgesetzt wird, was der Vorstand beschlossen hat, dann werden die Stadtwerke ein Stromverteil-Unternehmen der Preag."

Godesar, der 12,5 Prozent Stadtwerke-Anteile des belgischen Konzerns Tractebel vertritt, hat der Preag den Fehde-Handschuh hingeworfen. Er bot an, über die Übernahme der Bremer Kraftwerke, die die Stadtwerke stillegen wollen, zu verhandeln. In der Konsequenz wären - anstelle der Preag - die Belgier bereit, die unternehmerische Führung der Stadtwerke zu übernehmen, legte Godesar nach Rücksprache mit seinem Konzern nun nach. "Ich finde das Angebot gut", sagt dazu der Betriebsratsvorsitzende der Stadtwerke, Richard Harbort, setzt aber zunächst vorsichtig hinzu: "Wenn es denn ernst gemeint ist."

Der Betriebsrat kann, wie auch Godesar, nicht glauben, daß die Bremer Kohlekraftwerke alle unrentabel sind. Wenn die Stadtwerke Überkapazitäten haben: "Was hindert das Unternehmen, diesen Strom auf dem liberalisierten Markt zu verkaufen?" Das hat Harbort den Stadtwerke-Chef Gerhard Jochum immer wieder gefragt. Und keine befriedigende Antwort bekommen. Der Belgier Godesar ist unabhängig genug, um die mögliche Antwort offen auszusprechen: Rund um Bremen ist "Preag-Land". Wenn Bremen seine Überkapazitäten verkaufen wollte, würden die Stadtwerke der Preag ins Gehege kommen.

Der Stadtwerke-Vorstand ist, so sieht es Betriebsrat Harbort, in dieser Lage "den Weg des geringsten Widerstands gegangen". Der gesamte Strom, der in den Bremer Kraftwerken produziert wird, soll der Preag verkauft werden, fast die Hälfte der Kapazität - fünf Kraftwerke - werden stillgelegt, 200 Arbeiter gehen in Vorruhestand, 200 werden "sozialverträglich" abgebaut. Was Godesar besonders stört: Der Stadtwerke-Vorstand hat dieses weitreichende Konzept am 6. Oktober beschlossen, der Presse am 7.10. mitgeteilt und es nicht für nötig gehalten, den Aufsichtsrat, der am 16. Oktober tagte, damit zu befassen. Ganz spontan fragte Godesar auf der Sitzung an, ob sein Konzern Tractebel die Bremer Kraftwerke übernehmen könne, um sie weiterzuführen. Er versichert, daß kein Bremer Kunde abgeworben werden soll. "Die Kraftwerke Hafen und Hastedt könnten doch weiter im Markt mitspielen", findet Godesar und würde die Details gerne prüfen.

Die Bremer Stadtwerke würden erhebliche Stillegungskosten sparen, allerdings würden sie die Preag provozieren. Die Tractebel-Vertreter haben sich zu Gesprächen mit dem Bremer Stadtwerke-Vorstand angesagt. Nun gibt es den großen Streit.

Tractebel steht im Aufsichtsrat nicht allein da. "Steigende Gewinne bei drastisch sinkenden Arbeitsplätzen und sinkender Wertschöpfung in Bremen halte ich für ein nicht akzeptables Unternehmenskonzept der Stadtwerke Bremen", formulierte Aufsichtsrat Heiner Heseler in einem scharfen Brief an den Stadtwerke-Vorstand. "Wenn Tractebel die Arbeitsplätze sichern kann und betriebsbedingte Kündigungen vertraglich ausschließt, dann wird das Ganze interessant", schließt sich auch Betriebsratschef Harbort, der auf der Arbeitnehmerbank im Stadtwerke-Aufsichtsrat sitzt, an.

Quelle: TAZ 25.10.1998

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Jeder kann bald den Strompreis aushandeln

EnBW-Chef Gerhard Goll: "Der deutsche Strommarkt wird so frei wie weltweit kein anderer"

xs. Stuttgart (Eigener Bericht) – "Innerhalb von zwei Jahren wird der deutsche Strommarkt der am meisten liberalisierte der ganzen Welt sein", glaubt Gerhard Goll, Vorstandsvorsitzender der Energie Baden-Württemberg AG (EnBW), Karlsruhe. Der Wettbewerb um die Kunden sei sehr viel schneller gekommen, als die Auguren es erwartet hätten, sagte Goll in einem SZ-Gespräch mit Blick auf die seit Frühjahr mögliche freie Auswahl eines Stromlieferanten. Die Pläne der rot-grünen Koalition für den Ausstieg aus der Kernenergie hält der Chef des viertgrößten deutschen Energieversorgers für "falsch und kurzsichtig": Sie haben keine redliche Antwort auf die Frage nach der Ersatzenergie.

"Ich bin nachdrücklich für Gespräche", sagte Goll zu der Absicht der kommenden Bundesregierung, mit den Energieversorgungsunternehmen über den Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie zu sprechen. Sie müßten aber auch Sinn haben, die Regierung es mit ihnen ernst meinen. Für die Stromwirtschaft gehe es dabei um die Themen Ersatzenergie und Entschädigung.

Goll stellt sich freilich die Frage, ob es von der rot-grünen Koalition klug sei, mit der geplanten Änderung des Atomgesetzes und mit verschärften Verwaltungsvorschriften schon vorab die Verhandlungen zu belasten. "Man darf den Willen, zu einem Konsens zu kommen, nicht verlieren", erklärt der EnBW-Chef. Sollte der aber binnen eines Jahres nicht zustande kommen, seien weitere Verhandlungen kaum sinnvoll. Gegen das für diesen Fall vereinbarte Gesetz, mit dem der Ausstieg aus der Kernenergie dann entschädigungsfrei geregelt werden soll, sagte Goll, würden die EVU "die Gerichte als Schiedsrichter anrufen".

Die Liberalisierung des deutschen Strommarkts, auf dem es seit Frühjahr keine Gebietsmonopole mehr gibt, kommt nach Goll schneller voran als erwartet. Sie sei zudem schon weiter verbreitet, "als das in der Zeitung steht" und habe längst den Mittelstand erfaßt. Bei der EnBW zum Beispiel, die künftig bundesweit Konzerne wie Daimler-Benz (zusammen mit HEW) oder Liebherr beliefert, hätten bereits 80 Prozent der Mittelspannungskunden (produzierendes Gewerbe sowie Stadtwerke) ein "pfiffiges" neues Stromangebot akzeptiert.

Im nun freien Wettbewerb gibt es schon Gewinner und Verlierer, sagt Goll.

"Deshalb ist das Kriegsgeschrei groß." Die Newcomer beklagten die Rechtslage der Durchleitung von Strom durch andere Netze. Dies hängt nach Meinung des EnBW-Chefs mit der nicht genügend konkreten Regelung des freien Netzzugangs und dem Berechnungsmodus für die Durchleitungspreise zusammen, wie sie die Verbände der Industrie und der Stromwirtschaft vereinbart haben.

"Ich war nie der Auffassung, daß die Verbändevereinbarung das Non-plus-Ultra ist", sagt Goll. "Aber sie ist auch kein Diktat." Eine Behinderung durch die etablierten Energieversorger, wie sie einige der neuen Stromlieferanten und -händler beklagen, vermag der EnBW-Chef nicht zu sehen. Deren Beschwerden richteten sich gegen die Verbändevereinbarung, nicht jedoch gegen die Praxis der Netzbesitzer. Der Forderung nach gesetzlich geregeltem Netzzugang und einer Regulierungsbehörde auch für den Strommarkt kann Goll wenig abgewinnen. Aber es wäre ihm vor einer gesetzlichen Regelung, "wenn sie fair ist und nicht enteignend wirkt", auch nicht bange.

Auch die privaten Haushalte, die Tarifkunden, werden "schon in absehbarer Zeit" an den Chancen und Risiken des Marktes teilnehmen können, sagt Goll voraus. Denn die Strompreise würden, abgesehen freilich von der geplanten Öko-Besteuerung, weiter sinken, aber es werde auch zu Gegenbewegungen kommen. Die eigentliche Schlacht werde um die Konsumkunden geschlagen. Für die Tarifkunden gehe es dabei um mögliche Einsparungen in Höhe von "zwei, drei Glas Bier am Stammtisch mehr im Monat". Für die EVU dagegen wiege diese Kundengruppe schwer: Sie werde die Ertragslage bestimmen. Allerdings setzt der Goll auch hier auf die Kräfte des Markts: Wenn sich erst einmal viele Kunden an freivereinbarten Preisen die Finger verbrannt hätten, werde eine Mehrzahl zu einer "mehr risikolosen Art des Strombezugs" zurückkehren.

Quelle: Süddeutsche Zeitung Wirtschaft 25.10.1998

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Energiekonzern Veag verkauft weniger Strom

BM Berlin - Der Stromabsatz des größten ostdeutschen Energiekonzerns Veag (Berlin) ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um vier Prozent auf 22,2 Milliarden Kilowattstunden gesunken. Die geringeren Lieferungen resultierten zu 77 Prozent aus dem Verkauf an Regionalversorger und zu 23 Prozent aus dem Verbundgeschäft, so die Veag am Freitag. Obwohl der Wärmeabsatz von Januar bis Juni gegenüber dem Vorjahreszeitraum um elf Prozent stieg, fielen die Umsatzerlöse um fünf Prozent auf 2,5 Milliarden DM.

Angesicht des gesunkenen Stromabsatzes und rückläufiger Gewinne will die Veag in ihrer Geschäftsstrategie neue Akzente setzen. Veag-Vorstandsvorsitzender Jürgen Stotz erklärte, daß die Sicherung des Marktanteils und das Hinzugewinnen neuer Kunden künftig eine größere Rolle spielen werden. Damit reagiere das Unternehmen auch auf den «Angriff weiterer Investoren», etwa die Ansiedlung von zwei skandinavischen Energiekonzernen am Kraftwerksstandort in Greifswald-Lubmin.

Ende Juni waren im Veag-Konzern insgesamt 7399 Mitarbeiter tätig. Gegenüber dem Vorjahrestichtag verringerte sich der Mitarbeiterstand um 1313 oder 15 Prozent.

Quelle: Berliner Morgenpost 23.10.199

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Dresdner Bank prüft Handel mit Strom

FRANKFURT (vwd). Die Dresdner Bank AG bereitet sich derzeit intensiv auf ein mögliches Engagement im Handel mit Strom vor. Wie der Leiter des Edelmetall- und Rohstoffhandels, Wolfgang Wrzesniok-Roßbach, in Frankfurt berichtete, werde gegenwärtig ¸¸intern das Feld bestellt, um startbereit zu sein''. Gleichzeitig bemühe sich die Bank um einen engen Kontakt mit Energieversorgern und Verbrauchern und moderiere zwischen allen interessierten Marktteilnehmern. Das Kreditinstiut will spätestens in sechs Monaten eine endgültige Entscheidung über einen Einstieg in den Handel mit Strom bekanntgeben. Dieser Schritt werde davon abhängen, welche Fortschritte beim Aufbau einer Strombörse gemacht werden, sagte Wrzesniok-Roßbach. Klar sei allerdings jetzt schon, daß die Dresdner Bank nicht - wie beispielsweise das Bankhaus Sal. Oppenheim - in den physischen Stromhandel eintreten werde. Vielmehr werde das Institut sich auf den finanziellen Handel beschränken.

Wrzesniok-Roßbach hob die Attraktivität gerade des liberalisierten deutschen Strommarkts für ein derartiges Engagement hervor. Einerseits gebe es mehr Anbieter als etwa in Großbritannien, andererseits biete die geographische Lage Deutschlands besseren Schutz vor extremen witterungsbedingten Einflüssen auf die Notierungen, wie sie in Skandinavien zu beobachten seien. Derzeit bemühen sich Düsseldorf, Frankfurt und Hannover um den Zuschlag als Standort einer Strombörse. Wrzesniok-Roßbach rechnet mit einer Vorlaufzeit von mindestens zwei Jahren bis zum Handelsstart.

Quelle: Stuttgarter Zeitung  24.10.1998

 
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Stromtöchter planen Fusion

Preussen Elektra will Versorger im Osten zusammenlegen

BERLIN (wüp). Der Energieriese Preussen Elektra, ein Unternehmen der Veba-Gruppe, will seine vier großen ostdeutschen Stromtöchter zu einem der größten deutschen regionalen Versorger zusammenlegen. Die Fusion wird bis zu 1000 Stellen kosten.

Der schärfere Wettbewerb mache die Konzentration nötig, erklärte der Hannoveraner Konzern. Es stünden ¸¸sicher noch eingehende Gespräche'' mit der Arbeitnehmerseite und den kommunalen Miteigentümern bevor. Sämtliche Gremien müßten noch zustimmen, womit bis Sommer nächsten Jahres gerechnet wird. Wo die Zentrale stehe und welcher Standort Einbußen hinnehmen müsse, sei noch nicht entschieden.

Das neue Unternehmen soll dann rückwirkend zum 1. Januar 1999 an den Start gehen und 2,4 Milliarden DM Jahresumsatz, 2000 Beschäftigte und 1,3 Millionen Kunden haben. Fusionskandidaten sind mit der Mevag in Potsdam und der OSE AG in Fürstenwalde zwei Versorger in Brandenburg sowie in Mecklenburg-Vorpommern die EMO AG, Neubrandenburg, und die Hevag in Rostock.

Die vier Versorger, die Preussen Elektra nach der Wende zu je 51 Prozent von der Treuhandanstalt übernahm, beschäftigen zur Zeit noch rund 3000 Mitarbeiter.

Alle vier Anbieter leiten als Stromhändler die vom ostdeutschen Erzeuger Veag gelieferte Energie an die Kommunen weiter. Die Kommunen, die zunächst 49 Prozent an den ehemals 15 ostdeutschen Regionalversorgern hielten, besitzen inzwischen deutlich geringere Anteile, nachdem viele Städte und Gemeinden sich haben abfinden lassen. Am fusionierten Konzern betrage der Anteil etwa 30 Prozent und liege ¸¸deutlich über der Sperrminorität'', sagte ein Mevag-Sprecher.

Quelle: Stuttgarter Zeitung 24.10.1998

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Weltweit größte Windräder eingeweiht

SPRAKEBÜLL - Fünf Windkraftanlagen mit jeweils 1,65 Megawatt Leistung sind gestern abend in Sprakebüll östlich von Leck (Kreis Nordfriesland) in Betrieb genommen worden. Die Anlagen gelten als derzeit stärkste Windenergie - Erzeuger, die weltweit am Netz sind. Der "Bürgerwindpark Sprakebüll" wurde für die Investitionssumme von 16 Millionen Mark von einer Betreibergesellschaft aus 23 Privatleuten aus dem Dorf und der Nachbargemeinde errichtet. Mit der Inbetriebnahme des Windparks, der eine Jahresleistung von 16,5 Millionen Kilowattstunden erbringen soll, sieht der Kieler Staatssekretär im Energieministerium, Willi Voigt, Schleswig - Holstein wieder als "Windland Nr. 1" vor Niedersachsen. Beim Anteil am gesamten Strom im Land liege Schleswig - Holstein ohnehin vorn: Zur Zeit werden bereits fast zwölf Prozent des gesamten Stromverbrauchs im nördlichsten Bundesland aus Windkraft gedeckt. Voigt zeigte sich überzeugt, daß das angestrebte Ziel von 25 Prozent im Jahr 2010 "vorzeitig erreicht wird". Kritik übte der grüne Staatssekretär an der von PreussenElektra eingelegten Verfassungsbeschwerde gegen die gesetzlich garantierte Einspeisevergütung für Strom aus erneuerbaren Energien. Auch führe die Entscheidung der Schleswag AG (Rendsburg), Windstrom nur unter Vorbehalt zu vergüten, zur Verunsicherung der Windbranche und sei "rechtlich bedenklich", meinte Voigt.

Quelle: Lübecker Nachrichten 24.10.1998


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Europäischer Gerichtshof prüft deutschen Sonderweg

HANNOVER (dpa/fr). Das Ende April gemeinsam mit der Bonner Energierechtsnovelle in Kraft getretene Stromeinspeisungsgesetz muß vom Europäischen Gerichtshof überprüft werden. Nach Mitteilung der Veba-Tochter Preussenelektra hat das Landgericht Kiel die Klage des Unternehmens gegen den Regionalversorger Schleswag (Rendsburg) ausgesetzt und dem Gerichtshof in Luxemburg zur Vorabentscheidung vorgelegt. Die norddeutschen Richter hegten Zweifel, ob das deutsche Gesetz mit europäischen Vorschriften übereinstimme.

Preussenelektra wehrt sich gegen die finanzielle Belastung, die ihr wegen der Verpflichtung entstehen, mit Windanlagen erzeugten Strom in ihr Netz aufzunehmen und dafür eine Vergütung zu zahlen, die weit über den eigenen Produktionskosten liegt. Da in Norddeutschland überdurchschnittlich viel Windmühlen arbeiten, sehen sich die Hannoveraner im Verhältnis zu anderen Stromkonzernen benachteiligt. Neben der Klage in Kiel läuft ein ähnliches Verfahren gegen die Ewe in Oldenburg. Darüber hinaus hat das Unternehmen in Sachen Energierechtsnovelle das Bundesverfassungsgericht angerufen.

Quelle: Frankfurter Rundschau Wirtschaft 21.10.1998

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Stromgesetz vor Europa-Gericht

Kiel/Hannover (dpa) - Das seit diesem Jahr gültige Gesetz zur Einspeisung von Strom aus alternativen Energieträgern in das Versorgungsnetz wird vom Europäischen Gerichtshof überprüft. Wie der Stromkonzern Preussenelektra AG (Hannover) mitteilte, hat das Landgericht Kiel das Klageverfahren des Unternehmens gegen den Regionalversorger Schleswag (Rendsburg) ausgesetzt und dem Gerichtshof in Luxemburg zur Vorabentscheidung vorgelegt. Der Beschluß sei vom Landgericht schriftlich vorgelegt worden. Das Gericht äußere darin Zweifel, ob das deutsche Gesetz mit europäischen Vorschriften übereinstimme. Preussenelektra wehrt sich mit mehreren Klagen gegen seine Mehrkosten, die wegen des gesetzlich festgelegten Aufschlages für Windstrom entstehen. Da in Norddeutschland überdurchschnittlich viel Windenergie erzeugt wird, fühlt sich Preussenelektra gegenüber anderen Konzernen benachteiligt. Neben der Klage hat Preussenelektra auch ein Verfahren gegen die Ewe AG eingeleitet. Der Konzern beansprucht die Rückerstattung eines dreistelligen Millionenbetrages.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten 22.10.1998

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Solarfabrik zieht in altes Kohlekraftwerk

Investor: Standort Marbach am wirtschaftlichsten - Stuttgart: Bis zur Schmerzgrenze gegangen

Die Entscheidung ist für Marbach gefallen: Die weltweit modernsten Sonnenstromzellen werden vom Herbst 1999 an zwischen historischen Generatoren im denkmalgeschützten Maschinenhaus des alten EVS-Kohlekraftwerks produziert.

Von Wolfgang Schulz-Braunschmidt

Ausschlaggebend für den Standort Marbach war, daß die Mitgesellschafterin, die Energie Baden-Württemberg AG (EnBW), auf dem ihr gehörenden Kraftwerksgelände in Marbach neben einem geeigneten Gebäude auch die übrige benötigte Infrastruktur kostengünstig angeboten hat. Außerdem ist das Stuttgarter Zentrum für Sonnenenergie und Wasserstoff-Forschung (ZSW) an dem Joint-venture beteiligt.

Die Entscheidung für Marbach ist allerdings nach Angaben des Hauptinvestors, der Würth AG, unter zwei Vorbehalten erfolgt: Zum einen muß der Denkmalschutz noch der Produktion in der historischen Maschinenhalle zustimmen. Zum anderen braucht das ZSW, das als Stiftung firmiert, noch das Ja des Kuratoriums zu dem mit Würth vereinbarten Lizenzvertrag. Die Gewinne aus der Sonnenzellenproduktion sollen wieder in Forschungsvorhaben fließen.

Die Vaihinger ZSW-¸¸Väter'' der Dünnschicht-Technologie werden die nun beschlossene Pilotfertigung in Marbach nicht nur wissenschaftlich, sondern auch personell begleiten. ¸¸Wir stellen für den Einstieg in die Fertigung bis zu acht Wissenschaftler ab'', so ZSW-Entwicklungschef Bernhard Dimmler, der technischer Geschäftsführer des neuen Unternehmens in Marbach wird. Ihm steht als kaufmännischer Geschäftsführer Karlheinz Groß zur Seite, der bisher als Betriebsleiter bei der Würth Elektronik in Öhringen tätig war.

¸¸Während der Pilotphase muß ein ständiger Know-how- und Technologietransfer von Stuttgart nach Marbach gewährleistet sein'', so Dimmler. Die Produktion in dem denkmalgeschützten Maschinenhaus des KraftwerkAreals solle spätestens im Herbst 1999 beginnen. ¸¸Wir benötigen dafür 800 bis 1000 Quadratmeter'', so der ZSW-Wissenschaftler. Strom, Wasser, Druckluft, Labors, ein Verwaltungsgebäude mit Kantine und ein Werkschutz seien vorhanden. ¸¸Diese gute Infrastruktur hat letztlich den Ausschlag für Marbach gegeben'', so ZSW-Chef Hans Albrecht.

Die Pilotanlage wird laut ZSW bei der Herstellung von bis zu 60 mal 120 Zentimeter großen Sonnenzellen mit einer Leistung zwischen einem und 40 Watt keine schädlichen Emissionen verursachen. Geplant ist eine Jahresproduktion von 1,2 Megawatt. Auf dem Marbacher Kraftwerk-Areal, das als Gewerbegebiet neu ausgewiesen wurde, wäre auch genug Raum für die so rasch wie möglich vorgesehene Massenfertigung. Über den Standort für diese zweite Fertigungsstufe soll aber erst später entschieden werden.

Neben Marbach war bis zuletzt der Untere Grund in Stuttgart-Vaihingen als Standort im Gespräch. Die Landeshauptstadt hatte ihre Offerte erst vor wenigen Tagen um ein kostenloses Gebäude nachgebessert. Im Unteren Grund, der in unmittelbarer Nähe zu den Uni-Instituten im Pfaffenwald liegt, plant die Stadt zusammen mit der L-Bank einen schlüsselfertigen Technologie-Park.

Trotz der anderslautenden Standortentscheidung für die Solarfabrik könnte das ZSW im Unteren Grund ein neues Domizil beziehen. Die Wissenschaftler forschen derzeit in Vaihingen in angemieteten Räumen. ¸¸Unser Grundstücksangebot gilt auch für das ZSW'', betont der städtische Wirtschaftsförderer Joachim Pfeiffer ausdrücklich. Die Landeshauptstadt sei beim Ringen um die Solarfabrik ¸¸bis an die Schmerzgrenze'' gegangen. Mehr als 100 Städte und Gemeinden in ganz Baden-Württemberg hatten sich als Standort für das Solarprojekt beworben.

