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Zurück zum Pressearchiv Liberalisierung des Strommarktes

GEW-Gespräche "auf gutem Weg"
RWE setzt auf höhere Strompreise

Von Michael Gaßmann

Essen. Für Stromkunden gehen die Segnungen der Liberalisierung bereits wieder zu Ende: Bei den Preisen sei "die Talsohle durchschritten", so die RWE-Gruppe als größter deutscher Stromerzeuger. Zwar müssen die Privatkunden 2001 noch nicht mit steigenden Tarifen rechnen - so haben sich viele Stadtwerke vertraglich noch bis Dezember günstigen RWE-Strom aus der Startphase der Liberalisierung gesichert. An Haushalts- und Gewerbekunden werden einstweilen nur höhere gesetzliche Belastungen (Förderung der erneuerbaren Energie, eventuell Kraft-Wärme-Kopplung) weitergegeben. Bei Industriekunden zeigt der Trend aber bereits deutlich nach oben: Seit Juni setzte RWE Anhebungen von rund 1,5 auf über zwei Eurocent je Kilowattstunde (ohne Netzgebühr und Steuern) durch. Ab Januar 2001 müssen auch die Stadtwerke mit höheren Preisen rechnen.

Die Mehrheit der Anbieter habe "eingesehen, dass mit ruinösen Preiskriegen nur geringe Marktanteilsgewinne und keine Ertragszuwächse zu erzielen sind", sagte RWE-Konzernchef Dietmar Kuhnt in Essen. Bisher hätten kaum drei Prozent der Haushaltskunden den Anbieter gewechselt. RWE werde auch künftig nach dem Motto "Marge geht vor Marktanteil" verfahren.

Nach dem Zusammenschluss mit VEW hat das Unternehmen neun Millionen Stromkunden. Während direkt versorgte Haushaltskunden (Avanza, Rhenag) bei knapp 11,60 Mark monatlicher Grundgebühr 26,39 Pfennig je kWh zahlen, sind es zum Beispiel für GEW-Kunden in Köln bei identischer Grundgebühr 1,3 Pfennig weniger je kWh.

Mehr Attraktivität verspricht sich Kuhnt vom bevorstehenden Start des schnellen Internet-Zugangs per Steckdose ("Powerline"), mit dem RWE im Juli an den Markt geht. Noch im laufenden Jahr will das Unternehmen mehrere Tausend Powerline-Kunden gewinnen.

Um die Absatzbasis zu festigen, wolle sich der Konzern weiter gezielt an Stadtwerken beteiligen. Minderheitsbeteiligungen bestehen bereits in Duisburg, Bonn und Düsseldorf. Den geplanten Einstieg mit mindestens 25 Prozent bei der stadteigenen Kölner GEW wäre "der größte Schritt". Die Gespräche seien auf gutem Wege. "In sechs bis acht Wochen sind wir weiter", sagte Kuhnt.

Das niedrigere Preisniveau schlug sich im Ergebnis für das erste Halbjahr des am 30. Juni endenden Geschäftsjahres 2000/01 deutlich nieder. Der nach wie vor ertragreichste Bereich Energie steigerte zwar das betriebliche Ergebnis um 2,6 Prozent auf 985 Millionen Euro, dies jedoch nur optisch dank der erstmals eingerechneten VEW-Zahlen. Ohne sie wäre es um elf Prozent gesunken.

Der Anstieg des gesamten Konzern-Ergebnisses um 278 Millionen auf 1,67 Milliarden Euro geht praktisch allein auf das Konto der Mineralöl-Sparte, mit mit 466 Millionen 288 Millionen Euro mehr verdiente als im Vorjahreszeitraum.

Für das Gesamtjahr 2000/01 zeigte Kuhnt sich zuversichtlich. Das betriebliche Ergebnis werde um 25 Prozent zulegen - wobei der Anstieg allerdings zu fast zwei Dritteln aus der erstmals eingerechneten Neuerwerbung Thames Water stammt.

Der Konzernumsatz werde u.a. durch die Einbeziehung von VEW und Thames Water, das höhere Ölpreis-Niveau und die volle Einrechnung der neuen australischen Hochtief-Tochter Leighton kräftig klettern. Im ersten Halbjahr führte die VEW-Einbeziehung zu einem Umsatzsprung um 29,1 Prozent (Tabelle).

RWE hat vier Kerngeschäftsfelder - Strom, Gas, Wasser, Entsorgung - festgelegt und will sich von den "Finanzbeteiligungen" wie Heidelberger Druck oder Hochtief mittelfristig trennen. Ein weiterer strategischer Schwerpunkt ist die Internationalisierung.

So könne die US-Tochter Consol eine Basis für Übernahmen in den USA darstellen, um den spanischen Energieversorger Hidrocantabrico deutet sich ein Übernahme-Krimi an. RWE will - mit Unterstützung des spanischen Managements - die Mehrheit und die unternehmerische Führung auch gegen Widerstände in Spanien, machte Kuhnt klar.

Quelle: Kölnische Rundschau 29/02/01

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