Sorgen bereitet den Solarforschern noch der Regierungswechsel in Bonn: ¸¸Ich hoffe, daß unser Förderantrag in Höhe von fünf Millionen Mark dennoch rasch bewilligt wird'', so Albrecht. Die für die Pilotproduktion benötigte Technik könne erst nach dem Ja des Forschungsministeriums bestellt werden. ¸¸Die Zeit drängt, wenn wir unseren technologischen Vorsprung nutzen wollen'', so Albrecht. Die Konkurrenz in den USA und in Japan bereite ebenfalls mit hohem Tempo den Einstieg in die Serienfertigung vor - und damit in den lukrativen Weltmarkt.

Quelle: Stuttgarter Zeitung Politik 22.10.1998

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EuGH überprüft Stromeinspeisegesetz

KIEL/HANNOVER (dpa). Das seit diesem Jahr gültige Gesetz zur Einspeisung von Strom aus alternativen Energieträgern in das Versorgungsnetz wird vom Europäischen Gerichtshof überprüft. Wie der Stromkonzern PreussenElektra AG in Hannover mitteilte, hat das Landgericht Kiel das Klageverfahren des Unternehmens gegen den Regionalversorger Schleswag ausgesetzt und dem Gerichtshof in Luxemburg zur Vorabentscheidung vorgelegt. Der Beschluß sei schriftlich vorgelegt worden. Das Gericht äußere darin auch Zweifel, ob das deutsche Gesetz mit EU-Vorschriften übereinstimme. PreussenElektra wehrt sich gegen seine Mehrkosten, die wegen des festgelegten Aufschlages für Windstrom entstehen. Da in Norddeutschland überdurchschnittlich viel Windenergie erzeugt wird, fühlt sich das Unternehmen gegen andere Stromkonzerne benachteiligt. Neben der Klage in Kiel hat die PreussenElektra auch ein Verfahren gegen die Ewe AG in Oldenburg eingeleitet. Der Konzern beansprucht insgesamt die Rückerstattung eines dreistelligen Millionenbetrages.

Quelle: Stuttgarter Zeitung Wirtschaft 21.10.1998

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HEW: Bald Stromkauf im Supermarkt

Energieversorger auch außerhalb Hamburgs auf Erfolgskurs ­ Fünf Milliarden Kilowattstunden zusätzlich

Von FRANK BINDER

Das neue Energiegesetz macht es möglich: Seit der am 1. April dieses Jahres in Kraft getretenen Liberalisierung des deutschen Strommarkts zeigen die Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) als eines der ersten Versorgungsunternehmen verstärkt Flagge außerhalb der Hansestadt. Dabei hat die Firma schon nach wenigen Monaten bemerkenswerte Erfolge erzielt. So konnten bislang gleich mehrere neue Verträge mit Großkunden abgeschlossen werden.

"Die getroffenen Vereinbarungen sehen ein Handelsvolumen von zusätzlich über drei Milliarden Kilowattstunden pro Jahr vor", erklärte HEW-Vorstand Hans-Joachim Reh im Gespräch mit der WELT. Die Hälfte des Umfangs bringe ein Kooperations-Abkommen, das erst kürzlich mit einer der größten deutschen Einzelhandelsketten (bundesweit 10 000 Filialen) unterzeichnet worden sei. "Daraus kann sich noch mehr Potential für uns entwickeln, zumal die Gruppe auch von vielen namhaften Lieferanten bedient wird", hofft Reh.

Bis zum Jahresende, so Reh, könnte ein Zuwachs auf fünf Milliarden Kilowattstunden durch die Betreuung sogannter "Bündelkunden" möglich sein. Zum Vergleich: 1997 verkauften die HEW 14,2 Milliarden Kilowattstunden Strom und 3,47 Milliarden Kilowattstunden Fernwärme. Zur Zeit verhandelt das Unternehmen auch mit zwei in Hamburg vertretenden Elektronikkonzernen über die Stromversorgung wichtiger Produktionsstandorte.

"In einem Fall sind wir auf Wunsch des Kunden in der Endausscheidung für ein Werk in Aachen", sagte Reh. Auch Daimler-Benz bekommt künftig Strom aus Hamburg. Zusammen mit der EnBW Energie Baden-Württemberg AG werden ab 1999 unter anderem die Betriebe des Autoherstellers in Sindelfingen und Rastatt, die Nutzfahrzeug-Standorte Kassel, Germersheim und Wörth beliefert. Der Vertrag läuft zunächst bis 2001 und umfaßt auch das Airbus-Werk in Finkenwerder.

"Der Vorteil für Daimler-Benz und andere", so Reh, "besteht darin, daß der Konzern die Zahl der Lieferanten bündeln kann und nicht mehr auf einzelne regionale Energieversorger angewiesen ist. Das führt zu günstigeren Konditionen. Der Strom muß jedoch nicht von Hamburg nach Rastatt geleitet werden. Bisherige Anbieter können als Unterlieferanten des HEW/EnBW-Konsortiums fungieren." Hintergrund für das gezielte Engagement der Hamburgischen Electricitäts-Werke sind die zu erwartenden Aktivitäten anderer Wettbewerber, die im Gegenzug auf den hanseatischen Markt drängen, um Firmen und Haushalte mit Strom zu beliefern. Zu diesem Zweck müssen die HEW ihr 15 000 Kilometer langes Netz im Wert von rund sieben Milliarden Mark der möglichen Konkurrenz gegen eine Durchleitungs-Gebühr zur Verfügung stellen.

"Aber bis jetzt haben wir noch keinen Kunden in Hamburg verloren", betonte Reh. "Wir sind mit unseren in den letzten Jahren gesenkten Preisen wettbewerbsfähig und müssen keine Dumping-Angebote machen, um Vertragspartner halten zu können."

Die Höhe der Durchleitungsgebühr für die Benutzung des HEW-Netzes von anderen Unternehmen ist dagegen umstritten. Das Bundeskartellamt überprüft deshalb gerade auf Antrag der Umweltschutzorganisation Greenpeace die Konditionen für die Durchleitung "grünes Stroms" (zum Beispiel aus Windkraft und Sonnenenergie), "der von den Launen des Wetters" abhängig sei. Der Vorwurf: In Hamburg sei beispielsweise neuen Anbietern für den Gebrauch der Kupfer- und Aluminiumkabel ein Preis in Höhe von 11,2 Pfennig pro Kilowattstunde unterbreitet worden. Nach Greenpeace-Angaben gibt es aber keine verbindlichen Regelungen, welche Preise für das Durchleiten gezahlt werden müssen. Die Organisation schätzt die realen Kosten des Netzbetriebes nur auf vier bis fünf Pfennig. Die Umweltschützer berufen sich dabei auf Größenordnungen in Ländern, in denen der Strommarkt schon vor Jahren liberalisiert worden sei.

"Die Durchleitung des ,grünen Stroms' wird genauso behandelt wie die von Atomstrom. Wir verhalten uns wettbewerbsgerecht. Wir haben eine Zukunft vor uns, über die nur spekuliert werden kann. Der Kunde treibt den Wettbewerb und wird verbesserte, daß heißt weniger aufwendige Regelungen erzwingen. Wir müssen das System mitgestalten", unterstrich Reh.

Dazu gehört auch Imagepflege. Um die HEW überregional noch besser ins Gespräch zu bringen, fördert das Unternehmen den Radsport. Anfangen hatte das Engagement mit den international besetzten Straßen-Rennen "Cyclassics" in Hamburg, bei denen Profis und Amateure am Start waren. Inzwischen tragen 300 Nationalfahrer aller Klassen an insgesamt 2500 Veranstaltungstagen ein Trikot mit HEW-Emblem. Und im nächsten Jahr soll mit Unterstützung des Energie-Unternehmens erstmals die 16 Tage dauernde "Deutschland-Tour" stattfinden. "Wir versprechen uns davon einen noch größeren Bekanntheitsgrad", so Reh. "Denn wir können unser Produkt nicht einfach verpacken und wie Kaugummi verkaufen. Trotzdem bin ich überzeugt, daß wir vielleicht schon in einem Jahr Strom-Verträge an der Ladentheke im Supermarkt anbieten. Das wäre zum Beispiel per Zähler-Kombination mit Geldkarte denkbar."

Quelle: DIE WELT, 19.10.1998

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Vasa sieht sich durch EnBW diskriminiert

xs. Stuttgart (Eigener Bericht) - Beschwerde beim Bundeskartellamt hat die Vasa Energy GmbH & Co. KG, Hamburg, gegen das Verhalten der EnBW Transportnetz AG, Stuttgart, eingelegt. Zudem erwägt die Vasa Energy, eine Schadenersatz-Klage zu erheben. Der EnBW-Konzern habe, so erklärte Geschäftsführer Marcus Mattis, Anträge der Vasa Energy auf Stromdurchleitung zu Kunden verzögert und in einem Fall sogar rechtswidrig abgelehnt, obwohl das neue Energiewirtschaftsgesetz den Stromkunden die freie Wahl zwischen unterschiedlichen Lieferaten erlaube. Die Stromlieferungen sollten an drei Stadtwerke sowie ein Elektrizitätswerk gehen.

Im Fall der Ablehnung des Netzzugangs, klagte Mattis, habe der EnBW-Konzern seine marktbeherrschende Stellung mißbraucht. Nachdem der potentielle Kunde, "ein großes Stadtwerk im Norden Baden-Württembergs" verschreckt bei Vasa Energy abgesprungen sei, habe der EnBW-Konzern selbst mit diesem Stadtwerk (mit rund 25 000 Haushalten) einen neuen Liefervertrag geschlossen. "Der Strompreis", sagte Mattis, "lag dabei niedriger als bei unserem Angebot." Trotz der Liberalisierung blockten einige traditionelle Energieversorger die Newcomer beim Wettbewerb ab, erklärte der Vasa Energy-Geschäftsführer. Deshalb hofft er, mit Blick auf die neue rot-grüne Bundesregierung, auf eine Netzzugangsverordnung und eine Regulierungsbehörde auch für den Strommarkt, so wie sie es für den Telekommunikationsmarkt gibt. Der freie Wettbewerb, meint Mattis, bringe nämlich den Stromkunden Kostenvorteile von 20 bis 30 Prozent.

Der Newcomer Vasa Energy, an dem die Vattenfall AB, Stockholm, der größte skandinavische Energieversorger zu 75 Prozent beteilig ist, macht derzeit im Dienstleistungsschäft einen Umsatz von rund 10 Millionen und mit Kraftwerksbeteiligungen weitere rund 50 Millionen. Schon in 5 Jahren will Vasa Energy, so Mattis, einen Umsatz von 1 Milliarde DM haben. Als potentielle Kunden sieht der junge Energieversorger die Stadwerke, mittelgroße und große Industrieunternehmen und danach auch die Haushalte.

Quelle: Süddeutsche Zeitung 14.10.1998

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Am besten, man bezieht den Strom einfach aus der Steckdose

Bei der freien Wahl auf dem "liberalisierten Markt" kommt dem Endverbraucher kaum die Erleuchtung

Von Matthias Bartsch

Und immer wieder "Pour Elise": "Herr Becker meldet sich nicht, Moment", sagt die Frau in der Leitung, dann noch mal "Pour Elise", dann Herr Büchner, aber der kennt sich auch nicht aus "bei dem komplizierten Thema", und ergebnislos bleiben auch Schaltungen zu Herrn Michel, Herrn Salmon, Herrn Winter...

Also wie ist das nun? Seit einem halben Jahr gibt es jetzt schon den "liberalisierten Strommarkt": Jeder kann seinen Strom dort einkaufen wo er will, und lokale Versorger wie die Stadtwerke sind verpflichtet, ihn dann durch ihre Netze an den Endverbraucher weiterzuleiten. Große Kunden wie die Flughafen AG, so stand es in der Zeitung, haben schon Angebote bekommen, sich für gerade mal 7,1 Pfennig pro Kilowattstunde einzudecken. Daraufhin sind die Stadtwerke mal eben auf etwa acht Pfennig runtergegangen, um die FAG als Kunden zu behalten. Da kommt der Frankfurter mit seinen knapp 30 Pfennigen einerseits ins Grübeln und andererseits in Versuchung, seine "Marktmacht" auch mal auszutesten.

Doch nachdem man "Pour Elise" auf der Telefon-Tour durch die Sachbearbeiter-Büros der Stadtwerke nicht mehr hören kann, weiß vielleicht der Pressesprecher weiter. "Für Privatkunden gibt's das noch gar nicht", ist dessen erste Reaktion. Gibt's doch, sagt uns das "Energiewirtschaftsgesetz", das uns die alte Bundesregierung im April noch als große Segnung verkauft hatte. Also muß der Sprecher "erst mal recherchieren", und einen Tag später hat er herausgefunden: "Sie haben recht, das gibt es doch - in der Theorie."

In der Praxis würde uns "mit Ihren paartausend Kilowattstunden" ohnehin niemand den Strom so billig verkaufen, daß sich "der ganze Aufwand mit der Durchleitung lohnen würde". Mag sein, aber vielleicht wäre der ein oder andere Frankfurter ja auch an ökologisch erzeugtem Strom interessiert, wie ihn beispielsweise die Firma "Naturstrom" in Düsseldorf anbietet - garantiert nur aus Wind, Sonnen und Biomasse-Energie erzeugt. Wenn man den also nun lieber kaufen will, als den Stadtwerke-Strom?

Dann, sagt der Stadtwerke-Sprecher, "können wir den theoretisch auch durchleiten. Aber das kostet natürlich Geld." Wieviel? Das könne jetzt noch niemand sagen, denn dafür gebe es keine Regelungen im Gesetz. Spätestens bis zum Jahr 2000, so verspricht das städtische Versorgungsunternehmen, werde man zwar eigene Durchleitungsgebühren errechnet haben - aber dabei bleibe es ja nicht. Wenn der Strom aus Düsseldorf bezogen würde, könnten die dortigen Stromversorger natürlich auch Durchleitungsgebühren verlangen; außerdem alle Besitzer von Stromleitungen dazwischen, Großkonzerne vermutlich wie Preussenelektra oder RWE. Mit all denen müßte man also eigene Durchleitungsabkommen treffen und jährlich die Gebühren - Preise bis zu 20 Pfennig pro Kilowattstunde und Durchleiter werden von Stromversorgern im Norden Deutschlands schon genannt - abrechnen. "Na, da haben ja Sie was zu tun", sagt der Stadtwerke-Sprecher noch.

Auch beim Überschlagen der gesammelten Durchleitungsgebühren kommt der ökologisch wie ökonomisch orientierte Mensch zu dem Schluß, daß es wohl vernünftiger wäre, der Firma "Naturstrom" eine Spende zu überweisen und ansonsten alles zu lassen wie es ist. So ist das halt mit der "Marktmacht": Am Ende bleibt nur die bange Hoffnung, daß die Stadtwerke den kräftigen Preisnachlaß, den sie der FAG nach dem Hinweis auf das 7,1 Pfennig-Angebot gewährten, nicht über eine Erhöhung der Kleinverbraucher-Gebühren wieder reinholen müssen.

Quelle: Frankfurter Rundschau Vermischtes 14.10.1998

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Vasa Energy erwägt Klage gegen EnBW

Angeblich Benachteiligung bei Stromdurchleitung - Energieversorger weist Vorwürfe zurück

STUTTGART. Wegen angeblicher Benachteiligung bei der Stromdurchleitung zieht der Hamburger Energieversorger Vasa Energy eine Schadensersatzklage gegen die Energie Baden-Württemberg (EnBW) in Erwägung.

Der Energieversorger EnBW in Karlsruhe habe Anträge auf Stromdurchleitung zu Kunden in Baden-Württemberg verzögert und in einem Fall rechtswidrig abgelehnt, sagte der Geschäftsführer des deutsch-schwedischen Unternehmens, Marcus Mattis, in Stuttgart. Die Vasa Energy GmbH& Ko. KG habe deshalb auch eine Beschwerde beim Bundeskartellamt eingereicht.

¸¸Wir werden bei unseren Anträgen auf Nutzung des Stromnetzes von der EnBW systematisch benachteiligt'', sagte Mattis. Durch die Ablehnung in dem einen Fall sei ein bereits geplantes Geschäft mit einem Großkunden im Norden Baden-Württembergs nicht zustande gekommen. Der Vasa sei dadurch ein Verlust von rund 10 Millionen DM entstanden, sagte Mattis.

Die EnBW wies den Vorwurf rechtswidrigen Handelns indessen zurück. ¸¸Von einer Benachteiligung in irgendeiner Form kann überhaupt keine Rede sein'', sagte ein Sprecher. Zwar sei es bei den Anträgen von Vasa zu der einen oder anderen Verzögerung gekommen, diese hätten sich aber in keinem Fall in einer nennenswerten Größenordnung bewegt, hieß es bei der EnBW. ¸¸Der Grund für die Verzögerungen lag darin, daß entsprechende Unterlagen von Vasa nicht ganz vollständig waren'', so der Sprecher.

Bereits vor zwei Wochen ist Vasa beim Bundeskartellamt in Berlin vorstellig geworden und hat dort eine Beschwerde gegen die EnBW eingereicht. Da der Energiebereich im Unterschied zum Telekommunikationsmarkt nicht durch eine rein gesetzliche Regelung, sondern eine Verbändelösung entmonopolisiert wurde, kommt dem Kartellamt dadurch quasi die Funktion einer Regulierungsbehörde zu.

¸¸Allerdings können wir nicht im voraus festlegen, welche Preise als marktgerecht anzusehen sind und welche nicht'', sagte ein Sprecher des Bundeskartellamtes auf Anfrage, ¸¸es muß vielmehr im nachhinein in jedem Einzelfall entschieden werden, was als Preisdiskriminierung anzusehen ist.'' Es dauere mindestens zwei Wochen, bis über die Beschwerde von Vasa eine Entscheidung getroffen werden könne.

Als größter Stromanbieter Baden-Württembergs versucht die EnBW, auch bundesweit Kunden zu gewinnen, und ist somit selbst auf die Nutzung fremder Netze angewiesen. ¸¸In einer solchen Situation würden wir doch ein Eigentor schießen, wenn wir andere in unserem eigenen Netz systematisch behindern würden'', sagte der EnBW-Sprecher.

Auch den Vorwurf, der Ex-Monopolist versuche, durch Dumpingpreise Kunden von einem Wechsel zur eigentlich günstigeren Vasa abzuhalten, weist die EnBW zurück. Die Preise des baden-württembergischen Energieversorgers seien absolut marktgerecht. Daher gehe man fest davon aus, daß das Bundeskartellamt im Sinne des EnBW entscheiden werde.

Quelle: Stuttgarter Zeitung 15.10.1998

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Angleichung der Strompreise Ost an Westen derzeit kaum

möglichWirtschaftsforschungsinstitut DIW bleibt skeptisch<Bild>Berlin (EB). Die höheren Strompreise in Ostdeutschland gegenüber den alten Ländern können in absehbarer Zeit nach Ansicht des DIW nur unter erheblichen Anstrengungen beseitigt werden. Grund seien die ungünstigen Rahmenbedingungen und die schwierige Ausgangslage der ostdeutschen Stromwirtschaft im beginnenden Wettbewerb, schreibt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) im jüngsten Wochenbericht.

So könnten die nach den Milliardeninvestitionen geschaffenen Kraftwerkskapazitäten nur mit Stromlieferungen nach Westdeutschland besser ausgelastet und so günstigere Angebote gemacht werden. Die Stromexporte dürften allerdings geringer ausfallen als erhofft. Ein weiterer Nachteil seien die geringeren Kapitalreserven der Ost-Stromwirtschaft.

Ein Hindernis für mehr Stromexporte ist nach Meinung des DIW die Tatsache, daß etwa der überregionale Ost-Versorger Veag (Berlin) mehrheitlich großen West-Stromkonzernen gehört. Diese würden die mit dem Energiewirtschaftsgesetz geschaffenen Möglichkeiten für überregionalen Wettbewerb "vermutlich nicht besonders engagiert nutzen". Ferner könnte auch die bis 2003 geltende Schutzklausel für die ostdeutsche Braunkohleverstromung dämpfend wirken. Nach dieser Klausel könnten Einspeisungen in das ostdeutsche Netz verhindert werden, soweit der Absatz von Braunkohlestrom beeinträchtigt werde.

Die Sonderregelungen für die Stromversorgung in Ostdeutschland sollten nach Meinung des DIW nach dem Jahre 2003 abgeschafft beziehungsweise durch Strukturen ersetzt werden, die einen fairen überregionalen Wettbewerb auf dem deutschen Strommarkt ermöglichen würden. Soweit die Rahmenbedingungen nicht grundlegend verändert würden, dürften die Stromlieferungen von Ost- nach Westdeutschland zumindest bis zum Jahr 2003 eher gering ausfallen. Die jüngst angekündigten Preisnachlässe durch die Veag zeigten aber, daß der Wettbewerb eine solche Entwicklung erzwinge.

Die Veag will nach eigenen Angaben bis spätestens zum Jahr 2003 das niedrigere West-Niveau erreichen. Nach ihren Angaben liegen die ostdeutschen Preise im Schnitt einen Pfennig oder sechs Prozent über dem West-Niveau. Das Unternehmen hatte weitere Preisnachlässe für die Industrie im dreistelligen Millionenbereich angekündigt (wir berichteten). Finanziert werden sollen diese etwa über eine veränderte Abschreibungspolitik und weitere Rationalisierungen.

Quelle: Leipziger Volkszeitung 7.10.1998

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Stadtwerke Bremen setzen auf Stromeinkauf

beu HAMBURG. Die Stadtwerke Bremen AG (SWB) wird ihre Strombeschaffung neu gestalten und den Anteil des selbst produzierten Stroms von bisher 90 % an den insgesamt abgesetzten 4,8 Mrd. kWh deutlich zugunsten des Stromeinkaufs senken.

Damit könne der zu beschaffende Strom dem Absatzbedarf flexibler angepaßt werden, als dies mit der derzeitigen Kraftwerksstruktur möglich ist, sagte der SWB-Vorstandsvorsitzende Gerhard Jochum auf Anfrage.

Die Stadtwerke-Erzeugung soll damit nach einem Vorstandsbeschluß umgebaut werden von einem "Erzeugungsbereich, der sein angeschlossenes Versorgungsgebiet beliefert" zur "kunden- und verbrauchsnahen Strom-Produktion". Ihre Zukunft sieht der SWB-Vorstand in der Lieferung einer Teilmenge des Bedarfs an Kunden in Bremen, dem Betrieb von Kundenanlagen, von Anlagen der Deutsche Bahn AG sowie der Verstromung von Gichtgas.

Für die kundennahe Bearbeitung des Erzeugungsmarktes gründet die SWB zum 1. Januar als 100 %ige Tochter eine Kraftwerk-Gesellschaft, in die das entsprechende Anlagevermögen und Personal eingestellt werden. Damit verbunden wird die Stillegung von fünf Kraftwerksblöcken in den Jahren 2000 bis 2005 mit einer Gesamtkapazität von 450 MW. Es sind dies die Blöcke "Mittelsbüren 1 und 2", "Hafen 5", "Hastedt 14 und 15". Damit verbleibt der SWB eine Eigenkapazität von 550 MW.

Nach Jochums Worten werden hiervon 400 der insgesamt 2 400 Mitarbeiter der SWB betroffen. Die Hälfte von ihnen könne eine "normale" Vorruhestandsregelung in Anspruch nehmen.

Für die Neuausrichtung des Strombereichs sucht die SWB einen Kooperationspartner. Dies könnte nach Ansicht von Jochum die Preussenelektra AG, Hannover, sein. Die angestrebte engere Zusammenarbeit könnte, so Jochum, beinhalten, daß die Stadtwerke Bremen ihren gesamten Strom an einen starken Partner liefert, der innerhalb seines Gesamtabsatzes sehr viel mehr Spielraum hat, als die SWB. Als Gegenzug für die Übertragung des Marktanteils der SWB erwartet Jochum eine feste Vereinbarung über die Preise für einen längeren Zeitraum. Jochum: "Ziel ist, die garantierten Mengen und Preise entsprechend dem Umbauplan des Kraftwerkparks zu vereinbaren." So könnten extreme Anforderungslasten vermieden werden.

Vorgesehen ist, daß künftig 60 % der benötigten Strommengen über längerfristige Verträge, die restlichen 40 % über Spotkäufe bzw. Verträge mit kurzen Laufzeiten bezogen werden.

Quelle: HANDELSBLATT, 07. Oktober 1998

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Bayernwerk sucht neue Strategien im liberalisierten Markt

Der Stromkonzern will im aufziehenden Wettbewerb aktiv, aber nicht aggressiv agieren. In der Kernenergie werden Konsensgespräche nicht ausgeschlossen, wenn die neue Regierung bereit ist, über ökonomisch realistische Ausstiegsszenarien zu reden.

um BATH. Der Jahresüberschuß der zum Viag-Konzern gehörenden Bayernwerk AG, München, wird 1998 trotz höherer Belastung aus der Telekommunikation gleich hoch oder etwas höher ausfallen als 1997 (654 Mill. DM). Vor Steuern und ohne die anteilige Verlustübernahme aus der 45prozentigen Viag Interkom-Beteiligung, die steuerlich bedingt nicht bei der Viag, sondern bei der Stromtochter liegt, werde sich das Bayernwerk-Ergebnis sogar wesentlich verbessern. Das erklärte Finanzchef Manfred Klis im englischen Bath.

Neben der erstmaligen Vollkonsolidierung der Isar-Amperwerke AG und der ungarischen Beteiligung trägt ein besseres Finanzergebnis zu dieser positiven Entwicklung bei; denn nach den hohen Engagements des Vorjahres (Isar-Amperwerke, Bewag) wurde 1998 Investitionszurückhaltung geübt. Ein wesentlicher Effekt ergibt sich aber aus der Kostensenkungsoffensive, mit der das Bayernwerk als eines der ersten Unternehmen der Branche auf die neue Wettbewerbssituation am liberalisierten Strommarkt reagierte. Das bisher realisierte Kostensenkungspotential, so Bayernwerk-Chef Otto Majewski, sei weit höher, als die vom Markt derzeit abverlangten Preiszugeständnisse. Laut Klis blieb ein zweistelliger Millionenbetrag zur Ergebnisverbesserung übrig.

Für die Jahre 1999 und 2000 erwartet Majewski aber einen "massiven Preisverfall". Der Wettbewerb habe inzwischen eindeutig Fahrt aufgenommen. Dabei werde das Bayernwerk eine aktive aber nicht aggressive Rolle spielen. Unter dem Strich strebe man einen Zuwachs an, wolle aber Preise und Margen nicht "möglichst schnell verderben".

Vertriebsvorstand Klaus Forster sieht ein primäres Ziel in der Sicherung des Heimatmarktes. Parallel dazu erfolge die Vorbereitung auf neue Märkte. Sie beginnt demnächst mit einer bundesweiten Kampagne zur Schaffung einer Dachmarke. Bei der internationalen Marktausweitung richtet das Bayernwerk den Fokus besonders auf Österreich.

Seit 1. Mai 1998 wird im Konzern eine zentrale Vertriebstruppe mit einer Sollstärke von 100 Mann aufgebaut, die Großkunden akquirieren und an das Unternehmen binden soll. Bislang konzentrieren sich Marktauftritt und Kundensicherung stark auf die Industriekunden. Ein geringeres "Gefährdungspotential" vermutet Forster bei den Tarifkunden. Da dort bei durchschnittlichen Stromrechnungen von 60-80 DM/Monat prozentuale Ermäßigungen nicht so stark durchschlagen, setzt das Bayernwerk stärker auf Kundenbindungsprogramme.

Bei den Industriekunden haben es die Stromkonzerne zunehmend mit sog."Bündlern" zu tun, d.h. großen Konzernen mit Abnahmestellen an verschiedenen auch überregionalen Orten. Das Bayernwerk sei mit allen im Gespräch und habe bereits eine Reihe von Abschlüssen getätigt. Neue Vertriebskanäle macht Forster bei den "Mehrfachbündlern" aus (großen Handelsketten, die ihrerseits Unterlieferanten mit Strom beliefern), im Zusammenschluß von Gemeinden oder im Geschäft mit Weiterverteilern. Über die Beteiligung an der Schweizer Watt AG, die über jahrelanges Know-how im Stromhandel verfügt, werde man auch in dieses Geschäft einsteigen.

Im Umgang mit den Kunden hat eine neue Philosophie Einzug gehalten. Neue Flexibilität beweist der Elektrizitätskonzern mit Just-in- time-Lieferungen, verkürzten vertraglichen Bindungsfristen, Bedarfsanalysen und Beratungen sowie stärkerem Eingehen auf Kundenwünsche. Dazu könnte auch das Angebot von "Ökostrom" zählen. Die These, regenerative Energien blieben im Wettbwerb auf der Strecke, teilt Forster nicht: "Wenn neue regenerative Energien nachgefragt werden, müssen wir dafür die Voraussetzung schaffen". Das müsse allerdings marktkonform geschehen und nicht auf der Basis zwangsverordneter Förderinstrumente.

Die Kernenergie ist für Konzernchef Majewski auf absehbare Zeit unverzichtbar. Sollte die neue Regierung aber bereit sein, über Fristen zu reden, die sich im Bereich "ökonomischer Realität" bewegten, wäre die Branche nach seiner Meinung schlecht beraten, ein Gesprächsangebot abzulehnen. Solche Fristen seien allerdings nicht identisch mit den Abschreibungszeiten. Auch bei moderaten Fristen beliefen sich die volkswirtschaftlichen Kosten eines Ausstiegs auf einen dreistelligen Milliardenbetrag. Bei einem erzwungenen Szenario seien die Schadenersatzforderungen umso höher, je kürzer die Ausstiegsfristen.

Aussagen über die Weiterentwicklung der Kernenergie seien schwierig. Es gelte der Primat der Politik. Über dem Europäischen Druckwasserreaktor (EPR), der gemeinsam von Siemens und der französischen Framatome entwickelt wird, schwebe "ein Damoklesschwert". Dabei zeige diese Entwicklung "dramatische Erfolge bei Kosteneinsparung und Sicherheit". Der Investitionspreis für den EPR beläuft sich inzwischen auf 2 500 DM pro installierter kWh, gegenüber 3 800 DM für die zuletzt errichteten Atomkraftwerke.

Quelle: HANDELSBLATT, 07. Oktober 1998

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RWE will Rekordergebnis steigern

UNTERNEHMEN / Entsorgung muß den Überschuß um mindestens 200 Mill. DM verbessern

Eine Steigerung des Ergebnisses um zehn Prozent erwartet RWE für das laufende Geschäftsjahr. Einziger Verlustbringer bleibt die Telekommunikation mit einer nochmaligen Zunahme. Die Entsorgung muß den Ausgleich schaffen.

ews ESSEN. Auf solidem Wachstumspfad will die RWE AG, Essen, auch im Geschäftsjahr 1998/99 (30.6.) mit ihren sieben Geschäftsbereichen bleiben. Der Umsatz soll um 3 % bis 4 % wachsen, nachdem er im Vorjahr nur um 0,8 % auf 72,7 Mrd. DM gestiegen war. Bereinigt um Akquisitionen und Desinvestitionen sank er um 2,5 %. Noch einmal deutlich besser als der Umsatz soll sich der Jahresüberschuß im Konzern mit einer Steigerung von wiederum 10 % entwickeln, obwohl die Anlaufverluste in der Telekommunikation plangemäß weiter steigen werden.

Doch hat sich die Lage beim anderen Sorgenkind Entsorgung entspannt. Der Bereich "muß nach 460 Mill. DM Verlust in diesem Jahr zumindest ein ausgeglichenes Ergebnis vorlegen und ein Jahr später ein Ergebnis von mindestens 200 Mill. DM beitragen", wie Vorstandsvorsitzender Dietmar Kuhnt von Richard Klein, dem Vorsitzenden des Geschäftsbereichs Entsorgung, der in RWE Umwelt AG umbenannt wird, fordert.

Die Verluste der Entsorgung addierten sich in den vergangenen Jahren im Einzelabschluß auf 1,6 Mrd. DM. Allein im Berichtsjahr mußte noch einmal tief in die Tasche gegriffen werden, um mit 410 Mill. DM die Sanierung des Osteuropageschäfts voranzubringen. Von den geplanten Desinvestitionen von 117 Gesellschaften wurden bisher 40 mit einem Umsatz von 177 Mill. DM verkauft. Der Rest mit 237 Mill. DM Umsatz soll bis Ende des Jahres folgen. Durch die erstmalige Konsolidierung der neuen Trienekens AG wird sich der Umsatz der Umweltsparte auf 2,8 (2) Mrd. DM erhöhen. Mit der Telekommunikation, die zum Schwerpunkt Erschließung zukunftsträchtiger Märkte gehört, hat Kuhnt mehr Geduld, obwohl er Fehler beim Start in den liberalisierten Markt zugesteht. Nach anteiligen RWE-Verlusten von 324 Mill. DM, die noch durch den Verkauf von Talkline und Auflösung von Drohrückstellungen in nicht genannter Höhe entlastet wurden, fallen im laufenden Jahr mindestens noch einmal 500 Mill. DM Verluste an.

Den Nichteinstieg des internationalen Partners BellSouth bei Otelo, dem Gemeinschaftsunternehmen von Veba (51,25 %) und RWE (48,75 %), sieht Kuhnt mehr als Imageschaden denn als Nachteil beim weiteren Aufbau des Geschäfts. "Trotz des verspäteten Starts, der schwer einschätzbaren Marktverhältnisse sowie der Entscheidung, im Festnetzbereich ohne ausländischen Partner zu agieren, gehen wir weiterhin davon aus, daß wir uns mit Otelo und E-Plus zu einem der führenden Anbieter im deutschen Telekommunikationsmarkt entwickeln werden", erklärte Kuhnt weiter.

Der Schritt, daß das Ausland einen Anteil von 25 % am RWE-Konzernumsatz erreicht, wird in diesem Jahr schon dadurch erreicht, weil die hochprofitable US-Steinkohlenbeteiligung Consol nach der Übernahme von weiteren 44 % auf 94 % erstmals mit einem Umsatz von 2,3 Mrd. $ konsolidiert wird. Die Übernahme kostete weniger als 840 Mill. $. Mittelfristig sollen etwa 30 % des Consol-Kapitals an die Börse in den USA gebracht werden. Im Geschäftsjahr 1997/98 sank der Umsatz im Geschäftsbereich Bergbau und Rohstoffe wegen der Desinvestition in den Bereichen Krane, Schwertransporte sowie Transport und Logistik auf 3,1 (4,0) Mrd. DM. Das Ergebnis, das nach Sanierung und Abgabe der Problemfelder um 36,5 % auf 370 Mill. DM verbessert wurde, wird durch Consol noch einmal einen Schub erhalten.

Stärkste Ertragssäule im Konzern bleibt die Energie, die mit einer Ergebnissteigerung um 26,2 % auf 823 Mill. DM einen Rekord erzielt hat. Darin spiegelten sich die Kostensenkungsmaßnahmen um 1,6 Mrd. DM bei Energie sowie Bergbau in den vergangenen fünf Jahren ebenso wider wie die Senkung der Braunkohlenpreise zur Jahresmitte 1997. "Doch kämpfen wir bei Rheinbraun ausdauernd um die Wettbewerbsfähigkeit der Braunkohle", so Kuhnt. Aus der Liberalisierung der Energiemärkte werde RWE gestärkt hervorgehen, ist er sich jedoch sicher.

Der Hauptversammlung am 19.11. wird neben der Erhöhung der Dividende um wieder 0,10 DM auf 1,70 DM und der Zahlung eines Bonus von 0,10 DM je 5-DM-Aktie, die Umstellung auf Stückaktien sowie ein Aktienoptionsprogramm für Führungskräfte und Mitarbeiter vorgeschlagen. Im ersten Schritt sollen 200, später 600 Manager verbilligte RWE-Aktien beziehen können, wenn der Kurs um mindestens 6 % jährlich steigt und die Performance des Stoxx-Indexes mindestens erreicht wird. Für die Mitarbeiter wird das bestehende jährliche Belegschaftsaktienprogramm erweitert.

Quelle: HANDELSBLATT, Dienstag, 06. Oktober 1998

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RWE-Konzern: Die Zukunft liegt im Energiebereich

Telekommunikation schreibt noch rote Zahlen - Weniger Beschäftigte im Inland

Von Hannsjörg Lawrenz

Essen. Der Essener RWE-Konzern will sich mit einer stärkeren internationalen Ausrichtung und Neuordnung der Geschäftsfelder fit machen für das nächste Jahrtausend. "Wir fokussieren unseren Konzern auf die Kerngeschäftsfelder", sagte der Vorstandsvorsitzende der RWE AG, Dietmar Kuhnt, gestern bei der Bilanzvorlage in Essen. Dabei stehe die Vorbereitung des Energiebereichs auf den Wettbewerb an erster Stelle. Weiterer Schwerpunkt seien zukunftsträchtige Wachstumsmärkte wie die Telekommunikation.

Ausland steuert bereits 23 Prozent zum Umsatz bei

Bislang verbuchte das Unternehmen jedoch in dieser Sparte noch hohe Anlaufverluste. RWE betreibt gemeinsam mit der Veba das Gemeinschaftsunternehmen Otelo. Hier entstanden im abgelaufenen Geschäftsjahr 1997/98 (30.Juni) erneut Verluste von 324 Millionen Mark. Durch Sondererträge unter anderem aus dem Verkauf der Talkline-Gruppe seien sie aber begrenzt worden. Für 1998/99 rechnet Kuhnt nochmals mit roten Zahlen von 500 Millionen Mark. Auch der Entsorgungsbereich schlug mit einem Verlust von 460 Millionen Mark zu Buche. Nach einer Neuausrichtung der Sparte sollen 1998/99 aber positive Ergebnisse erzielt werden. Künftig wird der Mischkonzern den Entsorgungsbereich unter RWE Umwelt Aktiengesellschaft führen.

Besonders positiv entwickelten sich dagegen die Bereiche Maschinen-, Anlagen- und Gerätebau sowie die Energie, die mit einem Jahresüberschuß von 823 Millionen Mark (plus 26,2 Prozent) die wichtigste Ertragssäule der RWE bildete.

Zum Thema Garzweiler II erklärte Kuhnt, er rechne auf jeden Fall noch in diesem Jahr mit einer Genehmigung. Sollte sich die Entscheidung noch weiter verzögern, müsse überlegt werden, welche rechtlichen Schritte gegen die Landesregierung unternommen werden müßten.

Insgesamt konnte der fünftgrößte deutsche Industriekonzern im vergangenen Jahr den Gewinn um gut zehn Prozent auf 1,4 Milliarden Mark steigern. Der Umsatz blieb mit 72,7 Milliarden Mark praktisch unverändert. Für 1998/99 peilt der RWE-Vorstand erneut kräftige Zuwächse an. So sollen der Umsatz um drei bis vier Prozent und der Jahresüberschuß um zehn Prozent zulegen.

Im 100. Geschäftsjahr 1997/98 baute RWE vor allem das Auslandsgeschäft aus, das nunmehr 23,1 (18,8) Prozent zum Umsatz beisteuert. Im Ausland stieg auch die Zahl der Arbeitsplätze auf knapp 31.000, während sie in Deutschland trotz Schaffung neuer Arbeitsplätze im Telekommunikationsbereich (Otelo) und in der Druckmaschinensparte (Heidelberg) um 6,7 Prozent sank. Insgesamt werden mit 145.600 Mitarbeitern 9000 mehr beschäftigt als im Vorjahr.

Von den Ergebniszuwächsen sollen die RWE-Aktionäre mit einer um zehn Pfennig auf 1,70 Mark erhöhten Dividende profitieren. Außerdem will das Unternehmen anläßlich des 100jährigen Bestehens einen Jubiläumsbonus von ebenfalls zehn Pfennig je Aktie ausschütten.

Quelle: Kölnische Rundschau 07/10/’98

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Strompreise sollen auf breiter Basis fallen

Mit Einkaufskonsortien profitieren auch kleine und mittlere Unternehmen von der Liberalisierung des Strommarktes. Selbst Direktleitungen in Nachbarländer können sich rentieren. Experten rechnen damit, daß die Strompreise schon bald um 10 bis 20 % sinken.

DÜSSELDORF. Die Strommarktliberalisierung wird nicht nur Großunternehmen Vorteile bringen. "Auch kleine und mittlere Betriebe können vom Abbau der Wettbewerbsbeschränkungen profitieren", glaubt Alfred Richmann, Energieexperte des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHT).

Die Angst vor einem gespaltenen Strommarkt sei unbegründet. Durch geschickte Preisverhandlungen, den Bau von Direktleitungen und individuelle Lieferverträge lasse sich auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) manche Mark sparen. Die Drohung, den Anbieter zu wechseln, reiche für günstigere Konditionen häufig schon aus. Wichtigstes Instrument zur Kostensenkung ist die Durchleitung von Strom durch bestehende Netze. Kleine Unternehmen, die auf dem neuen Strommarkt allein keine Chance für bessere Konditionen sehen, können sich zu Einkaufsgemeinschaften zusammenschließen.

In einigen Fällen kann sich auch der Bau von Direktleitungen rechnen. Über lange Strecken und für einzelne kleine Unternehmen sei das zwar zu teuer. Kurze Stichleitungen, besonders über die Grenzen bisheriger Versorgungsgebiete oder in Nachbarländer wie Frankreich, Niederlande, Dänemark, Tschechien oder die Schweiz, könnten sich aber rechnen, so der DIHT. Vor allem, wenn sich Interessengemeinschaften bildeten. Rechtliche Schwierigkeiten erwartet der DIHT für Selbstversorger nicht: "Gemeinden müssen ihre Verkehrswege für die Verlegung von Leitungen zur Verfügung stellen", sagt Richmann.

Veränderungen bahnen sich auch bei den bisher starren Lieferverträgen an. Immer häufiger weichen sie individuellen Lösungen. Viel stärker werden in Zukunft der betriebliche Bedarf und die individuellen Erfordernisse berücksichtigt. Stromkunden könnten etwa eine Grundmenge vertraglich festlegen und Spitzen als Spotmenge kurz- oder mittelfristig dazukaufen, empfiehlt der DIHT.

Quelle: HANDELSBLATT 21.9.1998

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Norwegen-Strom: Kritik und Zustimmung

Hamburgs Abgeordnete wollen mehr über das Projekt "Wasserkraft aus Norwegen" wissen. Einstimmig forderte das Parlament auf Antrag der SPD den Senat auf, bis Jahresende über den derzeitigen Stand der Realisierung von Stromlieferungen durch die Nordsee zu berichten.

   Wie berichtet, gibt es ökologische Probleme bei der Verlegung der Kabel durch das Wattenmeer. 1995 schon hatten die Versorgungsunternehmen HEW und RWE mit einem norwegischen Konsortium den Vertrag geschlossen. Im Jahre 2004 soll der Strom-Transfer beginnen.

   "Wasserkraft aus Norwegen eröffnet die begründete Option auf den Ausstieg aus der Atomenergie", sagte die SPD-Abgeordnete Monika Schaal. Zustimmend auch Karl-Heinz Warnholz für die CDU: "Der Einsatz erneuerbarer Energiequellen muß gefördert werden."

   Sehr skeptisch äußerten sich dagegen der GAL-Abgeordnete Lutz Jobs und Umweltsenator Alexander Porschke (GAL). Der Senator findet nur ein Viertel des Projektes gut, drei Viertel seien nicht wünschenswert. Porschke: "Das ist fast wie in der derzeitigen Koalition."   (rup)

Quelle: Hamburger Abendblatt Lokales 18.9.1998

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Energieverbund macht sich bezahlt

Stadtwerke in Mecklenburg arbeiten in "Energieunion" zusammen / Gegenseitige Hilfe beim Gaseinkauf

Schwerin Die Energieversorgung effektiver gestalten und bei den Preisen in Zukunft nicht mehr von den großen Energiekonzernen abhängig sein - das sind die Hauptziele des Dienstleistungsbetriebes Energieunion, an dem auch die Schweriner Stadtwerke beteiligt sind.

Die ersten Ergebnisse können sich bereits sehen lassen. Die Zusammenarbeit der Mecklenburger Stadtwerke von Schwerin, Neubrandenburg und Rostock trägt erste Früchte, die sich mittelfristig auch finanziell in den einzelnen Stadtwerke-Kassen zu Buche schlagen werden, sagte Dr. Wulf Lammert, Geschäftsführer der Energieunion, Gesellschaft für energiewirtschaftliche Zusammenarbeit in Mecklenburg-Vorpommern mbH. Mittlerweile trifft der Untertitel der Energieunion schon nicht mehr zu: Auch Städte außerhalb des Landes wie Cottbus und Stendal wollen sich an der Energieunion beteiligen .

Das junge Unternehmen sieht seine Aufgabe in zwei Bereichen: Lastmanagement und Stromhandel. Das erste Aufgabensegment habe man schon weit vorangetrieben, sagte Lammert.

Hintergrund: Die modernen Kraftwerke der Stadtwerke basieren auf einer Kraft-Wärme-Kopplung. Diese auf Gasverbrennung beruhende Energieerzeugung ist in den alten Bundesländern bislang nahezu vernachlässigt worden. Nur etwa sechs Prozent der gesamten Energiewirtschaft mache dieser Bereich aus. Dominierend sind im Westen Kohlekraftwerke (etwa 60 Prozent), gefolgt von Kernkraftwerken (etwa 30 Prozent). Diese Kraftwerke bieten zwar dauerhaft die gleiche Stromleistung an, erzielen aber laut Lammert lediglich einen Wirkungsgrad von maximal 40 Prozent. Die Kraft-Wärme-Kraftwerke, so wie sie in Schwerin-Süd und in Lankow arbeiten, sind dagegen in der Lage, einen Wirkungsgrad von bis zu 90 Prozent zu erreichen. Der Nachteil: Vom Bedarf abhängig - Sommer und Winter - gibt es Leistungshochs und -tiefs.

Gemeinsamer Kauf von Strom geplant

Die notwendige Grundlast, den Reservestrom und eventuellen Zusatzstrom für die Kraft-Wärme-Kopplung müssen die ostdeutschen Stadtwerke einkaufen. Die Schweriner beziehen diesen beispielsweise von der Wemag. Hinzu kommt, daß die jeweiligen Stadtwerke in Schwerin, Rostock und Neubrandenburg auch noch individuell das Gas kaufen mußten. Dank der Energieunion hat das nun teilweise ein Ende.

"Die Energieunion hat einen Gaspool gebildet. Wir kaufen jetzt das Kraftwerksgas für alle drei Stadtwerke national und international ein", sagte Lammert. Dadurch seien zum einen die Einkaufspreise gesunken. Der Vorteil liege aber in der Bedarfskoordination. "Wir können jetzt unter den Stadtwerken dispatchen", so der Energieunion-Chef. "Das ist einmalig in Deutschland." Ziel ist es, solch einen Pool auch für den Einkauf des Stroms zu schaffen - für den notwendigen Grund-, Reserve- und Zusatzstrom.

Das sei jedoch derzeit noch relativ schwierig, da die Stromleitungen auf dem freien Land - die Verbindung zwischen den Mecklenburger Stadtwerken - anderen gehören, die Stadtwerke für die Stromdurchleitung ein nicht von vornherein kalkulierbares Nutzungsgeld zahlen müssen. "Wir rechnen aber mit einer weiteren Liberalisierung des Strommarktes nach internationalem Vorbild. Bei einer fairen Durchleitung des Stroms können wir auch für das Zukaufen von Energie einen Dispatching-Verbund innerhalb der Stadtwerke organisieren - ähnlich wie beim Gas", sagte Lammert - "und so Geld sparen".

Das wiederum ermögliche dann der Energieunion, die zweite Hauptaufgabe anzugehen: den Stromhandel mit internationaler Ausrichtung. Wenn dank des hohen Wirkungsrades und des Einkaufsmanagements für Strom und Gas die Kraftwerke innerhalb der Energieunion so effektiv arbeiten, daß Strom nach Bedarfsabzug übrig bleibt, kann Energie europaweit verkauft werden. Lammert: "Die Stadtwerke können dann mit der Energieunion auf dem Weltmarkt überleben, sie sind konkurrenzfähig."

In der Firma Vasa Energy haben die Stadtwerke in der Energieunion einen kompetenten Partner gefunden. Hauptgesellschafter von Vasa Energy ist die schwedische Vattenfall AB, sechstgrößter Stromproduzent Europas. Vasa Energy plant jetzt, ein Kraftwerk zu bauen, das einen konstanten Wirkungsgrad von bis zu 50 Prozent erreichen kann. Der Vorteil: Ein Mitgesellschafter der Energieunion könnte den Stadtwerken dann die notwendige Primärenergie für die Kraftwerke liefern. Beim Einkauf von Grund-, Reserve- und Zusatzstrom wäre die Energieunion nicht mehr auf Fremdanbieter angewiesen. Doch das ist noch Zukunftsmusik. Das neue Kraftwerke würde frühestens in fünf Jahren anlaufen. Bis dahin soll aber längst das Pool-System funktionieren.

Das Engagement der Stadtwerke in der Energieunion sichert das Überleben in einem härter werdenden Markt. Das bilanziert auch Stadtwerke-Geschäftsführer Helmut Eicker, der als einer der geistigen Väter der Energieunion gilt. Eicker hatte bereits Anfang der 90er Jahre mit seinen innovativen Ideen den Aufbau der ostdeutschen Stadtwerke angeschoben. "Für Großkunden, die Industrie, gibt es genügend überregionale Stromproduzenten. Doch einen stabilen, kalkulierbaren Strompreis für die Bürger anzubieten und dennoch mit weiteren Engagement wettbewerbsfähig zu sein, das können nur die kommunalen Stadtwerke leisten", sagte Eicker. Insofern profitiert jeder einzelne Schweriner von den Initiativen der Energieunion.

Quelle: SVZ Online Lokales 14.9.1998

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Strom bald aus dem Supermarkt?

IHK informierte

MÖNCHENGLADBACH (RP). In Großbritannien ist es - zumindest versuchsweise - schon möglich: Strom im Supermarkt (ähnlich dem Pay-TV) zu Tagespreisen zu kaufen. So weit ist die Liberalisierung des Energiemarktes in der Bundesrepublik zwar noch nicht, aber nach langen parlamentarischen Diskussionen hat die Bundesregierung der EU-Richtlinie zur Öffnung der Strom- und Gasmärkte in Deutschland entsprochen. Am 29. April diesen Jahres trat das entsprechende Gesetz in Kraft. Zum Thema "Neue Wege des Strombezuges" lud die IHK Mittlerer Niederrhein jetzt Unternehmer aus der Region zu einer Informationsveranstaltung ein. Fünf Referenten sprachen vor etwa 200 Gästen.

"Prinzipiell kann sich heute jeder seinen Stromversorger selber suchen", erklärte Dr. Alfred Richmann vom Deutschen Industrie- und Handelstag in Bonn. Das Herz der Energiereform, die durch die EU-Richtlinie auf den Weg gebracht wurde, sei die Trennung von Netz und Erzeuger. Demnach habe der Netzbetreiber nach einer Bundesrichtlinie "das Netz für Durchleitungen zur Verfügung zu stellen", und zwar zu einem einheitlichen Preis für jeden Benutzer. Die Folgen seien zwar noch nicht abzusehen, es zeichneten sich aber Trends ab.

Richmann führte als Beispiel eine Reihe mittelständischer Unternehmer in Bremen an, die sich zusammenschlossen, um eine bessere Verhandlungsgrundlage zu haben. Tatsächlich hätten sie ihrem Stromanbieter Preisreduzierungen im zweistelligen Prozentbereich abringen können. Ulrich Koch von den Stadtwerken Düsseldorf prognostizierte: "Es wird in Zukunft viele neue, vor allem auch ausländische Anbieter, individuellere Angebote, Energy-Broker und vielleicht sogar eine Energiebörse geben." Der Nachteil dieser neuen Vielfalt gehe allerdings zu Lasten der Transparenz. So brauchten Großunternehmen in Schweden längst eigene Energieabteilungen, die mit dem nötigen Know-How auf dem unübersichtlichen Markt tätig seien.

Im Privathaushalt würde sich ein Wechsel des Stromlieferanten kaum bemerkbar machen, fuhr Koch fort, und möglich sei das so auch noch gar nicht. Für Klein- und vor allem mittelständische Betriebe könnte ein Wechsel jedoch interessant sein. "Wichtig ist hier vor allem eine genaue Einschätzung der eigenen Anforderungen", meinte Koch.

Dr. Wolfgang Hüppe von der RWE Energie Essen erwartet, daß der Preis für Strom in Zukunft fallen wird. "Im Vergleich zum Ausland sind die Strompreise in der BRD zu hoch. Es liegt jetzt am Verbraucher, zu handeln." Auch auf der Anbieterseite werde sich laut Hüppe vieles ändern. "Die neue Situation erfordert eine viel stärkere Kundenorientierung, um den Markt aktiv zu gestalten."

Quelle: Rheinische Post 14.9.1998

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Sprengen, verladen, verdienen

Warum die RAG-Kohle aus Nordamerika für den Ruhr-Kumpel so wichtig ist

H ier in West Virginia geht alles ganz easy. Der amerikanische Übertage-Bergmann im Osten der USA muß nur eine kleine Sprengladung zünden, allenfalls einmal die Kuppe eines Appalachen-Hügels abtragen. Schon liegen die abbaufähigen Kohlenflöze griffbereit vor den Schaufeln seiner Radlader. Ein wenig gekratzt, dann schwebt die Steinkohle auf den dreiachsigen Lkw. Und schon geht es ab zur Aufbereitungsanlage mit Eisenbahnanschluß und auf den Weltmarkt: Sprengen, verladen, verdienen.

Der Abbau unter Tage erfolgt naturgemäß aufwendiger – aber ebenfalls viel einfacher als zum Beispiel an der Ruhr. Das Bergwerk Rockspring in der Nähe von Charleston, der Hauptstadt des US-Bundesstaates mit dem zweitniedrigsten Durchschnittseinkommen, braucht keinen Förderturm. Es reicht ein normaler Personenaufzug für die Fahrt in nur 80 Meter Tiefe. Dort kann von Stollen wie auf deutschen Zechen kaum die Rede sein: Die meilenweite Fahrt mit der abenteuerlich rumpelnden, ultraflachen Batteriebahn geht durch ewige Finsternis. Unten durchwandern Bergleute und Besucher die Gänge mit gesenkten Köpfen, so niedrig ist hier alles.

Die Decken sind verklebt und mit eingebohrten Ankern verfestigt. Kaum Stützen, kein Strebausbau. Bei diesem sogenannten Örter-Pfeiler-Verfahren wird das Kohlengebirge zwar gitterförmig ausgehöhlt, es bleibt aber in sich stabil und wird nach dem Abbau nicht wieder verfüllt. Der kleine Nachteil des Verfahrens: Fast die Hälfte der Steinkohle bleibt unter Tage. Doch das kann man sich in West Virginia leisten. Es ist genug Kohle vorhanden, die Produktionskosten zwischen 20 und 30 Dollar pro Tonne sind niedrig und so wie es läuft, läßt sich hier für die Konzernunternehmen der RAG AG, Essen, die frühere Ruhrkohle AG, anders als im hochsubventionierten deutschen Steinkohlenbergbau richtig Geld verdienen.

Neben dem Bergbau in den Vereinigten Staaten ist die Konzerntochter RAG EBV AG, Essen, auch an Bergbauprojekten in Australien und Venezuela beteiligt. Diese Aktivitäten sollen ausgebaut werden und die Förderung von Kohle im Ausland von heute acht Millionen Tonnen auf 20 Millionen Tonnen gesteigert werden. Daneben entwickelte sich die RAG Vertrieb und Handel (RVH) zu einem der international führenden Kohlehändler.

Mit Niederlassungen in New York, Sydney und Peking setzt die RVH heute 16 Millionen Tonnen Steinkohle um, wobei jede zweite Tonne als Importkohle in den deutschen Markt verkauft wird. Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben an den gesamten Steinkohleimporten von 26 Millionen Tonnen zu einem Drittel beteiligt.

Mit beiden Gesellschaften will der RAG-Konzern seine Position stärken, wenn durch den politisch gewollten Rückgang der Förderung in Deutschland verstärkt Importkohle benötigt wird, um die heimische Nachfrage zu befriedigen. In diesem Jahr wird der Abbau in deutschen Bergwerken planmäßig auf 43 Millionen Tonnen Steinkohle verringert werden. RAG-Konzernchef Gerhard Neipp rechnet mit einer Verdoppelung des Anteils der Importkohle spätestens bis zum Jahr 2005.

Schon heute gibt es Kundenwünsche, die sich allein mit den Erzeugnissen deutscher Zechen nicht mehr erfüllen lassen. So benötigen Stahlwerke Hochofenkoks beziehungsweise pulverisierte Kohle zum Einblasen in Hochöfen als komplizierte Mischungen, denen dann unter anderem auch RAG-Kohle aus West Virginia hinzugefügt wird. Auf diese Weise stärkt der Schaufelbagger-Fahrer im amerikanischen Tagebau die Position des Bergmannes aus dem Ruhrgebiet. Neipp: "Wir wollen die RAG absichern, dort ab und zu noch ein paar Arbeitsplätze schaffen."

Doch die Produktion von Kohle und der Handel mit ihr ist nur eines von drei Wachstumsfeldern, mit denen Neipp den RAG-Konzern mit seinen 110 000 Mitarbeitern (Umsatz: 29 Miliarden DM) aus der politischen Umklammerung befreien und internationaler ausrichten will: Da sind zweitens die elektronischen Systeme des Kraftwerksexperten Steag AG und schließlich drittens zukunftsträchtige Aktivitäten der Rütgers AG, die auf den drei Arbeitsgebieten Chemie, Kunststoffe und Straßenbau tätig ist.

Außerhalb des Orbits

So will die Rütgers-Tochter Isola ihren Marktanteil an der Herstellung von Leiterplatten in den Vereinigten Staaten in einem insgesamt wachsenden Markt deutlich steigern. Ein publikumswirksames Referenzprojekt kann Isola dabei vorweisen: Die Leiterplatten für die Bordelektronik der amerikanischen Mars- Sonde Pathfinder stammten aus dem kalifornischen Isola-Werk Fremont. "Wir sind schon etwas stolz darauf, daß wir unsere Produkte sozusagen auch außerhalb des Erd-Orbits im Einsatz haben", kommentiert Rütgers-Chef Eberhard v. Perfall.

Quelle: Süddeutsche Zeitung Wirtschaft 13.9.1998

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Strombörse kommt wahrscheinlich nach Hannover

vwd HANNOVER. Die erste deutsche Strombörse wird voraussichtlich ihren Standort in Hannover haben. Vertreter der weltweit führenden Energiebörse New York Mercantile Exchange (Nymex) und des niedersächsischen Wirtschaftsministeriums hätten einen Letter of Intent unterzeichnet, teilte der niedersächsische Wirtschaftsminister Peter Fischer heute mit. Die geplante Kooperation erhöhe die Chancen Hannovers als Börsenplatz, sagte er. Hannover biete u.a. eine von führenden Banken getragen Clearing Bank sowie Erfahrungen des Ministeriums in der Entwicklung eines Regelwerks für Warenterminkontrakte.

Die angestrebte Kooperation sehe die Nymex als Partner für die Errichtung einer elektronischen Strom- und Strom-Terminbörse vor, wobei möglicherweise auch weitere Energie- und Warenprodukte einbezogen werden könnten, so Fischer weiter. Eine Zusammenarbeit bedeutet laut Fischer, daß vor allem das Know-how der Nymex bei der Produktentwicklung zunutze gemacht werden und ein gemeinsames bereits fertiges elektronisches Handeslssystem etabliert werden könne. Dadurch würden Entwicklungskosten in Millionenhöhe gespart. Der Aufbau der Strombörse solle auch von Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen begleitet werden.

Wie der Leiter des Börsenreferats im Wirtschaftsministerium, Martin Hagena, auf vwd-Anfrage ausführte, solle in einem ersten Schritt die Strombörse errichtet und erst in einem zweiten Schritt die Möglichkeiten eines Verbundes mit der Warenterminbörse Hannover AG (WTB) geprüft werden. Die Strombörse werde aber "auf jeden Fall" finanziell und personell eigenständig agieren. Offen sei die Kostenfrage für das Projekt. Diese sowie weitere Einzelheiten sollen den Angaben zufolge nun in einer kleinen Verhandlungsgruppe besprochen werden.

Zur Beteiligung der Versicherungswirtschaft sagte Hagena, es werde überlegt, ob diese ihre Erfahrungen mit in das Projekt einbringen könnten. So werde auch die Einführung eines "Wetter-Futures" nicht ausgeschlossen, der unvorhersehbare Wetterrisiken absichern soll. Bei der Unterzeichnung des Letter of Intent am Donnerstag hätten auch Vertreter der E+S Rückversicherungs-AG, einer Tochter der Hannover Rückversicherungs-AG, teilgenommen. "Die Versicherungen verfügen über das Know-how zur Kalkulierbarkeit der Risiken durch unvorhersehbare Wetterverläufe", so Hagena. Daher sei eine Einbindung der Versicherungswirtschaft sinnvoll.

 

Quelle: Handelsblatt 11.9.1998


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Vasa Energy: Strom wird deutlich billiger

Hamburg (vwd) - Die Vasa Energy GmbH& Co. KG, Hamburg, einer der ersten ausländischen Stromanbieter im deutschen Markt, sagt ein Absinken der Strompreise von über 20 Prozent voraus. Voraussetzung für einen solchen Preisrutsch sei aber eine wettbewerbsfähige Ausgestaltung der Durchleitungspreise der Netzbetreiber. Diese seien in der jetzigen Fassung "zu kompliziert, zu teuer und diskriminierend'', sagte Geschäftsführungsmitglied Marcus Mattis. Es sei völlig unzutreffend von der ¸¸Erfolgsstory Verbändevereinbarung'' zu sprechen, wie dies einige Mitglieder der traditionellen deutschen Elektrizitätswirtschaft täten. Die von den Verbänden der Elektrizitätswirtschaft, der Industrie und der Kraftwirtschaft getroffene Übereinkunft zur Durchleitung von Strom sei in der Anwendung wettbewerbsfeindlich, da Vasa für jeden Kunden mit dem jeweiligen Netzbetreiber einzeln verhandeln müsse.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten 12.9.199

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Nordische Wasserkraft für Hamburg

Ab 2004 soll umweltfreundlicher Strom aus norwegischen Wasserkraftwerken in Hamburgs Stromnetz fließen

Mit knapp zweijähriger Verspätung soll ab Oktober 2004 umweltfreundlicher Strom aus norwegischen Wasserkraftwerken in Hamburgs Stromnetz fließen. Für ein Seekabel vom norwegischen Lista bis nach Brunsbüttel in der Elbmündung werde demnächst das Genehmigungsverfahren eingeleitet, teilte ein Sprecher der Projektgesellschaft Eurokabel gestern mit.

Die Verzögerung trat ein, nachdem sich im Januar 1997 die PreussenElektra am Kapital der Hamburgischen Electricitäts-Werke AG (HEW) beteiligt hatte. Zu diesem Zeitpunkt gab es zwei Kabelprojekte zwischen Norwegen und Deutschland: Die HEW wollte gemeinsam mit dem norwegischen Netzbetreiber Statnett das Eurokabel nach Brunsbüttel bauen, während PreussenElektra ein ähnliches Projekt ins niedersächsische Wilhelmshaven plante.

Nun sollen beide Kabel auf einer gemeinsamen Trasse zwischen Lista und Brunsbüttel verlegt werden. Dies habe neben Kostenvorteilen auch umweltpolitische Vorzüge, hieß es bei Eurokabel. Kritisch ist etwa die Trassenführung durch das Wattenmeer. Eurokabel will bis Mitte Oktober eine Studie vorlegen, die eine ökologische Bewertung des Eingriffs in den Nationalpark vornimmt. Das Unternehmen sicherte zu, die Belastungen für die Umwelt so gering wie möglich zu halten.

Das 540 Kilometer lange Doppelkabel wird eine Leistung von 600 Megawatt je Kabel aufweisen und sowohl Strom aus Norwegen nach Deutschland transportieren als auch umgekehrt, wenn in regenarmen Jahren die norwegischen Wasserkraftwerke nicht liefern können. Allein die HEW erwarten Stromlieferungen bis zu 500 Millionen Kilowattstunden jährlich aus Norwegen. Dies ist nach Auskunft eines Sprechers allerdings nicht ausreichend, um etwa das Atomkraftwerk Brunsbüttel abzuschalten. Das AKW produziert jährlich rund 3,3 Milliarden Kilowattstunden Strom, das ist mehr als der Verbrauch aller privaten Haushalte in Hamburg.

Quelle: TAZ 7.9.1998

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Norwegen-Strom: Tauziehen um Trasse

Pläne unter Geheimhaltung - Kabel führt durchs Wattenmeer

Von BOB GEISLER

Der Countdown läuft: Unter strenger Geheimhaltung laufen derzeit die letzten Vorbereitungen für das Genehmigungsverfahren eines fast in Vergessenheit geratenen Mammutprojektes. Zwei Stromkabel von je 540 Kilometer Länge sollen Strom aus Wasserkraftwerken in Norwegen nach Norddeutschland bringen. In etwa zwei Wochen wollen die Ingenieure die endgültige Trasse durch die Nordsee bekanntgeben. Bis dahin herrscht Stillschweigen. Ein Grund: Auf deutscher Seite gibt es zumindest zwei "Knackpunkte", wie es der Sprecher der Firma Eurokabel, Thomas Immisch, ausdrückt. "Wir müssen teilweise durch den Nationalpark Wattenmeer, und wir wollen die Gebiete der Schweinswale westlich von Sylt umgehen."

   Die Unternehmensberatung Prognos ist eigens damit beauftragt, alle Interessenverbände, die von der Kabelverlegung betroffen sind, an einen Tisch zu bringen. Dazu gehören nicht nur die Umweltschützer, sondern auch die Fischer und die Elblotsen.

   Die beiden Kabel sollen von einem Spezialschiff verlegt werden, das eine mächtige Trommel an Bord hat. Von ihr werden die Kabel abgerollt, dann ins Wasser gelassen und im Meeresboden eingespült.

    Für die Durchquerung des Nationalparks müssen die Planer eine Zeit wählen, in der die dort lebenden Tiere möglichst wenig belastet werden.

   Fast drei Jahre ist es mittlerweile her, daß die norwegische Regierung grünes Licht für den Stromlieferungsvertrag zwischen den Energieunternehmen HEW und RWE und einem skandinavischen Konsortium gab. Die Firma Eurokabel, eine eigens gegründete Tochter von HEW (25 Prozent), RWE (25 Prozent) und dem norwegischen staatlichen Netzbetreiber Statnett (50 Prozent), sollte sich um die Verlegung des Stromkabels von Norwegen nach Brunsbüttel kümmern.

   Doch parallel zu dem Hamburger Projekt plante die Firma Viking Cable, eine Tochter von PreussenElektra (50 Prozent) und Statnett (50 Prozent), ein weiteres Kabel nach Wilhelmshaven. Als sich PreussenElektra 1996 bei den HEW einkaufte, entschieden sich die Unternehmen für ein gemeinsames Kabelprojekt vom norwegischen Lista nach Brunsbüttel. Allerdings sollte jetzt eine "bipolare" Anlage entstehen: zwei Kabel auf einer Trasse.

   Das neue Verfahren hat nicht nur den Vorteil, daß es kostengünstiger ist, sondern auch, daß es die Umwelt nicht so stark belastet. Während bei einem monopolaren Kabel das Meer als Rückleiter dient, übernimmt bei einer bipolaren Anlage der zweite Kabelstrang die Aufgabe des Rückleiters.

   Eine Kritik der Umweltschützer ist damit bereits weitgehend ausgeräumt. Greenpeace und andere Organisationen hatten bemängelt, daß bei einem einadrigen Kabel Elektroden an den Kabelenden das Salz in der Umgebung in Natrium und Chlor zersetzen würden. Bei einer bipolaren Anlage sind die Elektroden nur noch notwendig, wenn eines der Kabel durch einen Unfall durchtrennt wird.

   Wenn alles glattläuft, sollen die Genehmigungen für das Stromprojekt im Jahr 2000 vorliegen. Vier Jahre später soll der erste Strom fließen. Allein die HEW werden dann laut Sprecher Johannes Altmeppen 250 Millionen Kilowattstunden Strom aus Norwegen beziehen. Zum Vergleich: Insgesamt verkauften die HEW 1997 14 Milliarden Kilowattstunden.

   "Diese zusätzliche Menge ermöglicht es uns sicher nicht, ein Kraftwerk wie Brunsbüttel im Gegenzug stillzulegen", so Altmeppen. "Aber wir erhöhen auf diese Weise deutlich unseren Anteil an regenerativen Energien. Langfristig können wir auf den Bau eines neuen Kraftwerks verzichten."

Quelle: Hamburger Abendblatt 7.9.1998

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Energie ausreichend vorhanden

NRW-Ministerpräsident Wolfgang Clement: Deutschland muß größere Rolle auf den Welt-Energiemärkten spielen

Bleibt das Öl so billig? - statt Kernkraft lieber Kohle? In die deutsche Energie-Diskussion ist die Spannung wieder zurückgekehrt.

- Von LOTHAR WARSCHEID -

Die Energie-Szene ist gewaltig in Bewegung. Damit die Menschen zu erträglichen Preisen im Winter warme Wohnungen und Strom haben sowie ohne Probleme ihr Auto betanken können, wird eine Menge getan. Das gleiche gilt für die Versorgung der Unternehmen mit dem kostbaren Gut Energie. Doch selbstverständlich ist auf diesem Markt nichts, obwohl nach außen alles im Lot zu sein scheint. Das wurde erneut deutlich auf einem Seminar, das die Gewerkschaft IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) am Wochenende im westfälischen Haltern abhielt.

Beruhigend ist, daß Energie derzeit in Hülle und Fülle vorhanden ist - und das zu Preisen, die 50 Prozent unter dem Niveau von 1981 liegen. Diese Entwicklung "wird auf jeden Fall bis zum Jahr 2010 anhalten", beruhigte Professor Wolfgang Ströbele von der Universität Münster. Seine Auffassung bestätigten auch Ruhrgas-Chef Friedrich Späth und Peter Schlüter, der als Hauptgeschäftsführer des Mineralöl- Wirtschaftsverbandes die Marktsituation auf den Ölmärkten beobachtet. Die IG BCE, die die Interessen der Bergleute, aber auch eine gedeihliche Entwicklung der chemischen Industrie im Auge haben muß, sieht diese Entwicklung mit gemischten Gefühlen. Zum einen wird ihr Argument, daß die deutsche Wirtschaft einen Sockel heimischer Energie zur Versorgung-Sicherheit benötigt, immer bröckeliger. Zum anderen muß sie daran interessiert sein, daß die Chemie-Giganten an Rhein und Main stets mit preiswertem "Treibstoff" versorgt werden, um den Standort Deutschland weiterhin attraktiv zu finden. Derzeit ist das der Fall - auch dank einer beginnenden Liberalisierung im Strombereich. Erlaubt sind freie Vereinbarungen zwischen Elektrizitäts-Erzeugern und -Verbrauchern erst seit Ende April. Obwohl dieser Markt noch in den Baby-Strümpfen steckt, hat "allein schon die Möglichkeit, daß wir uns einen Lieferanten frei auswählen können, für Bewegung gesorgt", gibt sich Max Dietrich Kley, BASF-Vorstandsmitglied, zufrieden. "Wir haben heute Strompreise wie in Frankreich", bekennt er offen. Und die sind etwa 20 Prozent niedriger als die deutschen.

Doch die Bergleute in den Stein- und Braunkohlerevieren wollen auch in Zukunft ihre Arbeit behalten und sie nicht auf dem Altar der günstigen Import-Konditionen opfern. Die Politik scheint bereit, nach dem Jahre 2005 einen deutschen Steinkohle-Bergbau in nennenswerter Größenordnung aufrecht zu erhalten. Entsprechende Bekenntnisse legten in Haltern unter anderem der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) und der energiepolitische Sprecher der SPD- Bundestagsfraktion, Volker Jung, ab. Auch Peter Paul Paziorek, Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Umweltauschuß des Bundestages, bekannte sich zum heimischen Energieträger Steinkohle. Alle forderten allerdings, daß schon im Jahr 2000 über eine Nachfolgeregelung für die Kohle gesprochen werden muß. "Wir dürfen nicht mehr in diesen Zeitdruck kommen wie beim letzten Mal", so Clement. Allerdings müsse die Diskussion diesmal offensiver geführt werden, um die Akzeptanz für die Subventionen zu erhöhen. "Wir Deutschen müssen in Zukunft auf den Weltenergie-Märkten eine größere Rolle spielen, beim Handel, der Technologie und womöglich auch bei der Förderung", so Clements Botschaft. Nur so sei zu vermitteln, daß der heimische Bergbau eine Schlüsselindustrie sei, die es zu verteidigen gelte. Bei der Braunkohle bekannte er sich erneut zum umstrittenen Anschluß-Tagebau Garzweiler II im rheinischen Revier, obwohl er in seinem Düsseldorfer Kabinett deswegen Dauerärger mit dem grünen Koalitionspartner hat.

Für das Kohle-Pro erntete er Beifall, Kopfschütteln allerdings für sein butterweiches Bekenntnis kontra Kernenergie. Er sei gegen diese Art der Stromerzeugung, weil sie den Grundstoff dafür liefere, daß "weltweit Atombomben gebastelt werden können". "Dann muß man auch gegen die Chemie sein, weil sie die Grundlage dafür schafft, daß chemische Waffen gebaut werden", grummelten die Gewerkschafter aus der Branche. Moderat Clements "Ja" zum deutschen Ausstieg aus der Kernenergie. Das dauere Jahrzehnte, und die Weiterentwicklung sicherer Kraftwerks-Generationen dürfe hierzulande auch nicht verboten werden, meinte er.

Quelle: Saarbrücker Zeitung 6.9.1998

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Strom aus Erdgas verdrängt ostdeutsche Braunkohle. Arbeitsteilung in der deutschen Energiewirtschft zu Ende

Haltern. Die deutsche Braunkohlewirtschaft sieht schwarz.

Gründe: Die Liberalisierung auf dem europäischen Energiemarkt, zunehmende Nachteile gegenüber dem Energieträger Erdgas und der Import billiger Steinkohle machen dem "schwarzen Gold" das Überleben schwer.

Am härtesten betroffen von dem knallharten Wettbewerb ist der ostdeutsche Braunkohlebergbau und die hiesige Stromerzeugung aus diesem fossilen Brennstoff. Wenn dann noch, wie geschehen, nicht der ostdeutsche Energieriese Vereinigte Energiewerke AG (Veag) den Zuschlag erhält für ein Kraftwerksprojekt bei Lubmin, sondern zwei skandinavische Unternehmen dort jeweils ein gasbefeuertes Kraftwerk errichten, wird die bisher als unumstößlich angesehene Konkurrenzfähigkeit der Braunkohle zumindest anfechtbar.

"Die bisher übliche Arbeitsteilung in der deutschen Energiewirtschaft geht zu Ende", charakterisierte am Wochenende Friedrich Späth, Vorstandsvorsitzender der Ruhrgas AG, die neue Situation im Lande. Bisher sei es so gewesen, daß das Öl für den Bereich Verkehr zuständig gewesen sei, die Kohle und die Kernenergie für den Strom und das Gas für die Heizung. "Aber das Gas ist auf dem Vormarsch", erklärte Späth während der von der IG Bergbau, Chemie, Energie organisierten "Halterner Gespräche". Vor allem in Ostdeutschland gewinne das Gas auch bei der Stromerzeugung große Anteile. "Seitdem in den neuen Ländern Stadtwerke immer mehr mit gasbetriebenen GuD-Kraftwerken gleichzeitig billig Strom und Wärme bereitstellen, hat es die Braunkohle noch schwerer."

Den Hinweis von Dieter Henning, Vorstandsvorsitzender der Rheinbraun AG, einheimische Rohstoffe seien im Gegensatz zu Importkohle oder Gas versorgungssicherer, erkannte Späth an. Es müsse aber keiner in Deutschland befürchten, daß er im kommenden Winter frieren muß, weil das Gas aus Rußland nicht kommt. "Es wird kommen." Die Russen würden ihre Verträge erfüllen. "Womit sollten sie sonst Geld verdienen."

Allerdings räumte er ein, daß Ruhrgas sehr aufmerksam verfolge, was zur Zeit in Rußland passiere und wie sich die Situation um den Erdgasmonopolisten Gazprom entwickle.

Rheinbraun-Mann Hennig warnte davor, beim Einsatz von Erdgas auch im Strombereich nur die schnell erzielbaren Gewinne im Blick zu haben und damit die langfristige Versorgungssicherheit - zum Beispiel beim Ausbleiben von Gas - zu vernachlässigen. Auch auf den arbeitsmarktpolitischen Vorzug der Braunkohle gegenüber Gas wies er hin. Zur Zeit seien unmittelbar im deutschen Braunkohlenbergbau 26 000 Mitarbeiter beschäftigt. Hinzu kämen 6000 Leute in der Bergbausanierung und rund 10 000 Beschäftigte in den Braunkohlekraftwerken. In der Summe würden in Deutschland 80 000 Arbeitsplätze von der Braunkohle abhängen. "Dies kann das Erdgas nicht."

1998 werden bundesweit voraussichtlich 163 Millionen Tonnen Braunkohle gefördert. Dabei kommen 60 Prozent aus dem Rheinland, 30 Prozent aus der Lausitz und zehn Prozent aus Mitteldeutschland, Helmstedt, Hessen und Bayern.

"Wenn Braunkohle im Vergleich zu Importsteinkohle und insbesondere zu Gaskraftwerken bestehen soll, muß ein Brennstoffpreisvorteil gewährleistet sein", erklärte Rheinbraun-Chef Henning. Dies sei nur durch umfassende Rationalisierungsmaßnahmen zu erreichen. Dabei müssen die Umweltauflagen europäischen Anforderungen entsprechen, nicht übertriebenen deutschen Sonderansprüchen.

Riskante Abhängigkeiten

Egal, ob es sich um die Förderung von Stein- oder Braunkohle, von Erdöl oder Erdgas handelt - es ist immer ein Eingriff in die Natur. Die Braunkohle mit ihrem enormen Flächenbedarf belastet Umwelt und Menschen allerdings stärker als alle anderen fossilen Rohstoffe. Darum ist der anhaltende Protest gegen den Riesentagebau Garzweiler II im Rheinischen, gegen die Weiterführung des Braunkohleabbaus bei Jänschwalde in der Lausitz und die Umsiedlung von Heuersdorf mehr als verständlich.

Zu bedenken ist allerdings, daß beim Verzicht auf die heimische Braunkohle beispielsweise durch billige Importkohle zwar die Schäden in Deutschland verringert werden, aber an einem anderen Ort dieser Welt zunehmen. Abgesehen davon, daß es leichtfertig ist, den Wirtschaftsstandort Deutschland zu sehr von Energieimporten abhängig zu machen.

Quelle: Leipziger Volkszeitung 6.9.1998

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Rexrodt fordert Börse für Strom

Industrie kauft Elektrizität nach Reform billiger ein

Von Peter Ziller

BONN. Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt hat die Wirtschaft aufgefordert, in eigener Verantwortung eine Börse zu organisieren, an der Strom gehandelt wird. Die Voraussetzungen habe das im Frühjahr geänderte Energiewirtschaftsrecht geschaffen. Von einer solchen Börse verspricht er sich mehr Preistransparenz und Wettbewerb.

"Die Unternehmen sollten aufhören sich zu belauern" und zusammen ein Konzept erarbeiten, meint Rexrodt. Hierzu müßten sich die E-Werke, die stromverbrauchende Industrie und die Banken an einen Tisch setzen. Saumseligkeit verbietet sich aus Sicht des Ministers. Ansonsten könnte die Strombörse bald in den Niederlanden, Belgien oder Frankreich stehen.

Gut hundert Tage nach Inkraftreten der Reform zeigten sich bereits "erfreuliche" Effekte. Die Preise für Industriestrom hätten im Juli um drei Prozent unter dem im März erreichten Niveau gelegen, betont Rexrodt. Besonders deutlich hätten die ostdeutsche Veag (3,5 Prozent) und die norddeutsche HEW (fünf Prozent) die Preise gesenkt. Er ist überzeugt davon, daß die Durchleitung von Strom durch die Netze konkurrierender Unternehmen sich bewährt und die Anlaufschwierigkeiten überwunden werden. Es werde sich eine "Praxis herausbilden, die absolut kakulierbar ist", versichert Rexrodt. Schließlich könne die Durchleitung nur dann verweigert werden, wenn die Gründe dargelegt würden.

Zu der vom Deutschen Städtetag befürchteten Fusionswelle kommt es nach Rexrodts Dafürhalten nicht. Mehr Stadtwerke als zunächst erwartet stünden der Reform positiv gegenüber. Eine Marktbereinigung werde es aber schon geben. Dringend notwendig sei eine Änderung der Gemeindeordnung. Die verhindert bislang, daß Stadtwerke außerhalb der Grenzen ihrer Kommune Geschäfte machen können.

Für die nächste Legislaturperiode kündigt Rexrodt ein energiepolitisches Gesamtkonzept an, das den eingegangenen Klimaschutzpflichten Rechnung trägt. Zudem müßten die Stromeinspeisevergütung überarbeitet sowie die Wärmeschutz- und die Heizanlagenverordnung zusammengeführt werden. Unabdingbar ist für den Liberalen die Option auf den Bau neuer Kernkraftwerke.

Quelle: Frankfurter Rundschau 26.8.1998

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Greenpeace kritisiert hohe Durchleitungsgebühren für Strom

Karlsruhe (AP) - Mit einem großen Windrad haben rund 20 Aktivisten der Umweltschutz-Organisation Greenpeace gegen die Energieversorgung Baden-Württemberg (EnBW) demonstriert.

Wie Greenpeace heute in Karlsruhe mitteilte, kommt fast 60 Prozent des Stroms der EnBW aus Atom- und 30 Prozent aus klimabelastenden Kohlekraftwerken. Seit der Liberalisierung des Strommarktes mißbrauche der viertgrößte Energiekonzern in Deutschland sein Stromnetz-Monopol, kritisierten die Umweltschützer am Rande der Hauptversammlung des Unternehmens.

Für die Durchleitung von umweltfreundlich erzeugtem Strom an die Kunden verlange der Konzern überteuerte Gebühren von mehr als zwölf Pfennig pro Kilowattstunde. Die realen Kosten dürften dagegen höchstens bei rund vier Pfennig liegen, erklärte Greenpeace. Durch die hohen Gebühren verhindere die EnBW, daß Kunden von ihrer freien Wahl des Stromversorgers Gebrauch machen und auf sauberen Strom ohne Atomkraft umsteigen.

"Die EnBW unterdrückt mit den hohen Gebühren den Wettbewerb", sagte Gero Lücking, Energie-Experte von Greenpeace. Die Energiekonzerne benachteiligten auf diese Weise die umweltfreundliche Stromerzeugung. Greenpeace forderte, die "diskriminierenden Netzgebühren" auf ein faires Maß zu senken. Gero Lücking sagte: "Die Blockade der Stromkonzerne kann nur mit klaren gesetzlichen Rahmenbedingungen gebrochen werden."

Die Umweltschützer wollen mit der neuen "Aktion Stromwechsel" eine saubere Stromversorgung durchsetzen. Das sei inzwischen durch die Liberalisierung des Strommarktes möglich, durch die jeder Verbraucher Einfluß auf die Stromerzeugung nehmen könne.

Quelle: Landeszeitung Lüneburger Heide 25.8.1998

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Wir knacken das Strom-Monopol!

Öko-Anbieter wollen den HEW Konkurrenz machen - sie peilen zunächst 10 000 Kunden an

Die HEW bekommen Konkurrenz. Eine neue Hamburger "Ökostrom Handels AG" will dem bisherigen Monpolisten Kunden abjagen. Ihr "grüner" Strom soll nicht teurer werden als der aus Kohle- oder Atomkraftwerken.

Wolfgang Trüschel und Jens Peters haben die Gesellschaft in der vergangenen Woche gegründet. Die Elektroingenieure betreiben selbst einen Windpark in Francop. Künftig wollen sie im großen Stil mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen handeln.

"Allein die Windmühlen in Schleswig-Holstein könnten 600 000 Hamburger Haushalte versorgen", rechnet Peters vor. Sein Ziel steckt er niedriger: Für das kommende Jahr peilt er rund 10 000 Hamburger Haushalte und Kleinbetriebe an, die den Öko-Strom "mindestens genauso billig" bekommen sollen wie herkömmlichen.

Das hängt allerdings maßgeblich von den übermächtigen HEW ab. Nach dem neuen Energiewirtschaftsgesetz können Netzeigentümer Durchleitungs-Gebühren festlegen. Das ist die Summe, die andere Anbieter zahlen müssen, um ihren Strom zu den Kunden zu transportieren.

"Wir verhandeln zur Zeit über die Durchleitungs-Gebühren", sagt Peters. Er hält fünf Pfennig pro Kilowattstunden für angemessen. Die HEW verlange dagegen mehr als das doppelte. Für Wolfgang Trüschel ein "politischer Preis, um Konkurrenten vom Mark fernzuhalten".

HEW-Sprecher Johann Altmeppen wollte sich gegenüber der MOPO nicht zu Zahlen äußern. Man arbeite an einem angemessen Modell.

Jörg Feddern von Greenpeace zweifelt sehr am guten Willen der Energiekonzerne: "Wir brauchen eine unabhängige Behörde, die gerechte Durchleitungsgebühren festlegt - so wie bei der Telekom." Dagegen haben sich die großen Stromanbieter bisher erfolgreich gewehrt.

Quelle: Hamburger Morgenpost 26.8.1998

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EnBW spürt den Preisverfall beim Strom

Energieversorger setzt auf Neukundengeschäft - Aktionäre rügen ¸¸überkommene Struktur''

KARLSRUHE. Ein Jahr nach der Fusion von Badenwerk und Energieversorgung Schwaben verzeichnet die neue Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) für das erste Halbjahr 1998 einen Umsatzrückgang von 1,2 Prozent auf 4,1 Milliarden Mark.

Von Meinrad Heck

Nach der Liberalisierung des Strommarktes muß auch das viertgrößte deutsche Energieunternehmen ¸¸die ersten Schritte im Wettbewerb noch üben'', erklärte EnBW-Vorstandsvorsitzender Gerhard Goll bei der Hauptversammlung in Karlsruhe.

Nach Angaben des Konzerns wurde der Stromabsatz im Vergleich zum ersten Halbjahr 1997 um sieben Prozent gesteigert. Der Umsatzrückgang wird mit der neuen Wettbewerbssituation und mit Preisnachlässen gegenüber Sonderkunden erklärt. Dennoch habe man das Ergebnis nach Steuern durch eine Absenkung der Strombereitstellungskosten und eine ¸¸ständige Verbesserung der Wirtschaftlichkeit'' um 20,4 Millionen auf 169,4 Millionen Mark steigern können. Allerdings räumte Goll ein, daß allein durch Einsparungen der Preisverfall im Stromgeschäft künftig nicht aufzuhalten sei. Deshalb müsse verstärkt um Neukunden geworben werden.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hatte am Rande der Aktionärsversammlung mit einer Protestaktion die ¸¸überteuerten Gebühren'' der EnBW für die Durchleitung von umweltfreundlich erzeugtem Strom kritisiert. Statt der berechneten zwölf Pfennig dürften die realen Kosten allenfalls vier Pfennig pro Kilowattstunde betragen. Der ¸¸Netzmonopolist'' sorge so dafür, daß ¸¸umweltfreundliche Energie keine Chance bekommt''. Vorstandsvorsitzender Goll betonte dagegen das Engagement des Konzerns mit jährlich 2,5 Millionen Mark für regenerative Energien. Im Bereich Kernenergie räumte er nach den Pannen bei den Castor-Transporten ein, daß auch das Verhalten des Konzerns ¸¸nicht fehlerfrei'' gewesen sei.

Vertreter der Kleinaktionäre kritisierten nach der Fusion die immer noch ¸¸überkommenen Strukturen'' des Konzerns und warfen dem Vorstand die ¸¸Altlasten'' früherer Beteiligungsgeschäfte vor. Beteiligungen ¸¸außerhalb des Stromgeschäftes'' an Werften oder Reedereien, verteidigte Goll, würden geprüft. Ausgenommen sei das Konzernengagement bei der DEG-Verkehrs GmbH, einem ¸¸vielversprechenden'' Konkurrenten der Deutschen Bahn AG im Regionalverkehr.

Kritik, wonach sich die EnBW ¸¸auf immer höherem Niveau durch den Abfallmarkt wurschtelt'', wies Goll zurück. Zwar sanken die Umsatzerlöse aus dem Entsorgungsgeschäft im Vergleich zum ersten Halbjahr 1997 um fast sechs Millionen auf 200,9 Millionen; als Paradebeispiel für ¸¸national und international neue Aufträge'' nannte der Vorstandsvorsitzende die neue Thermoselect-Anlage zur Müllvergasung im Karlsruher Rheinhafen - eine hundertprozentige Tochter der EnBW. 50 Millionen Mark Anzahlung wurden für die noch im Bau befindliche Anlage gezahlt, der Endpreis wird über ein Gutachten ermittelt.

Den Aktionären wurde die Zustimmung zur Halbjahresbilanz 1998 und zum Jahresabschluß 1997 mit einer Dividende von 0,90 Mark je 5-Mark-Aktie erleichtert. Nach dem ¸¸erfolgreichen Start in den Stromwettbewerb'' rechnet die Unternehmensleitung künftig mit Jahresergebnissen, die ¸¸wiederum eine angemessene Dividende zulassen''.

Quelle: Stuttgarter Zeitung 26.8.1998

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Marktöffnung in der leitungsgebundenen Energieversorgung – Handel gewinnt an Bedeutung

Strombörse in Amsterdam startet Anfang 1999

HANDELSBLATT, Montag, 24.8.98

jsn DÜSSELDORF. Mit dem seit Ende April gültigen neuen Energiewirtschaftsrecht gehören geschlossene Versorgungsgebiete der Strom- und Gaswirtschaft der Vergangenheit an. Niels Ellwanger, Geschäftsführer der ConEnergy Gesellschaft für Energieberatung GmbH & Co. KG, Essen, ist davon überzeugt, daß sich der Handel mit Strom und Gas in Westeuropa am Anfang einer grundsätzlichen Neuorientierung befindet. Durch Brüssels Richtlinien für Strom und Gas sollen Integrationshemmnisse auf dem Weg zum Binnenmarkt beseitigt und Liberalisierungsimpulse gesetzt werden. Als Veranstalter der 1. Europäischen Energiehandelstage, die vom 24. bis 27. August in Düsseldorf stattfinden, will ConEnergy ein Forum präsentieren, um die Erfahrungen auf schon liberalisierten Strom- und Gasmärkten für die Wettbewerbsprozesse in Deutschland auswerten zu können.

Daß dem Energiehandel in Zukunft eine verstärkte Bedeutung zukommt, ist unbestritten. Doch wird kontrovers debattiert, ob hierzulande ein diskriminierungsfreier Netzzugang ohne staatliche Regulierung möglich ist und inwieweit eine Energiebörse in Deutschland erforderlich ist. Ellwanger stellt gegenüber dem Handelsblatt heraus, daß neben der "Amsterdam Power Exchange" sich inzwischen weitere Börsenplätze in Deutschland um den Standort für den organisierten Stromhandel bemühen würden. Hierzu zählen Hannover, Düsseldorf und Frankfurt. Ob diese nationalen Aktivitäten erfolgreich seien, hänge maßgeblich davon ab, einen Punkt für die physische Lieferung von Strom zu definieren und zudem eine transparente und ökonomisch tragbare Durchleitungsregelung zu formulieren, so Ellwangers Resümee.

Bei den Bemühungen der deutschen Börsen spiele der Zeitfaktor eine entscheidende Rolle, da voraussichtlich nur ein Börsenkontrakt und damit eine Börse für den westeuropäischen Strommarkt Relevanz besitzen werde; denn das Geschäftsvolumen sei für mehrere konkurrierende Kontrakte zu gering und würde für mehrere Strombörsen keine ausreichende Liquidität für einen funktionierenden Handel bieten, meint der ConEnergy-Chef. Die Amsterdamer Strombörse wolle Anfang 1999 bereits den Handel aufnehmen. Ab Januar 1999 würden dort einen Tag im voraus Strompreise für jede Stunde des folgenden Tages auf Basis der Angebote und Nachfragen gebildet; ab Mitte nächsten Jahres seien Terminkontrakte geplant. Neben niederländischen Unternehmen sind laut Ellwanger mit der VEW Energie AG und Belgiens Electrabel zwei große europäische Energieunternehmen in den Aufbau der Amsterdamer Strombörse einbezogen. Außerdem gewinnt der in den letzten Monaten etablierte außerbörsliche Spothandel im schweizerischen Laufenburg an Bedeutung. Die Transparenz werde durch ein täglich von Dow Jones veröffentlichten Preisindex, dem Swep(Swiss Electricity Price)-Index hergestellt. Mit weiterer Zunahme der Anzahl der Marktteilnehmer werde dieser Index an Stabilität gewinnen und sich zu einer Preisbindung langfristiger Verträge eignen, so Ellwanger.

Der Stromhandel mache in den USA schon das Fünffache des tatsächlichen physischen Verbrauchs aus und wachse ständig weiter. Handel mit zukünftigen Mengen finde aber nicht nur an Börsen, sondern darüber hinaus auch außerbörslich, an den sogenannten OTC(over the counter)-Märkten statt; dieser bilaterale Handel übersteige das börsengehandelte Volumen um ein Mehrfaches.

Quelle: Handelsblatt Wirtschaft 24.8.1998

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Kampf um Marktanteile bei den Energieversorgern

Liberalisierung des europäischen Marktes

FREIBURG. Bislang lebten die badischen Energieversorger in friedlicher Nachbarschaft.

Nur wenige teilten sich den lukrativen Markt und genossen so die Alleinherrschaft innerhalb ihrer jeweiligen Gebietsmonopole. Doch mit der Liberalisierung des europäischen Energiemarktes sind die geruhsamen Tage vorbei. Die Grenzen sind gefallen und der Streit der Stromgiganten um die Marktanteile hat begonnen. Mit attraktiven Preisen wird um die Kundschaft gerungen. Mit der Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes Ende April kann theoretisch jeder Kunde, selbst der kleinste Haushalt, seinen Stromlieferanten frei wählen.

Schauplatz eines der ersten Kämpfe ist Freiburg. Dort reagierte der örtliche Versorger, die Freiburger Energie- und Wasserversorgungs AG (FEW), auf die neue Gesetzeslage. Der bisherige Lieferant, der Karlsruher Stromriese EnBW, wurde kurzerhand vor die Tür gesetzt. Die Freiburger fühlten sich nicht länger an den bestehenden Vertrag gebunden. Sie freuten sich über ihre neu gewonnene Freiheit, machten sich auf die Suche nach einem billigeren Lieferanten und wurden fündig. Nicht in Deutschland, sondern in der Schweiz, bei der Züricher Watt AG.

Dabei machen sich die Freiburger eine Lücke im neuen Stromgesetz zunutze, das die Belieferung aus dem Ausland nicht exakt regelt. Zwar ist es nicht erlaubt, direkt dort Strom zu kaufen. Nicht verboten ist aber das Einschalten eines Zwischenhändlers, so jedenfalls interpretieren die Freiburger das Gesetz. Sie lassen sich von September an über ein Laufenburger Stromhandelsunternehmen aus der Schweiz versorgen, die EnBW bekam den Laufpaß. Die Watt AG werde eine Milliarde Kilowattstunden pro Jahr liefern und damit 60 Prozent des Gesamtbedarfs in Freiburg decken, erläutert FEW-Vorstand Werner Juling. Während der Vertragslaufzeit von 30 Monaten sollen so rund 15 Millionen DM eingespart werden.

Die Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) will das nicht so einfach hinnehmen. Sie beharrt auf Einhaltung des alten, bis zum Jahre 2014 laufenden Vertrages. "Uns liegt keine Kündigung seitens der FEW vor und wir werden deshalb weiterhin an die Freiburger Stadtwerke Strom liefern" sagt Sprecher Klaus Wertel. Der Streit zwischen EnBW und FEW bringt die Schwächen des neuen Energiewirtschaftsgesetzes ans Tageslicht. Weder bietet es Hilfestellung bei der Kündigung bestehender Verträge, noch regelt es eindeutig die Durchleitung von Fremdstrom durch das eigene Netz. Das Gesetz sagt nur, daß die bisherigen Monopolisten ihre Infrastruktur anderen Anbietern zur Verfügung stellen müssen. Die Konditionen dafür sind im Einzelfall Verhandlungssache.

Während für die Freiburger die Durchleitung des Stroms der Watt AG geklärt ist, ist sie für die Karlsruher strittig. Beide Parteien sehen sich im Recht. Nach Einschätzung aller Beteiligten werden die Richter letztendlich ein Machtwort sprechen müssen. Der exemplarische Streit könnte sich über Monate, eventuell sogar über Jahre hinziehen und sogar das Bundesverfassungsgericht beschäftigen. Das Ergebnis wird nicht nur in Freiburg und Südbaden mit Spannung erwartet und dürfte weitreichende Folgen für die Neuordnung des Energiemarktes haben.

Quelle: Pforzheimer Zeitung 24.8.1998

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EnBW verhandelt mit größtem Flughafen

Frankfurter Airport will von Karlsruher Energiekonzern Strom abnehmen - Mit Daimler einig

STUTTGART. Der Karlsruher Stromkonzern Energie Baden-Württemberg kommt mit Großkunden ins Geschäft. Daimler-Benz bezieht mehr Strom von der EnBW. Der Versorger hat gute Chancen, auch die größte Arbeitsstätte Deutschlands zu beliefern.

Die Energie Baden-Württemberg AG in Karlsruhe steht nach Informationen der Stuttgarter Zeitung in aussichtsreichen Verhandlungen mit dem Flughafen Frankfurt AG. Der Flughafen, die größte Arbeitsstätte in Deutschland, sucht nach der Liberalisierung des deutschen Strommarktes neue Energielieferanten. Der Karlsruher Konzern, der aus der Fusion des Badenwerks und der Energieversorgung Schwaben hervorging, habe gute Chancen, mit dem Flughafen einig zu werden, verlautete aus informierten Kreisen. Weder der Flughafen Frankfurt noch die EnBW wollten dies kommentieren. Es geht um ein bedeutendes Geschäft: der jährliche Stromverbrauch des Flughafens entspricht dem gesamten Bedarf der Stadt Heidelberg. Der Flughafen mit knapp 55000 Arbeitsplätzen verbraucht pro Jahr allein 530 Millionen Kilowattstunden Strom.

Die Verhandlungen mit dem Frankfurter Flughafen sind aber deshalb nicht einfach, da die Frankfurter Stadtwerke, die den Flughafen beliefern, zugleich Aktionäre sind. Sie halten die Anteile der Stadt am Flughafen. Die Stadt Frankfurt besitzt knapp 29 Prozent der Flughafen AG. Andererseits ist der Flughafen sehr an einer Zusammenarbeit mit der EnBW interessiert, da der Karlsruher Konzern auch attraktive Dienstleistungen anbietet. Im Februar übernahm die EnBW 24,9 Prozent der Anteile am Schuhhersteller Salamander. Damit verbunden ist eine Beteiligung an der Salamander-Tochter Deutsche Industriewartung (DIW), die schon der Jenoptik-Chef Lothar Späth kaufen wollte. Mit der DIW, die sich mit der Wartung und Instandhaltung von Industrieanlagen befaßt, kann der Stromkonzern ein komplettes Angebot über das Stromgeschäft hinaus machen.

Auch der Stuttgarter Autokonzern Daimler-Benz AG wird den Strom für mehrere deutsche Werke künftig von der EnBW und der HEW Hamburgische Electicitäts-Werke AG beziehen. Der Vertrag laufe vom 1. Januar 1999 bis 31. Dezember 2001, teilten die Unternehmen mit. Die Vereinbarung umfasse unter anderem Werke in Hamburg, Sindelfingen, Wörth, Kassel, Germersheim und Rastatt. Die EnBW führe das Stromversorger-Konsortium. Die Konditionen der Liefervereinbarung wurden nicht genannt. Schon bisher bezieht das Sindelfinger Werk, das größte Montagewerk in Deutschland, und das Werk in Rastatt Strom von der EnBW.

Die Neckarwerke Stuttgart AG (NWS) sind nach Angaben eines Sprechers von dem neuen Kontrakt nicht betroffen. ¸¸Wir haben bestehende und weiterführende Verträge mit Daimler-Benz, an denen sich nichts geändert hat'', erklärte der NWS-Sprecher Axel Pfrommer. Seinen Angaben zufolge beliefert das vor einem Jahr aus den Esslinger Neckarwerken und den Technischen Werke der Stadt Stuttgart fusionierte Unternehmen den Strom für die Daimler-Werke entlang der Neckarschiene von Stuttgart-Bad Cannstatt bis Esslingen. Zudem beziehen die Daimler-Benz-Zentrale in Stuttgart-Möhringen und weitere Verwaltungsgebäude den Strom von den Neckarwerken Stuttgart. Das Untertürkheimer Werk verbraucht ein Drittel des inländischen Strombedarfs des Konzerns.

Quelle: Stuttgarter Zeitung 21.8.1998

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Veag-Niederlage: Skandinavier bauen neue Gaskraftwerke

Lubmin: Grünes Licht für Milliarden-Investitionen

BERLIN, 20. August. Im Wettbewerb um den Kraftwerksstandort Lubmin mußte der ostdeutsche Stromversorger Veag (Berlin) am Donnerstag eine herbe Niederlage einstecken. Anläßlich eines Besuchs der Volkswerft Stralsund teilte Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) mit, daß die bundeseigenen Energiewerke Nord (EWN) sowohl der deutsch-schwedischen Vasa Energy als auch der finnischen IVO-Energieanlagen GmbH den Zuschlag für den Bau je eines gasbefeuerten Großkraftwerks erteilen werden. Die Verträge mit Vasa, an der die schwedische Vattenfall und der Hamburger Kaufmann Michael Saalfeld zu je 50 Prozent beteiligt sind, wurden bereits am Donnerstag nachmittag in Greifswald unterzeichnet. Auch die IVO-Verträge sind bereits abschließend ausverhandelt.

400 neue Arbeitsplätze

Beide Investoren wollen sich mit dem Bau modernster Gas- und Dampfturbinenkraftwerke (GuD-Anlagen) als sogenannte unabhängige Erzeuger mit günstigen Wettbewerbspreisen auf dem liberalisierten deutschen Strommarkt etablieren. Vasa plant bei einem Investitionsaufwand von gut 1,2 Milliarden Mark die Errrichtung von drei 400 MW-Blöcken, von denen der erste seinen Betrieb spätestens im Jahr 2003 aufnehmen soll. IVO errichtet zunächst einen 750 MW-Block und hat sich die Option auf den Zubau eines weiteren Kraftwerksblocks mit bis zu 550 Megawatt gesichert. Auch hier liegt der Investitionsaufwand bei mehr als einer Milliarde Mark. Beide Unternehmen wollen je 200 neue Arbeitsplätze in Lubmin schaffen.

Die Veag, die sich mit dem Standort Lubmin die Option auf den nach dem Jahr 2015 eventuell erforderlichen Bau eines eigenen Atomkraftwerks sichern wollte, ging leer aus: Sie hatte ihre Bewerbung von der Zusage abhängig gemacht, daß am Standort Lubmin kein anderer Kraftwerksbetreiber zum Zuge kommen sollte. Über die Vergabe solcher Exklusivitätsrechte indes durfte die EWN-Geschäftsführung auf Weisung des Bundes gar nicht erst verhandeln. Nach Einschätzung des Ost-Beauftragten der Bundesregierung, Staatssekretär Rudi Geil (CDU), ist mit der Inbetriebnahme der neuen Kraftwerke im Jahr 2003 gewährleistet, daß die Schutzregelungen für die ostdeutsche Braunkohleverstromung nicht unterlaufen werden. Die Veag hatte bereits angedroht, den Konkurrenten notfalls die Durchleitung des GuD-Stroms zu verweigern, wenn der Absatz des Veag-Braunkohlestroms gefährdet werde. Zwar planen Vasa und IVO, ihren Strom zunächst nur bei westdeutschen Großkunden zu plazieren. Unmittelbar nach Ablauf der Braunkohle-Schutzfrist aber wollen sie im direkten Preis-Wettbewerb der Veag auch die ostdeutsche Stammkundschaft abspenstig machen.

Ein früheres Anfahren der neuen Großkraftwerke wäre technisch möglich, stieße aber auf Sicherheitsbedenken. Mit der abschließenden Räumung des Naßlagers des Atomkraftwerks Greifswald, in dem sich derzeit noch knapp 5 000 Brennelemente befinden, ist nach EWN-Einschätzung frühestens Ende des Jahres 2002 zu rechnen.

Quelle: Berliner Zeitung 21.8.1998

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Grüne: Energiekonzerne sparen bei der Sicherheit

"Liberalisierung des Strommarktes führt zu Kostendruck"

BONN, 18. August. Die Grünen haben der Atomwirtschaft vorgeworfen, wegen der Liberalisierung des EU-Strommarktes bei der Sicherheit zu sparen. Die atompolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Ursula Schönberger, sagte vor Journalisten, der Verlust ihrer Monopolstellung setze die Konzerne unter Druck, Kosten zu verringern: "Sicherheitstechnik wird eingeschränkt, Arbeitsabläufe werden rationalisiert."

Als Beispiel führte Schönberger das Kernkraftwerk Unterweser an, in dem sich zuletzt am 6. Juni ein Störfall ereignet hat. In dem Kraftwerk sei die Praxis beendet worden, beim Wiederanfahren des Reaktors in Doppelschichten zu arbeiten. Um Überstunden zu vermeiden, gebe es nun keine Überlappung der Schichten und keine Übergabedokumente mehr. Zudem würden Aufgaben, die bisher Fremdfirmen durchgeführt hätten, vermehrt an das eigene Personal vergeben.

Ministerium weist Vorwurf zurück

Die Politikerin betonte, ihre Kritik richte sich nicht gegen die Liberalisierung des Strommarktes. Vielmehr müßten sich die Konzerne darauf einstellen, daß die direkte und indirekte Subvention der Atomkraft durch den Staat zu Ende gehe. Es sei besser, in umweltfreundlichere Gas- und Dampfturbinenkraftwerke zu investieren als Kapital in Atomreaktoren zu binden. Der Betreiber des Kernkraftwerks Unterweser, die PreussenElektra, wies die Vorwürfe ebenso wie das Bundesumweltministerium entschieden zurück. Ein Sprecher der Preussen-Elektra sagte, Kosten würden gesenkt, nicht jedoch zu Lasten der Sicherheit. Es würden drei Übergabebücher geführt. Jede Schicht überlappe für 30 Minuten mit der nächsten. Die Vorwürfe der Grünen entbehrten daher jeder Substanz.

Nach Vorstellungen der Umweltorganisation Greenpeace soll es künftig für alle Verbraucher möglich sein, atomfreien und klimafreundlichen Strom zu beziehen. Im Rahmen ihrer "Aktion Stromwechsel" kritisiert Greenpeace, daß Stromproduzenten, die auf Atomstrom oder Kohlestrom verzichten, derzeit noch "deutlich mehr" für die Durchleitung von "sauberem" Strom in das Netz bezahlen müssten als die Energiekonzerne.

Quelle: Berliner Zeitung Politik 19.8.1998

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PRIVATISIERUNG / Private Stadtwerke hoffen auf Synergien 

Bewag erwägt Querverbund aus Strom, Gas, Wasser

Die Berliner Bewag prüft derzeit eine Beteiligung an den Wasser-Betrieben. Damit würde das deutschlandweit erste Stadtwerk in überwiegend privater Hand entstehen – ein Modell-Fall.

cbu BERLIN. Der Berliner Energieversorger Bewag sieht sich in der Rolle eines schnellen und aggressiven "Hechts im Karpfenteich". Bewag-Vorstandschef Dietmar Winje befindet sich auf Expansionskurs und will zukaufen, die Kasse gilt als gut gefüllt. Dies gilt um so mehr, seit im vergangenen September das Unternehmen vollständig privatisiert wurde. Der US-amerikanische Energiekonzern Southern Energy beteiligte sich mit 26 % an der Bewag und will von hier aus das Europa-Geschäft forcieren. Der übrigen Anteile befinden sich bei Viag, PreussenElektra und in Streubesitz.

Im vergangenen Februar erhielt Bewag zusammen mit dem Partner Gaz de France den Zuschlag bei der Privatisierung des Berliner Gasversorgers Gasag. Das deutsch-französische Konsortium zahlte 1,4 Mrd. DM an das Land Berlin und hält nun die Mehrheit der Gasag-Aktien. Damit soll die Einkaufstour des Berliner Energieversorgers aber nicht beendet sein. Wie jetzt bekannt wurde, überlegt das Unternehmen derzeit ein mögliches Engagement bei den zur Teilprivatisierung anstehenden Berliner Wasser-Betrieben (BWB), dem größten kommunalen Wasserbetrieb Europas. "Wir prüfen das derzeit sehr intensiv", erklärte Bewag-Sprecher Reinhard Heitzmann.

Berlins Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) will zunächst 49 % einer noch zu bildenden BWB-Holding verkaufen, geschätzter Erlös: rund 2 Mrd. DM. Anfang Juli gab der Berliner Senat grünes Licht. Dabei sollen höchstens 25 % an einen Investor gehen. Es muß also ein Bewerberkonsortium gebildet werden, hierzu führt Bewag bereits intensive Gespräche. Insbesondere SPD-Politiker befürworten "eine Berliner Lösung". Die Chancen für die Bewag stünden also nicht schlecht.

Erhielte Bewag zusammen mit einem möglichen Partner den Zuschlag bei den BWB, würde in der Hauptstadt ein Stadtwerk mit den Bereichen Strom, Gas und Wasser entstehen, das fast vollständig in privaten Händen ist – ein Novum in Deutschland. Berlin könnte damit zum Modell-Fall werden. In jüngster Zeit gibt es vielfältige Bestrebungen von ost- und westdeutschen Kommunen, Private an den Versorgungsbetriebe zu beteiligen, meist jedoch mit unter 50 %. So wurden etwa 40 % der Stadwerke Leipzig an die VEW-Tochtergesellschaft Meag in Halle für ca. 420 Mill. DM verkauft. Hier hatte sich übrigens auch Bewag beworben. Chemnitz hat 39 % an den Stadtwerken international ausgeschrieben, Halle denkt über einen Börsengang nach, Rostock trägt sich ebenfalls mit Verkaufsgedanken.

Auch eine Privatisierung der Wasserwirtschaft ist inzwischen kein Tabu mehr: Rostock beispielsweise hat als erste deutsche Großstadt die Wasserver- und -entsorgung in die privaten Hände von Eurawasser, ein deutsch-französisches Joint-Venture, gegeben. Nach Erkenntnissen des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), Köln, ist inzwischen an jedem dritten der über 900 Mitgliedsunternehmen ein nicht-kommunaler Dritter beteiligt. Der VKU beobachtet auch angesichts der Öffnung dieser Märkte einen bundesweiten Trend, spricht sich aber gegen Vollprivatisierungen aus. Ein kommunaler Anteil sollte immer erhalten bleiben, sagt VKU-Sprecher Wolfgang Prangenberg.

Von der Bildung eines Querverbundes und der Zusammenfassung der leitungsgebundenen Versorgung werden Synergieeffekte erwartet. Die Gas-, Strom- und Wasserkunden sind meist die gleichen. Die Abrechnung, die Verlegung von Leitungen oder die EDV-Dienstleistungen können zusammengefaßt und dadurch Kosteneinsparungen erzielt werden. Auch im lukrativen Telekommunikationsbereich würden sich Chancen ergeben. Es muß sich zeigen, ob ein solcher privater Querverbund auch profitabel zu führen ist.

Quelle: Handelsblatt 20/08/’98

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Megastrom aus der Gasturbine

Heizkraftwerk der neuen Generation ging in Betrieb - Umweltschutz großgeschrieben

wps Bonn. Nachts, samstags und sonntags mußten die Spezialisten der ABB-Turbinenbau Nürnberg und der Arbeitsgemeinschaft Hochtief/Strabag Bonn an der Karlstraße "ranklotzen", um den gestrigen Termin zur Einweihung des gasturbinen-getriebenen neuen Heiz- und Stromkraftwerks Nord halten zu können - rechtzeitig zum 57. Geburtstag des Stadtwerkechefs, Stadtdirektor Reiner Schreiber, der sich schon beim ersten Spatenstich im März 1997 auf Datum und Zeit der Eröffnung festgelegt hatte.

Und so war es denn gestern um 11 Uhr soweit: Mit der Enter-Taste auf einer goldenen Mouse fuhr Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann im Leitstand des "teuersten Geburtstagsgeschenks aller Zeiten" im Computer-Display auf "Start" und "ok", und schon fuhr die Turbine innerhalb von acht Minuten auf 7700 Umdrehung hoch. Und wird nun - in der Regel mit Erdgas, aber wahlweise auch mit Heizöl befeuert - 24 Megawatt pro Stunde ins Bonner Stromnetz einspeisen, das sind 24000 Kilowatt oder 24 Millionen Watt und damit sieben Megawatt mehr als in dem benachbarten alten Kraftwerk, das mit Braunkohle betrieben wird. Dieses alte Kraftwerk wird noch einige Zeit funktionsfähig gehalten, um mögliche Ausfälle des neuen kompensieren können, aber dann peu … peu stillgelegt; auch der 100 Meter hohe alte Schornstein aus Ziegelsteinen, die nach Kriegsbeschädigungen mit Eisenringen armiert sind, wird in absehbarer Zeit abgerissen. Die neue Anlage, die auch Fernwärme produziert, war einschließlich der Anschlüsse an das Gas- und Fernwärmenetz, Zinsen, Planungs- und Arrondierungskosten mit 90 Millionen Mark kalkuliert, wird aber höchstwahrscheinlich erheblich preiswerter werden.

Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann, Stadtwerkechef Reiner Schreiber und der Vorsitzende des Stadtwerke-Ausschusses, Horst Naaß, betonten in ihren Eröffnungsreden vor allem den Stellenwert der neuen Anlage für den Umweltschutz, dem sich die Bundesstadt Bonn nicht zuletzt als Sitz des Sekretariats der Klimarahmen-Konvention der Vereinten Nationen besonders verpflichtet fühle. So entfallen künftig nicht nur Lagerung und Transport von Braunkohle. Durch den Einsatz neuester Energie-Umwandlungstechnik und den Wechsel zum Erdgas verringern sich auch die Schadstoffemissionen über den nur noch 44 Meter hohen Schornstein. Die frische Farbgebung des Kraftwerks hält, was sie signalisiert: Die Stickoxide werden um 75 Prozent reduziert, Kohlenmonoxid um 33 und Kohlendioxid um 52 Prozent, während Schwefeldioxid und Staub gar nicht mehr anfallen.

Hervorgehoben wurde auch der Stellenwert des neuen Kraftwerks im immer härter werden Wettbewerb im Bereich der Energieversorgung. Mit der neuen Anlage seien die Stadtwerke gerüstet, um auch im freien Markt der führende Energieversorger am Südende der nordrhein-westfälischen Rheinschiene zu bleiben. Die OB: "Wenn bundesweit 600 von jetzt 900 Stadtwerken aufgeben werden, sind wir entschlossen, zu den 300 überlebenden Betrieben zu gehören.

Einen entscheiden Beitrag zur Wirtschaftlichkeit des neuen Werks lieferte im übrigen die Reduzierung des Personals. Während die alte Anlage 35 Mitarbeiter erforderte, kann die neue mit nur elf Mitarbeitern betrieben werden. Darüber hinaus konnte die Zahl der Handwerker reduziert werden. Ein sozialverträgliches Personalkonzept, so Schreiber, federe den Abbau in enger Abstimmung mit dem Personalrat ab.

Das erste Kraftwerk an der Karlstraße ging am 11. Februar 1899 in Betrieb; damals erzeugten zwei stehende Kolben-Dampfmaschinen 175 Kilowatt Gleichstrom aus Steinkohle. Bereits 1905 kam dann die erste Dampfturbine; 1930 begann die Umstellung auf Drehstrom, die im Bonner Netz erst 1956 beendet war. 84 Jahre lang war Braunkohle die Brennstoffbasis des Kraftwerks. Von 1956 bis 1963 wurde das Kraftwerk zu einem Heizkraftwerk umgebaut und mehrfach erweitert.

Quelle: Kölnische Rundschau Lokales 19.8.1998

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Vertane Chance: Wind, der ungenutzt verweht

Das ganze Geld hat wenig genützt: 96, 4 Millionen Mark gab das Umweltministerium von 1991 bis 1997 für die Förderung erneuerbarer Energien wie Sonne, Wasser, Wind wegen ihrer Umweltverträglichkeit aus.

Doch allein der Anteil der Windkraft beträgt an der Elektroenergie, die im Freistaat verbraucht wird, nur ein Prozent - obwohl Sachsen eines der windreichsten Binnenländer Europas ist. "Die erneuerbaren Energien sind unter den derzeitigen Rahmenbedingungen meist noch nicht wirtschaftlich", sagt Dr. Hartmut Schwarze, Experte für Windkraft im Umweltministerium. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch soll sich gemäß EU-Vorschlag von jetzt sechs Prozent bis zum Jahr 2010 verdoppeln.

Manchen geht dies nicht schnell genug. Ein Sprecher vom Landesverband Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) fordert "eine tiefgreifende Umorientierung in der sächsischen Energiepolitik". Er erklärt die Nutzung der erneuerbaren Energien zur "ökonomischen und moralischen Verpflichtung", sogar zur "Überlebensfrage". Denn seit der Energiekrise zu Beginn der 70er Jahre sind sich Experten einig, daß die Vorräte an Öl, Uran, Gas und Kohle bis zum Jahr 2050 erschöpft sein werden. Seit 1990 sei klar, daß man vom "Primat der Braunkohle wegkommen muß", weil die Kraftwerke die Umwelt zu stark belasten, setzt auch Ministeriumsmitarbeiter Hartmut Schwarze auf einen neuen Trend.

Doch die Windkraft findet nicht nur Befürworter, sondern auch Gegner: "Zerstörung des Landschaftsbildes, Belästigung durch die Schatten der Rotoren und Lärm", zählt Hartmut Schwarze als Argumente mancher Anwohner auf.

Zudem verhindert sogar eine gesetzliche Regelung eine stärkere Nutzung der Windkraft: Das Stromeinspeisungs-Gesetz legt fest, daß die Esag als Energieversorger nur fünf Prozent der Energie, die sie ihren Kunden anbietet, aus erneuerbaren Energien abnehmen muß. Jeder weitere Anteil muß von der Veag als "vorgelagertem Versorger" übernommen werden. Pro Kilowattstunde Strom müssen sie den Betreibern von Windkraftanlagen dafür 16,79 statt etwa zehn bis zwölf Pfennig für Braunkohlestrom bezahlen, sagt Hartmut Schwarze. Mehrkosten, die der regionale Stromversorger auf den Stromkunden umlegen kann, wenn dies für den Stromversorger wirtschaftlich nicht mehr zumutbar ist. "Eine verdeckte Art der Förderung von Windkraftanlagen" nennt eine Sprecherin der Esag diese zusätzlichen sieben Pfennige. Sie verweist darauf, daß "die Förderung der Windkraftanlagen letztlich durch die Stromkunden getragen wird".

Zudem sei die finanzielle Belastung der Kunden unterschiedlich - je nachdem, ob sie in einem windreichen oder in einem windschwachen Gebiet wohnen. Diese "Subventionierung von Windenergie durch Unternehmen der Energiewirtschaft" und die Stromkunden sei falsch: "Die Förderung von Windstrom sollte aus dem Staatshaushalt erfolgen." Im Umweltministerium heißt es, daß die erneuerbaren Energien jetzt Sonderbedingungen brauchen, damit sie sich langsam auf dem Strommarkt durchsetzen können. Deshalb werden die Windkraftanlagen finanziell gefördert, sofern sie wirtschaftlich sind. Hartmut Schwarze sagt, man müsse von einzelnen Großstandorten wegkommen und die Windkraftanlagen besser verteilen. "Es ist nicht effektiv, wenn der Strom über weite Strecken transportiert werden muß."

Derzeit arbeiten fünf Regionalverbände daran, Gebiete auszuweisen, in denen Windkraftanlagen errichtet werden dürfen. Allerdings gibt es noch keinen fertigen Regionalplan dazu. Dennoch "dürfen Genehmigungen zur Errichtung von Windkraftanlagen nicht verwehrt werden, wenn es keine triftigen Gründe dafür gibt", sagt Hartmut Schwarze.

Foto: Obwohl Sachsen über jede Menge Wind verfügt, hat es diese Form von alternativer Energie nach wie vor schwer, sich durchzusetzen. Dieser Windpark in Leutersdorf zählt schon zu den größeren Projekten im Freistaat. (Foto: SZ/Jens Böhme)

Quelle: SVZ Online, Mecklenburg Vorpommern, 17.8.1998

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Veag-Konzern zieht gegen Windstrom nach Karlsruhe

Braunkohlestrom-Erzeuger reicht Verfassungsbeschwerde ein

Berlin (dpa). Das ostdeutsche Braunkohlestrom-Unternehmen Veag hat im Streit um die Subventionierung von Windenergie das Bundesverfassungsgericht angerufen.

Die am Donnerstag in Karlsruhe eingereichte Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die im April in Kraft getretene Neufassung des Stromeinspeisungsgesetzes, sagte der Vorstandsvorsitzende Jürgen Stotz. Man sehe darin einen Verstoß gegen die Chancengleichkeit und hoffe auf eine Entscheidung im nächsten Jahr. Parallel bereite die Veag eine Klage wegen Verstoßes gegen das EG-Beihilferecht vor, die bis zum Europäischen Gerichtshof in Luxemburg verfolgt werden solle.

Stotz argumentierte, Windenergie verdränge politisch gewollten Braunkohlestrom. Das Gesetz belaste zudem die Oststromwirtschaft zu einem Zeitpunkt, wo sie um Wettbewerbsfähigkeit im liberalisierten Strommarkt kämpfe.

Die mehrheitlich RWE (Essen), Bayernwerk (München) und PreussenElklektra (Hannover) gehörende Vereinigte Energiewerke AG (Veag/Berlin) hat durch die schwache Industriekonjunktur im Osten sowie durch die wachsende Zahl kommunaler und industrieller Eigenerzeugungsanlagen mit Absatzrückgängen zu kämpfen. Im neuen Energiewirtschaftsgesetz wurde auf ihr Betreiben den ostdeutschen Netzbetreibern zugestanden, daß diese zum Schutz der Braunkohle die Durchleitung fremden Stroms durch ihre Leitungen bis Ende 2003 verweigern können.

Die umweltpolitische Sprecherin von Bündnis90/Grüne in Bonn, Michaele Hustedt, erklärte, daß gerade die Veag klage, sei an Dreistigkeit kaum zu überbieten. Sie versuche davon abzulenken, daß sie im Osten weiterhin eine monopolistische Marktstellung behalte.

Im einzelnen richte sich die mit regionalen Energieversorgern (EVU) abgestimmte Verfassungsbeschwerde gegen Paragraph 4, Absatz 1, des Stromeinspeisungsgesetzes. Danach müsse ein Energieunternehmen fünf Prozent des in seinem Versorgungsgebiet anfallenden »grünen Stroms« abnehmen. Für die darüberhinausgehende Menge müsse der übergeordnete Versorger einen Finanzbeitrag leisten, während der Strom beim ersten Versorger bleibe. Auf diese Weise sollten die Kosten für die regenerativen Energien verteilt werden. Geklagt werde gegen diese über fünf Prozent hinausgehende Regelung.

Quelle: Main-Echo Wirtschaft 16.8.1998

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Betriebsstillstand wirft Millionen ab

Warum das seit zehn Jahren abgeschaltete Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich Gewinn beschert

Dietmar Rieth, der für die Grünen im Mainzer Landtag sitzt, ist auf ein Phänomen gestoßen. In der Bilanz der Société Luxembourgeoise des Centrales Nucléaires – kurz SCN – hat er für 1997 einen Gewinn von genau 2 125 097,50 Mark entdeckt, der – wie er meint – da nicht hingehört. Tatsächlich müßte das Luxemburger Unternehmen eigentlich einen großen Verlust ausweisen. Denn es ist Eigentümer des Atomkraftwerks Mülheim-Kärlich, dessen Bau einst mehr als sieben Milliarden Mark verschlungen hat. Deshalb werden auf das umstrittene Objekt seit vielen Jahren hohe Abschreibungssummen verrechnet. Außerdem kostet das Kraftwerk heute Tag für Tag zusätzlich eine Menge Geld für Zinsen, Unterhalt, Bewachung und vieles andere mehr.

Das alles wäre kein Thema, wenn in Mülheim-Kärlich Strom erzeugte. Aber das Kernkraftwerk, das insgesamt nur ein Jahr in Betrieb war, ist seit 1988 abgeschaltet. Die Regierung von Rheinland-Pfalz hält den Betrieb für unvertretbar gefährlich, worüber seit langem vor Gerichten gestritten wird. Deshalb steht der Betrieb still.

Wie also kommt die zur RWE Energie AG gehörende SCN zu ihren Gewinnen? Rieth folgert, daß das Kraftwerk für den RWE-Konzern selbst im Stillstand noch ein gutes Geschäft sei. Der Grund sind – so meint Rieth – vertraglich festgelegte Strompreisumlagen, die SCN noch bis 2004 in der Gewinnzone halten werden, auch wenn der Reaktor in Mülheim-Kärlich nie wieder angefahren wird.

Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Dazu muß man nämlich wissen, daß SCN das Kernkraftwerk im Wege einer Objektfinazierung errichtet hat. Auf diese Weise wurde unter Beteiligung namhafter europäischer Banken eine günstige Finanzierung auf die Beine gestellt. Anders als Aktionäre tragen Fremdkapitalgeber aber in aller Regel weder ein Investitions- noch ein Betreiberrisiko. Vielmehr muß die RWE Energie AG, die das Betreiberrisiko übernommen und Mülheim-Kärlich von SCN gepachtet hat, die Pachtraten tragen – ob das Kraftwerk nun still steht oder nicht. Das kostet Schätzungen zufolge zur Zeit etwa eine Millionen Mark pro Arbeitstag. Mit anderen Worten: Weil die alten Pachtverträge so formuliert sind, als würde in Mülheim-Kärlich Strom produziert, fällt in der SCN-Bilanz Jahr für Jahr ein Überschuß an, auch wenn die RWE Energie AG dafür 150 Mal soviel, nämlich 300 Millionen Mark, hinblättern muß. Verrechnet werden neben den Abschreibungen und sonstigen Kosten zum Teil auch Mehraufwendungen für Ersatzstrom, den die RWE Energie AG nun bei Konkurrenten teurer zukaufen muß, als er in Mülheim-Kärlich produziert werden könnte.

Rieth geht noch weiter. Er meint, daß Steuerzahler und Stromkunden nicht nur Mülheim-Kärlich, sondern bereits alle deutschen Kernkraftwerke weitgehend bezahlt hätten und die Atomindustrie deshalb Mühe haben werde, Schadenersatzansprüche aus der Abschaltung von Kernkraftwerken abzuleiten.

Dieses Argument aber ist arg weit hergeholt. Jeder, der zum Beispiel ein gewerblich genutztes Auto hat, weiß, daß er darauf Abschreibungen beim Finanzamt geltend machen kann, die sein steuerliches Einkommen und damit seine Steuerschuld mindern. Der Buchwert seines Fahrzeugs geht zwar so am Ende der Abschreibungsmöglichkeiten auf Null. Auf dem Markt kann es aber noch eine Menge wert sein, was dann wiederum das Finanzamt interessiert. Das ist – auf den einfachen Nenner gebracht – auch bei Häusern und Kernkraftwerken so.

Nun dürfte selbst Rieth nicht auf die Idee kommen, Autos beliebig aus dem Verkehr ziehen oder Häuser ohne Entschädigung enteignen zu lassen, weil der Fiskus Abschreibungen ermöglicht und damit über Steuernachlässe die Finanzierung mitgetragen hat. Recht hat Rieth aber insoweit, daß in erster Linie der Stromkunde für Mülheim-Kärlich zur Kasse gebeten wurde und es noch immer wird. RWE Energie hat aber zugesagt, eventuell zufließende Schadenersatzleistungen für Mülheim-Kärlich, die der Bundesgerichtshof bereits bezüglich der Errichtungs- und der Finanzierungskosten grundsätzlich bejaht hat, zugunsten seiner Stromkunden preismindernd anzusetzen.

Einen Zwang dazu gibt es freilich nicht. Damit können die Rieth’schen Thesen wohl als erledigt gelten, zumindest, was ihre wirtschaftliche Stichhaltigkeit angeht. Auf einem anderen Blatt steht freilich, daß die Thesen dem "gesunden Menschenverstand" weit näher kommen, als es der Atomwirtschaft lieb sein kann. Werner Jaspert

Quelle: Süddeutsche Zeitung 10.8.1998

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Kluft bei Strompreisen

Osten wegen Milliarden-Investitionen teurer

BM Berlin - Bei den Strompreisen ist Deutschland noch auf lange Zeit geteilt. Die Kluft bei den Kosten für die Elektroenergie geht sogar noch weiter auseinander. Die von den Wirtschaftsministern des Bundes un der neuen Länder geforderte Angleichung rückt dabei in die Ferne, denn eine Expertenrunde ist in Dresden wieder ohne Ergebnis auseinandergegangen. Die ostdeutschen Wirtschaftsminister hatten im Interesse der Industrie auf weitere Strompreissenkungen und eine neue Energiekonsen-Runde Ost gedrängt. Derzeit beträgt der West-Ost-Preisunterschied bei Industriestrom zehn bis 15 Prozent. Hauptgrund ist die vorrangige und vom Gesetzgeber vorgegebene Verstromung der vergleichsweise teuren Braunkohle aus der Lausitz und Mitteldeutschland sowie die Milliarden-Investitionen in die ostdeutsche Energiewirtschaft. Die Aufwendungen werden vom ostdeutschen Versorger Vereinigte Energiewerke AG (Veag/Berlin) mit 20 Milliarden DM ausgewiesen. 13 Milliarden DM sind davon bereits investiert. Mit der Freigabe des Strommarktes für ausländische Anbieter könnte sich der West-Ost-Preisunterschied bei Industriestrom sogar noch auf bis zu 30 Prozent erhöhen. Während das Preisniveau in Deutschland sinkt, kann die Veag sich mit ihren höheren Preisen nämlich noch auf eine Schutzklausel bis mindestens zum Jahr 2003 berufen. Denn im Interesse des Braunkohlenstroms können ostdeutsche Versorger nicht gezwungen werden, Strom von fremden Anbietern zudurchleiten. Die Veag führt ins Feld, sie habe beim Industriestrom schon jährlich 150 Millionen DM weniger von den Abnehmern gefordert. Die Veag will aber zugleich die Strompreise bis zum Jahr 2000 stabil halten. Und das ungeachtet der Tatsache, daß Stromabsatz und Umsatzerlöse der Veag gesunken sind und das Finanzergebnis im Konzern auf minus 156,4 Millionen DM (1996: minus 87,7 Millionen) abrutschte. Dennoch will die Veag bis zum Jahr 2000 in die Gewinnzone kommen. Angesichts dieser Situation halten sich auch die drei westdeutschen Haupteigner der Veag - Preussenelektra, RWE-Energie und Bayernwerk - auffallend bedeckt. Die ostdeutschen Wirtschaftsminister hatten die drei großen Stromkonzerne aufgefordert, die ostdeutsche Braunkohle voll in den gesamtdeutschen Energieverbund zu integrieren. Wie das bei wachsender Konkurrenz im Zuge der Strompreis-Liberalisierung und der Veag-Schutzklausel funktionieren könnte, bleibt immer noch offen. Der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) in Köln ist unverändert gegen die «Schonfrist» für den Braunkohlenstrom Ost. Die hohen Strompreise kämen nur der Veag und den Energieversorgern zugute, während die Stadtwerke leer ausgehen.

Quelle: Berliner Morgenpost 10. 08. 1998

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Stromkonzern droht SPD und Grünen mit Wegzug

 61 Prozent für den Ausstieg aus der Atomkraft

München. (dpa/ap) Vertreter der Stromwirtschaft haben SPD und Grüne vor einem Kurs der Unberechenbarkeit in der Atompolitik gewarnt. "Wenn wir nach einem denkbaren Regierungswechsel nicht mehr wissen, woran wir sind, müssen wir uns fragen, ob Deutschland noch der richtige Standort für uns ist", sagte der neue Vorstandschef des Münchner Viag-Konzerns, Wilhelm Simson, im "Focus". Simson regte an, nach der Bundestagswahl neue Gespräche über einen Energiekonsens aufzunehmen.

Für "ideologische Ausstiegsszenarien" sei "kein Platz", meinte auch der RWE-Vorstandsvorsitzende Dietmar Kuhnt. Er wies die Pläne von SPD-Kanzlerkandidat Schröder zum Ausstieg aus der Atomkraft zurück. "Ich kann darin keine Basis erkennen, um Konsensverhandlungen zu beginnen", sagte er dem "Spiegel". Kuhnt will auch in Zukunft an den heftig umstrittenen Castor-Transporten in die atomaren Zwischenlager Gorleben und Ahaus festhalten. "Ich sehe keinen Grund, warum wir die beiden Zwischenlager künftig nicht nutzen sollten."

Eine Studie hat unterdessen ergeben, daß eine Mehrheit der Deutschen für einen Ausstieg aus der Atomenergie ist. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Dimap sprachen sich 61 Prozent der 1107 Befragten für ein Ende der Atomkraftnutzung aus. 45 Prozent forderten einen "möglichst schnellen" Ausstieg. 35 Prozent wollten an der Atomenergie festhalten.

Quelle: Kölnische Rundschau 10/08/98

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Neues Kraftwerk für Pirelli

Deutliche Entlastungen für den Umkreis ­ 19 Millionen Mark werden investiert

Breuberg. Die Pirelli-Gruppe und die »Südhessische Gas- und Wasser AG« (Darmstadt) werden auf dem Betriebsgelände der Pirelli Reifenwerke ein neues Kraftwerk bauen. Es soll auf Basis von Kraft-Wärme-Koppelung den Energiebedarf (Strom und Dampf) sowohl für die Pirelli Reifenwerke als auch für deren benachbartes Schwesterunternehmen Metzeler Reifen erzeugen. Errichtet wird das neue Kraftwerk in den bestehenden Gebäuden des bisherigen. Es soll ab August 1999 in Betrieb gehen.

An der jetzt gegründeten gemeinsamen Betreibergesellschaft, die unter dem Namen Pirelli Energie Deutschland (P.E.D.) firmiert, sind die Pirelli-Gruppe mit 70 Prozent, die Südhessische Gas- und Wasser AG mit 30 Prozent beteiligt. Hauptanteilseigner ist das zur Pirelli-Gruppe gehörende Mailänder Unternehmen Pirelli Ambiente (51 Prozent Anteil), das weltweit für alle Pirelli-Produktionswerke den Energiebedarf sicherstellt (Dampf/Strom) und sich um die sonstigen Pirelli-Aktivitäten außerhalb der Kabel- und Reifensparten kümmert. Die Pirelli Reifenwerke in Breuberg selbst halten 19 Prozent des Kapitals der neuen Betriebsgesellschaft P.E.D..

Das sehr umweltfreundliche Kraft-Wärme-Koppelungs-Verfahren bringt eine deutliche Reduzierung der Luft-, Wasser- und Lärmbelastung im Umkreis des Kraftwerkstandortes. Außerdem hat es für die Betreiber Pirelli und Südhessische Gas- und Wasser AG auch wirtschaftliche Vorteile:

Die Südhessische Gas- und Wasser AG wird künftig an P.E.D jährlich bis zu 300 Millionen Kilowatt-Stunden Gas verkaufen, den das gemeinsam betriebene Kraftwerk verbraucht. Die Pirelli Reifenwerke sind damit künftig der größte regionale Einzelabnehmer des Darmstädter Energieunternehmens.

Für die Pirelli Reifenwerke bedeutet das neue Kraftwerk dank seines deutlich besseren Wirkungsgrades eine Ersparnis von mehreren Millionen Mark pro Jahr. Während man derzeit noch 7/8 des Stromes zukaufen muß und nur 1/8 selbst erzeugt, wird das künftig umgekehrt sein: 7/8 des Bedarfs werden selbst erzeugt, nur noch 1/8 von außen bezogen.

Die Pirelli Ambiente wird den Geschäftsführer der neuen Gesellschaft Pirelli Energie Deutschland, den Betriebsleiter für das Kraftwerk die Südhessische Gas- und Wasser AG ernennen.

Technisch verfügt das künftige, moderne Kraftwerk bei Pirelli über eine Zehn-Megawatt-Gasturbine (Erdgas-betrieben), die Strom und Dampf erzeugt. Ein nachgeschalteter Abhitze-Kessel wandelt die bis zu 630°C heißen Abgase in 20 Tonnen Dampf pro Stunde um, die dann mit 224°C Hitze und 25 bar Druck über Rohrleitungen in die Pirelli-Produktion gehen. Der Abhitzekessel wird mit Zusatzfeuerung eine Gesamtleistung von 30 Tonnen Dampf pro Stunde haben. Damit kann flexibel auf Produktionsschwankungen reagiert werden. Zusätzlich werden zwei Spitzenlastkessel und ein Reservekessel mit jeweils 25 Tonnen Dampf pro Stunde zum neuen Kraftwerk gehören. Damit kann das neue Kraftwerk zehn Megawatt Strom und bis zu 105 Tonnen Dampf pro Stunde leisten; ein Energiebedarf, der zum Beispiel für ein Dorf mit rund 2600 Einfamilien-Häusern ausreichend wäre.

Gebaut wird das neue Kraftwerk als schlüsselfertiges Projekt von der Firma MAN in Augsburg. Die Planungs- und Genehmigungsverfahren liegen in Händen der Münchener Ingenieur Beratungs- und Projektierungsgesellschaft (IBP).

Der Auftrag für das insgesamt rund 19 Millionen Mark Investitionen umfassende Projekt wurde im April des Jahres erteilt. Im September 1998 sollen die ersten zwei Kessel in Betrieb gehen, im August nächsten Jahres der Vollbetrieb starten.

Quelle: Main-Echo 7.7.1998

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Beim Strom werden die Karten neu gemischt

Erste neue Anbieter sind am Markt - Zementierte Struktur ist aber bisher nur schwer aufzubrechen

Stuttgart - Der Energiemarkt in Deutschland ist seit dem 1. Mai geöffnet. Beim Strom sind die ersten neuen Anbieter aufgetaucht. Doch sie tun sich noch schwer gegen die in Jahrzehnten zementierte Monopolstruktur des deutschen Strommarktes.

VON FRANZ-JOSEF NICOLA

Marcus Mattis gibt sich kämpferisch: ¸¸Wir wollen und werden die Öffnung des Energiemarktes konsequent nutzen.'' Der ehemalige Manager von Energieversorgung Schwaben (EVS) und Energie Baden-Württemberg (EnBW) ist inzwischen Geschäftsführer bei der Vasa Energy in Hamburg, einem Unternehmen aus dem Konsortium, das den Zuschlag für die Stadtwerke Sindelfingen erhalten hat. Vasa Energy gehört zu 50 Prozent der Stockholmer Vattenfall AB, dem größten skandinavischen Energiekonzern. 50 Prozent gehören der Saalfeld GmbH& Co. KG. Der Hamburger Neuling am Strommarkt hat erste Erfolge erzielt: Er betreibt Heizkraftwerke in Cottbus, Neubrandenburg und Schwerin und ist Beteiligungen bei den Stadtwerken Eilenburg und den Gemeindewerken Isernhagen eingegangen. Mattis streicht besonders die Verbindung nach Skandinavien heraus, denn dort sind die Strommärkte bereits liberalisiert.

Kern des neuen deutschen Energierechtes ist es, daß auf Dauer jeder Kunde von jedem beliebigen Lieferanten seinen Strom beziehen kann. Den Eigentümern der Übertragungsnetze muß dafür ein angemessenes Entgelt gezahlt werden - wobei Netzkosten schon in den heutigen Strompreisen enthalten sind, wenn auch nicht gesondert ausgewiesen. Zunächst können Großabnehmer _ihren Lieferanten wählen, nach und nach wird der Markt weiter geöffnet. Eine Tarifsenkung für Haushalte in den nächsten Jahren ist wahrscheinlich. Erwartet wird aber ein Preisdschungel, den der Normalverbraucher nur schwer durchdringen kann.

Bei der Durchleitung des Stroms fängt der Streit an. Mattis kritisiert: Die Verbändevereinbarung zwischen Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke (VDEW) und dem Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) ist zu kompliziert, die Durchleitung zu teuer - um das Drei- bis Vierfache gegenüber anderen Wettbewerbsmärkten. Als diskriminierend für neue Anbieter hält Mattis die Distanzkomponente. Auf vielen liberalisierten Energiemärkten gilt der ¸¸Briefmarkentarif'', ein fester Preis für den Versand von Ort zu Ort. Wo Entfernungskomponenten enthalten sind, sind sie wesentlich billiger als in Deutschland.

In der Tat ist es ja nicht so, daß Sindelfingen durch die Beteiligung der Vasa Energy seinen Strom aus schwedischen Kraftwerken erhält. Vielmehr speisen diese die bestellte Menge an einem ihrer Übergabepunkte in Lübeck oder Rostock ins deutsche Verbundnetz ein, und in Sindelfingen wird die gleiche Menge entnommen.

Für Mattis ist das Verhalten der deutschen Energieversorger nur schwer nachvollziehbar: Bei ihren Engagements in der Telekommunikation kritisieren sie vehement von der Deutschen Telekom als Netzbetreiber geforderte Gebühren, andererseits, so vermutet er, versuchen sie bei den Stromnetzen genauso zu handeln wie der ehemalige Telefon-Monopolist. So ist Mattis auch davon überzeugt, daß ein freier Strommarkt auf Dauer ohne Regulierungsbehörde - analog zur Telekommunikation - nicht auskommt.

Daß die Kenntnisse des freien skandinavischen Strommarktes auch für Baden-Württemberg interessant sind, davon ist Mattis überzeugt. Dies belege das Handeln der EnBW, die die Mehrheit beim norwegischen Stromhandelsunternehmen Skandinavisk Kraftmegling AS (SKM) übernommen hat. Mattis hält das für einen ¸¸klugen Schritt'' seines ehemaligen Arbeitgebers und jetzigen Konkurrenten. Doch, so sagt er, seine Gesellschaft geht weit über den reinen Stromhandel hinaus. Sie erstellt Kraftwerke, strebt Beteiligungen an und bietet Komplettlösungen für Kunden. Für notwendig hält Mattis im Rahmen der Marktöffnung zudem eine Strombörse. Dann sei der freie Zugang für neue Anbieter sicherer.

Da mag als Beispiel Neuseeland dienen, wo es drei Möglichkeiten der Preisfindung gibt: Marktteilnehmer können Strompreise und -mengen längerfristig oder nur für einen Tag im voraus vereinbaren. Zusätzlich aber wird Elektrizität an einer neuen Börse in der Hauptstadt Wellington gehandelt. Ähnlich in Norwegen: 50 Mitarbeiter von ¸¸Nord-Pool'' holen von Maklern, Erzeugern und Kunden Kauf- und Verkaufsangebote ein und ermitteln den Preis für die Ware Strom. Der Kunde hat die Qual der Wahl zwischen einem stündlich ermittelten Spotpreis, einer wöchentlichen Festlegung seines Lieferanten bis hin zu einem mehrere Jahre geltenden Festpreis. Doch die meisten Haushalte, das zeigt die Erfahrung auf dem seit 1991 liberalisierten Markt, melden sich gar nicht. Sie zahlen den ¸¸Standardtarif'', der jeweils drei Monate gilt. Allerdings liegt der Haushaltspreis bei zehn Pfennig je Kilowattstunde, in Deutschland um die 25.

Doch nicht nur neue Anbieter und Stromhändler kommen auf den deutschen Markt, erste ¸¸Bündler'' erscheinen, Energie-Broker wie die Berliner Ampere AG. Die Nachfrage soll ¸¸intelligent'' gepoolt werden: Mehrere kleine und mittlere Kunden treten wie ein Großabnehmer auf. Durch Koordinierung der Stromnachfrage bei Mengen und Abnahmezeit können schon jetzt deutlich verbesserte Konditionen erreicht werden.

Bewegung gibt es auch bei den bisherigen Gebietsmonopolisten. Die meisten haben gemerkt, daß die Zeit des reinen Verteilens vorbei ist, lernen Marketing und Handel. Einige haben sich schon vor Öffnung des deutschen Marktes in Skandinavien etabliert.

¸¸Das wird noch sehr spannend'', davon ist Mattis überzeugt. Nicht nur der Strommarkt öffnet sich, sondern der für jede Art leitungsgebundener Energie, also auch für Erdgas. Die Karten werden ähnlich der Telekommunikation neu gemischt.

Stuttgarter Nachrichten Wirtschaft 4.7.1998

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Energieversorger in den Startlöchern

Dortmund (dpa) - Kraftwerksbetreiber und Energieversorger in Deutschland müssen seit zwei Monaten umdenken - und ihre Kunden können schon bald neue Rechenmodelle ausprobieren. Denn seit dem Inkrafttreten des neuen Energiewirtschaftsgesetzes am 29. April sind die Weichen für einen liberalisierten Energiemarkt gestellt.

Die alten «Demarkationsgrenzen», die den Markt der großen Verbundunternehmen abgrenzten, gelten zumindest theoretisch nicht mehr. Schon seit längerem standen die Unternehmen in den Startlöchern für den Wettlauf um alte und neue Kunden, informierten sich in Ländern wie Norwegen und Großbritannien über die Erfahrungen mit einem seit Jahren bestehenden «offenen» Energiemarkt.

So wurde in Großbritannien die British Gas Corporation 1986 als eines der ersten staatlichen Unternehmen zur Zeit der Thatcher-Ära privatisiert und arbeitet inzwischen unter dem Namen BG. Schon 1982 hatte ein Gesetz den Zugang Dritter zum Leitungsnetz von British Gas festgelegt. Doch erst nachdem mit der Privatisierung die Möglichkeit für Wettbewerb geschaffen war, wurde das Netz auch von anderen in Anspruch genommen. «Inzwischen gibt es etwa 40 Unternehmen, die im Gashandel und in der Gasversorgung aktiv sind», schätzt Alan Philips, bei BG zuständig für die europaweite Entwicklung neuer Geschäftsfelder.

Anfangs führte die höhere Zahl der Käufer zu höheren Bezugspreisen für Gas. Doch nach dem warmen Winter 1994/95, als bereits gekaufte Gasmengen nicht untergebracht werden konnten, schlug das Pendel um. «Die Spotpreise liegen jetzt ungefähr bei der Hälfte der früheren Werte», schätzt Philips. «Mehr Gas wird zu niedrigeren Preisen produziert.» Der Wettbewerb habe aber auch zu einschneidenden Umstrukturierungen und Entlassungen geführt. Durch den Abbau von rund 25 000 Arbeitsplätzen, etwa einem Drittel der Belegschaft, erwarte BG Einsparungen von umgerechnet 1,3 Milliarden DM.

In Norwegen, wo der Energiebedarf fast ausschließlich aus Wasserkraft gedeckt wird, wurde 1993 als erster internationaler Handelsmarkt für elektrischen Strom die Börse Nord Pool (Oslo) gegründet. Sie hat zur Zeit fast 200 Teilnehmer aus Norwegen, Dänemark, Schweden, Finnland und Großbritannien. Neben Kraftwerksbetreibern sind Industrieunternehmen und Broker ebenso vertreten wie eine Wohnungsbaugenossenschaft und eine Einzelhandelskette, die in den Handel mit dem Strom eingestiegen sind. Während auf dem Spotmarkt der Preis im Stundentakt schwanken kann, werden auch Termingeschäfte für bis zu drei Jahren im voraus abgeschlossen.

Die Verbraucher wiederum können einen Zweijahresvertrag zu einem Festpreis mit dem Versorger ihrer Wahl abschließen oder einen flexiblen Vertrag, der sich am jeweiligen Preis auf dem Spotmarkt orientiert. Wechselwillige Norweger können sogar wöchentlich ihren Lieferanten wechseln. «Aber die meisten sind ziemlich loyal, auch aus Unwissenheit», schätzt Lise Olsen vom Versorgungsunternehmen Hafslund. Bisher hätten weniger als zwei Prozent der norwegischen Haushalte von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.

Auf treue Kunden hoffen auch die deutschen Energieversorger. «Dabei setzen wir auf maßgeschneiderte Dienstleistungen zu konkurrenzfähigen Preisen», sagt Hans-Diether Imhoff, Vorstandschef der VEW Energie AG (Dortmund). Er erwarte dauerhafte Preisrückgänge. Bisher habe das Unternehmen keinen Kunden verloren und mengenmäßig bereits mit 70 Prozent der Stromkunden neue Lieferverträge abgeschlossen. «Natürlich zu reduzierten Preisen, aber für mehrere Jahre.» Den Preisvorteil haben allerdings auch künftig nur die großen Kunden aus Industrie und Gewerbe, schätzt Rolf Windmöller, im VEW Energie-Vorstand zuständig für den Bereich Netzbetrieb. «Die Auswirkungen auf die Haushaltskunden sind zu gering, und wegen 30 DM mehr oder weniger wird kaum einer den Lieferanten wechseln.»

 

Quelle: nordwest.net Wirtschaft 5.7.1998

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Jammern ist der Gruß der Kaufleute

Jammern ist bekanntlich der Gruß der Kaufleute. Das gilt auch für die börsenotierte Verbundgesellschaft, die angesichts der nahenden Strommarktöffnung den Untergang des Abendlandes - sprich: die Gefährdung des Unternehmens - kommen sieht.

Um doch noch das Ärgste abzuwenden, hat sich der Aufsichtsrat vor Beginn der Endverhandlungen über das neue Stromgesetz (Elwog) im Nationalrat gar zu einer spektakulären Resolution entschlossen. Darin wird eindringlich an den Gesetzgeber appelliert, den Schutz der Wasserkraft und heimischen Braunkohle sowie die "gerechte Abgeltung" der in einem liberalisierten Markt unrentablen Investitionen zu beschließen.

Nun ist es sicher ein einschneidendes Ereignis, wenn in einer jahrzehntelang geschützten Branche der internationale Wettbewerb ausbricht. Und zweifellos hat der Verbund daran besonders zu tragen. Denn seine fünfzehn Kunden - neun Landesversorger, ÖBB und ein paar Industrieunternehmen - dürfen ab Februar 1999 Strom im Ausland einkaufen. Auch gibt es ein paar Altlasten und im Elwog-Entwurf eine gewisse Ungleichbehandlung der Versorger.

Aber bei allem Verständnis für den Liberalisierungsschock: Probleme sind dazu da, bewältigt zu werden. Die Marktöffnung war absehbar, und daher hätte man sich rechtzeitig darauf einstellen können. Im Vertrauen auf den Mehrheitseigentümer Bund, der zugleich auch Gesetzgeber ist, hat man sich aber wohl mit manchen Reformen Zeit gelassen.

Ganz so dramatisch dürfte die Lage wohl nicht sein, denn sonst hätten Vorstand und Aufsichtsrat schon das Handtuch werfen müssen. Zwar werden der Preisdruck und die Marktverteidigung zunächst kostspielig sein. Es gibt aber auch noch ein breites Betätigungsfeld für Rationalisierungen.

Und daher wird die Zukunft des Verbunds von Kennern der Stromszene weit weniger kritisch beurteilt. Ihrer Ansicht nach können die angenommenen Preissenkungen von zehn Groschen je Kilowattstunde schon relativ rasch durch Reduktion des Personalstands, des Betriebs- und Instandhaltungsaufwands sowie die Verbesserung der Kapitalstruktur wettgemacht werden. Weil keine neuen Kraftwerke benötigt würden, könne der Cashflow groß-teils zur Schuldentilgung verwendet werden, was den Zinsaufwand verringere. Zudem würden aufgrund bestehender Koordinierungsverträge die Landesversorger als Kunden jedenfalls nicht zur Gänze abspringen.

Bei schneller Erledigung seiner Hausaufgaben werde der Verbund mit seinen bestehenden Wasserkraftwerken - im Schnitt kostet eine produzierte Kilowattstunde aus der Donau schon samt der neuen teuren Anlage in Wien-Freudenau knapp 40 Groschen - wettbewerbsfähig sein. Fazit: Nach dem Einbruch im kommenden Jahr werde das Ergebnis wieder sukzessive steigen und 2002 sein altes Niveau erreichen.

Aus heutiger Sicht gibt es somit zwar erheblichen Handlungsbedarf, aber keinen Anlaß für eine Katastrophenstimmung. Die Beschwörung des Untergangs dürfte daher wohl eher Teil des geschickten Lobbyings für ein milderes Elwog sein als ein realistisches Szenario.

Salzburger Nachrichten Wirtschaft Margarete Freisinger 3.6.1998

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David aus Oberberg schlägt RWE

Die Gemeinde Nümbrecht darf mit Unterstützung der Gerichte seit gestern den Strom in eigener Regie verteilen - Der Energieversorger verlangt 13,8 Millionen für das Netz

Nümbrecht - Den Kampf "David gegen Goliath" hat die kleine Gemeinde Nümbrecht im Oberbergischen Kreis für sich entschieden. Seit gestern verteilt der 17.000 Einwohner zählende Kurort wieder selbst Strom, nachdem die Kommune dieses Recht dem Monopolisten RWE in einem Eilverfahren vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht abgetrotzt hat. Nun gehört das Netz vom Umspannwerk bis in die Wohnzimmer der Kommune. Noch umstritten ist der Kaufpreis. Die RWE AG fordert 13,8 Millionen DM, die Gemeinde will nur die Hälfte zahlen. Womöglich müssen auch dies die Gerichte klären.

Strom gibt es im ländlichen Nümbrecht erst seit den 20er Jahren. Damals übernahmen Elektro-Genossenschaften die Verteilung. In den 30er Jahren ging diese dann in die Zuständigkeit der RWE über. Allerdings behaupteten sich in einem Drittel des Gemeindegebietes die Genossenschaften.

Schon in den achtziger Jahren wurde erwogen, die elektrische Energie gemeinsam mit den bestehenden Genossenschaften wieder selbst vor Ort zu verteilen, die Gewinnmargen in der Gemeinde zu investieren und dort auch Steuern zu zahlen. Gutachten belegten, daß - entgegen allen RWE-Behauptungen - selbst in einer ländlichen Kommune wirtschaftlich verteilt werden kann.

In ein konkretes Stadium traten diese Überlegungen durch die vierte Kartellrechtsnovelle. Sie sorgte dafür, daß die Konzessionsverträge der Gemeinden mit der RWE Ende 1994 ausliefen. Das eröffnete den Kommunen die Chance, die Stromverteilung wieder selbst in die Hand zu nehmen. Während sich in Nachbarkommunen jedoch Mehrheiten für neue Verträge mit verlockenden Konzessionszahlungen der RWE fanden, formierte sich in Nümbrecht der Widerstand. Die Oberberger widerstanden den Versuchungen des Versorgers: Weder scheinbar großzügige Einmalzahlungen in die Gemeindekasse noch Hausbesuche von RWE-Mitarbeitern und massiver Druck auf Ratsmitglieder verfingen.

Nach dem Auslaufen des Konzessionsvertrages Anfang 1995 zahlte die RWE der Gemeinde in Teilbereichen keine Konzession und stellte den Verbrauchern statt dessen - gesetzlich korrekt - Gutschriften aus. Das Netz aber wollten sie nicht hergeben. Schließlich klagte die Gemeinde im Eilverfahren auf Herausgabe. Schon standen die Gemeindewerke bereit, nicht nur die Stromverteilung zu übernehmen, sondern auch die volle Konzessionsabgabe in den defizitären kommunalen Etat zu zahlen. Während die erste Wirtschaftskammer beim Kölner Landgericht Mitte 1996 keinen Grund zur Eile sah, urteilte der Kartellsenat beim Düsseldorfer Oberlandesgericht im Januar 1997 anders: Der Konzern mußte das Netz vor einer Entscheidung in der Hauptsache herausrücken.

Ob der von RWE berechnete Kaufpreis von 13,8 Millionen DM angemessen ist - in Nümbrecht halten Experten die Hälfte für angemessen -, muß notfalls die Hauptverhandlung klären. Unabhängig davon sind die eigens gegründeten Gemeindewerke aber nun für die Stromverteilung verantwortlich. Sie liefern auch an die vier Genossenschaften, die als einzige in der Region überlebt haben.

Für Nümbrecht ist die eigene Stromversorgung mehr als ein Prestigegewinn gegen den Giganten RWE und die Wahrnehmung eines in der Kommunalverfassung verbrieften Rechtes. Mit intelligenten Steuerungen, modernen Blockheizkraftwerken und Lastenmanagement sollen in Zusammenarbeit mit Großverbrauchern in der Industrie die Verbrauchsspitzen und damit die Einkaufspreise beim Lieferanten RWE gesenkt werden. Gewinne aus dem Stromgeschäft könnten dann beispielsweise in die Subventionierung des gemeindeeigenen Schwimmbades fließen.

Mit einem auf nur fünf Jahre abgeschlossenen Vertrag mit RWE - dem kürzesten im Umfeld der kommunalen Energierverteiler - haben sich die Nümbrechter bestens auf die Liberalisierung des europäischen Strommarktes vorbereitet. Nun wird auch über das Verteilen von Erdgas auf dem Gemeindegebiet nachgedacht.

 

Quelle: Kölner Stadt Anzeiger 02/Mai/'98, Redakteur Stephan Propach

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